Herdina, Philip
Hrsg.: Allgäuer-Hackl, Elisabeth ; Geiger, Daniel ; Hufeisen, Britta ; Meirer, Eva ; Schlabach, Joachim ; formatio Privatschule (2024)
Bewertung der Multikompetenz - die Herausforderung eines Paradigmenwechsels.
In: Using alli mini Sprocha – bien sûr ! Beiträge zum Schulentwicklungsprojekt „formatio·plurilingual·digital“
doi: 10.26083/tuprints-00028636
Buchkapitel, Erstveröffentlichung, Verlagsversion
Kurzbeschreibung (Abstract)
Obwohl es Mode geworden ist, von einer „linguistischen Wende“ in der Philosophie und dementsprechend von einem „multilingual turn“ und einem „neuen Paradigma“ in der angewandten Linguistik zu sprechen, scheint es an Klarheit darüber zu mangeln, was dies sowohl in der Sprachtheorie als auch in der Unterrichtspraxis tatsächlich bedeuten soll. Nach Kuhn (1962) besteht ein Paradigma oder eine disziplinäre Matrix aus einem Komplex etablierter theoretischer Begriffe und entsprechender wissenschaftlicher Praktiken, die am ehesten dem entsprechen, was Bourdieu (1992) als „Habitus“ bezeichnet. Darüber hinaus neigen, wiederum nach Kuhn, die eingefahrenen Konzepte und Praktiken der paradigmatischen Normalwissenschaft eher dazu auszusterben, als einen abrupten Wandel zu durchlaufen. Es ist also wahrscheinlicher, dass wir in jedem Forschungsbereich, einschließlich der angewandten Linguistik, eher Paradigmenverschiebung (paradigm shift) als wissenschaftliche Revolutionen beobachten können. Lakatos (1970) entwickelte ein Konzept der Normalwissenschaft, das zwischen progressiven und degenerativen Forschungsprogrammen unterscheidet. Progressive Forschungsprogramme können als Programme charakterisiert werden, bei denen die vom Forschungsprogramm angebotenen Lösungen die Anzahl der Probleme übertreffen, während degenerative Programme dadurch gekennzeichnet sind, dass die Anzahl der Forschungsprobleme die vom jeweiligen Forschungsprogramm angebotenen Lösungen zunehmend überwiegen, was auf die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Forschung hinweist. Sowohl Lakatos als auch Kuhn sind sich darin einig, dass jeder Paradigmenwechsel – auch aufgrund eines Phänomens, das als confirmation bias (Bestätigungsfehler) bezeichnet wird – den Widerstand der normalen Wissenschaftler und der etablierten Wissenschaft überwinden muss. Damit es zu einem solchen Wechsel kommt, müssen sich die Forscher der Anhäufung ungelöster Probleme im Forschungsbereich, die mit den bestehenden Instrumenten und Konzepten, die das vorherrschende Paradigma bereitstellt, nicht zu überwinden sind, bewusst werden. Dieser Beitrag wird sich daher auf diejenigen Probleme konzentrieren, die durch einsprachige Tests entstanden sind, bevor er die Kriterien, die an das multilinguale Testen und Bewerten gestellt werden und die Bewertungskriterien spezifizieren, die ein neues Forschungsparadigma erfüllen müsste, determiniert. Es muss auch anerkannt werden, dass der vielzitierte Paradigmenwechsel im Sprachenlehren und Sprachentesten noch nicht stattgefunden hat, da dies nicht nur eine Revolution in den Konzepten, die von der normalen angewandten Sprachwissenschaft verwendet werden, sondern auch eine Veränderung der entsprechenden Praktiken beinhalten müsste, die nachweislich noch nicht stattgefunden hat. Daher kann der gegenwärtige Stand des Wandels, wie festgestellt wurde, bestenfalls als präparadigmatisch bezeichnet werden.
Typ des Eintrags: | Buchkapitel |
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Erschienen: | 2024 |
Herausgeber: | Allgäuer-Hackl, Elisabeth ; Geiger, Daniel ; Hufeisen, Britta ; Meirer, Eva ; Schlabach, Joachim |
Autor(en): | Herdina, Philip |
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung |
Titel: | Bewertung der Multikompetenz - die Herausforderung eines Paradigmenwechsels |
Sprache: | Deutsch |
Publikationsjahr: | 19 Dezember 2024 |
Ort: | Darmstadt |
Buchtitel: | Using alli mini Sprocha – bien sûr ! Beiträge zum Schulentwicklungsprojekt „formatio·plurilingual·digital“ |
DOI: | 10.26083/tuprints-00028636 |
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/28636 |
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Kurzbeschreibung (Abstract): | Obwohl es Mode geworden ist, von einer „linguistischen Wende“ in der Philosophie und dementsprechend von einem „multilingual turn“ und einem „neuen Paradigma“ in der angewandten Linguistik zu sprechen, scheint es an Klarheit darüber zu mangeln, was dies sowohl in der Sprachtheorie als auch in der Unterrichtspraxis tatsächlich bedeuten soll. Nach Kuhn (1962) besteht ein Paradigma oder eine disziplinäre Matrix aus einem Komplex etablierter theoretischer Begriffe und entsprechender wissenschaftlicher Praktiken, die am ehesten dem entsprechen, was Bourdieu (1992) als „Habitus“ bezeichnet. Darüber hinaus neigen, wiederum nach Kuhn, die eingefahrenen Konzepte und Praktiken der paradigmatischen Normalwissenschaft eher dazu auszusterben, als einen abrupten Wandel zu durchlaufen. Es ist also wahrscheinlicher, dass wir in jedem Forschungsbereich, einschließlich der angewandten Linguistik, eher Paradigmenverschiebung (paradigm shift) als wissenschaftliche Revolutionen beobachten können. Lakatos (1970) entwickelte ein Konzept der Normalwissenschaft, das zwischen progressiven und degenerativen Forschungsprogrammen unterscheidet. Progressive Forschungsprogramme können als Programme charakterisiert werden, bei denen die vom Forschungsprogramm angebotenen Lösungen die Anzahl der Probleme übertreffen, während degenerative Programme dadurch gekennzeichnet sind, dass die Anzahl der Forschungsprobleme die vom jeweiligen Forschungsprogramm angebotenen Lösungen zunehmend überwiegen, was auf die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels in der Forschung hinweist. Sowohl Lakatos als auch Kuhn sind sich darin einig, dass jeder Paradigmenwechsel – auch aufgrund eines Phänomens, das als confirmation bias (Bestätigungsfehler) bezeichnet wird – den Widerstand der normalen Wissenschaftler und der etablierten Wissenschaft überwinden muss. Damit es zu einem solchen Wechsel kommt, müssen sich die Forscher der Anhäufung ungelöster Probleme im Forschungsbereich, die mit den bestehenden Instrumenten und Konzepten, die das vorherrschende Paradigma bereitstellt, nicht zu überwinden sind, bewusst werden. Dieser Beitrag wird sich daher auf diejenigen Probleme konzentrieren, die durch einsprachige Tests entstanden sind, bevor er die Kriterien, die an das multilinguale Testen und Bewerten gestellt werden und die Bewertungskriterien spezifizieren, die ein neues Forschungsparadigma erfüllen müsste, determiniert. Es muss auch anerkannt werden, dass der vielzitierte Paradigmenwechsel im Sprachenlehren und Sprachentesten noch nicht stattgefunden hat, da dies nicht nur eine Revolution in den Konzepten, die von der normalen angewandten Sprachwissenschaft verwendet werden, sondern auch eine Veränderung der entsprechenden Praktiken beinhalten müsste, die nachweislich noch nicht stattgefunden hat. Daher kann der gegenwärtige Stand des Wandels, wie festgestellt wurde, bestenfalls als präparadigmatisch bezeichnet werden. |
Status: | Verlagsversion |
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-286360 |
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 300 Sozialwissenschaften > 370 Erziehung, Schul- und Bildungswesen 400 Sprache > 400 Sprache, Linguistik |
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft > Sprachwissenschaft - Mehrsprachigkeit |
Hinterlegungsdatum: | 19 Dez 2024 14:39 |
Letzte Änderung: | 21 Dez 2024 15:46 |
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