Gundlach, Ingmar (2021)
Zeitoptimale Trajektorienplanung für automatisiertes Fahren bis in den fahrdynamischen Grenzbereich.
doi: 10.26083/tuprints-00019120
Buch, Zweitveröffentlichung, Verlagsversion
Es ist eine neuere Version dieses Eintrags verfügbar. |
Kurzbeschreibung (Abstract)
Um ein Gesamtsystem zum automatisierten Fahren bis in den fahrdynamischen Grenzbereich zu entwickeln und zu testen, eignet sich eine zeitoptimale Trajektorienplanung am besten, weil die Zeitoptimalität erfordert, dass sich die Trajektorie permanent an einer physikalischen Grenze befinden muss. Situationen am fahrdynamischen Limit können nicht nur bei plötzlichen Ausweichmanövern auftreten, sondern auch durch Witterungseinflüsse wird das Limit mitunter schon bei moderaten Fahrmanövern erreicht. Die vorliegende Dissertation beschreibt die Entwicklung und Umsetzung einer Trajektorienplanung, die unter Berücksichtigung fahrdynamischer Eigenschaften von Serienfahrzeugen die Fahrzeit durch numerische nichtlineare Optimierung minimiert. Drei wesentliche Aspekte liegen dem Konzept zugrunde: Erstens wird der Lösungsraum der Planung nicht a priori auf vorgegebene Trajektorien oder Bewegungsmuster eingeschränkt. Zweitens erfolgen Quer- und Längsplanung simultan, also in einer gemeinsamen Optimierung. Und drittens wird als unabhängiger Parameter der Differentialgleichungen nicht die Zeit, sondern die Bogenlänge einer Referenzlinie, die entlang der Fahrbahn verläuft, verwendet. Dafür werden alle zeitabhängigen Gleichungen anhand kinematischer Beziehungen transformiert. Diese nichtlineare Transformation ermöglicht es, ein Gütefunktional aufzustellen, das die tatsächliche Fahrzeit entlang der Wegstrecke beschreibt. So muss kein Optimierungsproblem mit freier Endzeit gelöst werden. Zudem hat sie den Vorteil, dass statische Elemente, wie der Fahrbahnverlauf oder die Position der Leitplanken, im mathematischen Problem statisch bleiben. Als Fahrzeugmodell kommt ein nichtlineares Einspurmodell mit einer Pacejka-Reifenkennlinie zum Einsatz, welches um eine Achslast- und Bremskraftverteilung erweitert ist. Die Aktordynamik (Motor, Bremse, Lenkung) wird über einen speziellen Ansatz abgebildet, der im Optimierungsproblem die Nebenbedingungen in Abhängigkeit der Aktorausgänge angibt, was die Dimension des Optimierungsproblems reduziert. Zudem werden diese Nebenbedingung in Straffunktionen mit einer geschwindigkeitsabhängigen „semi-quadratischen“ Form umgewandelt. Der Ansatz erhöht nicht nur die Konvergenz, sondern führt auch zu sehr glatten Trajektorien, deren Krümmung bis mindestens zur zweiten Ableitung stetig ist, was man im Fahrverhalten deutlich spürt. Da die Trajektorienplanung sowohl offline zur Berechnung eines gesamten Rundkurses als auch zur echtzeitfähigen zyklischen Planung unter Berücksichtigung statischer Hindernisse eingesetzt wird, liegt der Fokus auf einer effizienten Umsetzung, was sich sowohl in der Modellbildung und Problemformulierung als auch der Implementierung widerspiegelt. So wird bspw. ein 4,5 km langer Rundkurs mit Ipopt auf einer Mobile-CPU in unter 2 s berechnet. Die zyklische Planung benötigt bei einem krümmungsabhängigen Planungshorizont von mindestens 126 m bzw. 6,6 s (testweise) durchschnittlich 40 ms. Somit ist diese Trajektorienplanung schneller als vergleichbare Ansätze aus der Literatur. Eine Eigenschaft der dargelegten zeitoptimalen Planung ist die harmonische Verbindung von Quer- und Längsdynamik. Daher ist sie zum einen perfekt geeignet, um optimale Brems-/Ausweich-Kombinationen zu berechnen. Zum anderen bietet sie auch eine gute Basis für eine komfortorientierte Trajektorienplanung, welche als Erweiterung der bestehenden Planung entwickelt wurde. Im Rahmen der Toolchain der Trajektorienplanung wurde u. a. ein Algorithmus entwickelt, der mittels quadratischer Programmierung verrauschte Kurvenverläufe innerhalb vorgegebener Grenzen glättet. Er wird primär zum Glätten der Referenzlinie eingesetzt, kann aber auch sehr gut zur approximativen Berechnung von Ideallinien verwendet werden. Die Trajektorienplanung wurde mit der Volkswagen AG Konzernforschung, Wolfsburg auf diversen Rennstrecken und Handlings-Kursen erfolgreich erprobt, wie auch die abgebildeten Messdaten zeigen.
Typ des Eintrags: | Buch | ||||
---|---|---|---|---|---|
Erschienen: | 2021 | ||||
Autor(en): | Gundlach, Ingmar | ||||
Art des Eintrags: | Zweitveröffentlichung | ||||
Titel: | Zeitoptimale Trajektorienplanung für automatisiertes Fahren bis in den fahrdynamischen Grenzbereich | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Publikationsjahr: | 2021 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Publikationsdatum der Erstveröffentlichung: | 2020 | ||||
Kollation: | XVIII, 170 Seiten | ||||
DOI: | 10.26083/tuprints-00019120 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/19120 | ||||
Zugehörige Links: | |||||
Herkunft: | Zweitveröffentlichung | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Um ein Gesamtsystem zum automatisierten Fahren bis in den fahrdynamischen Grenzbereich zu entwickeln und zu testen, eignet sich eine zeitoptimale Trajektorienplanung am besten, weil die Zeitoptimalität erfordert, dass sich die Trajektorie permanent an einer physikalischen Grenze befinden muss. Situationen am fahrdynamischen Limit können nicht nur bei plötzlichen Ausweichmanövern auftreten, sondern auch durch Witterungseinflüsse wird das Limit mitunter schon bei moderaten Fahrmanövern erreicht. Die vorliegende Dissertation beschreibt die Entwicklung und Umsetzung einer Trajektorienplanung, die unter Berücksichtigung fahrdynamischer Eigenschaften von Serienfahrzeugen die Fahrzeit durch numerische nichtlineare Optimierung minimiert. Drei wesentliche Aspekte liegen dem Konzept zugrunde: Erstens wird der Lösungsraum der Planung nicht a priori auf vorgegebene Trajektorien oder Bewegungsmuster eingeschränkt. Zweitens erfolgen Quer- und Längsplanung simultan, also in einer gemeinsamen Optimierung. Und drittens wird als unabhängiger Parameter der Differentialgleichungen nicht die Zeit, sondern die Bogenlänge einer Referenzlinie, die entlang der Fahrbahn verläuft, verwendet. Dafür werden alle zeitabhängigen Gleichungen anhand kinematischer Beziehungen transformiert. Diese nichtlineare Transformation ermöglicht es, ein Gütefunktional aufzustellen, das die tatsächliche Fahrzeit entlang der Wegstrecke beschreibt. So muss kein Optimierungsproblem mit freier Endzeit gelöst werden. Zudem hat sie den Vorteil, dass statische Elemente, wie der Fahrbahnverlauf oder die Position der Leitplanken, im mathematischen Problem statisch bleiben. Als Fahrzeugmodell kommt ein nichtlineares Einspurmodell mit einer Pacejka-Reifenkennlinie zum Einsatz, welches um eine Achslast- und Bremskraftverteilung erweitert ist. Die Aktordynamik (Motor, Bremse, Lenkung) wird über einen speziellen Ansatz abgebildet, der im Optimierungsproblem die Nebenbedingungen in Abhängigkeit der Aktorausgänge angibt, was die Dimension des Optimierungsproblems reduziert. Zudem werden diese Nebenbedingung in Straffunktionen mit einer geschwindigkeitsabhängigen „semi-quadratischen“ Form umgewandelt. Der Ansatz erhöht nicht nur die Konvergenz, sondern führt auch zu sehr glatten Trajektorien, deren Krümmung bis mindestens zur zweiten Ableitung stetig ist, was man im Fahrverhalten deutlich spürt. Da die Trajektorienplanung sowohl offline zur Berechnung eines gesamten Rundkurses als auch zur echtzeitfähigen zyklischen Planung unter Berücksichtigung statischer Hindernisse eingesetzt wird, liegt der Fokus auf einer effizienten Umsetzung, was sich sowohl in der Modellbildung und Problemformulierung als auch der Implementierung widerspiegelt. So wird bspw. ein 4,5 km langer Rundkurs mit Ipopt auf einer Mobile-CPU in unter 2 s berechnet. Die zyklische Planung benötigt bei einem krümmungsabhängigen Planungshorizont von mindestens 126 m bzw. 6,6 s (testweise) durchschnittlich 40 ms. Somit ist diese Trajektorienplanung schneller als vergleichbare Ansätze aus der Literatur. Eine Eigenschaft der dargelegten zeitoptimalen Planung ist die harmonische Verbindung von Quer- und Längsdynamik. Daher ist sie zum einen perfekt geeignet, um optimale Brems-/Ausweich-Kombinationen zu berechnen. Zum anderen bietet sie auch eine gute Basis für eine komfortorientierte Trajektorienplanung, welche als Erweiterung der bestehenden Planung entwickelt wurde. Im Rahmen der Toolchain der Trajektorienplanung wurde u. a. ein Algorithmus entwickelt, der mittels quadratischer Programmierung verrauschte Kurvenverläufe innerhalb vorgegebener Grenzen glättet. Er wird primär zum Glätten der Referenzlinie eingesetzt, kann aber auch sehr gut zur approximativen Berechnung von Ideallinien verwendet werden. Die Trajektorienplanung wurde mit der Volkswagen AG Konzernforschung, Wolfsburg auf diversen Rennstrecken und Handlings-Kursen erfolgreich erprobt, wie auch die abgebildeten Messdaten zeigen. |
||||
Alternatives oder übersetztes Abstract: |
|
||||
Status: | Verlagsversion | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-191201 | ||||
Zusätzliche Informationen: | Zugl.: Diss. Technische Universität Darmstadt, 2020. Diese Publikation ist auch in gebundener und elektronischer Form beim Shaker Verlag, Düren verfügbar: ISBN 978-3-8440-7573-1, DOI 10.2370/9783844075731 |
||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Institut für Automatisierungstechnik und Mechatronik 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Institut für Automatisierungstechnik und Mechatronik > Regelungstechnik und Mechatronik |
||||
Hinterlegungsdatum: | 19 Aug 2021 10:09 | ||||
Letzte Änderung: | 23 Aug 2021 07:54 | ||||
PPN: | |||||
Export: | |||||
Suche nach Titel in: | TUfind oder in Google |
Verfügbare Versionen dieses Eintrags
- Zeitoptimale Trajektorienplanung für automatisiertes Fahren bis in den fahrdynamischen Grenzbereich. (deposited 19 Aug 2021 10:09) [Gegenwärtig angezeigt]
Frage zum Eintrag |
Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen |