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Entwurf einer „europäischen Sprachenordnung“

Konrad, Holger (2003)
Entwurf einer „europäischen Sprachenordnung“.
In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF, 8 (2/3)
Artikel, Bibliographie

Dies ist die neueste Version dieses Eintrags.

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die Europäische Union (EU) hat bisher 15 Mitgliedsstaaten und elf Amtssprachen. Im Frühjahr 2002 wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass die Osterweiterung der EU im Jahre 2004 beginnen soll. Allem Anschein nach planen die EU-Behörden, trotz einiger Reformen in der Verwaltung, das Prinzip des „integralen Multilingualismus“ fortzuführen, nach dem jede nationale Amtssprache eines Mitgliedsstaates auch Amts- und Arbeitssprache in Europa wird. Und das, obwohl dieser Sachverhalt allgemein als großes politisches und finanzielles Problem, als „Sprachenproblem der Union“ gesehen wird, das Tag für Tag die Übersetzung vieler Seiten erfordert und Unsummen aus dem Haushalt verschlingt. Auch nach den diplomatischen Auseinandersetzungen im Sommer 1999, die als „deutsch-finnischer Sprachenstreit“ Schlagzeilen machten, und anderen sprachlich motivierten Konflikten in Europa ist kein Schritt in Richtung einer Lösung getan worden. Ein zweiter Aspekt ist folgender: Schon lange wird von Seiten derer, die sich wissenschaftlich mit Fremdsprachenunterricht auseinander setzen und sich über europäische Bildung Gedanken machen, die Notwendigkeit der Förderung des Fremdsprachenunterrichts in ganz Europa betont. Denn über ein zweites schwerwiegendes Defizit in Europa können auch die vielen Aktionen im Europäischen Jahr der Sprachen (2001) nicht hinwegtäuschen: Es sprechen zu wenig Menschen in Europa Fremdsprachen, und die vorhandenen Kenntnisse sind regional und sozial ungleich verteilt. Dieser Artikel nimmt sich beider Thematiken an und verbindet sie auf besondere Weise: Er verwirft die heutige undifferenzierte Gleichberechtigung der Gemeinschaftssprachen, erteilt aber auch einem Leitsprachenmodell, das tatsächlich eine Sprache für Europa vorsähe, eine Absage und entwirft dagegen die Utopie einer „europäischen Sprachenordnung“, die erstens alle wichtigen sprachlichen Angelegenheiten der EU-Gremien regelt und zweitens als Leitbild sowohl für sprachliches Verhalten in Gesellschaft und Wirtschaft als auch für den Fremdsprachenunterricht dient. Beherrschende Idee dahinter ist die Vorstellung von einem sprachenteiligen Europa, das die Vielfalt der Sprachen nicht als Belastung sieht, sondern sie sich zunutze macht für die vielfältigen Aufgaben, die Sprache in Europa und für seine internen und externen Beziehungen spielt. Möglichst viele Sprachen sollen in diesem System ihren Platz finden. Die EU ist heute schon so groß und übt gerade auf die Staaten im Osten eine solche Attraktivität aus, dass sie hier als gemeinsames europäisches Integrationsprojekt gesehen wird. Das bringt mit sich, dass die EU gemeint ist, wenn es um die Sprachwahl in der gesamteuropäischen Politik geht, dass sich „Europa“ aber ansonsten eigentlich auf den gesamten Kontinent bezieht. Die Frage, wer dazugehört und wer nicht, bleibt ausgeklammert. Die hier entworfene Sprachenordnung ist als parallel zu der Leitvorstellung eines Europas der Regionen zu sehen, in der regionale Strukturen die Vorherrschaft der Nationalstaaten auf vielen Seiten des Lebens ablösen. Eine komplementäre Sprachenlösung soll Ausgleich und Verständigung in Europa bringen und Konflikte mindern. Viele Aspekte des Themas können in diesem Artikel nur kurz angerissen werden. Insbesondere für mehr Beispiele zur Untermauerung meiner Ideen siehe Konrad (in Vorbereitung).

Typ des Eintrags: Artikel
Erschienen: 2003
Autor(en): Konrad, Holger
Art des Eintrags: Bibliographie
Titel: Entwurf einer „europäischen Sprachenordnung“
Sprache: Deutsch
Publikationsjahr: 2003
Ort: Darmstadt
Verlag: Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
Titel der Zeitschrift, Zeitung oder Schriftenreihe: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF
Jahrgang/Volume einer Zeitschrift: 8
(Heft-)Nummer: 2/3
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Kurzbeschreibung (Abstract):

Die Europäische Union (EU) hat bisher 15 Mitgliedsstaaten und elf Amtssprachen. Im Frühjahr 2002 wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass die Osterweiterung der EU im Jahre 2004 beginnen soll. Allem Anschein nach planen die EU-Behörden, trotz einiger Reformen in der Verwaltung, das Prinzip des „integralen Multilingualismus“ fortzuführen, nach dem jede nationale Amtssprache eines Mitgliedsstaates auch Amts- und Arbeitssprache in Europa wird. Und das, obwohl dieser Sachverhalt allgemein als großes politisches und finanzielles Problem, als „Sprachenproblem der Union“ gesehen wird, das Tag für Tag die Übersetzung vieler Seiten erfordert und Unsummen aus dem Haushalt verschlingt. Auch nach den diplomatischen Auseinandersetzungen im Sommer 1999, die als „deutsch-finnischer Sprachenstreit“ Schlagzeilen machten, und anderen sprachlich motivierten Konflikten in Europa ist kein Schritt in Richtung einer Lösung getan worden. Ein zweiter Aspekt ist folgender: Schon lange wird von Seiten derer, die sich wissenschaftlich mit Fremdsprachenunterricht auseinander setzen und sich über europäische Bildung Gedanken machen, die Notwendigkeit der Förderung des Fremdsprachenunterrichts in ganz Europa betont. Denn über ein zweites schwerwiegendes Defizit in Europa können auch die vielen Aktionen im Europäischen Jahr der Sprachen (2001) nicht hinwegtäuschen: Es sprechen zu wenig Menschen in Europa Fremdsprachen, und die vorhandenen Kenntnisse sind regional und sozial ungleich verteilt. Dieser Artikel nimmt sich beider Thematiken an und verbindet sie auf besondere Weise: Er verwirft die heutige undifferenzierte Gleichberechtigung der Gemeinschaftssprachen, erteilt aber auch einem Leitsprachenmodell, das tatsächlich eine Sprache für Europa vorsähe, eine Absage und entwirft dagegen die Utopie einer „europäischen Sprachenordnung“, die erstens alle wichtigen sprachlichen Angelegenheiten der EU-Gremien regelt und zweitens als Leitbild sowohl für sprachliches Verhalten in Gesellschaft und Wirtschaft als auch für den Fremdsprachenunterricht dient. Beherrschende Idee dahinter ist die Vorstellung von einem sprachenteiligen Europa, das die Vielfalt der Sprachen nicht als Belastung sieht, sondern sie sich zunutze macht für die vielfältigen Aufgaben, die Sprache in Europa und für seine internen und externen Beziehungen spielt. Möglichst viele Sprachen sollen in diesem System ihren Platz finden. Die EU ist heute schon so groß und übt gerade auf die Staaten im Osten eine solche Attraktivität aus, dass sie hier als gemeinsames europäisches Integrationsprojekt gesehen wird. Das bringt mit sich, dass die EU gemeint ist, wenn es um die Sprachwahl in der gesamteuropäischen Politik geht, dass sich „Europa“ aber ansonsten eigentlich auf den gesamten Kontinent bezieht. Die Frage, wer dazugehört und wer nicht, bleibt ausgeklammert. Die hier entworfene Sprachenordnung ist als parallel zu der Leitvorstellung eines Europas der Regionen zu sehen, in der regionale Strukturen die Vorherrschaft der Nationalstaaten auf vielen Seiten des Lebens ablösen. Eine komplementäre Sprachenlösung soll Ausgleich und Verständigung in Europa bringen und Konflikte mindern. Viele Aspekte des Themas können in diesem Artikel nur kurz angerissen werden. Insbesondere für mehr Beispiele zur Untermauerung meiner Ideen siehe Konrad (in Vorbereitung).

Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 400 Sprache > 400 Sprache, Linguistik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften
02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft
02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft > Sprachwissenschaft - Mehrsprachigkeit
Hinterlegungsdatum: 02 Aug 2024 13:03
Letzte Änderung: 02 Aug 2024 13:03
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