Altmayer, Claus (2002)
Rezension: KLAUS P. HANSEN (2000), Kultur und Kulturwissenschaft. Eine Einführung.
In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF, 6 (3)
Artikel, Bibliographie
Dies ist die neueste Version dieses Eintrags.
Kurzbeschreibung (Abstract)
Dass das Erlernen einer fremden Sprache mit dem lernenden und verstehenden Zugang zu einer fremden Kultur einher geht, darüber besteht heute in allen Fremdsprachenwissenschaften wohl weitgehend Konsens. Probleme der ‚interkulturellen Kommunikation‘, des ‚interkulturellen Lernens‘ und des ‚Kulturverstehens‘ gehören daher seit einigen Jahren zum Standardprogramm dieser Wissenschaften in Forschung und Lehre, ohne dass man sich über den Kernbegriff, von dem alle diese Benennungen ja Gebrauch machen, den Begriff der Kultur nämlich, allzu viel Gedanken machen würde. So herrscht in den Fremdsprachendisziplinen bis heute ein in aller Regel wenig reflektierter Gebrauch jenes pluralisierten und auf prinzipiell alle Gesellschaftsformationen verallgemeinerten ethnologischen Begriffs vor, wonach ‚Kultur‘ insbesondere die Gesamtheit der Lebensweise eines Kollektivs oder einer Gesellschaft meint. Die Gesellschaften oder Kollektive, auf die ‚Kultur‘ in diesem Sinn bezogen wird, werden dabei meist ohne Weiteres mit Nationen bzw. Staatsgesellschaften identifiziert, denen auch meist eine bestimmte Sprache zugeordnet werden kann. In diesem Sinn ist dann eben von ‚der‘ deutschen, ‚der‘ französischen oder ‚der‘ japanischen Kultur die Rede. ‚Kulturen‘ erscheinen so als nach innen relativ homogene, nach außen hingegen weitgehend abgeschlossene Größen, denen zudem gegenüber den die jeweilige Gesellschaft ausmachenden Individuen eine prägende, ja eine determinierende Kraft zugesprochen wird. Ein in dieser Weise holistisches und deterministisches Konzept von ‚Kultur‘ liegt etwa auch bei Autoren wie Geert Hofstede und Alexander Thomas vor, auf die man sich in der fremdsprachendidaktischen Diskussion besonders gerne beruft. Bei Hofstede etwa heißt es, Kultur sei „die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet“ (Hofstede, 1997: 4); nach Thomas ist Kultur „ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem“, das sich insbesondere aus verschiedenen ‚Kulturstandards‘ bildet, worunter „alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns“ zu verstehen seien, „die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden“ (Thomas, 1993: 380). Zwar sehen Hofstede wie Thomas in ihren Definitionen grundsätzlich die Möglichkeit vor, dass sich ‚Kultur‘ auf verschiedene Gesellschaftsebenen (Gruppen, Organisationen usw.) bezieht, beide aber legen in ihren empirischen Arbeiten den Schwerpunkt klar auf die Ebene der nationalkulturellen Eigenheiten bzw. Unterschiede. So hat etwa Thomas in mehreren Publikationen vor allem den Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen ‚Kulturstandards‘ herausgearbeitet (vgl. u.a. Thomas, 1996), und auch Hofstede interessiert sich bei seiner Berechnung der verschiedenen Dimensionen von ‚Kultur‘ nahezu ausschließlich für Nationalkulturen (vgl. Hofstede, 1997: 25 ff).
Typ des Eintrags: | Artikel |
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Erschienen: | 2002 |
Autor(en): | Altmayer, Claus |
Art des Eintrags: | Bibliographie |
Titel: | Rezension: KLAUS P. HANSEN (2000), Kultur und Kulturwissenschaft. Eine Einführung |
Sprache: | Deutsch |
Publikationsjahr: | 2002 |
Ort: | Darmstadt |
Verlag: | Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt |
Titel der Zeitschrift, Zeitung oder Schriftenreihe: | Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF |
Jahrgang/Volume einer Zeitschrift: | 6 |
(Heft-)Nummer: | 3 |
Zugehörige Links: | |
Kurzbeschreibung (Abstract): | Dass das Erlernen einer fremden Sprache mit dem lernenden und verstehenden Zugang zu einer fremden Kultur einher geht, darüber besteht heute in allen Fremdsprachenwissenschaften wohl weitgehend Konsens. Probleme der ‚interkulturellen Kommunikation‘, des ‚interkulturellen Lernens‘ und des ‚Kulturverstehens‘ gehören daher seit einigen Jahren zum Standardprogramm dieser Wissenschaften in Forschung und Lehre, ohne dass man sich über den Kernbegriff, von dem alle diese Benennungen ja Gebrauch machen, den Begriff der Kultur nämlich, allzu viel Gedanken machen würde. So herrscht in den Fremdsprachendisziplinen bis heute ein in aller Regel wenig reflektierter Gebrauch jenes pluralisierten und auf prinzipiell alle Gesellschaftsformationen verallgemeinerten ethnologischen Begriffs vor, wonach ‚Kultur‘ insbesondere die Gesamtheit der Lebensweise eines Kollektivs oder einer Gesellschaft meint. Die Gesellschaften oder Kollektive, auf die ‚Kultur‘ in diesem Sinn bezogen wird, werden dabei meist ohne Weiteres mit Nationen bzw. Staatsgesellschaften identifiziert, denen auch meist eine bestimmte Sprache zugeordnet werden kann. In diesem Sinn ist dann eben von ‚der‘ deutschen, ‚der‘ französischen oder ‚der‘ japanischen Kultur die Rede. ‚Kulturen‘ erscheinen so als nach innen relativ homogene, nach außen hingegen weitgehend abgeschlossene Größen, denen zudem gegenüber den die jeweilige Gesellschaft ausmachenden Individuen eine prägende, ja eine determinierende Kraft zugesprochen wird. Ein in dieser Weise holistisches und deterministisches Konzept von ‚Kultur‘ liegt etwa auch bei Autoren wie Geert Hofstede und Alexander Thomas vor, auf die man sich in der fremdsprachendidaktischen Diskussion besonders gerne beruft. Bei Hofstede etwa heißt es, Kultur sei „die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet“ (Hofstede, 1997: 4); nach Thomas ist Kultur „ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem“, das sich insbesondere aus verschiedenen ‚Kulturstandards‘ bildet, worunter „alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns“ zu verstehen seien, „die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden“ (Thomas, 1993: 380). Zwar sehen Hofstede wie Thomas in ihren Definitionen grundsätzlich die Möglichkeit vor, dass sich ‚Kultur‘ auf verschiedene Gesellschaftsebenen (Gruppen, Organisationen usw.) bezieht, beide aber legen in ihren empirischen Arbeiten den Schwerpunkt klar auf die Ebene der nationalkulturellen Eigenheiten bzw. Unterschiede. So hat etwa Thomas in mehreren Publikationen vor allem den Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen ‚Kulturstandards‘ herausgearbeitet (vgl. u.a. Thomas, 1996), und auch Hofstede interessiert sich bei seiner Berechnung der verschiedenen Dimensionen von ‚Kultur‘ nahezu ausschließlich für Nationalkulturen (vgl. Hofstede, 1997: 25 ff). |
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 400 Sprache > 400 Sprache, Linguistik |
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft > Sprachwissenschaft - Mehrsprachigkeit |
Hinterlegungsdatum: | 02 Aug 2024 12:59 |
Letzte Änderung: | 02 Aug 2024 12:59 |
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Verfügbare Versionen dieses Eintrags
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Rezension: KLAUS P. HANSEN (2000), Kultur und Kulturwissenschaft. Eine Einführung. (deposited 28 Sep 2023 11:00)
- Rezension: KLAUS P. HANSEN (2000), Kultur und Kulturwissenschaft. Eine Einführung. (deposited 02 Aug 2024 12:59) [Gegenwärtig angezeigt]
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