Wormer, Jorg (2023)
KulturZeitRaum - Das Feuilleton der ZiF.
In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF, 2014, 19 (1)
doi: 10.26083/tuprints-00012869
Artikel, Zweitveröffentlichung, Verlagsversion
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Kurzbeschreibung (Abstract)
Für die deutsche Sprache sind Fügungen, also Kombinationen von mehreren Wörtern zu zusammengesetzten Wörtern, sogenannten Komposita, charakteristisch. Besonders häufig finden sich Zusammensetzungen bei Hauptwörtern, auch Gegenstandswörter, Substantive und Nomina genannt. Sind Texte durch viele Nomina und Nominalkomposita geprägt, so sprechen wir vom Nominalstil, und das ist kein Kompliment. Solche Texte gelten als wenig bis nicht lebendig und allemal als unliterarisch. Auch der Begriff Verdachtsberichterstattung steht nicht im Verdacht, ein literarischer Begriff zu sein. Er setzt sich aus drei Substantiven zusammen: die Erstattung, der Bericht, der Verdacht. Ganz spannend dabei ist, dass alle drei Wortbestandteile substantivierte Handlungen bezeichnen, gleichsam zu Sachen gewordene Tätigkeiten: jemanden verdächtigen, etwas berichten, etwas erstatten, herausgeben. Wenn Handlungen, Tätigkeiten zu Sachen - Tatsachen - werden, so erhalten sie besondere Bedeutung, sie werden berichtenswert. Der Berichtende selbst stellt sich nicht in den Vordergrund, er gibt sich sachlich, er gibt Nachricht von etwas, er erstattet Bericht über etwas. Im Zentrum steht damit die Sache, die Nachricht und der Berichtende dienen der Sache, einem Geschehen, einer Tatsache, einem Vorgang, einem Faktum, das in der Welt, in der Wirklichkeit ist. Nachricht geben, Informationen übermitteln, von Tatsachen berichten, also Bericht erstatten: so weit, so gut. Wir verstehen Berichterstattung in diesem Sinn als Tatsachenberichterstattung. Und nur bei diesem für gewöhnlich unausgesprochenen Wortverständnis stellt sich die Irritation ein, wenn das in Rede stehende Wort auftaucht: Verdachtsberichterstattung. Das macht die Irritation aus: Wenn Berichterstattung Nachrichten zu Tatsachen sind - und ein Verdacht ist ja gerade keine Tatsache, sondern eine Vermutung, eine Annahme, aber gerade kein Fakt -, dann kann Verdachtsberichterstattung eigentlich nicht sein, sie ist ein Unding, macht sich diese Art Berichterstattung doch nachgerade verdächtig, keine Berichterstattung im Grundverständnis von Tatsachenberichten und damit keine seriöse Berichterstattung zu sein.
Typ des Eintrags: | Artikel |
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Erschienen: | 2023 |
Autor(en): | Wormer, Jorg |
Art des Eintrags: | Zweitveröffentlichung |
Titel: | KulturZeitRaum - Das Feuilleton der ZiF |
Sprache: | Deutsch |
Publikationsjahr: | 24 Mai 2023 |
Ort: | Darmstadt |
Publikationsdatum der Erstveröffentlichung: | 2014 |
Verlag: | Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt |
Titel der Zeitschrift, Zeitung oder Schriftenreihe: | Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF |
Jahrgang/Volume einer Zeitschrift: | 19 |
(Heft-)Nummer: | 1 |
DOI: | 10.26083/tuprints-00012869 |
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/12869 |
Zugehörige Links: | |
Herkunft: | Zweitveröffentlichung von TUjournals |
Kurzbeschreibung (Abstract): | Für die deutsche Sprache sind Fügungen, also Kombinationen von mehreren Wörtern zu zusammengesetzten Wörtern, sogenannten Komposita, charakteristisch. Besonders häufig finden sich Zusammensetzungen bei Hauptwörtern, auch Gegenstandswörter, Substantive und Nomina genannt. Sind Texte durch viele Nomina und Nominalkomposita geprägt, so sprechen wir vom Nominalstil, und das ist kein Kompliment. Solche Texte gelten als wenig bis nicht lebendig und allemal als unliterarisch. Auch der Begriff Verdachtsberichterstattung steht nicht im Verdacht, ein literarischer Begriff zu sein. Er setzt sich aus drei Substantiven zusammen: die Erstattung, der Bericht, der Verdacht. Ganz spannend dabei ist, dass alle drei Wortbestandteile substantivierte Handlungen bezeichnen, gleichsam zu Sachen gewordene Tätigkeiten: jemanden verdächtigen, etwas berichten, etwas erstatten, herausgeben. Wenn Handlungen, Tätigkeiten zu Sachen - Tatsachen - werden, so erhalten sie besondere Bedeutung, sie werden berichtenswert. Der Berichtende selbst stellt sich nicht in den Vordergrund, er gibt sich sachlich, er gibt Nachricht von etwas, er erstattet Bericht über etwas. Im Zentrum steht damit die Sache, die Nachricht und der Berichtende dienen der Sache, einem Geschehen, einer Tatsache, einem Vorgang, einem Faktum, das in der Welt, in der Wirklichkeit ist. Nachricht geben, Informationen übermitteln, von Tatsachen berichten, also Bericht erstatten: so weit, so gut. Wir verstehen Berichterstattung in diesem Sinn als Tatsachenberichterstattung. Und nur bei diesem für gewöhnlich unausgesprochenen Wortverständnis stellt sich die Irritation ein, wenn das in Rede stehende Wort auftaucht: Verdachtsberichterstattung. Das macht die Irritation aus: Wenn Berichterstattung Nachrichten zu Tatsachen sind - und ein Verdacht ist ja gerade keine Tatsache, sondern eine Vermutung, eine Annahme, aber gerade kein Fakt -, dann kann Verdachtsberichterstattung eigentlich nicht sein, sie ist ein Unding, macht sich diese Art Berichterstattung doch nachgerade verdächtig, keine Berichterstattung im Grundverständnis von Tatsachenberichten und damit keine seriöse Berichterstattung zu sein. |
Status: | Verlagsversion |
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-128698 |
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 400 Sprache > 400 Sprache, Linguistik |
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft > Sprachwissenschaft - Mehrsprachigkeit |
Hinterlegungsdatum: | 28 Sep 2023 11:32 |
Letzte Änderung: | 28 Sep 2023 11:32 |
PPN: | |
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Verfügbare Versionen dieses Eintrags
- KulturZeitRaum - Das Feuilleton der ZiF. (deposited 28 Sep 2023 11:32) [Gegenwärtig angezeigt]
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