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Mensch und Text in der Sprachfremde: overt und covert

Koller, Werner (2023)
Mensch und Text in der Sprachfremde: overt und covert.
In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF, 2003, 8 (2/3)
doi: 10.26083/tuprints-00012397
Artikel, Zweitveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

„Das Leben mit mehreren Sprachen“ (so lautet der Untertitel des Symposiums): Eigentlich ist das in einem nicht-metaphorischen Sinn nur auf Menschen, nicht auf Texte anwendbar; ich möchte aber zeigen - vielleicht etwas gewagt und ziemlich essayistisch -, dass es Parallelen gibt zwischen dem Verhalten von Menschen und Texten (Übersetzungen) in der Sprachfremde. Parallelen, die ich festzumachen versuche am overt-covert-Konzept von Juliane House. Zuerst zu den Menschen, genauer: einem Menschen, nämlich mir selbst: Ich lebe in Norwegen mit mehreren Sprachen: Norwegisch natürlich, aber auch deutsch, schweizerdeutsch, manchmal englisch, eher selten französisch; und sieht der Kellner in der Pizzeria südländisch aus, lasse ich es mir nicht nehmen, auf italienisch zu bestellen (was manchmal nicht ohne Peinlichkeit ist). Damit sei angedeutet, dass „mit zwei oder mehreren Sprachen leben“ sehr weit verstanden werden kann. Selbst wer Englisch nicht oder nur rudimentär beherrscht, lebt mit dem Englischen: in der Werbung, in den Angloamerikanismen der Alltagssprache, im englisch-amerikanisch geprägten Deutsch von originalen oder übersetzten Texten. Enger gefasst werden könnte „mit mehreren Sprachen leben“, wenn man nur die Sprachen gelten lässt, die in Alltags- und Berufsleben eine substantielle lebenspraktische Rolle spielen: in meinem Fall also das Norwegische und das Deutsche (in seiner schweizerdeutsch-dialektalen und seiner standardsprachlichen Form). Wenn wir die Substanz dieser Mehrsprachigkeit, dieses „mit mehreren Sprachen leben“, existentiell - kritisch könnte man sogleich anmerken: sprachmetaphysisch aufgeladen oder gar überladen - interpretieren, so wäre das mit zu ersetzen durch ein in. Im Blick auf meinen eigenen Fall (und vor dem Hintergrund meiner Spracherfahrungen) bin ich davon überzeugt, dass ich zwar mit einer ganzen Reihe von Sprachen, aber in einem existentiellen Sinn nur im Deutschen und Norwegischen lebe. Das „in“ impliziert, dass man nicht nur in einem bestimmten Land, in einer Landschaft, in einem Stadtteil, in einer bestimmten sozialen Situation, in seinem Körper usw. lebt, sondern eben auch: in einer Sprache - im Fall der gelebten Bilingualität: in zwei Sprachen. Und wie man fragen kann: Wie lebt es sich in Ihrem Hamburger Stadtteil? - so müsste man auch fragen können: Wie lebt es sich in Ihrer Sprache? In Ihrem Englisch? In Ihrem Deutsch? „Wie geht es Ihnen sprachlich?“ wäre dann eine ebenso legitime Frage wie „Wie geht es Ihnen gesundheitlich?“ - und dies umso mehr, als ein Zusammenhang bestehen dürfte zwischen der psychischen und vielleicht auch physischen Gesundheit und der „sprachlichen Gesundheit“.

Typ des Eintrags: Artikel
Erschienen: 2023
Autor(en): Koller, Werner
Art des Eintrags: Zweitveröffentlichung
Titel: Mensch und Text in der Sprachfremde: overt und covert
Sprache: Deutsch
Publikationsjahr: 2023
Ort: Darmstadt
Publikationsdatum der Erstveröffentlichung: 2003
Verlag: Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt
Titel der Zeitschrift, Zeitung oder Schriftenreihe: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht : ZIF
Jahrgang/Volume einer Zeitschrift: 8
(Heft-)Nummer: 2/3
DOI: 10.26083/tuprints-00012397
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/12397
Zugehörige Links:
Herkunft: Zweitveröffentlichung von TUjournals
Kurzbeschreibung (Abstract):

„Das Leben mit mehreren Sprachen“ (so lautet der Untertitel des Symposiums): Eigentlich ist das in einem nicht-metaphorischen Sinn nur auf Menschen, nicht auf Texte anwendbar; ich möchte aber zeigen - vielleicht etwas gewagt und ziemlich essayistisch -, dass es Parallelen gibt zwischen dem Verhalten von Menschen und Texten (Übersetzungen) in der Sprachfremde. Parallelen, die ich festzumachen versuche am overt-covert-Konzept von Juliane House. Zuerst zu den Menschen, genauer: einem Menschen, nämlich mir selbst: Ich lebe in Norwegen mit mehreren Sprachen: Norwegisch natürlich, aber auch deutsch, schweizerdeutsch, manchmal englisch, eher selten französisch; und sieht der Kellner in der Pizzeria südländisch aus, lasse ich es mir nicht nehmen, auf italienisch zu bestellen (was manchmal nicht ohne Peinlichkeit ist). Damit sei angedeutet, dass „mit zwei oder mehreren Sprachen leben“ sehr weit verstanden werden kann. Selbst wer Englisch nicht oder nur rudimentär beherrscht, lebt mit dem Englischen: in der Werbung, in den Angloamerikanismen der Alltagssprache, im englisch-amerikanisch geprägten Deutsch von originalen oder übersetzten Texten. Enger gefasst werden könnte „mit mehreren Sprachen leben“, wenn man nur die Sprachen gelten lässt, die in Alltags- und Berufsleben eine substantielle lebenspraktische Rolle spielen: in meinem Fall also das Norwegische und das Deutsche (in seiner schweizerdeutsch-dialektalen und seiner standardsprachlichen Form). Wenn wir die Substanz dieser Mehrsprachigkeit, dieses „mit mehreren Sprachen leben“, existentiell - kritisch könnte man sogleich anmerken: sprachmetaphysisch aufgeladen oder gar überladen - interpretieren, so wäre das mit zu ersetzen durch ein in. Im Blick auf meinen eigenen Fall (und vor dem Hintergrund meiner Spracherfahrungen) bin ich davon überzeugt, dass ich zwar mit einer ganzen Reihe von Sprachen, aber in einem existentiellen Sinn nur im Deutschen und Norwegischen lebe. Das „in“ impliziert, dass man nicht nur in einem bestimmten Land, in einer Landschaft, in einem Stadtteil, in einer bestimmten sozialen Situation, in seinem Körper usw. lebt, sondern eben auch: in einer Sprache - im Fall der gelebten Bilingualität: in zwei Sprachen. Und wie man fragen kann: Wie lebt es sich in Ihrem Hamburger Stadtteil? - so müsste man auch fragen können: Wie lebt es sich in Ihrer Sprache? In Ihrem Englisch? In Ihrem Deutsch? „Wie geht es Ihnen sprachlich?“ wäre dann eine ebenso legitime Frage wie „Wie geht es Ihnen gesundheitlich?“ - und dies umso mehr, als ein Zusammenhang bestehen dürfte zwischen der psychischen und vielleicht auch physischen Gesundheit und der „sprachlichen Gesundheit“.

Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-123977
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 400 Sprache > 400 Sprache, Linguistik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften
02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft
02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft > Sprachwissenschaft - Mehrsprachigkeit
Hinterlegungsdatum: 28 Sep 2023 11:13
Letzte Änderung: 28 Sep 2023 11:13
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