Magiera, Nils (2020)
Identifikation des Fahrfertigkeitsniveaus von Motorradfahrern in Kurvenfahrt im Realverkehr.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.25534/tuprints-00014011
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Aktuelle Unfallstatistiken zeigen, dass der Großteil der Alleinunfälle von Motorradfahrern in Kurvenfahrt stattfindet. Diese Unfälle gehen häufig auf die situative Fehleinschätzung sowie die Überschätzung der eigenen Fahrfertigkeiten zurück. Bisher wird davon ausgegangen, dass diese Art von Unfällen durch präventive Maßnahmen, wie gezieltes Fahrertraining und -sensibilisierung, sowie Assistenzsysteme in ihrer Anzahl reduzierbar sind. Für genannte Assistenzsysteme, u.a. auch ein Online Fahrertraining, ist es notwendig, das individuelle Fahrverhalten aber auch die Fahrfertigkeiten korrekt zu identifizieren. Während Modelle zur Beschreibung des allgemeinen Fahrverhaltens, z.B. in welche Rollwinkel- und Beschleunigungsbereiche der Fahrer vorgedrungen ist, bereits zahlreich untersucht wurden, ist unbekannt, woran Fahrfertigkeiten wissenschaftlich fundiert festzumachen sind und wie diese im Fahrbetrieb ermittelt werden können. Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung, ob und mit welchen Methoden die Fahrfertigkeiten von individuellen Motorradfahrern im Straßenverkehr anhand von Kurvenfahrten messbar sind. Das beinhaltet die Analyse, welche Differenzierung im Kontext der vielfältigen Situationen möglich ist, sowie den dazu benötigten Datenumfang. Ziel des ersten Abschnitts der Arbeit ist die Klärung, in welche Teile die Kurvenfahrt zerlegt werden muss um in einem zweiten Schritt fahrfertigkeitsrelevante Merkmale und Kennwerte aus den Sequenzen extrahieren zu können. Basierend auf Fahrverhaltensmodellen und den Erkenntnissen aus der Voruntersuchung von Kurvenfahrten zweier Referenzfahrer, mit sehr hoch und sehr niedrig bewerteten Fahrfertigkeiten, ist ein Modell abgeleitet, welches das Fahrmanöver Kurvenfahrt in vier unterschiedliche Phasen zerlegt. Jede dieser Phasen entspricht einer bestimmten Handlung oder Regelstrategie, die zur Bewältigung des Fahrmanövers notwendig ist und anhand deren Ausführungsqualität die Fahrfertigkeiten beurteilbar sind. Zur automatischen Segmentierung und Klassifizierung der Messdaten sind zwei Algorithmen implementiert und die Performance für verschiedene Varianten evaluiert. Die Analyse der Ergebnisse zeigt, dass die Zerlegung gemäß dem gewünschten Modell dargestellt werden kann. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der näheren Untersuchung von Methoden, Modellen, und Messgrößen mittels derer die Güte, d.h. die Qualität, einzelner Sequenzen quantifiziert werden kann. Zur Entwicklung und Validierung dieser Verfahren wurde eine Probandenstudie mit 19 Fahrern unterschiedlicher gesamtheitlicher Fahrerfahrung auf einer motorradtypischen Versuchsstrecke im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführt. Die Fahrer wurden anhand des subjektiven Eindrucks und der angegebenen Erfahrung in vier Gruppen auf einer Ordinalskala eingeteilt. Bei der Auswertung der entwickelten Methoden wird beobachtet, dass die statistische Verteilung der Beurteilungen der Sequenzen, anhand der Rollbewegung und der Positionsänderung, mit der Referenzgruppierung korreliert. Da bei der Untersuchung der Kennwerte ferner gezeigt werden kann, dass fehlerbehaftete von fehlerfreien Kurvenfahrten unterscheidbar sind, wird daraus abgeleitet, dass mit den vorgeschlagenen Methoden die Qualität eines Handlungsablaufs und damit auch die Fahrfertigkeit messbar ist. Die anfängliche Hypothese, dass die Fahrfertigkeiten mithilfe einzelner Kurvenfahrten identifiziert werden können, in der Fahrer mit hoher Fahrexpertise völlig unterschiedliche Merkmale zu Fahranfänger aufweisen, bestätigt sich indes nicht. Bei der vertiefenden Untersuchung der fahrerindividuellen Stichproben wird gezeigt, dass eine fahrerspezifische Klassifikation des Fahrfertigkeitsniveaus mittels statistischer Indikatoren der Sequenzbewertungen möglich ist. Die Anzahl der differenzierbaren Level ist dabei abhängig von der Menge der zu Verfügung stehenden Sequenzen der einzelnen Phasen der Kurvenfahrt. So ist die Bewertung der Fahrfertigkeiten anhand der Rollbewegungsmerkmale in stationärer Kurvenfahrt aus statistischer Perspektive in fünf Kategorien möglich, während für den Fall des Einlenkens in die Kurve nur drei Level identifizierbar sind. Eine weitere Erkenntnis ist, dass das Fahrfertigkeitsniveau eines Fahrers in verschiedenen Situationen, wie beispielsweise Links- oder Rechtskurven oder verschiedenen Phasen der Kurvenfahrt, unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann und dies mit dem Verfahren messbar ist. In Summe legt die in dieser Arbeit erarbeite Methode den Grundstein für eine im realen Fahrbetrieb stattfindende Identifikation der Fahrfertigkeiten. Die Erkenntnisse können als Ausgangsbasis für die Entwicklung einer Reihe möglicher fahreradaptiver Assistenzsysteme zur Verbesserung der Motorradsicherheit herangezogen werden.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2020 | ||||
Autor(en): | Magiera, Nils | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Identifikation des Fahrfertigkeitsniveaus von Motorradfahrern in Kurvenfahrt im Realverkehr | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Winner, Prof. Dr. Hermann ; Adamy, Prof. Dr. Jürgen | ||||
Publikationsjahr: | 2020 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 1 Juli 2020 | ||||
DOI: | 10.25534/tuprints-00014011 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/14011 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Aktuelle Unfallstatistiken zeigen, dass der Großteil der Alleinunfälle von Motorradfahrern in Kurvenfahrt stattfindet. Diese Unfälle gehen häufig auf die situative Fehleinschätzung sowie die Überschätzung der eigenen Fahrfertigkeiten zurück. Bisher wird davon ausgegangen, dass diese Art von Unfällen durch präventive Maßnahmen, wie gezieltes Fahrertraining und -sensibilisierung, sowie Assistenzsysteme in ihrer Anzahl reduzierbar sind. Für genannte Assistenzsysteme, u.a. auch ein Online Fahrertraining, ist es notwendig, das individuelle Fahrverhalten aber auch die Fahrfertigkeiten korrekt zu identifizieren. Während Modelle zur Beschreibung des allgemeinen Fahrverhaltens, z.B. in welche Rollwinkel- und Beschleunigungsbereiche der Fahrer vorgedrungen ist, bereits zahlreich untersucht wurden, ist unbekannt, woran Fahrfertigkeiten wissenschaftlich fundiert festzumachen sind und wie diese im Fahrbetrieb ermittelt werden können. Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung, ob und mit welchen Methoden die Fahrfertigkeiten von individuellen Motorradfahrern im Straßenverkehr anhand von Kurvenfahrten messbar sind. Das beinhaltet die Analyse, welche Differenzierung im Kontext der vielfältigen Situationen möglich ist, sowie den dazu benötigten Datenumfang. Ziel des ersten Abschnitts der Arbeit ist die Klärung, in welche Teile die Kurvenfahrt zerlegt werden muss um in einem zweiten Schritt fahrfertigkeitsrelevante Merkmale und Kennwerte aus den Sequenzen extrahieren zu können. Basierend auf Fahrverhaltensmodellen und den Erkenntnissen aus der Voruntersuchung von Kurvenfahrten zweier Referenzfahrer, mit sehr hoch und sehr niedrig bewerteten Fahrfertigkeiten, ist ein Modell abgeleitet, welches das Fahrmanöver Kurvenfahrt in vier unterschiedliche Phasen zerlegt. Jede dieser Phasen entspricht einer bestimmten Handlung oder Regelstrategie, die zur Bewältigung des Fahrmanövers notwendig ist und anhand deren Ausführungsqualität die Fahrfertigkeiten beurteilbar sind. Zur automatischen Segmentierung und Klassifizierung der Messdaten sind zwei Algorithmen implementiert und die Performance für verschiedene Varianten evaluiert. Die Analyse der Ergebnisse zeigt, dass die Zerlegung gemäß dem gewünschten Modell dargestellt werden kann. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der näheren Untersuchung von Methoden, Modellen, und Messgrößen mittels derer die Güte, d.h. die Qualität, einzelner Sequenzen quantifiziert werden kann. Zur Entwicklung und Validierung dieser Verfahren wurde eine Probandenstudie mit 19 Fahrern unterschiedlicher gesamtheitlicher Fahrerfahrung auf einer motorradtypischen Versuchsstrecke im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführt. Die Fahrer wurden anhand des subjektiven Eindrucks und der angegebenen Erfahrung in vier Gruppen auf einer Ordinalskala eingeteilt. Bei der Auswertung der entwickelten Methoden wird beobachtet, dass die statistische Verteilung der Beurteilungen der Sequenzen, anhand der Rollbewegung und der Positionsänderung, mit der Referenzgruppierung korreliert. Da bei der Untersuchung der Kennwerte ferner gezeigt werden kann, dass fehlerbehaftete von fehlerfreien Kurvenfahrten unterscheidbar sind, wird daraus abgeleitet, dass mit den vorgeschlagenen Methoden die Qualität eines Handlungsablaufs und damit auch die Fahrfertigkeit messbar ist. Die anfängliche Hypothese, dass die Fahrfertigkeiten mithilfe einzelner Kurvenfahrten identifiziert werden können, in der Fahrer mit hoher Fahrexpertise völlig unterschiedliche Merkmale zu Fahranfänger aufweisen, bestätigt sich indes nicht. Bei der vertiefenden Untersuchung der fahrerindividuellen Stichproben wird gezeigt, dass eine fahrerspezifische Klassifikation des Fahrfertigkeitsniveaus mittels statistischer Indikatoren der Sequenzbewertungen möglich ist. Die Anzahl der differenzierbaren Level ist dabei abhängig von der Menge der zu Verfügung stehenden Sequenzen der einzelnen Phasen der Kurvenfahrt. So ist die Bewertung der Fahrfertigkeiten anhand der Rollbewegungsmerkmale in stationärer Kurvenfahrt aus statistischer Perspektive in fünf Kategorien möglich, während für den Fall des Einlenkens in die Kurve nur drei Level identifizierbar sind. Eine weitere Erkenntnis ist, dass das Fahrfertigkeitsniveau eines Fahrers in verschiedenen Situationen, wie beispielsweise Links- oder Rechtskurven oder verschiedenen Phasen der Kurvenfahrt, unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann und dies mit dem Verfahren messbar ist. In Summe legt die in dieser Arbeit erarbeite Methode den Grundstein für eine im realen Fahrbetrieb stattfindende Identifikation der Fahrfertigkeiten. Die Erkenntnisse können als Ausgangsbasis für die Entwicklung einer Reihe möglicher fahreradaptiver Assistenzsysteme zur Verbesserung der Motorradsicherheit herangezogen werden. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-140111 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 600 Technik 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 16 Fachbereich Maschinenbau 16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet Fahrzeugtechnik (FZD) 16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet Fahrzeugtechnik (FZD) > Motorrad |
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Hinterlegungsdatum: | 27 Okt 2020 14:18 | ||||
Letzte Änderung: | 03 Nov 2020 06:10 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Winner, Prof. Dr. Hermann ; Adamy, Prof. Dr. Jürgen | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 1 Juli 2020 | ||||
Export: | |||||
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