TU Darmstadt / ULB / TUbiblio

Galvanisch erzeugt Mikro- und Nanodrähte für die Gasflusssensorik

Quednau, Sebastian (2016)
Galvanisch erzeugt Mikro- und Nanodrähte für die Gasflusssensorik.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Metallische Drähte, deren Querschnitte Abmessungen von weniger als 1 µm aufweisen, besitzen Eigenschaften, die sie zur Verwendung als sensitive Elemente in Mikrosystemen interessant machen. Besonders das sehr hohe Oberflächen- / Volumenverhältnis der Drähte prädestiniert sie zur Verwendung in thermischen Sensoren, wie kalorimetrischen Strömungssensoren. Diese Arbeit stellt einen Ansatz vor, der eine Vor-Ort-Erzeugung von metallischen Drähten mit Abmessungen im Submikrometer-Bereich direkt im Mikrosystem ermöglicht. Den gesamten Themenkomplex bezeichnet man daher als Mikro-Nano-Integration. Die in dieser Arbeit entwickelten Prozesse sind allesamt Bottom-Up-Verfahren. Das heißt, sie verfolgen nicht die aufwändige und kostenintensive Miniaturisierung bestehender Technologien, sondern setzen auf neue, selbstorganisierende Ansätze. Demonstriert werden die neu entwickelten Technologien an der Realisierung eines kalorimetrische Strömungssensors. Der Sensor profitiert von dem hohen Oberflächen- / Volumen-Verhältnis. Eine deutliche Verringerung der Ansprechzeit gegenüber konventionellen Sensoren ist das Resultat. Ein möglicher Einsatzzweck solcher Strömungssensoren ist eine photoakustische Messzelle.

Die Arbeit beginnt mit einer umfangreichen Darstellung des aktuellen Standes von Forschung und Technik. Dabei werden realisierte thermische Sensoren in einem Zeitraum von 1974 bis heute betrachtet. Die Kennwerte der Sensoren werden tabellarisch gegenüber gestellt. Anschließend werden Prozesse zur Integration metallischer Mikro- und Nanodrähte vorgestellt und miteinander verglichen. Darauf aufbauend wird ein Konzept zur Vor-Ort-Erzeugung von metallischen Mikro- und Nanodrähten entwickelt und demonstriert. Das Verfahren ist eine konsequente Fortsetzung des Ionenspurätzverfahrens, welches seit Jahrzehnten zur Erzeugung von Mikro- und Nanodrähten eingesetzt wird. Technologisch bedingt lassen sich dabei keine einzelnen Drähte, sondern nur Drahtverbünde (sog. Arrays) herstellen, die je nach Abmessung aus nur wenigen (< 10) oder auch aus Milliarden von Drähten (sog. Nanorasen) bestehen können. Die Drähte sind dabei immer Senkrecht zum Substrat angeordnet. Das Verfahren ermöglicht es, Drähte mit Durchmessern von 100nm bis zu einigen µm herzustellen. Die Drahtlänge kann dabei von faktisch 0 bis zu 100 µm variiert werden. Die Anzahl der Drähte pro Flächeneinheit Drahtdichte kann von 10^6 Drähten pro cm² bis zu 6x10^8 Drähten pro cm² eingestellt werden. Auf die galvanische Erzeugung der Drähte und die dazu realisierte technische Ausrüstung wird detailliert eingegangen.

Da die mit dem Ionenspurätzverfahren hergestellten Drähte jedoch nicht geeignet sind, um einen hoch sensitiven und gleichzeitig schnellen kalorimetrischen Strömungssensor aufzubauen, wird ein weiteres Verfahren, das sog. Ätzkantenverfahren, adaptiert und weiterentwickelt. Dieses ermöglicht die Herstellung einzelner Drähte, die horizontal über ein Substrat aufgehangen sind. Diese Drähte können prinzipiell beliebig lang sein, in dieser Arbeit wurden Längen von 700 µm realisiert. Technologisch bedingt weisen die so hergestellten Drähte einen rechteckigen Querschnitt auf, der in dieser Arbeit minimal 0,2 x 2 µm² beträgt, jedoch weiter verringerbar ist. Die Drähte weisen sehr gute Eigenschaften für die Verwendung in kalorimetrischen Strömungssensoren auf.

Um die Drähte als sensitive Elemente in kalorimetrischen Sensoren einsetzen zu können wurden Konzepte zur Modellierung entwickelt. Da die Abmessungen der Drähte bereits im Bereich der mittleren freien Weglänge der Gasmoleküle liegen, können keine etablierten Modellierungsprogramme verwendet werden. Daher wird ein Lösungsalgorithmus vorgestellt, der den Wärmeaustausch unter Berücksichtigung von Slip-Randbedingungen zwischen den Drähten und dem umgebenden Medium modelliert. Die Berechnung setzt dabei die Finite Volumen Methode (FVM) ein. Der Algorithmus wurde an einem bestehenden Vakuumsensor der Hochschule Rhein-Main in Rüsselsheim validiert und steht in sehr guter Übereinstimmung mit den Messwerten. Die Algorithmen wurden allesamt in OpenFOAM implementiert. Eine weitere Herausforderung sind die skalenübergreifenden Größenverhältnisse in den Sensoren. So liegt das Größenverhältnis zwischen den Drähten als funktionelle Elemente und dem Strömungskanal des Sensors bei 350000:1, was eine Herausforderung bei der Erstellung der Rechennetze ist.

Aufbauend auf den Herstellungsprozessen und der numerischen Modellierung wurden Sensorkonzepte entwickelt und realisiert. Dabei wurden sowohl Demonstratoren für das Ionenspurätzverfahren als auch für das Ätzkantengalvanikverfahren realisiert und die stationäre Kennlinie von 0..1000 sccm ermittelt. Beide Systeme liefern Messwerte in guter Übereinstimmung mit den vorher durchgeführten Simulationen. Die Demonstratoren aus dem Ätzkantengalvanikverfahren wurden zudem noch dynamisch mit Hilfe eines Lautsprechers von 0..700 Hz charakterisiert. Frequenzen von 0,05 bis 500 Hz konnten ohne weiteres nachgewiesen werden.

Die Arbeit schließt mit einem Ausblick, der das hohe Potential der entwickelten Mikro-Nano-Integrationsprozesse darlegt. So werden Anwendungen dargestellt, die von der Nutzung metallischer Mikro- und Nanodrähte profitieren können, wie z.B. BioMEMS oder chemische Sensoren. Der Anhang der Arbeit gibt einen tiefen Einblick in die Programmierlogik der verwendeten Software OpenFOAM.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2016
Autor(en): Quednau, Sebastian
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Galvanisch erzeugt Mikro- und Nanodrähte für die Gasflusssensorik
Sprache: Deutsch
Referenten: Schlaak, Prof. Dr. Helmut F. ; Ensinger, Prof. Dr. Wolfgang
Publikationsjahr: 22 Februar 2016
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 20 November 2015
URL / URN: http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5331
Kurzbeschreibung (Abstract):

Metallische Drähte, deren Querschnitte Abmessungen von weniger als 1 µm aufweisen, besitzen Eigenschaften, die sie zur Verwendung als sensitive Elemente in Mikrosystemen interessant machen. Besonders das sehr hohe Oberflächen- / Volumenverhältnis der Drähte prädestiniert sie zur Verwendung in thermischen Sensoren, wie kalorimetrischen Strömungssensoren. Diese Arbeit stellt einen Ansatz vor, der eine Vor-Ort-Erzeugung von metallischen Drähten mit Abmessungen im Submikrometer-Bereich direkt im Mikrosystem ermöglicht. Den gesamten Themenkomplex bezeichnet man daher als Mikro-Nano-Integration. Die in dieser Arbeit entwickelten Prozesse sind allesamt Bottom-Up-Verfahren. Das heißt, sie verfolgen nicht die aufwändige und kostenintensive Miniaturisierung bestehender Technologien, sondern setzen auf neue, selbstorganisierende Ansätze. Demonstriert werden die neu entwickelten Technologien an der Realisierung eines kalorimetrische Strömungssensors. Der Sensor profitiert von dem hohen Oberflächen- / Volumen-Verhältnis. Eine deutliche Verringerung der Ansprechzeit gegenüber konventionellen Sensoren ist das Resultat. Ein möglicher Einsatzzweck solcher Strömungssensoren ist eine photoakustische Messzelle.

Die Arbeit beginnt mit einer umfangreichen Darstellung des aktuellen Standes von Forschung und Technik. Dabei werden realisierte thermische Sensoren in einem Zeitraum von 1974 bis heute betrachtet. Die Kennwerte der Sensoren werden tabellarisch gegenüber gestellt. Anschließend werden Prozesse zur Integration metallischer Mikro- und Nanodrähte vorgestellt und miteinander verglichen. Darauf aufbauend wird ein Konzept zur Vor-Ort-Erzeugung von metallischen Mikro- und Nanodrähten entwickelt und demonstriert. Das Verfahren ist eine konsequente Fortsetzung des Ionenspurätzverfahrens, welches seit Jahrzehnten zur Erzeugung von Mikro- und Nanodrähten eingesetzt wird. Technologisch bedingt lassen sich dabei keine einzelnen Drähte, sondern nur Drahtverbünde (sog. Arrays) herstellen, die je nach Abmessung aus nur wenigen (< 10) oder auch aus Milliarden von Drähten (sog. Nanorasen) bestehen können. Die Drähte sind dabei immer Senkrecht zum Substrat angeordnet. Das Verfahren ermöglicht es, Drähte mit Durchmessern von 100nm bis zu einigen µm herzustellen. Die Drahtlänge kann dabei von faktisch 0 bis zu 100 µm variiert werden. Die Anzahl der Drähte pro Flächeneinheit Drahtdichte kann von 10^6 Drähten pro cm² bis zu 6x10^8 Drähten pro cm² eingestellt werden. Auf die galvanische Erzeugung der Drähte und die dazu realisierte technische Ausrüstung wird detailliert eingegangen.

Da die mit dem Ionenspurätzverfahren hergestellten Drähte jedoch nicht geeignet sind, um einen hoch sensitiven und gleichzeitig schnellen kalorimetrischen Strömungssensor aufzubauen, wird ein weiteres Verfahren, das sog. Ätzkantenverfahren, adaptiert und weiterentwickelt. Dieses ermöglicht die Herstellung einzelner Drähte, die horizontal über ein Substrat aufgehangen sind. Diese Drähte können prinzipiell beliebig lang sein, in dieser Arbeit wurden Längen von 700 µm realisiert. Technologisch bedingt weisen die so hergestellten Drähte einen rechteckigen Querschnitt auf, der in dieser Arbeit minimal 0,2 x 2 µm² beträgt, jedoch weiter verringerbar ist. Die Drähte weisen sehr gute Eigenschaften für die Verwendung in kalorimetrischen Strömungssensoren auf.

Um die Drähte als sensitive Elemente in kalorimetrischen Sensoren einsetzen zu können wurden Konzepte zur Modellierung entwickelt. Da die Abmessungen der Drähte bereits im Bereich der mittleren freien Weglänge der Gasmoleküle liegen, können keine etablierten Modellierungsprogramme verwendet werden. Daher wird ein Lösungsalgorithmus vorgestellt, der den Wärmeaustausch unter Berücksichtigung von Slip-Randbedingungen zwischen den Drähten und dem umgebenden Medium modelliert. Die Berechnung setzt dabei die Finite Volumen Methode (FVM) ein. Der Algorithmus wurde an einem bestehenden Vakuumsensor der Hochschule Rhein-Main in Rüsselsheim validiert und steht in sehr guter Übereinstimmung mit den Messwerten. Die Algorithmen wurden allesamt in OpenFOAM implementiert. Eine weitere Herausforderung sind die skalenübergreifenden Größenverhältnisse in den Sensoren. So liegt das Größenverhältnis zwischen den Drähten als funktionelle Elemente und dem Strömungskanal des Sensors bei 350000:1, was eine Herausforderung bei der Erstellung der Rechennetze ist.

Aufbauend auf den Herstellungsprozessen und der numerischen Modellierung wurden Sensorkonzepte entwickelt und realisiert. Dabei wurden sowohl Demonstratoren für das Ionenspurätzverfahren als auch für das Ätzkantengalvanikverfahren realisiert und die stationäre Kennlinie von 0..1000 sccm ermittelt. Beide Systeme liefern Messwerte in guter Übereinstimmung mit den vorher durchgeführten Simulationen. Die Demonstratoren aus dem Ätzkantengalvanikverfahren wurden zudem noch dynamisch mit Hilfe eines Lautsprechers von 0..700 Hz charakterisiert. Frequenzen von 0,05 bis 500 Hz konnten ohne weiteres nachgewiesen werden.

Die Arbeit schließt mit einem Ausblick, der das hohe Potential der entwickelten Mikro-Nano-Integrationsprozesse darlegt. So werden Anwendungen dargestellt, die von der Nutzung metallischer Mikro- und Nanodrähte profitieren können, wie z.B. BioMEMS oder chemische Sensoren. Der Anhang der Arbeit gibt einen tiefen Einblick in die Programmierlogik der verwendeten Software OpenFOAM.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Metallic wires with diameters of less than 1 µm have several properties that make them attractive as functional parts in microsystems. For example, they can be used as temperature sensitive elements in thermal gas flow sensors due to their extremely high surface / volume ratio. A process for the in-place synthesis of metallic nanowires is developed and presented in this work, which is part of a topic called “Micro-Nano-Integration”. The bottom-up methods developed within this work make use of smart self-organizing processes instead of complex and expensive miniaturized conventional technologies. A gas flow sensor is built to demonstrate the benefits of nanowires. Nanowires in gas flow sensors enable a much faster response time compared to conventional fabricated ones. Photoacoustic gas analysis is identified as a potential field of use.

The first part of this work is the presentation of the current state of research and technology in the field of micro machined thermal gas flow sensors and the fabrication and integration of metallic nanowires. The characteristic parameters of the sensors are listed in tables enabling a fast comparison of the working principles, fabrication technologies and measurement performances. Based on the current state of research a concept for the galvanic in-place synthesis of metallic nanowires is developed continuing a long term development of the fabrication of nanowires in ion track etched polymer membranes. The developed fabrication process enables the synthesis of bunches of nanowires arranged perpendicular to the substrate, the so called nanowire arrays. Single nanowires cannot be fabricated but the number of wires inside such an array ranges from only a few wires to billions of them. The diameter of the wires is given by the used polymer template and can be varied between 100 nm and some microns. The maximum length of the wires is limited by the thickness of used template. Thus the wire length can be adjusted between 0 and 100 µm. The number of wires per unit area depends on the pore density in the template and ranges from 10^6 to 6 x 10^8 wires per square centimeter. The process and the used equipment are described in detail.

The nanowire arrays enabled by ion track etch process are not suitable for gas flow sensors demanding single nanowires. Thus a process for the fabrication of single nanowires for use in gas flow sensors is described. This process is a further development of the etch step decoration process known from literature. The length of the horizontally spanned wires is in principal unlimited, in this work a wire length up to 700 µm was realized. The technology enables wires with a rectangular cross section. Wires fabricated within this work have a minimal cross section of 0.2 x 2 µm^2. The process allows much smaller cross sections.

Beside the development of suitable fabrication processes, concepts for the mathematical modelling of heat transfer in nanowires have been developed. Due to their small dimensions, which are in the same magnitude than the mean free path of air, conventional models with no-slip boundary conditions tend to fail. Therefore the developed algorithm uses slip boundary conditions to model the conjugate heat transfer between the nanowires inside the device and the surrounding gas. The algorithm is based on the finite volume method (FVM) and implemented in OpenFOAM. Challenging for the generation of the computational grid is the ratio between the characteristic size the gas flow channel and the diameter of the wires, which is 350.000:1. The results of the numerical modeling were used to design thermal gas flow sensors using nanowires as temperature sensitive elements. Demonstrators for both types of nanowires were fabricated and tested. The characteristic from 0..1000 sccm was recorded. For the etch step type nanowires a dynamic test with a frequency range from 0.05 to 700 Hz was performed. Frequencies up to 500 Hz can reliably be detected.

The work concludes with an outlook, which points out the high potential of the developed micro-nano-integration processes for several products. Applications are shown, which can benefit from the use of metallic micro- and nanowires, e.g. BioMEMS or chemical sensors. The appendix provides a deep insight into the programming logic of the software OpenFOAM.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-53311
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik
18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Mikrotechnik und Elektromechanische Systeme
18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Institut für Elektromechanische Konstruktionen (aufgelöst 18.12.2018)
Hinterlegungsdatum: 28 Feb 2016 20:55
Letzte Änderung: 28 Feb 2016 20:55
PPN:
Referenten: Schlaak, Prof. Dr. Helmut F. ; Ensinger, Prof. Dr. Wolfgang
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 20 November 2015
Export:
Suche nach Titel in: TUfind oder in Google
Frage zum Eintrag Frage zum Eintrag

Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen Redaktionelle Details anzeigen