TU Darmstadt / ULB / TUbiblio

Kardiotoxizität weltraumrelevanter Schwerionenstrahlung: In vitro Effekte auf Funktion und Pathophysiologie von Kardiomyozyten

Smit, Timo Eric (2022)
Kardiotoxizität weltraumrelevanter Schwerionenstrahlung: In vitro Effekte auf Funktion und Pathophysiologie von Kardiomyozyten.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00020924
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Astronauten sind auf zukünftig geplanten Weltraummissionen (z.B. Transit zum Mars) unausweichlich einer niedrigen, chronischen Dosis ionisierender Strahlung ausgesetzt. Die Effekte auf das Herz und das kardiale Risiko für Astronauten sind weitestgehend unbekannt, zumal sich die Strahlenqualität im Weltraum stark von der terrestrischen unterscheidet. Während Zellen der Blutgefäße eine initiale Rolle bei der Entstehung kardiovaskulärer Krankheiten nach Radiotherapie zugesagt wird, sind Daten über die Funktion von Herzmuskelzellen in diesem Zusammenhang rar. Stammzellgenerierte Kardiomyozyten bieten eine vielversprechende Möglichkeit, um zelluläre Antworten auf unterschiedliche Strahlenqualitäten zu untersuchen. Die Übertragbarkeit auf erwachsene Menschen ist aber aufgrund ihres typischerweise unreifen und fetalen Zellstatus fraglich. In der vorliegenden Arbeit wurden humane, stammzellgenerierte Kardiomyozyten in 3D-Kultur durch Langzeitkultivierung ausgereift. Zum Zeitpunkt maximaler Zellreife wurden diese für Strahlenexperimente mit Röntgenstrahlung oder weltraumrelevanter 56Fe-Strahlung (1 GeV/n) eingesetzt. Das Modell wurde hinsichtlich der Zellkomposition, Struktur und Expression kardialer Proteine charakterisiert. Funktionale, videobasierte Messungen (0,1 – 2 Gy), sowie Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen (2 Gy) wurden bis zu einen Monat nach einer Strahlenexposition analysiert und mit Änderungen im Proteom und Transkriptom verknüpft. Der Zeitpunkt maximaler Reife wurde 100 Tage nach Start der Differenzierung erreicht, wobei Zellen organisierte und anisotrope Sarkomerstrukturen aufwiesen. Elektrophysiologische Messungen identifizierten alle Haupttypen von Kardiomyozyten (atriale und ventrikuläre Zellen, sowie Zellen des Sinus-/Atrioventrikularknotens) innerhalb des selbstorganisierenden Clusters. Die Videoanalyse zeigte, dass Röntgen- und 56Fe-Strahlung sich nur geringfügig auf die Schlagrate und Rhythmizität auswirkte, wobei Effekte sich zum Teil zwischen den Strahlenqualitäten unterschieden. Kardiomyozyten kam durch exzessive Interleukinsekretion nach 56Fe-Strahlung eine mögliche Rolle in einer initialen Entzündungsreaktion zu, nicht aber nach Röntgenstrahlung. Änderungen im Proteom deuteten auf einen strukturellen Umbau und einen Verlust von kontraktilen Proteinen als Folge von Röntgenexposition hin. Eine Validierung auf der mRNA-Ebene ausgewählter Gene wies darauf hin, dass Hoch- und Niedrig-LET Strahlung möglicherweise unterschiedliche Mechanismen in Kardiomyozyten auslösten. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit ein Kardiomyozytenmodell entwickelt werden, welches eine hohe Zellreife aufweist und für Strahlenexperimente geeignet ist. Die Verknüpfung von pathophysiologischen Mechanismen mit der Funktion der organotypischen Kultur zeichnet ein umfassendes Bild über zelluläre Antworten ab. Durch eine Vorselektion von pathophysiologischen Markern können die Ergebnisse neben Risikobewertungen von Astronauten auch zum besseren Verständnis von kardialen Folgen einer Radiotherapie beitragen.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2022
Autor(en): Smit, Timo Eric
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Kardiotoxizität weltraumrelevanter Schwerionenstrahlung: In vitro Effekte auf Funktion und Pathophysiologie von Kardiomyozyten
Sprache: Deutsch
Referenten: Durante, Prof. Dr. Marco ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard
Publikationsjahr: 2022
Ort: Darmstadt
Kollation: V, 98 Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 16 Mai 2022
DOI: 10.26083/tuprints-00020924
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/20924
Kurzbeschreibung (Abstract):

Astronauten sind auf zukünftig geplanten Weltraummissionen (z.B. Transit zum Mars) unausweichlich einer niedrigen, chronischen Dosis ionisierender Strahlung ausgesetzt. Die Effekte auf das Herz und das kardiale Risiko für Astronauten sind weitestgehend unbekannt, zumal sich die Strahlenqualität im Weltraum stark von der terrestrischen unterscheidet. Während Zellen der Blutgefäße eine initiale Rolle bei der Entstehung kardiovaskulärer Krankheiten nach Radiotherapie zugesagt wird, sind Daten über die Funktion von Herzmuskelzellen in diesem Zusammenhang rar. Stammzellgenerierte Kardiomyozyten bieten eine vielversprechende Möglichkeit, um zelluläre Antworten auf unterschiedliche Strahlenqualitäten zu untersuchen. Die Übertragbarkeit auf erwachsene Menschen ist aber aufgrund ihres typischerweise unreifen und fetalen Zellstatus fraglich. In der vorliegenden Arbeit wurden humane, stammzellgenerierte Kardiomyozyten in 3D-Kultur durch Langzeitkultivierung ausgereift. Zum Zeitpunkt maximaler Zellreife wurden diese für Strahlenexperimente mit Röntgenstrahlung oder weltraumrelevanter 56Fe-Strahlung (1 GeV/n) eingesetzt. Das Modell wurde hinsichtlich der Zellkomposition, Struktur und Expression kardialer Proteine charakterisiert. Funktionale, videobasierte Messungen (0,1 – 2 Gy), sowie Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen (2 Gy) wurden bis zu einen Monat nach einer Strahlenexposition analysiert und mit Änderungen im Proteom und Transkriptom verknüpft. Der Zeitpunkt maximaler Reife wurde 100 Tage nach Start der Differenzierung erreicht, wobei Zellen organisierte und anisotrope Sarkomerstrukturen aufwiesen. Elektrophysiologische Messungen identifizierten alle Haupttypen von Kardiomyozyten (atriale und ventrikuläre Zellen, sowie Zellen des Sinus-/Atrioventrikularknotens) innerhalb des selbstorganisierenden Clusters. Die Videoanalyse zeigte, dass Röntgen- und 56Fe-Strahlung sich nur geringfügig auf die Schlagrate und Rhythmizität auswirkte, wobei Effekte sich zum Teil zwischen den Strahlenqualitäten unterschieden. Kardiomyozyten kam durch exzessive Interleukinsekretion nach 56Fe-Strahlung eine mögliche Rolle in einer initialen Entzündungsreaktion zu, nicht aber nach Röntgenstrahlung. Änderungen im Proteom deuteten auf einen strukturellen Umbau und einen Verlust von kontraktilen Proteinen als Folge von Röntgenexposition hin. Eine Validierung auf der mRNA-Ebene ausgewählter Gene wies darauf hin, dass Hoch- und Niedrig-LET Strahlung möglicherweise unterschiedliche Mechanismen in Kardiomyozyten auslösten. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit ein Kardiomyozytenmodell entwickelt werden, welches eine hohe Zellreife aufweist und für Strahlenexperimente geeignet ist. Die Verknüpfung von pathophysiologischen Mechanismen mit der Funktion der organotypischen Kultur zeichnet ein umfassendes Bild über zelluläre Antworten ab. Durch eine Vorselektion von pathophysiologischen Markern können die Ergebnisse neben Risikobewertungen von Astronauten auch zum besseren Verständnis von kardialen Folgen einer Radiotherapie beitragen.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Astronauts will inevitably be exposed to low doses of ionizing radiation on future planned space missions (e.g. transit to Mars). The effects on the heart and cardiac risk for astronauts are largely unknown, especially since radiation quality in space is very different from the terrestrial. While cells of the vasculature are thought to play an initial role in the development of cardiovascular disease after radiotherapy, data on cardiomyocytes in this context is scarce. Stem cell-generated cardiomyocytes offer a promising opportunity to study cellular responses to different radiation qualities. However, transferability to adult humans is questionable because of their typically immature and fetal cell status. In the present work, human stem cell-generated cardiomyocytes were matured in 3D culture by long-term cultivation. At the time of maximal cell maturation, these were used for radiation experiments with X-rays or space-relevant 56Fe radiation (1 GeV/n). The model was characterized for cell composition, structure, and expression of cardiac proteins. Functional video-based measurements (0.1 – 2 Gy), as well as secretion of proinflammatory cytokines (2 Gy) were analyzed up to one month after exposure and linked to changes in the proteome and transcriptome. The point of maximum maturation was reached 100 days after the start of differentiation, when cells exhibited organized and anisotropic sarcomere structures. Electrophysiological recordings identified all major cardiomyocyte types (atrial, ventricular, and sinus-/ atrioventricular node cells) within the self-organizing cluster. Video analyses showed that X-rays and 56Fe radiation had subtle influence on beat rate and rhythmicity, with effects differing to some extent between radiation qualities. Cardiomyocytes had a potential role in an initial inflammatory response by excessive interleukin secretion after 56Fe radiation, but not after X-rays. Proteomic changes indicated structural remodeling and loss of contractile proteins as a result of the X-ray exposure. Validation on mRNA level of selected genes indicated that high- and low-LET radiation might trigger different mechanisms in cardiomyocytes. In summary, this work established a cardiomyocyte model that exhibits high cell maturity and is suitable for radiation experiments. Linking pathophysiological mechanisms and function in organotypic cell culture draws a broad picture of cellular responses. By preselecting of pathophysiological markers, the results may contribute, in addition to risk assessments of astronauts, to a better understanding of cardiac sequela after radiotherapy as well.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-209243
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin, Gesundheit
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 10 Fachbereich Biologie
10 Fachbereich Biologie > Stammzell- und Entwicklungsbiologie
10 Fachbereich Biologie > Systems Biology of the Stress Response
10 Fachbereich Biologie > Radiation Biology and DNA Repair
Hinterlegungsdatum: 15 Jun 2022 07:02
Letzte Änderung: 19 Aug 2022 07:46
PPN: 496563408
Referenten: Durante, Prof. Dr. Marco ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 16 Mai 2022
Export:
Suche nach Titel in: TUfind oder in Google
Frage zum Eintrag Frage zum Eintrag

Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen Redaktionelle Details anzeigen