Klug, Florian (2022)
Herstellung und Anwendung Dielektrischer Elastomerwandler in der Mensch-Technik-Interaktion.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00019958
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion
Kurzbeschreibung (Abstract)
Innerhalb der nachfolgenden Arbeit wurde die Herstellung und Anwendung von dielektrischen Elastomerwandlern (DEW) für Anwendungen in der Mensch-Technik-Interaktion untersucht. Dafür wurden im Rahmen einer Analyse die physiologischen Fähigkeiten des Menschen mit den Eigenschaften von DEW verglichen und die drei Themengebiete künstliche Muskeln, akustische- und taktile Wandler als Schwerpunkte ausgewählt. In diesen Bereichen bieten DEW aufgrund ihrer elektromechanischen Eigenschaften eine spannende Ergänzung zu konventionellen Technologien. Im Fokus stand dabei der Aufbau und die experimentelle Charakterisierung von Prototypen und die Implementierung der dafür notwendigen Herstellungsverfahren. Im Bereich der künstlichen Muskeln wurde ein für DEW neuartiges Herstellungsverfahren auf Basis der Tauchbeschichtung zur Fertigung tubulärer Wandler mit einem Aspektverhältnis größer als 25 (Länge/Durchmesser) entwickelt. Damit können dielektrische Schichten im Bereich weniger Mikrometer bis hin zu einigen 100 µm und einer Homogenität innerhalb der Schichtdicke von weniger als ±8 % aus der flüssigen Phase hergestellt werden. Die Eignung der Tauchbeschichtung wurde zusätzlich für die Applikation der Elektroden untersucht, wobei eine geeignete Dispersion identifiziert werden konnte. Obwohl das Verhalten bei Dehnung verglichen mit auf Pulver basierten Elektroden mit einem größeren Widerstandsanstieg einhergeht, sind reproduzierbare Schichten mit spezifischen Flächenwiderständen um 5 kΩ/sq herstellbar. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend wurden mehrlagige DEW Prototypen mit einer Länge von mehr als 70 mm und vollständig konzentrischem Schichtaufbau hergestellt. Im Rahmen von Simulationen mit Finite-Elemente-Methoden (FEM) konnte durch die Integration von radialen Versteifungen eine Steigerung der Dehnung um mehr als 30 % gegenüber dem nicht versteiften Wandler erzielt werden. Dies ermöglichte bei einer experimentellen Charakterisierung der Prototypen Dehnungen von mehr als 5 % und unter Berücksichtigung der Gesamtlänge Auslenkungen im Bereich einiger Millimeter. Hinsichtlich Dichte, Energiedichte und Leistungsdichte liegen diese in der gleichen Größenordnung wie natürliche Muskeln. Weitere Simulationen sagen voraus, dass bei Optimierung des Herstellungsverfahrens und Erhöhung der Schichtzahl Dehnungen von bis zu 15 % erreichbar sind. Die Untersuchung der akustischen Eigenschaften erfolgte an einlagigen DE-Lautsprechern in einer Array-Bauform mit pneumatischer Vorspannung. Dabei stand die Optimierung der akustischen Eigenschaften mit Hilfe von Geometrie und Ansteuerung und dessen experimentelle Charakterisierung im Vordergrund. Mit den zu Demonstrationszwecken aufgebauten Prototypen konnte ein Frequenzbereich von 0,6 kHz bis über 24 kHz mit Schalldruckpegeln bis zu 110 dB abgedeckt werden. Durch eine digitale Kompensation des Frequenzganges konnte ein homogener Verlauf erzielt werden, welcher mit konventionellen elektrodynamischen Mittelton- und Hochtonlautsprechern vergleichbar ist. Dabei lagen die messtechnisch erfassten harmonischen Verzerrungen in weiten Teilen des Sprachfeldes deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle von 1 %. Durch Anpassungen von Bauteilen und Bauform konnten DE-Lautsprecher mit einem Gesamtgewicht von 20 g bei Abmessungen von 110 × 110 mm2 und einer Gesamtdicke von 1,5 mm hergestellt werden. Diese lassen sich aufgrund der strukturellen Flexibilität der DEW auch an gewölbte oder komplex geformte Oberflächen anpassen und bieten so großen gestalterischen Freiraum. Zusätzlich können die akustischen Eigenschaften wie beispielsweise die Richtcharakteristik durch gezielte Krümmungen optimiert und im Betrieb variiert werden. Im Bereich der haptischen Interaktion mit DEW wurde das hochdynamische Verhalten von mehrlagigen Wandlern im Frequenzbereich von 5 Hz bis 1250 Hz untersucht. Die innerhalb einer elektromechanischen Modellierung ausgewählte Bauform mit einer Kantenlänge der quadratischen Grundfläche von 10 mm und einer Gesamthöhe von 8 mm bei 400 aktiven Schichten wurde dafür in eine Demonstrationsanwendung integriert. Damit konnten Auslenkungen bis 30 µm im kompletten Frequenzbereich bis über 1000 Hz und somit deutlich oberhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen gemessen werden. Durch die Integration in ein Master-Slave-System war die Durchführung von zwei Probandenstudien zur taktilen Wahrnehmung möglich. Zunächst wurde dabei die Funktionsfähigkeit des Systems anhand einer Studie zur Bestimmung der taktilen Wahrnehmungsschwelle am Zeigefinger bestätigt. Diese wurde an 10 Probanden mit einer 1up-2down-Staircase Methode durch Variation der Amplitude für Frequenzen zwischen 5 Hz bis 1250 Hz ermittelt und mit Literaturangaben verglichen. Nachfolgend wurde in einer zweiten Studie die wahrgenommene Übereinstimmung beim Abtasten von acht alltäglichen Oberflächen mit dem handgehaltenen Master-Slave-System bestimmt. Die dabei am stiftförmigen Eingabegerät real auftretenden Beschleunigungen in den drei Raumachsen wurden dafür messtechnisch erfasst und in einer Live-Datenverarbeitung auf einen Freiheitsgrad reduziert. Mit einer Zeitverzögerung von weniger als 40 ms können diese Beschleunigungen am Ausgabegerät präsentiert werden. Insgesamt konnte mit dem System bei 10 Probanden im Durchschnitt eine Übereinstimmung in der Wahrnehmung von 73,8 % erreicht werden. Mit einem Frequenzbereich von mindestens 5 Hz bis 800 Hz können somit vor allem die regelungstechnisch anspruchsvollen Kontaktreaktionen, wie beispielsweise das Antippen von Oberflächen, besonders realistisch abgebildet werden. In Kombination mit anderen Systemen sind DEW daher eine vielversprechende Ergänzung für zukünftige Anwendungsfelder, wie beispielsweise in der virtuellen Realität. Die vorliegende Arbeit zeigt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von DEW im Bereich der Mensch-Technik-Interaktion. Durch den Einsatz polymerer Funktionsmaterialien können technische Systeme nicht nur leistungsfähiger oder kompakter, sondern auch dem Menschen ähnlicher gestaltet werden. Insbesondere die Flexibilität der Materialien bei hoher Leistungsdichte und Dynamik bilden den Grundstein für neuartige Anwendungsfelder, die eine weitergehende Forschung auf diesem Gebiet motivieren.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2022 | ||||
Autor(en): | Klug, Florian | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Herstellung und Anwendung Dielektrischer Elastomerwandler in der Mensch-Technik-Interaktion | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Schlaak, Prof. Dr. Helmut F. ; Maas, Prof. Dr. Jürgen | ||||
Publikationsjahr: | 2022 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Kollation: | xii, 176 Seiten | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 23 Juli 2021 | ||||
DOI: | 10.26083/tuprints-00019958 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/19958 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Innerhalb der nachfolgenden Arbeit wurde die Herstellung und Anwendung von dielektrischen Elastomerwandlern (DEW) für Anwendungen in der Mensch-Technik-Interaktion untersucht. Dafür wurden im Rahmen einer Analyse die physiologischen Fähigkeiten des Menschen mit den Eigenschaften von DEW verglichen und die drei Themengebiete künstliche Muskeln, akustische- und taktile Wandler als Schwerpunkte ausgewählt. In diesen Bereichen bieten DEW aufgrund ihrer elektromechanischen Eigenschaften eine spannende Ergänzung zu konventionellen Technologien. Im Fokus stand dabei der Aufbau und die experimentelle Charakterisierung von Prototypen und die Implementierung der dafür notwendigen Herstellungsverfahren. Im Bereich der künstlichen Muskeln wurde ein für DEW neuartiges Herstellungsverfahren auf Basis der Tauchbeschichtung zur Fertigung tubulärer Wandler mit einem Aspektverhältnis größer als 25 (Länge/Durchmesser) entwickelt. Damit können dielektrische Schichten im Bereich weniger Mikrometer bis hin zu einigen 100 µm und einer Homogenität innerhalb der Schichtdicke von weniger als ±8 % aus der flüssigen Phase hergestellt werden. Die Eignung der Tauchbeschichtung wurde zusätzlich für die Applikation der Elektroden untersucht, wobei eine geeignete Dispersion identifiziert werden konnte. Obwohl das Verhalten bei Dehnung verglichen mit auf Pulver basierten Elektroden mit einem größeren Widerstandsanstieg einhergeht, sind reproduzierbare Schichten mit spezifischen Flächenwiderständen um 5 kΩ/sq herstellbar. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend wurden mehrlagige DEW Prototypen mit einer Länge von mehr als 70 mm und vollständig konzentrischem Schichtaufbau hergestellt. Im Rahmen von Simulationen mit Finite-Elemente-Methoden (FEM) konnte durch die Integration von radialen Versteifungen eine Steigerung der Dehnung um mehr als 30 % gegenüber dem nicht versteiften Wandler erzielt werden. Dies ermöglichte bei einer experimentellen Charakterisierung der Prototypen Dehnungen von mehr als 5 % und unter Berücksichtigung der Gesamtlänge Auslenkungen im Bereich einiger Millimeter. Hinsichtlich Dichte, Energiedichte und Leistungsdichte liegen diese in der gleichen Größenordnung wie natürliche Muskeln. Weitere Simulationen sagen voraus, dass bei Optimierung des Herstellungsverfahrens und Erhöhung der Schichtzahl Dehnungen von bis zu 15 % erreichbar sind. Die Untersuchung der akustischen Eigenschaften erfolgte an einlagigen DE-Lautsprechern in einer Array-Bauform mit pneumatischer Vorspannung. Dabei stand die Optimierung der akustischen Eigenschaften mit Hilfe von Geometrie und Ansteuerung und dessen experimentelle Charakterisierung im Vordergrund. Mit den zu Demonstrationszwecken aufgebauten Prototypen konnte ein Frequenzbereich von 0,6 kHz bis über 24 kHz mit Schalldruckpegeln bis zu 110 dB abgedeckt werden. Durch eine digitale Kompensation des Frequenzganges konnte ein homogener Verlauf erzielt werden, welcher mit konventionellen elektrodynamischen Mittelton- und Hochtonlautsprechern vergleichbar ist. Dabei lagen die messtechnisch erfassten harmonischen Verzerrungen in weiten Teilen des Sprachfeldes deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle von 1 %. Durch Anpassungen von Bauteilen und Bauform konnten DE-Lautsprecher mit einem Gesamtgewicht von 20 g bei Abmessungen von 110 × 110 mm2 und einer Gesamtdicke von 1,5 mm hergestellt werden. Diese lassen sich aufgrund der strukturellen Flexibilität der DEW auch an gewölbte oder komplex geformte Oberflächen anpassen und bieten so großen gestalterischen Freiraum. Zusätzlich können die akustischen Eigenschaften wie beispielsweise die Richtcharakteristik durch gezielte Krümmungen optimiert und im Betrieb variiert werden. Im Bereich der haptischen Interaktion mit DEW wurde das hochdynamische Verhalten von mehrlagigen Wandlern im Frequenzbereich von 5 Hz bis 1250 Hz untersucht. Die innerhalb einer elektromechanischen Modellierung ausgewählte Bauform mit einer Kantenlänge der quadratischen Grundfläche von 10 mm und einer Gesamthöhe von 8 mm bei 400 aktiven Schichten wurde dafür in eine Demonstrationsanwendung integriert. Damit konnten Auslenkungen bis 30 µm im kompletten Frequenzbereich bis über 1000 Hz und somit deutlich oberhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen gemessen werden. Durch die Integration in ein Master-Slave-System war die Durchführung von zwei Probandenstudien zur taktilen Wahrnehmung möglich. Zunächst wurde dabei die Funktionsfähigkeit des Systems anhand einer Studie zur Bestimmung der taktilen Wahrnehmungsschwelle am Zeigefinger bestätigt. Diese wurde an 10 Probanden mit einer 1up-2down-Staircase Methode durch Variation der Amplitude für Frequenzen zwischen 5 Hz bis 1250 Hz ermittelt und mit Literaturangaben verglichen. Nachfolgend wurde in einer zweiten Studie die wahrgenommene Übereinstimmung beim Abtasten von acht alltäglichen Oberflächen mit dem handgehaltenen Master-Slave-System bestimmt. Die dabei am stiftförmigen Eingabegerät real auftretenden Beschleunigungen in den drei Raumachsen wurden dafür messtechnisch erfasst und in einer Live-Datenverarbeitung auf einen Freiheitsgrad reduziert. Mit einer Zeitverzögerung von weniger als 40 ms können diese Beschleunigungen am Ausgabegerät präsentiert werden. Insgesamt konnte mit dem System bei 10 Probanden im Durchschnitt eine Übereinstimmung in der Wahrnehmung von 73,8 % erreicht werden. Mit einem Frequenzbereich von mindestens 5 Hz bis 800 Hz können somit vor allem die regelungstechnisch anspruchsvollen Kontaktreaktionen, wie beispielsweise das Antippen von Oberflächen, besonders realistisch abgebildet werden. In Kombination mit anderen Systemen sind DEW daher eine vielversprechende Ergänzung für zukünftige Anwendungsfelder, wie beispielsweise in der virtuellen Realität. Die vorliegende Arbeit zeigt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von DEW im Bereich der Mensch-Technik-Interaktion. Durch den Einsatz polymerer Funktionsmaterialien können technische Systeme nicht nur leistungsfähiger oder kompakter, sondern auch dem Menschen ähnlicher gestaltet werden. Insbesondere die Flexibilität der Materialien bei hoher Leistungsdichte und Dynamik bilden den Grundstein für neuartige Anwendungsfelder, die eine weitergehende Forschung auf diesem Gebiet motivieren. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Status: | Verlagsversion | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-199585 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Mikrotechnik und Elektromechanische Systeme |
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Hinterlegungsdatum: | 10 Mär 2022 13:04 | ||||
Letzte Änderung: | 11 Mär 2022 11:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Schlaak, Prof. Dr. Helmut F. ; Maas, Prof. Dr. Jürgen | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 23 Juli 2021 | ||||
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