Demuth, Dominik (2020):
Experimentelle Untersuchungen zur Dynamik an Protein-Lösungsmittel-Systemen.
Darmstadt, Technische Universität,
DOI: 10.25534/tuprints-00011351,
[Ph.D. Thesis]
Abstract
Proteindynamik ist eine grundsätzliche Notwendigkeit für ihre Funktionalität und ermöglicht Leben. Die Umgebung eines Proteins spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Beweglichkeit von Proteinen zu ermöglichen. Obwohl diese Auffassung kaum bestritten wird, sind die mikroskopischen Ursachen der Wechselwirkungen zwischen einem Protein und dem umgebenden Lösungsmittel noch nicht vollständig geklärt. In dieser Arbeit wurden sowohl das Protein als auch das Lösungsmittel variiert, um sich dieser Problematik zu nähern. Im Speziellen wurden die strukturell höchst unterschiedlichen Proteine Elastin und Lysozym verwendet. Es wurden verschiedene Lösungsmittelsysteme untersucht um die Eigenschaften der Lösungsmittelhülle zu verändern. Zu diesem Zweck wurden Wasser, Glycerin und binäre Wasser-Glycerin-Mischung in Verbindung mit Elastin sowie binäre Wasser-Dimethylsulfoxid-Mischungen zusammen mit Lysozym untersucht. Eine Kombination aus quasielastischer Neutronenstreuung, dielektrischer Spektroskopie und Kernspinresonanzspektroskopie wurde über einen großen Temperaturbereich angewendet, um die Stärken der einzelnen Methoden zu nutzen. An Elastin in reinem Glycerin wurde die Abhängigkeit der Proteindynamik vom Solvatationsgrad untersucht. Die untere Grenze für großamplitudige Fluktuationen des Proteinrückgrats liegt bei Umgebungstemperatur durch einen Solvatationsgrand 0,6 g/g, während kleinamplitudige Fluktuationen bereits bei einem niedrigeren Solvatationsgrad von 0,2g/g aktiviert werden. Alle Systeme zeigen eine enge Kopplung der Proteindynamik an das Lösungsmittel. In binären Mischungen weist Elastindynamik eine starke Abhängigkeit von der Lösungsmittelzusammensetzung und damit von der Viskosität des Lösungsmittel auf. Im Gegensatz dazu hängt die Lösungsmitteldynamik an der Proteinoberfläche nur schwach von der Zusammensetzung ab, es konnte aber eine starke Abhängigkeit vom Solvatationsgrad beobachtet werden. Glycerindynamik in den binären Mischungssystemen ist bei niedrigen Solvatationsgraden, d.h. bei Abwesenheit großamplitudiger Proteinfluktuationen, im Vergleich zum entsprechenden Bulksystem verlangsamt und stärker Arrhenius-förmig. Bei höheren Solvatationsgraden findet die Lösungsmitteldynamik auf einer zum entsprechenden Bulksystem vergleichbaren Zeitskala statt. Sie ist jedoch symmetrisch verbreitert und weist Kennzeichen auf, die mit sekundären Relaxationsprozessen verknüpft werden. Das mittlere Verschiebungsquadrat hydratisierten Elastins, das mit Hilfe von Neutronenstreuung gewonnen wurde, zeigt auf der Nanosekundenzeitskala zwei Übergänge in der Temperaturabhängigkeit, die durch Hydratation ermöglicht werden: Ein Übergang der Proteindynamik bei 320 K tritt aufgrund des Glasübergang des Proteinsystems auf. Es konnte gezeigt werden, dass der zweite Übergang bei 200 K nur schwach von der Wahl des Proteins abhängt. Die Ursache dieses Übergangs ist verbunden mit einem dem Glasübergang ähnlichen Arrest eines sekundären Proteinprozesses. Dieser ist möglicherweise mit kleinwinkligen Fluktuationen des Proteinrückgrats verknüpft, die in früheren Untersuchungen beobachtet wurden. Erklärungsansätze zur Beschreibung von Protein-Lösungsmittel-Wechselwirkungen werden vor dem Hintergrund der experimentelle Befunde gegenübergestellt. Keines der diskutierten Modelle ist in der Lage, alle experimentellen Ergebnisse zufriedenstellend zu erklären, was den Bedarf für genauere Modellanschauungen zeigt.
Item Type: | Ph.D. Thesis | ||||
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Erschienen: | 2020 | ||||
Creators: | Demuth, Dominik | ||||
Title: | Experimentelle Untersuchungen zur Dynamik an Protein-Lösungsmittel-Systemen | ||||
Language: | German | ||||
Abstract: | Proteindynamik ist eine grundsätzliche Notwendigkeit für ihre Funktionalität und ermöglicht Leben. Die Umgebung eines Proteins spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Beweglichkeit von Proteinen zu ermöglichen. Obwohl diese Auffassung kaum bestritten wird, sind die mikroskopischen Ursachen der Wechselwirkungen zwischen einem Protein und dem umgebenden Lösungsmittel noch nicht vollständig geklärt. In dieser Arbeit wurden sowohl das Protein als auch das Lösungsmittel variiert, um sich dieser Problematik zu nähern. Im Speziellen wurden die strukturell höchst unterschiedlichen Proteine Elastin und Lysozym verwendet. Es wurden verschiedene Lösungsmittelsysteme untersucht um die Eigenschaften der Lösungsmittelhülle zu verändern. Zu diesem Zweck wurden Wasser, Glycerin und binäre Wasser-Glycerin-Mischung in Verbindung mit Elastin sowie binäre Wasser-Dimethylsulfoxid-Mischungen zusammen mit Lysozym untersucht. Eine Kombination aus quasielastischer Neutronenstreuung, dielektrischer Spektroskopie und Kernspinresonanzspektroskopie wurde über einen großen Temperaturbereich angewendet, um die Stärken der einzelnen Methoden zu nutzen. An Elastin in reinem Glycerin wurde die Abhängigkeit der Proteindynamik vom Solvatationsgrad untersucht. Die untere Grenze für großamplitudige Fluktuationen des Proteinrückgrats liegt bei Umgebungstemperatur durch einen Solvatationsgrand 0,6 g/g, während kleinamplitudige Fluktuationen bereits bei einem niedrigeren Solvatationsgrad von 0,2g/g aktiviert werden. Alle Systeme zeigen eine enge Kopplung der Proteindynamik an das Lösungsmittel. In binären Mischungen weist Elastindynamik eine starke Abhängigkeit von der Lösungsmittelzusammensetzung und damit von der Viskosität des Lösungsmittel auf. Im Gegensatz dazu hängt die Lösungsmitteldynamik an der Proteinoberfläche nur schwach von der Zusammensetzung ab, es konnte aber eine starke Abhängigkeit vom Solvatationsgrad beobachtet werden. Glycerindynamik in den binären Mischungssystemen ist bei niedrigen Solvatationsgraden, d.h. bei Abwesenheit großamplitudiger Proteinfluktuationen, im Vergleich zum entsprechenden Bulksystem verlangsamt und stärker Arrhenius-förmig. Bei höheren Solvatationsgraden findet die Lösungsmitteldynamik auf einer zum entsprechenden Bulksystem vergleichbaren Zeitskala statt. Sie ist jedoch symmetrisch verbreitert und weist Kennzeichen auf, die mit sekundären Relaxationsprozessen verknüpft werden. Das mittlere Verschiebungsquadrat hydratisierten Elastins, das mit Hilfe von Neutronenstreuung gewonnen wurde, zeigt auf der Nanosekundenzeitskala zwei Übergänge in der Temperaturabhängigkeit, die durch Hydratation ermöglicht werden: Ein Übergang der Proteindynamik bei 320 K tritt aufgrund des Glasübergang des Proteinsystems auf. Es konnte gezeigt werden, dass der zweite Übergang bei 200 K nur schwach von der Wahl des Proteins abhängt. Die Ursache dieses Übergangs ist verbunden mit einem dem Glasübergang ähnlichen Arrest eines sekundären Proteinprozesses. Dieser ist möglicherweise mit kleinwinkligen Fluktuationen des Proteinrückgrats verknüpft, die in früheren Untersuchungen beobachtet wurden. Erklärungsansätze zur Beschreibung von Protein-Lösungsmittel-Wechselwirkungen werden vor dem Hintergrund der experimentelle Befunde gegenübergestellt. Keines der diskutierten Modelle ist in der Lage, alle experimentellen Ergebnisse zufriedenstellend zu erklären, was den Bedarf für genauere Modellanschauungen zeigt. |
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Place of Publication: | Darmstadt | ||||
Divisions: | 05 Department of Physics 05 Department of Physics > Institute for condensed matter physics (2021 merged in Institute for Condensed Matter Physics) 05 Department of Physics > Institute for condensed matter physics (2021 merged in Institute for Condensed Matter Physics) > Molekulare Dynamik in kondensierter Materie |
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Date Deposited: | 19 Jan 2020 20:55 | ||||
DOI: | 10.25534/tuprints-00011351 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/11351 | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-113510 | ||||
PPN: | |||||
Referees: | Vogel, Prof. Dr. Michael ; Stühn, Prof. Dr. Bernd | ||||
Refereed / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 9 December 2019 | ||||
Alternative Abstract: |
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