Herbst, Christoph (2016)
Entwicklung einer Methodik zur Untersuchung der Kundenanforderungen im Rahmen der Planung einer Expressbuslinie.
Technische Universität Darmstadt
Masterarbeit, Bibliographie
Kurzbeschreibung (Abstract)
Die Masterarbeit ‚Entwicklung einer Methodik zur Untersuchung der Kundenanforderungen im Rahmen der Planung einer Expressbuslinie‘ beschäftigt sich mit der Frage, wie Kundenanforderungen – speziell im Expressbusverkehr – am effektivsten ermittelt werden können. Die Aufgabenstellung beinhaltet im ersten Schritt eine Beleuchtung des Themas Expressbus. Hierfür werden die Stärken, Schwächen und Besonderheiten dieser Bedienform anhand von Literatur, Expertenmeinungen und Beispielen aus der Praxis zusammengestellt. Ein Abschnitt dieser Betrachtung beschäftigt sich insbesondere mit Zubringerverkehren bzw. vor- und nachgelagerten Bedarfsverkehren für Expressbusse, als wichtiges Element des Betriebs einer solchen Bedienform. Letztlich sollen allgemeine Rahmenbedingungen für den Einsatz von Expressbuslinien aufgestellt werden. Im weiteren Verlauf werden die Kundenanforderungen im Allgemeinen, speziell im öffentlichen Verkehr und auch im Expressbusverkehr untersucht. Diese Untersuchung beinhaltet eine strukturierte Zusammenstellung der Kundenanforderungen und eine Einordnung in die drei Anforderungskategorien ‚Basis‘, ‚Funktion‘ und ‚Begeisterung‘. Im Hauptteil geht es anschließend darum, geeignete Methoden zur Ermittlung der genannten Kundenanforderungen zu identifizieren. Diese aus der Literatur gesammelten Methoden werden hierbei ebenfalls in Kategorien geordnet und zusammengestellt. Somit ist eine Bewertung und Auswahl möglich. Die so ermittelten Erhebungsverfahren werden im letzten Schritt am Beispiel einer Buslinie zwischen Haag in Oberbayern und dem Ostbahnhof München angewendet. Damit lässt sich überprüfen, ob die gewählten Methoden einen Aufschluss über Kundenanforderungen liefern, oder ob die Methodik ggf. angepasst werden muss. Als Einstieg für die Betrachtung von Expressbussen bietet es sich an, die aktuelle Situation des öffentlichen Verkehrs zu beleuchten. Anhand des Bundesraumordnungsberichtes von 2011 lässt sich erkennen, dass der Motorisierungsgrad in Deutschland weiter zunimmt und auch eine Zunahme der Fahrleistungen und Fahrwege zu registrieren ist. Der öffentliche Verkehr kann in dicht besiedelten Gebieten einen leichten Zuwachs verzeichnen, der sich besonders im Anstieg der Abonnementnutzer zeigt. Je geringer die Siedlungsdichte, desto geringer die ÖV-Nutzung. Dadurch ergeben sich große Probleme für den öffentlichen Verkehr in ländlichen Räumen. Denn hier können häufig bestehende Angebote nicht aufrechterhalten werden. Angebote werden ausgedünnt oder an die Nutzung – durch bedarfsabhängige Verkehre – angepasst. Diese Schwächung des ÖV führt wieder zu einer Stärkung des Individualverkehrs. An dieser Stelle kommen neue Konzepte und Ideen zum Einsatz, die ein attraktives Angebot für verschiedene Nutzergruppen wie Schüler, Studenten oder Pendler darstellen sollen. Dazu gehört auch die Bedienform Expressbus, die mit bestimmten Eigenschaften möglichst viele Nutzergruppen ansprechen soll und so ein gutes Angebot im ländlichen Raum darstellt. So kommt man nun schnell zur Frage, was Expressbusse überhaupt ausmachen. Was sind die Eigenschaften und Besonderheiten von Expressbuslinien? Um Aufschluss darüber zu bekommen, lohnt sich ein Blick in die aktuellen Angebote der Verkehrsunternehmen, die Expressbusse, Schnellbusse oder Direktbusse anbieten. Hierbei zeigt sich, dass der Name Expressbus keiner genauen Definition unterliegt, sondern in den verschiedenen Planungsgebieten unterschiedlich verwendet wird. Es gibt beispielsweise viele Expressbusse im Fernbusverkehr, die europaweit Großstädte miteinander verbinden. Im Zusammenhang mit Flughäfen gibt es Express- oder Direktbusse, die größere Städte mit Flughäfen verbinden, wie zum Beispiel den Airliner zwischen Darmstadt und Frankfurt am Main. Ansonsten sind solche Expressbuskonzepte in der Regel Linien zwischen Mittel- und Oberzentren in einem Korridor von maximal 50 km und dienen einer schnellen Verbindung mit wenigen Haltestellen. Wichtige Elemente dabei sind eine geringe Reisezeit, hoher Komfort, gute Anschlusssituationen an den übergeordneten Knotenpunkten und ein regelmäßiger Takt auch an den Tagesrandzeiten und am Wochenende. Expressbusse dienen somit als Regional- oder S-Bahn-Ersatz mit geringerem Nutzeraufkommen und geringeren Infrastrukturkosten. Diese Eigenschaften zeigen, dass eine Expressbuslinie ein übergeordnetes Verkehrsmittel im öffentlichen Verkehr darstellt, das nicht zur Erschließung der ländlichen Räume geeignet ist. Hierfür werden andere Bedienformen benötigt, die dem Expressbus als Zubringerverkehr dienen. Diese können bestehende Buslinien sein, die den Fahrweg des Expressbusses kreuzen, wodurch Knotenpunkte mit Umsteigebeziehungen entstehen können. Möglich sind auch bedarfsabhängige Bedienformen, wie das Anrufsammeltaxi oder der Rufbus, die Ortschaften mit einer Expressbushaltestelle verbinden. Da nun grundlegende Kenntnisse über den Expressbus vorhanden sind, kommen wir zum Thema Kundenanforderungen im öffentlichen Verkehr. Erst, wenn diese gesammelt und strukturiert zusammengestellt sind, kann man analysieren, wie man sie ermitteln kann. Eine umfangreiche Sammlung von Kundenanforderungen oder Qualitätskriterien liefert die DIN EN 13816. Hier werden die acht Oberkriterien (Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Information, Zeit, Kundenbetreuung, Komfort, Sicherheit und Umwelteinflüsse) in zwei weiteren Unterebenen detailliert beschrieben und konkretisiert. So ergibt sich eine umfassende Sammlung von Qualitätskriterien für den Betrieb von öffentlichen Verkehrsmitteln, die nichts anderes sind als die Kundenanforderungen. Im Allgemeinen lassen sich Kundenanforderungen in drei Stufen unterteilen: Basisanforderungen, Funktionsanforderungen und Begeisterungsanforderungen. Diese Einteilung ist allerdings im stetigen Wandel und kann nicht für ein Verkehrsmittel endgültig beschrieben werden, da sich Anforderungen schnell von Basis- in Funktions- oder direkt zu Begeisterungsanforderungen entwickeln können. Bei einer Untersuchung der Anforderungen, aus Sicht der Kunden eines Verkehrsmittels, ist es daher notwendig die Einteilung neu zu ermitteln. Im Hauptteil der Arbeit werden die vorher dargelegten Informationen über Expressbusse und Kundenanforderungen benötigt, um Methoden zur Ermittlung der Kundenanforderungen identifizieren und bewerten zu können. Aus der Literatur ergeben sich so die fünf Kategorien für Erhebungsmethoden: Befragungen, Testkundenverfahren, Nutzung bereits erhobener Daten, anbieterbezogene Verfahren und nachfrageorientierte Verfahren. In jeder Kategorie befinden sich unterschiedliche Ausarbeitungen der Erhebungsmethoden wie zum Beispiel im Bereich Befragungen die Kundenbefragung oder die Online-Befragung. Diese Sammlung der Erhebungsverfahren soll nun bewertet werden, um eine Auswahl an Methoden treffen zu können, die anschließend angewandt werden können. Zur Bewertung wird ein Zielsystem genutzt, das vorgibt, welche Eigenschaften eine Erhebungsmethode vereinen sollte bzw. nach welchen Kriterien eine Bewertung stattfinden kann. Die Oberziele beschreiben eine Optimierung der Aussagekraft, des Fehlers, des Aufwandes und der Akzeptanz einer Erhebungsmethode. Die Unterziele beschreiben genauer was unter den Oberzielen zu verstehen ist und welche Punkte dabei besonders zu beachten sind. Eine Gewichtung der Oberziele erlaubt es Prioritäten zu setzen und Eigenschaften, wie zum Beispiel die Höhe der Aussagekraft, in den Vordergrund zu bringen. Bevor das Bewertungsverfahren durchgeführt werden kann ist es zweckmäßig die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden qualitativ zu sammeln. Dadurch ist es im weiteren Verlauf einfacher alle Aspekte einer Erhebungsmethode zu berücksichtigen und eine objektive Bewertung vorzunehmen. Bei der Durchführung der Bewertung werden die gesammelten Methoden anhand des Zielsystems bewertet und jedem Oberziel eine Bewertungszahl von -2 bis +2 zugeordnet. Durch die Gewichtung der Oberziele ergibt sich eine Bewertungskennzahl (=Summe(Gewichtung Oberziel*Bewertung)), die es ermöglicht, alle bewerteten Methoden in einem Ranking zu sortieren. Anhand dieses Rankings ist eine Auswahl der Methoden möglich, die für das Zielsystem und dessen Gewichtung am ehesten zutreffen. Die Anzahl der ausgewählten und durchgeführten Methoden ist abhängig von den vorhandenen Ressourcen im Planungsgebiet. Die Anwendung der Methodik erfolgt auf der Buslinie 9410 zwischen Haag in Oberbayern und München Ostbahnhof. Diese Buslinie ist in der Regel keine Expressbuslinie, hat aber in wenigen Kursen am Vor- bzw. Nachmittag einen Expressbus-Charakter durch das Auslassen von mehreren Ortschaften und der Verkürzung der Reisezeit. Im ersten Schritt der Methodik werden die Erhebungsmethoden qualitativ mit Vor- und Nachteilen zusammengestellt. Anschließend erfolgt die Bewertung der Methoden mit einer Bewertungszahl von -2 bis +2 bezogen auf jedes Oberziel. Diese Bewertung findet auf Grundlage der für diese Arbeit vorhandenen Ressourcen in Sachen Personal, Zeit und Budget statt. Die Gewichtung der Oberziele wird zusammen mit der Regionalverkehr Oberbayern GmbH, als Betreiber dieser Linie, erarbeitet. Besonderes Augenmerk, aus Sicht des Betreibers, hat hierfür die Aussagekraft der Erhebungsmethode mit 70%. Möglichst wenige Fehler (15%), ein geringer Aufwand (10%) und eine hohe Akzeptanz (5%) werden als deutlich weniger wichtig eingestuft. Diese Gewichtung hat zur Folge, dass Methoden, die direkte Aussagen von Kunden erheben, eine hohe Bewertungskennzahl bekommen. Daher sind der Fahrgastbeirat, die Kundenwerkstatt und die Online-Befragung die Topergebnisse bei der Durchführung der Bewertung. Ebenfalls eine hohe Bewertungskennzahl haben die Expertenbeobachtungen und die Nutzung bereits erhobener Daten. Diese Methoden schneiden unabhängig von der Gewichtung gut ab, da hier ein geringer Aufwand und eine gute Aussagekraft zusammenkommen. Zur Anwendung kommen in dieser Arbeit, ausgewählt nach vorhandenen Ressourcen, somit die Online-Befragung, die Expertenbeobachtungen und die Nutzung bereits erhobener Daten. Als Expertenbeobachtungen werden hierfür Fachleute des Betreibers, Erfahrungen aus anderen Planungsgebieten und eigene Erfahrungen zu Rate gezogen. Kombiniert mit der Nutzung von Zählungen auf der Linie, Informationen über Fahrzeiten, Haltestellen, Ausstattungen und Gespräche mit Fahrpersonal ergeben sich somit bereits eine Vielzahl von Anforderungen für Kunden dieser Buslinie. Die so ermittelten Anforderungen sind vor allem die, die aktuell nicht bedient werden. So kann festgestellt werden, dass der Takt der Buslinie nicht regelmäßig ist und auffälliger noch eine Lücke in den Mittagsstunden aufweist. Darüber hinaus ist das Angebot in den Abendstunden nicht gut, am Samstag mit drei Fahrten pro Richtung sehr schlecht und am Sonntag nicht vorhanden. Die Fahrzeit von Haag in Oberbayern nach München Ostbahnhof beträgt je nach Fahrweg gut eine Stunde. Dies hat in den meisten Fällen eine sehr lange Reisezeit zu folge, was den Anforderungen nicht entspricht. Die Qualität der Haltestellen, der Informationsbereitstellung und der Busausstattung ist ebenfalls höchstens durchschnittlich. Dennoch scheint für viele Pendler bereits jetzt das Angebot ausreichend gut zu sein, da besonders in den Morgen- und Nachmittagstunden eine hohe Nutzung festzustellen ist. Das zeigt auch die Chancen dieses Verkehrsmittels in der Konkurrenz mit dem Individualverkehr. Die Ergebnisse der Online-Befragung von Kunden und Nichtkunden zeigt in erster Linie die geringe Bereitschaft sich an der Gestaltung des öffentlichen Verkehrs zu beteiligen. Dies ist besonders bei den Nichtkunden zu erkennen, die trotz deutlicher Bekanntmachung der Umfrage nur auf 51 Rückläufe kommen. Somit liefern die Umfragen nur eine Tendenz, welche Wünsche und Anforderungen für Kunden und Nichtkunden wichtig sind. Hauptanforderungen der Nichtkunden an die Buslinie sind eine hohe Pünktlichkeit, geringere Fahrzeiten und ein regelmäßiger Takt. Dabei sollen die Ticketpreise gleich bleiben bzw. nur minimal steigen. Bei den Kunden sind insgesamt 69 Rückläufe zu verzeichnen. Die abgefragten Ausstattungsmerkmale werden in der Regel aus ausreichend empfunden. Die Erwartungen an einen Expressbus sind insbesondere die Pünktlichkeit und die Schnelligkeit, gepaart mit einer komfortablen Ausstattung. Eine Anpassung der Methodik bezieht sich hauptsächlich auf die Bewertung der einzelnen Methoden. Anhand der durchgeführten Umfragen zeigt sich, dass die Aussagekraft einer Online-Befragung unter Umständen nicht die erwartete Qualität erreicht. Expertenmeinungen können dagegen höher eingeordnet werden als erwartet, denn diese decken bereits einen Großteil der Ermittlung der Kundenanforderungen ab. Die detaillierten Untersuchungen zum Thema ÖPNV und Expressbuslinien finden sich in den Kapiteln 3 und 4 wieder. Einen Überblick über Kundenanforderungen allgemein und speziell im öffentlichen Verkehr sind in 5. Kapitel zusammengestellt. Der Hauptteil der Arbeit, die Entwicklung und die Anwendung der Methodik, sind in den Kapiteln 6 und 7 zu finden. Dort liegen ebenfalls alle aufgearbeiteten Ergebnisse der Online-Umfragen vor.
Typ des Eintrags: | Masterarbeit | ||||
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Erschienen: | 2016 | ||||
Autor(en): | Herbst, Christoph | ||||
Art des Eintrags: | Bibliographie | ||||
Titel: | Entwicklung einer Methodik zur Untersuchung der Kundenanforderungen im Rahmen der Planung einer Expressbuslinie | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Menges, M. Eng. Karin | ||||
Publikationsjahr: | 2016 | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 2016 | ||||
URL / URN: | https://www.verkehr.tu-darmstadt.de/media/verkehr/fgvv/beruf... | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Die Masterarbeit ‚Entwicklung einer Methodik zur Untersuchung der Kundenanforderungen im Rahmen der Planung einer Expressbuslinie‘ beschäftigt sich mit der Frage, wie Kundenanforderungen – speziell im Expressbusverkehr – am effektivsten ermittelt werden können. Die Aufgabenstellung beinhaltet im ersten Schritt eine Beleuchtung des Themas Expressbus. Hierfür werden die Stärken, Schwächen und Besonderheiten dieser Bedienform anhand von Literatur, Expertenmeinungen und Beispielen aus der Praxis zusammengestellt. Ein Abschnitt dieser Betrachtung beschäftigt sich insbesondere mit Zubringerverkehren bzw. vor- und nachgelagerten Bedarfsverkehren für Expressbusse, als wichtiges Element des Betriebs einer solchen Bedienform. Letztlich sollen allgemeine Rahmenbedingungen für den Einsatz von Expressbuslinien aufgestellt werden. Im weiteren Verlauf werden die Kundenanforderungen im Allgemeinen, speziell im öffentlichen Verkehr und auch im Expressbusverkehr untersucht. Diese Untersuchung beinhaltet eine strukturierte Zusammenstellung der Kundenanforderungen und eine Einordnung in die drei Anforderungskategorien ‚Basis‘, ‚Funktion‘ und ‚Begeisterung‘. Im Hauptteil geht es anschließend darum, geeignete Methoden zur Ermittlung der genannten Kundenanforderungen zu identifizieren. Diese aus der Literatur gesammelten Methoden werden hierbei ebenfalls in Kategorien geordnet und zusammengestellt. Somit ist eine Bewertung und Auswahl möglich. Die so ermittelten Erhebungsverfahren werden im letzten Schritt am Beispiel einer Buslinie zwischen Haag in Oberbayern und dem Ostbahnhof München angewendet. Damit lässt sich überprüfen, ob die gewählten Methoden einen Aufschluss über Kundenanforderungen liefern, oder ob die Methodik ggf. angepasst werden muss. Als Einstieg für die Betrachtung von Expressbussen bietet es sich an, die aktuelle Situation des öffentlichen Verkehrs zu beleuchten. Anhand des Bundesraumordnungsberichtes von 2011 lässt sich erkennen, dass der Motorisierungsgrad in Deutschland weiter zunimmt und auch eine Zunahme der Fahrleistungen und Fahrwege zu registrieren ist. Der öffentliche Verkehr kann in dicht besiedelten Gebieten einen leichten Zuwachs verzeichnen, der sich besonders im Anstieg der Abonnementnutzer zeigt. Je geringer die Siedlungsdichte, desto geringer die ÖV-Nutzung. Dadurch ergeben sich große Probleme für den öffentlichen Verkehr in ländlichen Räumen. Denn hier können häufig bestehende Angebote nicht aufrechterhalten werden. Angebote werden ausgedünnt oder an die Nutzung – durch bedarfsabhängige Verkehre – angepasst. Diese Schwächung des ÖV führt wieder zu einer Stärkung des Individualverkehrs. An dieser Stelle kommen neue Konzepte und Ideen zum Einsatz, die ein attraktives Angebot für verschiedene Nutzergruppen wie Schüler, Studenten oder Pendler darstellen sollen. Dazu gehört auch die Bedienform Expressbus, die mit bestimmten Eigenschaften möglichst viele Nutzergruppen ansprechen soll und so ein gutes Angebot im ländlichen Raum darstellt. So kommt man nun schnell zur Frage, was Expressbusse überhaupt ausmachen. Was sind die Eigenschaften und Besonderheiten von Expressbuslinien? Um Aufschluss darüber zu bekommen, lohnt sich ein Blick in die aktuellen Angebote der Verkehrsunternehmen, die Expressbusse, Schnellbusse oder Direktbusse anbieten. Hierbei zeigt sich, dass der Name Expressbus keiner genauen Definition unterliegt, sondern in den verschiedenen Planungsgebieten unterschiedlich verwendet wird. Es gibt beispielsweise viele Expressbusse im Fernbusverkehr, die europaweit Großstädte miteinander verbinden. Im Zusammenhang mit Flughäfen gibt es Express- oder Direktbusse, die größere Städte mit Flughäfen verbinden, wie zum Beispiel den Airliner zwischen Darmstadt und Frankfurt am Main. Ansonsten sind solche Expressbuskonzepte in der Regel Linien zwischen Mittel- und Oberzentren in einem Korridor von maximal 50 km und dienen einer schnellen Verbindung mit wenigen Haltestellen. Wichtige Elemente dabei sind eine geringe Reisezeit, hoher Komfort, gute Anschlusssituationen an den übergeordneten Knotenpunkten und ein regelmäßiger Takt auch an den Tagesrandzeiten und am Wochenende. Expressbusse dienen somit als Regional- oder S-Bahn-Ersatz mit geringerem Nutzeraufkommen und geringeren Infrastrukturkosten. Diese Eigenschaften zeigen, dass eine Expressbuslinie ein übergeordnetes Verkehrsmittel im öffentlichen Verkehr darstellt, das nicht zur Erschließung der ländlichen Räume geeignet ist. Hierfür werden andere Bedienformen benötigt, die dem Expressbus als Zubringerverkehr dienen. Diese können bestehende Buslinien sein, die den Fahrweg des Expressbusses kreuzen, wodurch Knotenpunkte mit Umsteigebeziehungen entstehen können. Möglich sind auch bedarfsabhängige Bedienformen, wie das Anrufsammeltaxi oder der Rufbus, die Ortschaften mit einer Expressbushaltestelle verbinden. Da nun grundlegende Kenntnisse über den Expressbus vorhanden sind, kommen wir zum Thema Kundenanforderungen im öffentlichen Verkehr. Erst, wenn diese gesammelt und strukturiert zusammengestellt sind, kann man analysieren, wie man sie ermitteln kann. Eine umfangreiche Sammlung von Kundenanforderungen oder Qualitätskriterien liefert die DIN EN 13816. Hier werden die acht Oberkriterien (Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Information, Zeit, Kundenbetreuung, Komfort, Sicherheit und Umwelteinflüsse) in zwei weiteren Unterebenen detailliert beschrieben und konkretisiert. So ergibt sich eine umfassende Sammlung von Qualitätskriterien für den Betrieb von öffentlichen Verkehrsmitteln, die nichts anderes sind als die Kundenanforderungen. Im Allgemeinen lassen sich Kundenanforderungen in drei Stufen unterteilen: Basisanforderungen, Funktionsanforderungen und Begeisterungsanforderungen. Diese Einteilung ist allerdings im stetigen Wandel und kann nicht für ein Verkehrsmittel endgültig beschrieben werden, da sich Anforderungen schnell von Basis- in Funktions- oder direkt zu Begeisterungsanforderungen entwickeln können. Bei einer Untersuchung der Anforderungen, aus Sicht der Kunden eines Verkehrsmittels, ist es daher notwendig die Einteilung neu zu ermitteln. Im Hauptteil der Arbeit werden die vorher dargelegten Informationen über Expressbusse und Kundenanforderungen benötigt, um Methoden zur Ermittlung der Kundenanforderungen identifizieren und bewerten zu können. Aus der Literatur ergeben sich so die fünf Kategorien für Erhebungsmethoden: Befragungen, Testkundenverfahren, Nutzung bereits erhobener Daten, anbieterbezogene Verfahren und nachfrageorientierte Verfahren. In jeder Kategorie befinden sich unterschiedliche Ausarbeitungen der Erhebungsmethoden wie zum Beispiel im Bereich Befragungen die Kundenbefragung oder die Online-Befragung. Diese Sammlung der Erhebungsverfahren soll nun bewertet werden, um eine Auswahl an Methoden treffen zu können, die anschließend angewandt werden können. Zur Bewertung wird ein Zielsystem genutzt, das vorgibt, welche Eigenschaften eine Erhebungsmethode vereinen sollte bzw. nach welchen Kriterien eine Bewertung stattfinden kann. Die Oberziele beschreiben eine Optimierung der Aussagekraft, des Fehlers, des Aufwandes und der Akzeptanz einer Erhebungsmethode. Die Unterziele beschreiben genauer was unter den Oberzielen zu verstehen ist und welche Punkte dabei besonders zu beachten sind. Eine Gewichtung der Oberziele erlaubt es Prioritäten zu setzen und Eigenschaften, wie zum Beispiel die Höhe der Aussagekraft, in den Vordergrund zu bringen. Bevor das Bewertungsverfahren durchgeführt werden kann ist es zweckmäßig die Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden qualitativ zu sammeln. Dadurch ist es im weiteren Verlauf einfacher alle Aspekte einer Erhebungsmethode zu berücksichtigen und eine objektive Bewertung vorzunehmen. Bei der Durchführung der Bewertung werden die gesammelten Methoden anhand des Zielsystems bewertet und jedem Oberziel eine Bewertungszahl von -2 bis +2 zugeordnet. Durch die Gewichtung der Oberziele ergibt sich eine Bewertungskennzahl (=Summe(Gewichtung Oberziel*Bewertung)), die es ermöglicht, alle bewerteten Methoden in einem Ranking zu sortieren. Anhand dieses Rankings ist eine Auswahl der Methoden möglich, die für das Zielsystem und dessen Gewichtung am ehesten zutreffen. Die Anzahl der ausgewählten und durchgeführten Methoden ist abhängig von den vorhandenen Ressourcen im Planungsgebiet. Die Anwendung der Methodik erfolgt auf der Buslinie 9410 zwischen Haag in Oberbayern und München Ostbahnhof. Diese Buslinie ist in der Regel keine Expressbuslinie, hat aber in wenigen Kursen am Vor- bzw. Nachmittag einen Expressbus-Charakter durch das Auslassen von mehreren Ortschaften und der Verkürzung der Reisezeit. Im ersten Schritt der Methodik werden die Erhebungsmethoden qualitativ mit Vor- und Nachteilen zusammengestellt. Anschließend erfolgt die Bewertung der Methoden mit einer Bewertungszahl von -2 bis +2 bezogen auf jedes Oberziel. Diese Bewertung findet auf Grundlage der für diese Arbeit vorhandenen Ressourcen in Sachen Personal, Zeit und Budget statt. Die Gewichtung der Oberziele wird zusammen mit der Regionalverkehr Oberbayern GmbH, als Betreiber dieser Linie, erarbeitet. Besonderes Augenmerk, aus Sicht des Betreibers, hat hierfür die Aussagekraft der Erhebungsmethode mit 70%. Möglichst wenige Fehler (15%), ein geringer Aufwand (10%) und eine hohe Akzeptanz (5%) werden als deutlich weniger wichtig eingestuft. Diese Gewichtung hat zur Folge, dass Methoden, die direkte Aussagen von Kunden erheben, eine hohe Bewertungskennzahl bekommen. Daher sind der Fahrgastbeirat, die Kundenwerkstatt und die Online-Befragung die Topergebnisse bei der Durchführung der Bewertung. Ebenfalls eine hohe Bewertungskennzahl haben die Expertenbeobachtungen und die Nutzung bereits erhobener Daten. Diese Methoden schneiden unabhängig von der Gewichtung gut ab, da hier ein geringer Aufwand und eine gute Aussagekraft zusammenkommen. Zur Anwendung kommen in dieser Arbeit, ausgewählt nach vorhandenen Ressourcen, somit die Online-Befragung, die Expertenbeobachtungen und die Nutzung bereits erhobener Daten. Als Expertenbeobachtungen werden hierfür Fachleute des Betreibers, Erfahrungen aus anderen Planungsgebieten und eigene Erfahrungen zu Rate gezogen. Kombiniert mit der Nutzung von Zählungen auf der Linie, Informationen über Fahrzeiten, Haltestellen, Ausstattungen und Gespräche mit Fahrpersonal ergeben sich somit bereits eine Vielzahl von Anforderungen für Kunden dieser Buslinie. Die so ermittelten Anforderungen sind vor allem die, die aktuell nicht bedient werden. So kann festgestellt werden, dass der Takt der Buslinie nicht regelmäßig ist und auffälliger noch eine Lücke in den Mittagsstunden aufweist. Darüber hinaus ist das Angebot in den Abendstunden nicht gut, am Samstag mit drei Fahrten pro Richtung sehr schlecht und am Sonntag nicht vorhanden. Die Fahrzeit von Haag in Oberbayern nach München Ostbahnhof beträgt je nach Fahrweg gut eine Stunde. Dies hat in den meisten Fällen eine sehr lange Reisezeit zu folge, was den Anforderungen nicht entspricht. Die Qualität der Haltestellen, der Informationsbereitstellung und der Busausstattung ist ebenfalls höchstens durchschnittlich. Dennoch scheint für viele Pendler bereits jetzt das Angebot ausreichend gut zu sein, da besonders in den Morgen- und Nachmittagstunden eine hohe Nutzung festzustellen ist. Das zeigt auch die Chancen dieses Verkehrsmittels in der Konkurrenz mit dem Individualverkehr. Die Ergebnisse der Online-Befragung von Kunden und Nichtkunden zeigt in erster Linie die geringe Bereitschaft sich an der Gestaltung des öffentlichen Verkehrs zu beteiligen. Dies ist besonders bei den Nichtkunden zu erkennen, die trotz deutlicher Bekanntmachung der Umfrage nur auf 51 Rückläufe kommen. Somit liefern die Umfragen nur eine Tendenz, welche Wünsche und Anforderungen für Kunden und Nichtkunden wichtig sind. Hauptanforderungen der Nichtkunden an die Buslinie sind eine hohe Pünktlichkeit, geringere Fahrzeiten und ein regelmäßiger Takt. Dabei sollen die Ticketpreise gleich bleiben bzw. nur minimal steigen. Bei den Kunden sind insgesamt 69 Rückläufe zu verzeichnen. Die abgefragten Ausstattungsmerkmale werden in der Regel aus ausreichend empfunden. Die Erwartungen an einen Expressbus sind insbesondere die Pünktlichkeit und die Schnelligkeit, gepaart mit einer komfortablen Ausstattung. Eine Anpassung der Methodik bezieht sich hauptsächlich auf die Bewertung der einzelnen Methoden. Anhand der durchgeführten Umfragen zeigt sich, dass die Aussagekraft einer Online-Befragung unter Umständen nicht die erwartete Qualität erreicht. Expertenmeinungen können dagegen höher eingeordnet werden als erwartet, denn diese decken bereits einen Großteil der Ermittlung der Kundenanforderungen ab. Die detaillierten Untersuchungen zum Thema ÖPNV und Expressbuslinien finden sich in den Kapiteln 3 und 4 wieder. Einen Überblick über Kundenanforderungen allgemein und speziell im öffentlichen Verkehr sind in 5. Kapitel zusammengestellt. Der Hauptteil der Arbeit, die Entwicklung und die Anwendung der Methodik, sind in den Kapiteln 6 und 7 zu finden. Dort liegen ebenfalls alle aufgearbeiteten Ergebnisse der Online-Umfragen vor. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik |
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Hinterlegungsdatum: | 28 Jan 2018 16:02 | ||||
Letzte Änderung: | 22 Jun 2018 15:17 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Menges, M. Eng. Karin | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 2016 | ||||
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