Kaub, Alexander (2017)
Abschätzung des Potenzials alternativer Verkehrsmittel als Sonderformen im Radverkehr.
Technische Universität Darmstadt
Bachelorarbeit, Bibliographie
Kurzbeschreibung (Abstract)
Das Potenzial alternativer Verkehrsmittel als Sonderformen im Radverkehr ist aufgrund des sich stetig verändernden Modal Splits künftig abzuschätzen. Die aktuell 13 Prozent (%) des Radverkehrs am Gesamtfahrzeugverkehr sollen durch alternative Verkehrsmittel gesteigert werden. Bevor sich der Automarkt Mitte des 19. Jahrhunderts stark entwickelte, war das Fahrrad meist erste Wahl bei der Bevölkerung und genoss hohes Ansehen und Zuspruch. Mit den größer werdenden Absatzzahlen der Autos verlor das Fahrrad an Bedeutung und der Modal Split fiel unter 10 %. Erst durch den aufkommenden Klimawandel und die zunehmende Elektrifizierung bekamen das Fahrrad und seine Alternativen, die aktuell 15 % am Gesamtfahrradmarkt ausmachen, einen Aufschwung. Künftig sollen diese Modelle weiter gefördert und ein Modal Split von deutschlandweit 30 % Radverkehr erreicht werden. Bei der angesprochenen Förderung werden Städte und Kommunen in drei Gruppen unterteilt. Die Vorreiterstädte haben bereits einen hohen Modal Split-Wert und eine gut ausgebaute Radinfrastruktur, während die Einsteiger noch in den Startlöchern stehen und meist erst die Planungsebene erreicht haben. Dazwischen befinden sich die Aufsteiger, welche sich stark entwickeln und die Förderung des Radverkehrs aktuell umsetzen. Weiterhin sind großräumige Förderkampagnen und Förderprogramme von Bund und Ländern zu realisieren. Auf der Seite der privaten Förderung steht der Arbeitsgeber im Mittelpunkt. Er kann mit vielen Möglichkeiten, wie sicheren Abstellplätzen und Umkleiden, dem Arbeitnehmer das Radfahren attraktiver gestalten. Weiterhin ist es seit 2012 möglich, anstatt eines Dienstwagens, ein Dienstfahrrad als Geschäftsfahrzeug zu erhalten. Aus umwelttechnischer und gesundheitlicher Sicht überzeugen das Fahrrad und dessen alternative Sonderformen. Die positiven Aspekte, wie CO2-Reduzierung und geringerer Flächenverbrauch, überwiegen aus umwelttechnischer Sicht. Bei der Gesundheit bietet die Bewegung das größte Potenzial die Körperfunktionen und Organe zu stärken und Krankheiten zu verhindern. Dennoch ist der Fahrradfahrer den Abgasen und Schadstoffen im Straßenverkehr direkt ausgesetzt und besitzt keine geschlossene Schutzzone um sich, was sich aus Gesundheitsgesichtspunkten negativ auswirkt. Die untersuchten alternativen Sonderformen gliedern sich in drei Klassifizierungen. Die fahrradähnlichen Sonderformen sind das Pedelec, S-Pedelec, E-Bike und E-Lastenrad. Alle vier Sonderformen besitzen zwei hintereinander angeordnete Räder und sind, anders als das klassische Fahrrad, mit einem Elektromotor ausgestattet. Die rollerähnlichen Sonderformen sind das Gauswheel, der E-Scooter und der E-Dreiradroller. Diese Modelle werden mit Hilfe eines Tretimpulses vom Fahrer in Bewegung gesetzt und anschließend von einem Elektromotor unterstützt. Das Gauswheel bildet hierbei die Ausnahme, da es keine elektronische Unterstützung besitzt. Als letzte Klassifizierung sind die selbstbalancierenden Sonderformen, wie das Segway und das elektronischen Einrad, zu benennen. Diese werden durch Gewichtsverlagerung gesteuert und über einen Elektromotor angetrieben. Alle alternativen Sonderformen besitzen verschiedene charakterliche Merkmale, die sich in fahrzeugabhängige und gesetzlich festgeschriebene unterscheiden. Um das Potenzial dieser beschriebenen alternativen Sonderformen abzuschätzen, sind Zielkonflikte maßgebend. Die wichtigsten davon sind der Platzkonflikt der Verkehrsteilnehmer im Straßenquerschnitt und die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln. Weiterhin werden Anforderungen an die Sonderformen und die Infrastruktur gestellt. Dabei ist die Bevölkerung in sechs Nutzergruppen eingeteilt. Die Gruppen der Schüler, Auszubildenden, Arbeitspendlern, Freizeitsportlern, Familien und Rentner haben verschiedene Anforderungen. Für alle gemeinsam gelten die Anforderungen des Witterungsschutzes, des Diebstahlschutzes und der allgemeinen Verkehrssicherheit im Straßenverkehr gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern, speziell dem Kraftverkehr. Die baulichen Anforderungen an die Infrastruktur gliedern sich in Verkehrssicherheit, Komfort und Gestaltung. So sind Sicherheitstrennstreifen und große Abstellflächen an Lichtsignalanlagen (LSA) vorzusehen, Radwege sind zum Überholen breiter und mit guter Oberfläche auszubauen und ein ansprechendes Verkehrsnetz ist zu gestalten. Radschnellverbindungen zwischen Großstädten können eine künftige Lösung für den Pendleralltag sein. Diese Radschnellverbindungen besitzen spezielle Anforderung bezüglich einer geringen Steigung von maximal 6 % und einer Mindestbreite von drei Metern. Die gesetzlichen und technischen Rahmenbedingungen mit einer Radwegnutzungspflicht, dem Rechtsfahrgebot und den technischen Ausstattungsmerkmalen bilden den Abschluss der Anforderungen an den allgemeinen Radverkehr. Einige Maßnahmen zur Behebung der genannten Anforderung sind bereits durchgeführt und andere noch in der Planung. Aktuell gibt es bis zu acht Radführungsformen, die im Ein- und Zweirichtungsverkehr, auf der Fahrbahn oder getrennt von der Fahrbahn und gemeinsam oder getrennt mit dem Fußgängerverkehr betrieben werden. Als Sonderformen sind die Nutzung der Bussonderspur und die Fahrradstraße zu nennen. In der Fahrradstraße hat der Radverkehr Vorrang gegenüber den erlaubten Kraftfahrzeugen und ein Nebeneinanderfahren ist zugelassen. Diese Straßenzüge sind durch die Trennung und Geschwindigkeitsreduzierung der Kraftfahrzeuge besonders sicher. Weitere Sicherheitsmaßnahmen sind das direkt geführte Linksabbiegen, Querungshilfen mit Mittelinseln und das Shared Space Konzept, in welchem auf Verkehrszeichen verzichtet wird und eine Interaktion der Verkehrsteilnehmer durch Sichtbeziehungen und gegenseitige Rücksichtnahme realisiert wird. Um das Potenzial des Radverkehrs als schnelles Verkehrsmittel im Stadtverkehr zu fördern, werden LSA speziell für den Radverkehr eingerichtet und geschaltet, sodass lange Wartezeiten vermieden werden und eine grüne Welle entsteht. Als letzte Maßnahme sind die Abstellanlagen zu erläutern. Der ruhende Radverkehr ist aufgrund der großen Anzahl an Fahrrädern in den Städten von großer Bedeutung. Für ein optimales und sicheres Abstellen sind witterungsgeschützte und abschließbare Anlagen zu errichten. Der Platzverbrauch eines Fahrrads im Vergleich zu einem Personenkraftwagen (Pkw) ist um ein vielfaches kleiner, weshalb mehrere Abstellplätze für Fahrräder auf einem Pkw-Stellplatz realisiert werden können. Bei großem Aufkommen, wie beispielsweise an Bahnhöfen, können Fahrradparkhäuser mit mehreren Ebenen die platzsparendste und effizienteste Lösung darstellen. Zur Bewertung des deutschen Radverkehrsmodells werden die Verkehrsmodelle anderer Länder beschrieben. Dabei sind mit den Niederlanden und Dänemark zwei Vorreiternationen, mit Belgien ein ähnliches Modell wie in Deutschland und mit Österreich und Großbritannien Einsteigernationen aufgezeigt. Bei den außereuropäischen Nationen werden die USA, Kanada und China, als das fahrradreichstes Land, beschrieben. Deutschland zählt zu den Aufsteigernationen, da der EU-Durchschnitt bei nur 7 % Modal Split liegt und somit geringer ist. Mit Hilfe der erarbeiteten Eingangsdaten, aus den charakteristischen Merkmalen und den Anforderungen können die alternativen Verkehrsmittel mittels einer Potenzialanalyse untersucht und ihre Stärken und Schwächen herausgearbeitet werden. Dabei werden die Verträglichkeit mit den verschiedenen Nutzergruppen, dem Alltagsnutzen, den Infrastrukturelementen, dem Geschwindigkeitsunterschied, der gegebenen Topografie und der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer analysiert. Bei den Nutzergruppen sind speziell die Schüler und die Rentner hervorzuheben, da nicht alle Sonderformen mit ihnen verträglich sind. Bei Schülern ist das Mindestalter zur Nutzung einiger Modelle ausschlaggebend, während bei den Rentnern die höhere Geschwindigkeit und die Stabilisierung des Verkehrsmittels Probleme bereiten kann. Im Alltagsnutzen ist die höhere Geschwindigkeit im Vergleich zum nicht elektrifizierten Radverkehr vorteilhaft und bei Einkaufsfahrten bieten vor allem die Modelle mit Transportmöglichkeit ein erhöhtes Potenzial die Fahrt mit dem Pkw zu substituieren. Für eine Verbindung mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Transportfähigkeit mit geringem Gewicht und kompaktem Design ausschlaggebend. Bei Infrastrukturelementen sind die Breite und Ebenheit der Radführungsformen Voraussetzung für die Nutzung der Sonderformen, die breiter als das klassische Fahrrad sind oder keine Federung besitzen. Als nächste Verträglichkeitsuntersuchung wird die Geschwindigkeitsdifferenz im Straßenverkehr genauer betrachtet. Hierbei besitzen die schnelleren Varianten ihre Stärken, da der Geschwindigkeitsunterschied zu Kraftfahrzeugen geringer ist. Vor allem in Tempo 30-Zonen ist dadurch eine Eingliederung des Radverkehrs zu den anderen Verkehrsmitteln erleichtert. Nächster Aspekt der Analyse ist die gegebene Topografie, die mit Hilfe der Elektromotorunterstützung leichter zu bewältigen ist. So sind Steigungen von bis zu 20 % möglich, während die Fahrt mit dem klassischen Fahrrad bei höheren Steigungen kräfteraubend ist. Zuletzt ist die Sicherheit zu nennen, bei der zunächst alle Sonderformen benachteiligt sind, da sie keine Schutzzone besitzen. Allerdings sind hier einige Modelle, wie das Einrad, besonders gefährdet, da sie keine Räder an der Seite oder Lenkerstangen zum Abfangen infolge eines Sturzes haben. Als Ergebnis der Potenzialanalyse haben die Sonderformen Pedelec, E-Lastenrad und S-Pedelec die meisten Stärken. Ihre Verträglichkeit unter den aktuell vorliegenden Gegebenheiten für den allgemeinen Nutzen sind am besten. Das Gauswheel und E-Einrad erzielen die schlechtesten Bewertungen, weshalb unter anderem die gesetzlichen Vorschriften zugunsten dieser Sonderformen geändert werden sollen. Diese Änderungen in der Straßen-Verkehrs-Ordnung betreffen eine Neueinführung der Fahrzeugklasse Elektromobile bis 20 Kilometer pro Stunde und die Einführung der allgemeinen Helmpflicht. Weiterhin sind LSA unter Beachtung der Vorfahrt überfahrbar, Radwege außerorts für den gesamten Radverkehr freigegeben und eine Geschwindigkeitsbegrenzung für über 70-Jährige einzuführen. Außerdem sind infrastrukturelle Gestaltungsmöglichkeiten wie ein Fahrradstellplatznachweis, Sicherheitstrennstreifen in Einbahnstraßen, Fahrradstraßen in Nebenstraßen und eine deutschlandweite Mitnahmeregelung im öffentlichen Personennahverkehr durchzuführen. Mit diesem Ergebnis und den Gestaltungsmöglichkeiten wird abschließend die Stadt Darmstadt im Rhein-Main Gebiet betrachtet. Dabei wird eine aktuelle Radwegekarte entwickelt und die Konfliktpunkte der Radinfrastruktur werden herausgearbeitet. Anhand dieser Schwachstellen werden anschließend ein Ausbau mit neuen Radverkehrsführungen und Verbesserungen des bestehenden Netzes beschrieben. Dadurch entsteht ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz. Die Parkmöglichkeiten und Abstellanlagen werden ebenfalls untersucht und neue Ausbaumöglichkeiten an attraktiven öffentlichen Standorten aufgelistet. Zusammenfassend ist die Stadt Darmstadt ein Fallbespiel für ein mittelgroßes Oberzentrum, in dem der Radverkehr in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen soll und innerstädtisch auf den Pkw verzichtet werden soll. Mit den Potenzialen einiger alternativer Sonderformen sind diese Ziele zu erreichen.
Typ des Eintrags: | Bachelorarbeit | ||||
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Erschienen: | 2017 | ||||
Autor(en): | Kaub, Alexander | ||||
Art des Eintrags: | Bibliographie | ||||
Titel: | Abschätzung des Potenzials alternativer Verkehrsmittel als Sonderformen im Radverkehr | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Gillich, M. Sc. Kim | ||||
Publikationsjahr: | 2017 | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 2017 | ||||
URL / URN: | https://www.verkehr.tu-darmstadt.de/media/verkehr/fgvv/beruf... | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Das Potenzial alternativer Verkehrsmittel als Sonderformen im Radverkehr ist aufgrund des sich stetig verändernden Modal Splits künftig abzuschätzen. Die aktuell 13 Prozent (%) des Radverkehrs am Gesamtfahrzeugverkehr sollen durch alternative Verkehrsmittel gesteigert werden. Bevor sich der Automarkt Mitte des 19. Jahrhunderts stark entwickelte, war das Fahrrad meist erste Wahl bei der Bevölkerung und genoss hohes Ansehen und Zuspruch. Mit den größer werdenden Absatzzahlen der Autos verlor das Fahrrad an Bedeutung und der Modal Split fiel unter 10 %. Erst durch den aufkommenden Klimawandel und die zunehmende Elektrifizierung bekamen das Fahrrad und seine Alternativen, die aktuell 15 % am Gesamtfahrradmarkt ausmachen, einen Aufschwung. Künftig sollen diese Modelle weiter gefördert und ein Modal Split von deutschlandweit 30 % Radverkehr erreicht werden. Bei der angesprochenen Förderung werden Städte und Kommunen in drei Gruppen unterteilt. Die Vorreiterstädte haben bereits einen hohen Modal Split-Wert und eine gut ausgebaute Radinfrastruktur, während die Einsteiger noch in den Startlöchern stehen und meist erst die Planungsebene erreicht haben. Dazwischen befinden sich die Aufsteiger, welche sich stark entwickeln und die Förderung des Radverkehrs aktuell umsetzen. Weiterhin sind großräumige Förderkampagnen und Förderprogramme von Bund und Ländern zu realisieren. Auf der Seite der privaten Förderung steht der Arbeitsgeber im Mittelpunkt. Er kann mit vielen Möglichkeiten, wie sicheren Abstellplätzen und Umkleiden, dem Arbeitnehmer das Radfahren attraktiver gestalten. Weiterhin ist es seit 2012 möglich, anstatt eines Dienstwagens, ein Dienstfahrrad als Geschäftsfahrzeug zu erhalten. Aus umwelttechnischer und gesundheitlicher Sicht überzeugen das Fahrrad und dessen alternative Sonderformen. Die positiven Aspekte, wie CO2-Reduzierung und geringerer Flächenverbrauch, überwiegen aus umwelttechnischer Sicht. Bei der Gesundheit bietet die Bewegung das größte Potenzial die Körperfunktionen und Organe zu stärken und Krankheiten zu verhindern. Dennoch ist der Fahrradfahrer den Abgasen und Schadstoffen im Straßenverkehr direkt ausgesetzt und besitzt keine geschlossene Schutzzone um sich, was sich aus Gesundheitsgesichtspunkten negativ auswirkt. Die untersuchten alternativen Sonderformen gliedern sich in drei Klassifizierungen. Die fahrradähnlichen Sonderformen sind das Pedelec, S-Pedelec, E-Bike und E-Lastenrad. Alle vier Sonderformen besitzen zwei hintereinander angeordnete Räder und sind, anders als das klassische Fahrrad, mit einem Elektromotor ausgestattet. Die rollerähnlichen Sonderformen sind das Gauswheel, der E-Scooter und der E-Dreiradroller. Diese Modelle werden mit Hilfe eines Tretimpulses vom Fahrer in Bewegung gesetzt und anschließend von einem Elektromotor unterstützt. Das Gauswheel bildet hierbei die Ausnahme, da es keine elektronische Unterstützung besitzt. Als letzte Klassifizierung sind die selbstbalancierenden Sonderformen, wie das Segway und das elektronischen Einrad, zu benennen. Diese werden durch Gewichtsverlagerung gesteuert und über einen Elektromotor angetrieben. Alle alternativen Sonderformen besitzen verschiedene charakterliche Merkmale, die sich in fahrzeugabhängige und gesetzlich festgeschriebene unterscheiden. Um das Potenzial dieser beschriebenen alternativen Sonderformen abzuschätzen, sind Zielkonflikte maßgebend. Die wichtigsten davon sind der Platzkonflikt der Verkehrsteilnehmer im Straßenquerschnitt und die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln. Weiterhin werden Anforderungen an die Sonderformen und die Infrastruktur gestellt. Dabei ist die Bevölkerung in sechs Nutzergruppen eingeteilt. Die Gruppen der Schüler, Auszubildenden, Arbeitspendlern, Freizeitsportlern, Familien und Rentner haben verschiedene Anforderungen. Für alle gemeinsam gelten die Anforderungen des Witterungsschutzes, des Diebstahlschutzes und der allgemeinen Verkehrssicherheit im Straßenverkehr gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern, speziell dem Kraftverkehr. Die baulichen Anforderungen an die Infrastruktur gliedern sich in Verkehrssicherheit, Komfort und Gestaltung. So sind Sicherheitstrennstreifen und große Abstellflächen an Lichtsignalanlagen (LSA) vorzusehen, Radwege sind zum Überholen breiter und mit guter Oberfläche auszubauen und ein ansprechendes Verkehrsnetz ist zu gestalten. Radschnellverbindungen zwischen Großstädten können eine künftige Lösung für den Pendleralltag sein. Diese Radschnellverbindungen besitzen spezielle Anforderung bezüglich einer geringen Steigung von maximal 6 % und einer Mindestbreite von drei Metern. Die gesetzlichen und technischen Rahmenbedingungen mit einer Radwegnutzungspflicht, dem Rechtsfahrgebot und den technischen Ausstattungsmerkmalen bilden den Abschluss der Anforderungen an den allgemeinen Radverkehr. Einige Maßnahmen zur Behebung der genannten Anforderung sind bereits durchgeführt und andere noch in der Planung. Aktuell gibt es bis zu acht Radführungsformen, die im Ein- und Zweirichtungsverkehr, auf der Fahrbahn oder getrennt von der Fahrbahn und gemeinsam oder getrennt mit dem Fußgängerverkehr betrieben werden. Als Sonderformen sind die Nutzung der Bussonderspur und die Fahrradstraße zu nennen. In der Fahrradstraße hat der Radverkehr Vorrang gegenüber den erlaubten Kraftfahrzeugen und ein Nebeneinanderfahren ist zugelassen. Diese Straßenzüge sind durch die Trennung und Geschwindigkeitsreduzierung der Kraftfahrzeuge besonders sicher. Weitere Sicherheitsmaßnahmen sind das direkt geführte Linksabbiegen, Querungshilfen mit Mittelinseln und das Shared Space Konzept, in welchem auf Verkehrszeichen verzichtet wird und eine Interaktion der Verkehrsteilnehmer durch Sichtbeziehungen und gegenseitige Rücksichtnahme realisiert wird. Um das Potenzial des Radverkehrs als schnelles Verkehrsmittel im Stadtverkehr zu fördern, werden LSA speziell für den Radverkehr eingerichtet und geschaltet, sodass lange Wartezeiten vermieden werden und eine grüne Welle entsteht. Als letzte Maßnahme sind die Abstellanlagen zu erläutern. Der ruhende Radverkehr ist aufgrund der großen Anzahl an Fahrrädern in den Städten von großer Bedeutung. Für ein optimales und sicheres Abstellen sind witterungsgeschützte und abschließbare Anlagen zu errichten. Der Platzverbrauch eines Fahrrads im Vergleich zu einem Personenkraftwagen (Pkw) ist um ein vielfaches kleiner, weshalb mehrere Abstellplätze für Fahrräder auf einem Pkw-Stellplatz realisiert werden können. Bei großem Aufkommen, wie beispielsweise an Bahnhöfen, können Fahrradparkhäuser mit mehreren Ebenen die platzsparendste und effizienteste Lösung darstellen. Zur Bewertung des deutschen Radverkehrsmodells werden die Verkehrsmodelle anderer Länder beschrieben. Dabei sind mit den Niederlanden und Dänemark zwei Vorreiternationen, mit Belgien ein ähnliches Modell wie in Deutschland und mit Österreich und Großbritannien Einsteigernationen aufgezeigt. Bei den außereuropäischen Nationen werden die USA, Kanada und China, als das fahrradreichstes Land, beschrieben. Deutschland zählt zu den Aufsteigernationen, da der EU-Durchschnitt bei nur 7 % Modal Split liegt und somit geringer ist. Mit Hilfe der erarbeiteten Eingangsdaten, aus den charakteristischen Merkmalen und den Anforderungen können die alternativen Verkehrsmittel mittels einer Potenzialanalyse untersucht und ihre Stärken und Schwächen herausgearbeitet werden. Dabei werden die Verträglichkeit mit den verschiedenen Nutzergruppen, dem Alltagsnutzen, den Infrastrukturelementen, dem Geschwindigkeitsunterschied, der gegebenen Topografie und der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer analysiert. Bei den Nutzergruppen sind speziell die Schüler und die Rentner hervorzuheben, da nicht alle Sonderformen mit ihnen verträglich sind. Bei Schülern ist das Mindestalter zur Nutzung einiger Modelle ausschlaggebend, während bei den Rentnern die höhere Geschwindigkeit und die Stabilisierung des Verkehrsmittels Probleme bereiten kann. Im Alltagsnutzen ist die höhere Geschwindigkeit im Vergleich zum nicht elektrifizierten Radverkehr vorteilhaft und bei Einkaufsfahrten bieten vor allem die Modelle mit Transportmöglichkeit ein erhöhtes Potenzial die Fahrt mit dem Pkw zu substituieren. Für eine Verbindung mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Transportfähigkeit mit geringem Gewicht und kompaktem Design ausschlaggebend. Bei Infrastrukturelementen sind die Breite und Ebenheit der Radführungsformen Voraussetzung für die Nutzung der Sonderformen, die breiter als das klassische Fahrrad sind oder keine Federung besitzen. Als nächste Verträglichkeitsuntersuchung wird die Geschwindigkeitsdifferenz im Straßenverkehr genauer betrachtet. Hierbei besitzen die schnelleren Varianten ihre Stärken, da der Geschwindigkeitsunterschied zu Kraftfahrzeugen geringer ist. Vor allem in Tempo 30-Zonen ist dadurch eine Eingliederung des Radverkehrs zu den anderen Verkehrsmitteln erleichtert. Nächster Aspekt der Analyse ist die gegebene Topografie, die mit Hilfe der Elektromotorunterstützung leichter zu bewältigen ist. So sind Steigungen von bis zu 20 % möglich, während die Fahrt mit dem klassischen Fahrrad bei höheren Steigungen kräfteraubend ist. Zuletzt ist die Sicherheit zu nennen, bei der zunächst alle Sonderformen benachteiligt sind, da sie keine Schutzzone besitzen. Allerdings sind hier einige Modelle, wie das Einrad, besonders gefährdet, da sie keine Räder an der Seite oder Lenkerstangen zum Abfangen infolge eines Sturzes haben. Als Ergebnis der Potenzialanalyse haben die Sonderformen Pedelec, E-Lastenrad und S-Pedelec die meisten Stärken. Ihre Verträglichkeit unter den aktuell vorliegenden Gegebenheiten für den allgemeinen Nutzen sind am besten. Das Gauswheel und E-Einrad erzielen die schlechtesten Bewertungen, weshalb unter anderem die gesetzlichen Vorschriften zugunsten dieser Sonderformen geändert werden sollen. Diese Änderungen in der Straßen-Verkehrs-Ordnung betreffen eine Neueinführung der Fahrzeugklasse Elektromobile bis 20 Kilometer pro Stunde und die Einführung der allgemeinen Helmpflicht. Weiterhin sind LSA unter Beachtung der Vorfahrt überfahrbar, Radwege außerorts für den gesamten Radverkehr freigegeben und eine Geschwindigkeitsbegrenzung für über 70-Jährige einzuführen. Außerdem sind infrastrukturelle Gestaltungsmöglichkeiten wie ein Fahrradstellplatznachweis, Sicherheitstrennstreifen in Einbahnstraßen, Fahrradstraßen in Nebenstraßen und eine deutschlandweite Mitnahmeregelung im öffentlichen Personennahverkehr durchzuführen. Mit diesem Ergebnis und den Gestaltungsmöglichkeiten wird abschließend die Stadt Darmstadt im Rhein-Main Gebiet betrachtet. Dabei wird eine aktuelle Radwegekarte entwickelt und die Konfliktpunkte der Radinfrastruktur werden herausgearbeitet. Anhand dieser Schwachstellen werden anschließend ein Ausbau mit neuen Radverkehrsführungen und Verbesserungen des bestehenden Netzes beschrieben. Dadurch entsteht ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz. Die Parkmöglichkeiten und Abstellanlagen werden ebenfalls untersucht und neue Ausbaumöglichkeiten an attraktiven öffentlichen Standorten aufgelistet. Zusammenfassend ist die Stadt Darmstadt ein Fallbespiel für ein mittelgroßes Oberzentrum, in dem der Radverkehr in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen soll und innerstädtisch auf den Pkw verzichtet werden soll. Mit den Potenzialen einiger alternativer Sonderformen sind diese Ziele zu erreichen. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik |
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Hinterlegungsdatum: | 25 Jan 2018 09:52 | ||||
Letzte Änderung: | 22 Jun 2018 12:20 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Gillich, M. Sc. Kim | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 2017 | ||||
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