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Modellierung der DNA-Schadenscluster-, Zellzyklus- und Reparaturweg-abhängigen Strahlenempfindlichkeit nach niedrig- und hoch-LET-Bestrahlung

Günther, Paul (2017)
Modellierung der DNA-Schadenscluster-, Zellzyklus- und Reparaturweg-abhängigen Strahlenempfindlichkeit nach niedrig- und hoch-LET-Bestrahlung.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Diese Arbeit befasst sich mit der Modellierung der Wirkung ionisierender Strahlung auf Zellen. Im Fokus steht der Einfluss der Verfügbarkeit von DNA-Reparaturwegen und der Strahlenqualität auf die Zellüberlebenswahrscheinlichkeit. Die Verfügbarkeit der DNA-Reparaturwege hängt vom Zellreplikationsstatus oder mutationsbedingten Defekten der Reparaturwege ab. Die Strahlenqualität äußert sich im mikroskopischen Ionisationsmuster, welches zu DNA-Schäden führt.

Das Giant LOop Binary LEsion Model (GLOBLE-Model) und das Local Effect Model (LEM) beschreiben das Zellüberleben nach Photonen- bzw. Ionenbestrahlung. Beide gehen davon aus, dass das Zellüberleben aus der räumlichen Verteilung von Doppelstrangbrüchen (DSB) -- dem Schadensmuster -- der DNA auf einer Chromatin-Struktur höherer Ordnung vorhergesagt werden kann. Einzelne DSB werden hierbei als isolierte DSB (iDSB) und zwei oder mehr nah beieinander liegende (innerhalb von ca. 540 nm) DSB werden als gecluserte DSB (cDSB) bezeichnet. Das GLOBLE-Modells berücksichtigt verschiedene iDSB-Reparaturwege sowie deren Verfügbarkeit, um das zellzyklusspezifische Überleben vorherzusagen. Die zentrale Annahme des LEM ist, dass unabhängig von der Strahlenqualität gleiche Schadensmuster zum gleichen Effekt führen. Um das Schadensmuster zu bestimmen, wird die lokale Dosisdeposition von Ionen mithilfe der amorphen Bahnstruktur ausgewertet. Das Zellüberleben nach Ionenbestrahlung wird dann aus einem Vergleich mit Schadensmustern nach Photonenbestrahlung vorhergesagt.

Zellüberlebenskurven nach hohen Dosen Photonenstrahlung lassen sich nicht durch das LinearQuadratische-Modell (LQ-Modell) beschreiben, da diese bei hohen Dosen eine nahezu lineare Abhängigkeit von der Dosis aufweisen. In dieser Arbeit wird das GLOBLE-Modell angewendet, um eine neuartige mechanistische Methode zur Bestimmung der Übergangsdosis aus der LQ-Form von Überlebenskurven im Niedrigdosisbereich in eine lineare Form im Hochdosisbereich zu entwickeln.

Weiterhin wird eine Methode vorgestellt, die es erlaubt Überlebensvorhersagen synchroner Zellen mittels LEM von Photonen- auf Ionenstrahlung zu übertragen. Diese Methode ist in der Lage, den Einfluss des Zellzyklus und den der Strahlenqualität auf die Radiosensitivitäten quantitativ vorherzusagen. Für die LEM-Vorhersage der relativen biologischen Wirksamkeit (RBE) werden zwei Ansätze verglichen. Der erste Ansatz sagt die RBE auf Basis des Überlebens asynchroner Zellen vorher. Der zweite Ansatz sagt den RBE aus der Summe des Überleben einzelner Subpopulationen, aus denen eine asynchrone Zellpopulation besteht, vorher. Beide Ansätze führen zum gleichen qualitativen Ergebnis. Weiter wird gezeigt, dass das GLOBLE-Modell und LEM in der Lage sind, die Auswirkung von Defiziten der DNA-Reparaturwege auf das Zellüberleben nach niedrig- und hoch-LET-Bestrahlung vorherzusagen.

Im Zusammenhang der Beschreibung von Ionenspuren durch die amorphe Bahnstruktur befasst sich diese Arbeit mit zwei Fragen: 1. Kann die Beschreibung des Zellüberlebens nach Schwerionenbestrahlung durch eine genauere Betrachtung der Verhältnisse des direkten und indirekten Effekts verbessert werden? 2. Erlaubt die amorphe Bahnstruktur eine angemessene Beschreibung der Dosisdeposition? Letzteres zielt auf die Frage ab, ob die DNA-Schadensinduktion auf der nm-Skala durch die amorphe Bahnstruktur beschrieben werden kann, oder ob einzelne Ionisationen betrachtet werden müssen. In Bezug auf die erste Frage wird dargelegt, dass eine detailliertere Beschreibung der direkten und indirekten Beiträge zu einer genaueren Vorhersage der experimentellen Daten führt. Bei der Beantwortung der zweiten Frage wird gezeigt, dass mit der Methode der amorphen Bahnstruktur DNA-Schadenscluster auf der nm-Skala ähnlich zu einer ab initio Monte-Carlo-Simulation vorhergesagt werden können.

Im Zusammenhang der Modellierung des Zellüberlebens wird oft relevante Größenskala der DNA-Schadensclusterung diskutiert. Die im GLOBLE-Modell und LEM betrachteten iDSB und cDSB beziehen sich auf eine DNA-Schadensclusterung auf der µm-Skala. Ein weiterer Ansatz ist es, das Zellüberleben aus komplexen DNA-Schadensclustern auf der nm-Skala vorherzusagen. In dieser Arbeit wird dargelegt, dass komplexe DNA-Schadenscluster auf der µm-Skala mit denen auf der nm-Skala korrelieren. Dadurch lässt sich das Zellüberleben nach Ionenbestrahlung zum Teil auf DNA-Schadensclusterung auf beiden Skalen zurückführen. Das Zellüberleben nach Photonenbestrahlung kann jedoch nicht aus der DNA-Schadensclusterung auf der nm-Skala vorhergesagt werden.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2017
Autor(en): Günther, Paul
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Modellierung der DNA-Schadenscluster-, Zellzyklus- und Reparaturweg-abhängigen Strahlenempfindlichkeit nach niedrig- und hoch-LET-Bestrahlung
Sprache: Deutsch
Referenten: Durante, Prof. Dr. Marco ; Drossel, Prof. Dr. Barbara
Publikationsjahr: 2017
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 17 Juli 2017
URL / URN: http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/6730
Kurzbeschreibung (Abstract):

Diese Arbeit befasst sich mit der Modellierung der Wirkung ionisierender Strahlung auf Zellen. Im Fokus steht der Einfluss der Verfügbarkeit von DNA-Reparaturwegen und der Strahlenqualität auf die Zellüberlebenswahrscheinlichkeit. Die Verfügbarkeit der DNA-Reparaturwege hängt vom Zellreplikationsstatus oder mutationsbedingten Defekten der Reparaturwege ab. Die Strahlenqualität äußert sich im mikroskopischen Ionisationsmuster, welches zu DNA-Schäden führt.

Das Giant LOop Binary LEsion Model (GLOBLE-Model) und das Local Effect Model (LEM) beschreiben das Zellüberleben nach Photonen- bzw. Ionenbestrahlung. Beide gehen davon aus, dass das Zellüberleben aus der räumlichen Verteilung von Doppelstrangbrüchen (DSB) -- dem Schadensmuster -- der DNA auf einer Chromatin-Struktur höherer Ordnung vorhergesagt werden kann. Einzelne DSB werden hierbei als isolierte DSB (iDSB) und zwei oder mehr nah beieinander liegende (innerhalb von ca. 540 nm) DSB werden als gecluserte DSB (cDSB) bezeichnet. Das GLOBLE-Modells berücksichtigt verschiedene iDSB-Reparaturwege sowie deren Verfügbarkeit, um das zellzyklusspezifische Überleben vorherzusagen. Die zentrale Annahme des LEM ist, dass unabhängig von der Strahlenqualität gleiche Schadensmuster zum gleichen Effekt führen. Um das Schadensmuster zu bestimmen, wird die lokale Dosisdeposition von Ionen mithilfe der amorphen Bahnstruktur ausgewertet. Das Zellüberleben nach Ionenbestrahlung wird dann aus einem Vergleich mit Schadensmustern nach Photonenbestrahlung vorhergesagt.

Zellüberlebenskurven nach hohen Dosen Photonenstrahlung lassen sich nicht durch das LinearQuadratische-Modell (LQ-Modell) beschreiben, da diese bei hohen Dosen eine nahezu lineare Abhängigkeit von der Dosis aufweisen. In dieser Arbeit wird das GLOBLE-Modell angewendet, um eine neuartige mechanistische Methode zur Bestimmung der Übergangsdosis aus der LQ-Form von Überlebenskurven im Niedrigdosisbereich in eine lineare Form im Hochdosisbereich zu entwickeln.

Weiterhin wird eine Methode vorgestellt, die es erlaubt Überlebensvorhersagen synchroner Zellen mittels LEM von Photonen- auf Ionenstrahlung zu übertragen. Diese Methode ist in der Lage, den Einfluss des Zellzyklus und den der Strahlenqualität auf die Radiosensitivitäten quantitativ vorherzusagen. Für die LEM-Vorhersage der relativen biologischen Wirksamkeit (RBE) werden zwei Ansätze verglichen. Der erste Ansatz sagt die RBE auf Basis des Überlebens asynchroner Zellen vorher. Der zweite Ansatz sagt den RBE aus der Summe des Überleben einzelner Subpopulationen, aus denen eine asynchrone Zellpopulation besteht, vorher. Beide Ansätze führen zum gleichen qualitativen Ergebnis. Weiter wird gezeigt, dass das GLOBLE-Modell und LEM in der Lage sind, die Auswirkung von Defiziten der DNA-Reparaturwege auf das Zellüberleben nach niedrig- und hoch-LET-Bestrahlung vorherzusagen.

Im Zusammenhang der Beschreibung von Ionenspuren durch die amorphe Bahnstruktur befasst sich diese Arbeit mit zwei Fragen: 1. Kann die Beschreibung des Zellüberlebens nach Schwerionenbestrahlung durch eine genauere Betrachtung der Verhältnisse des direkten und indirekten Effekts verbessert werden? 2. Erlaubt die amorphe Bahnstruktur eine angemessene Beschreibung der Dosisdeposition? Letzteres zielt auf die Frage ab, ob die DNA-Schadensinduktion auf der nm-Skala durch die amorphe Bahnstruktur beschrieben werden kann, oder ob einzelne Ionisationen betrachtet werden müssen. In Bezug auf die erste Frage wird dargelegt, dass eine detailliertere Beschreibung der direkten und indirekten Beiträge zu einer genaueren Vorhersage der experimentellen Daten führt. Bei der Beantwortung der zweiten Frage wird gezeigt, dass mit der Methode der amorphen Bahnstruktur DNA-Schadenscluster auf der nm-Skala ähnlich zu einer ab initio Monte-Carlo-Simulation vorhergesagt werden können.

Im Zusammenhang der Modellierung des Zellüberlebens wird oft relevante Größenskala der DNA-Schadensclusterung diskutiert. Die im GLOBLE-Modell und LEM betrachteten iDSB und cDSB beziehen sich auf eine DNA-Schadensclusterung auf der µm-Skala. Ein weiterer Ansatz ist es, das Zellüberleben aus komplexen DNA-Schadensclustern auf der nm-Skala vorherzusagen. In dieser Arbeit wird dargelegt, dass komplexe DNA-Schadenscluster auf der µm-Skala mit denen auf der nm-Skala korrelieren. Dadurch lässt sich das Zellüberleben nach Ionenbestrahlung zum Teil auf DNA-Schadensclusterung auf beiden Skalen zurückführen. Das Zellüberleben nach Photonenbestrahlung kann jedoch nicht aus der DNA-Schadensclusterung auf der nm-Skala vorhergesagt werden.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
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This work focuses on modeling of the effects of ionizing radiation on cells, primarily on, the influence of the DNA repair pathway availability and the radiation quality on the cell-survival probability. The availability of DNA repair pathways depends on the replication state and defects of the DNA repair pathways. The radiation quality manifests itself in the microscopic ionization pattern.

The Giant LOop Binary LEsion (GLOBLE) model and the Local Effect Model (LEM) describe the cell-survival after photon and ion irradiation, respectively. Both models assume that cell survival can be modeled based on the spatial distribution of Double-Strand Breaks (DSB) of the DNA (damage pattern), within a higher order chromatin structure. Single DSB are referred to as isolated DSB (iDSB) and two or more DSB in close proximity (within 540 nm) are called complex DSB (cDSB). In order to predict the cell-survival, the GLOBLE-Model considers different iDSB repair-pathways and their availability. One central assumption of the LEM is that the same damage patterns imply same effects, regardless of the radiation quality. In order to predict the damage pattern the microscopic local dose distribution of ions, described by the amorphous track structure, is evaluated. The cell survival after ion irradiation is predicted from a comparison with corresponding damage patterns after photon irradiation.

The cell-survival curves after high dose photon irradiation cannot be predicted from the Linear Quadratic (LQ) Model due to their transition towards a linear dose dependence. This work uses the GLOBLE-Model to introduce a novel mechanistic approach, which allows the threshold dose to be predicted for the transition from a linear quadratic dose dependence, of survival curves at low doses, to a linear dose dependence at high doses.

Furthermore, a method is presented, which allows LEM to predict the survival of synchronous cells after ion irradiation based on the cell survival after photon irradiation. This method is able to qualitatively predict the influence of the cell-cycle and the radiation quality on radiosensitivity. Based on this, two approaches for the LEM prediction of the Relative Biological Effectiveness (RBE) are compared. The first approach predicts the RBE based on the survival of asynchronous cells. The second approach predicts the RBE from the sum of survival curves of the subpopulations, which contribute to the asynchronous cell population. Both approaches lead to qualitatively similar results.

In the context of describing the microscopic dose deposition of ion irradiation by the amorphous track structure, two questions are addressed: 1. Is it possible to improve the prediction of cell survival after ion irradiation by a more sophisticated composition of the direct and indirect effect? 2. is the amorphous track structure an appropriate model of the dose deposition regarding the DNA damage clustering on the nm-scale or is it necessary to evaluate single ionizations on the molecular level? Regarding the first question, it is shown that a more detailed evaluation of the direct and indirect effect improves the agreement of the LEM predictions to data. Concerning the second question, it is shown that the amorphous track structure can be used for the prediction of DNA damage induction on the nm-scale similar to an ab initio Monte Carlo simulation.

In the context of cell-survival modeling, the relevant length scale for DNA damage-clustering is often discussed. The iDSBs und cDSBs used in the GLOBLE and LEM are referring to DNA damage clustering on the µm-scale. There are also models which predict the cell survival after ion irradiation based on complex DNA-damage-clusters on the nm-scale. This work shows, that complex DNA damage-clusters on the µm-scale are correlated to damage clusters on the nm-scale. Therefore, it is possible to predict the cell survival after ion irradiation based on both scales. However, the cell survival after photon irradiation cannot be predicted based on damage-clusters on the nm-scale.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-67308
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 05 Fachbereich Physik
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM))
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM)) > Biophysik
Hinterlegungsdatum: 10 Sep 2017 19:55
Letzte Änderung: 10 Sep 2017 19:55
PPN:
Referenten: Durante, Prof. Dr. Marco ; Drossel, Prof. Dr. Barbara
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 17 Juli 2017
Export:
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