Pöll, Uwe (2017)
Schwefel-Oxygenasen/-Reduktasen aus Acidianus ambivalens und Halothiobacillus neapolitanus.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Die Schwefel-Oxygenase/-Reduktase (SOR) ist das initiale Enzym der Schwefeloxidation im acidothermophilen und chemolithoautotrophen Archaeon Acidianus ambivalens (AaSOR). Das Enzym katalysiert eine sauerstoffabhängige Disproportionierung von elementarem Schwefel mit Sulfit, Thiosulfat und Schwefelwasserstoff als nachweisbaren Produkten. Der Reaktions-mechanismus dieser Disproportionierungsreaktion ist jedoch weitestgehend unbekannt. Das bislang angenommene Temperaturspektrum der AaSOR erstreckt sich über einen Bereich von 50 - 108 °C. Die Optimierungen des SOR-Aktivitätstests und der zugehörigen Nachweisreaktionen in dieser Arbeit ergaben, dass die AaSOR auch bei niedrigeren Temperaturen von bis zu 10 °C aktiv ist. Eine SOR-Aktivität im Temperaturbereich unter 50 °C ist somit nicht länger als spezielle Adaption von SORs an mesophile Habitate anzusehen. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Thiosulfat kein primäres Reaktionsprodukt der SOR darstellt, sondern ausschließlich durch eine chemische, nichtenzymatische Reaktion von Sulfit und elementarem Schwefel bei hohen Temperaturen gebildet wird. Das aktive Zentrum der AaSOR umfasst drei hochkonservierte Cysteine (C31, C101 und C104), von denen C31 persulfuriert vorliegt (CSS31) und aufgrund der für die Katalyse essentiellen Funktion als Substratbindungsstelle vermutet wird. Zur Überprüfung dieser These wurden organische, schwefelhaltige Moleküle gesucht, die als Substratanaloga einen inhibitorischen Effekt auf die SOR ausüben. Als geeignet stellten sich die Oligosulfid-Verbindungen Diallyltrisulfid, Dimethyldisulfid, Di-tert-butyl-Polysulfid und artifizielles Knoblauchöl heraus. Die Identifikation der zugehörigen Bindungsstellen erfolgte mittels Röntgenkristallographie. Die Kristallstrukturen wiesen eine Modifikation aller drei konservierten Cysteine ohne spezifische Modifikation einer einzelnen Aminosäure im aktiven Zentrum auf. Die Funktion von CSS31 als Substratbindungsstelle konnte auf diesem Weg nicht verifiziert werden. Neben den drei konservierten Cysteinen umfasst das aktive Zentrum der SOR ein mononukleäres Eisenatom, das durch eine faciale 2-His-1-Carboxylat-Triade und zwei Wassermoleküle koordiniert wird. Die sekundäre Koordinationssphäre wird durch E87 gebildet, das über eine Wasserstoffbrückenbindung in Kontakt mit dem Eisenliganden H86 steht. Die Substitution von E87 zu Alanin bewirkte eine Aktivitätsverringerung auf 26 %, wohingegen die Mutante E87D eine zum Wildtyp vergleichbare Aktivität aufwies. Die sekundäre Koordinationssphäre wirkt über die Wasserstoffbrückenbindung entscheidend auf das Eisenzentrum und die enzymatische Aktivität ein. Frühere ESR-Experimente zeigten, dass die Inkubation des Enzyms zusammen mit Schwefel bei hohen Temperaturen einen Wechsel des Redoxzustands von Fe3+ zu Fe2+ bewirkt. Um zu prüfen, ob dieser Wechsel einen essentiellen Bestandteil der SOR-Katalyse darstellt, wurde das im aktiven Zentrum der SOR enthaltene Eisen durch hochreines Cobalt, Gallium, Mangan und Nickel substituiert. Alle SOR-Derivate waren biochemisch aktiv. Co- und Mn-SOR zeigten für Co2+- und Mn2+-Spezies charakteristische ESR-Signale, die auch nach der Inkubation mit Schwefel bei hohen Temperaturen erhalten blieben. Der Oxidationszustand der Substitutionsmetalle blieb bei der Katalyse unverändert. Dies lässt darauf schließen, dass kein Redoxwechsel des Metallzentrums bei der Sauerstoffaktivierung nötig ist. Untersuchungen der Kristallstrukturen lieferten keine neuen Erkenntnisse bezüglich struktureller Unterschiede in den aktiven Zentren der SOR-Derivate. Sowohl die Analysen mittels Röntgenfluoreszenzspektroskopie als auch die Daten der anomalen Dispersion ergaben, dass die Metallzentren neben den eingebrachten Substitutionsmetallen auch von unerwünschten Metallionen besetzt waren. ICP-MS-Analysen der unter hochreinen Bedingungen präparierten SOR-Derivate bestätigten, dass die festgestellten Kontaminationen im Rahmen des Kristallisationsprozesses oder der Kristallpräparation eingebracht wurden. Die in einer früheren Arbeit begonnene strukturelle Charakterisierung der SOR aus dem mesophilen γ-Proteobakterium Halothiobacillus neapolitanus (HnSOR) wurde in dieser Arbeit fortgesetzt. Es gelang eine Kristallstruktur mit einer Auflösung von 2,1 Å zu erhalten, wobei Proteinarchitektur und aktives Zentrum eine hohe Ähnlichkeit zur AaSOR aufweisen. Neben der bereits bekannten Persulfurierung von C33 wurde auch an den beiden Cysteinen C103 und C106 ein zusätzliches Schwefelatom beobachtet. C103 und C106 scheinen dabei über eine Tetrasulfidbrücke miteinander verbunden zu sein. Das mononukleäre Eisenzentrum wird, wie bei der AaSOR, von drei Aminosäuren (H88, H92 und E116) und zwei Wassermolekülen koordiniert. Die sekundäre Koordinationssphäre wird nicht von dem zu E87 der AaSOR homologen E89 gebildet, sondern von einem Tyrosin (Y118). E89 hingegen scheint im Mittelpunkt eines weitläufigen Wasserstoffbrückennetzwerks im aktiven Zentrum zu stehen, das möglicherweise entscheidend zur Stabilität des Enzyms beiträgt und so die im Vergleich zur AaSOR geringere Anzahl an internen Salzbrücken kompensiert. Die bislang postulierten Substrat- und Produktrouten innerhalb des Enzyms wurden durch softwaregestützte Analysen in der neuen HnSOR- Kristallstruktur überprüft. Der bislang als Ausgang aus dem Enzym angesehene Trimerkanal kann aufgrund eines zu geringen Durchmessers und mangelnder Flexibilität der beteiligten Aminosäuren nicht als solcher fungieren. Zwei neu identifizierte Verbindungen mit der Enzymoberfläche könnten jedoch diese Funktion übernehmen. Die vermuteten Verbindungen zwischen aktivem Zentrum und der inneren Kavität der SOR über eine Eingangs- und eine Ausgangspore wurden dagegen bestätigt. Zudem wurde eine dritte Pore zum aktiven Zentrum beobachtet, die am essentiellen CSS33 lokalisiert ist und deren Öffnungszustand von der Konformation der Aminosäure M303 abhängt. Bei der AaSOR weisen hingegen Mutations- und Porenanalysen darauf hin, dass das aktive Zentrum dieser SOR lediglich durch eine einzige Pore mit der inneren Kavität verbunden ist.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2017 | ||||
Autor(en): | Pöll, Uwe | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Schwefel-Oxygenasen/-Reduktasen aus Acidianus ambivalens und Halothiobacillus neapolitanus | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Kletzin, PD Dr. Arnulf ; Pfeifer, Prof. Dr. Felicitas | ||||
Publikationsjahr: | 2017 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 4 November 2016 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/6578 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Die Schwefel-Oxygenase/-Reduktase (SOR) ist das initiale Enzym der Schwefeloxidation im acidothermophilen und chemolithoautotrophen Archaeon Acidianus ambivalens (AaSOR). Das Enzym katalysiert eine sauerstoffabhängige Disproportionierung von elementarem Schwefel mit Sulfit, Thiosulfat und Schwefelwasserstoff als nachweisbaren Produkten. Der Reaktions-mechanismus dieser Disproportionierungsreaktion ist jedoch weitestgehend unbekannt. Das bislang angenommene Temperaturspektrum der AaSOR erstreckt sich über einen Bereich von 50 - 108 °C. Die Optimierungen des SOR-Aktivitätstests und der zugehörigen Nachweisreaktionen in dieser Arbeit ergaben, dass die AaSOR auch bei niedrigeren Temperaturen von bis zu 10 °C aktiv ist. Eine SOR-Aktivität im Temperaturbereich unter 50 °C ist somit nicht länger als spezielle Adaption von SORs an mesophile Habitate anzusehen. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Thiosulfat kein primäres Reaktionsprodukt der SOR darstellt, sondern ausschließlich durch eine chemische, nichtenzymatische Reaktion von Sulfit und elementarem Schwefel bei hohen Temperaturen gebildet wird. Das aktive Zentrum der AaSOR umfasst drei hochkonservierte Cysteine (C31, C101 und C104), von denen C31 persulfuriert vorliegt (CSS31) und aufgrund der für die Katalyse essentiellen Funktion als Substratbindungsstelle vermutet wird. Zur Überprüfung dieser These wurden organische, schwefelhaltige Moleküle gesucht, die als Substratanaloga einen inhibitorischen Effekt auf die SOR ausüben. Als geeignet stellten sich die Oligosulfid-Verbindungen Diallyltrisulfid, Dimethyldisulfid, Di-tert-butyl-Polysulfid und artifizielles Knoblauchöl heraus. Die Identifikation der zugehörigen Bindungsstellen erfolgte mittels Röntgenkristallographie. Die Kristallstrukturen wiesen eine Modifikation aller drei konservierten Cysteine ohne spezifische Modifikation einer einzelnen Aminosäure im aktiven Zentrum auf. Die Funktion von CSS31 als Substratbindungsstelle konnte auf diesem Weg nicht verifiziert werden. Neben den drei konservierten Cysteinen umfasst das aktive Zentrum der SOR ein mononukleäres Eisenatom, das durch eine faciale 2-His-1-Carboxylat-Triade und zwei Wassermoleküle koordiniert wird. Die sekundäre Koordinationssphäre wird durch E87 gebildet, das über eine Wasserstoffbrückenbindung in Kontakt mit dem Eisenliganden H86 steht. Die Substitution von E87 zu Alanin bewirkte eine Aktivitätsverringerung auf 26 %, wohingegen die Mutante E87D eine zum Wildtyp vergleichbare Aktivität aufwies. Die sekundäre Koordinationssphäre wirkt über die Wasserstoffbrückenbindung entscheidend auf das Eisenzentrum und die enzymatische Aktivität ein. Frühere ESR-Experimente zeigten, dass die Inkubation des Enzyms zusammen mit Schwefel bei hohen Temperaturen einen Wechsel des Redoxzustands von Fe3+ zu Fe2+ bewirkt. Um zu prüfen, ob dieser Wechsel einen essentiellen Bestandteil der SOR-Katalyse darstellt, wurde das im aktiven Zentrum der SOR enthaltene Eisen durch hochreines Cobalt, Gallium, Mangan und Nickel substituiert. Alle SOR-Derivate waren biochemisch aktiv. Co- und Mn-SOR zeigten für Co2+- und Mn2+-Spezies charakteristische ESR-Signale, die auch nach der Inkubation mit Schwefel bei hohen Temperaturen erhalten blieben. Der Oxidationszustand der Substitutionsmetalle blieb bei der Katalyse unverändert. Dies lässt darauf schließen, dass kein Redoxwechsel des Metallzentrums bei der Sauerstoffaktivierung nötig ist. Untersuchungen der Kristallstrukturen lieferten keine neuen Erkenntnisse bezüglich struktureller Unterschiede in den aktiven Zentren der SOR-Derivate. Sowohl die Analysen mittels Röntgenfluoreszenzspektroskopie als auch die Daten der anomalen Dispersion ergaben, dass die Metallzentren neben den eingebrachten Substitutionsmetallen auch von unerwünschten Metallionen besetzt waren. ICP-MS-Analysen der unter hochreinen Bedingungen präparierten SOR-Derivate bestätigten, dass die festgestellten Kontaminationen im Rahmen des Kristallisationsprozesses oder der Kristallpräparation eingebracht wurden. Die in einer früheren Arbeit begonnene strukturelle Charakterisierung der SOR aus dem mesophilen γ-Proteobakterium Halothiobacillus neapolitanus (HnSOR) wurde in dieser Arbeit fortgesetzt. Es gelang eine Kristallstruktur mit einer Auflösung von 2,1 Å zu erhalten, wobei Proteinarchitektur und aktives Zentrum eine hohe Ähnlichkeit zur AaSOR aufweisen. Neben der bereits bekannten Persulfurierung von C33 wurde auch an den beiden Cysteinen C103 und C106 ein zusätzliches Schwefelatom beobachtet. C103 und C106 scheinen dabei über eine Tetrasulfidbrücke miteinander verbunden zu sein. Das mononukleäre Eisenzentrum wird, wie bei der AaSOR, von drei Aminosäuren (H88, H92 und E116) und zwei Wassermolekülen koordiniert. Die sekundäre Koordinationssphäre wird nicht von dem zu E87 der AaSOR homologen E89 gebildet, sondern von einem Tyrosin (Y118). E89 hingegen scheint im Mittelpunkt eines weitläufigen Wasserstoffbrückennetzwerks im aktiven Zentrum zu stehen, das möglicherweise entscheidend zur Stabilität des Enzyms beiträgt und so die im Vergleich zur AaSOR geringere Anzahl an internen Salzbrücken kompensiert. Die bislang postulierten Substrat- und Produktrouten innerhalb des Enzyms wurden durch softwaregestützte Analysen in der neuen HnSOR- Kristallstruktur überprüft. Der bislang als Ausgang aus dem Enzym angesehene Trimerkanal kann aufgrund eines zu geringen Durchmessers und mangelnder Flexibilität der beteiligten Aminosäuren nicht als solcher fungieren. Zwei neu identifizierte Verbindungen mit der Enzymoberfläche könnten jedoch diese Funktion übernehmen. Die vermuteten Verbindungen zwischen aktivem Zentrum und der inneren Kavität der SOR über eine Eingangs- und eine Ausgangspore wurden dagegen bestätigt. Zudem wurde eine dritte Pore zum aktiven Zentrum beobachtet, die am essentiellen CSS33 lokalisiert ist und deren Öffnungszustand von der Konformation der Aminosäure M303 abhängt. Bei der AaSOR weisen hingegen Mutations- und Porenanalysen darauf hin, dass das aktive Zentrum dieser SOR lediglich durch eine einzige Pore mit der inneren Kavität verbunden ist. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-65786 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 10 Fachbereich Biologie > Sulfur Biochemistry and Microbial Bioenergetics 10 Fachbereich Biologie |
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Hinterlegungsdatum: | 16 Jul 2017 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 16 Jul 2017 19:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Kletzin, PD Dr. Arnulf ; Pfeifer, Prof. Dr. Felicitas | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 4 November 2016 | ||||
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