Heller, Lena (2016)
Grundlagen zur Akzeptanz von Maßnahmen zur Reisendenlenkung.
Technische Universität Darmstadt
Bachelorarbeit, Bibliographie
Kurzbeschreibung (Abstract)
Wegen steigender Mobilität und Parkraumproblemen gewinnt der öffentliche Personenverkehr mehr und mehr an Bedeutung. Dies hat zur Folge, dass das Bedürfnis nach Intermodalität wächst. Deswegen und aufgrund zunehmender Überlastungen im Straßenverkehr sowie unvorhersehbarer Störfälle werden Verkehrs- und Reisendenlenkung, im weiteren Sinne also ein funktionierendes Verkehrsmanagement, immer wichtiger. Insbesondere in Störfällen ist eine schnelle, durchdachte Lenkung der Verkehrs- und Reisendenströme für einen weitgehend reibungslosen Verkehrs- und Betriebsablauf unausweichlich.
Um dies gewährleisten zu können, müssen nicht nur Reaktionen der Verkehrsteilnehmer bzw. Reisenden auf bestimmte Situationen bekannt sein, sondern auch für welche Möglichkeiten sie sich hinsichtlich ihres weiteren Reiseverlaufs entscheiden werden. Für das Voraussagen bestimmter Handlungsentscheidungen verschiedener Nutzergruppen wird eine geeignete Einteilung der Nutzer anhand ausgewählter Kriterien vorgenommen. Für mehrere Beispielsituationen mit unterschiedlichen Handlungsalternativen werden Hypothesen zum erwarteten Verhalten der Nutzer aufgestellt.
In einem ersten Schritt werden Möglichkeiten der Verkehrslenkung und insbesondere der Reisendenlenkung dargestellt. Dabei findet eine Unterscheidung in Maßnahmenkategorien des öffentlichen Verkehrs, des motorisierten Individualverkehrs, in intermodale sowie multimodale Maßnahmen statt. Bezogen auf die Akzeptanz von Maßnahmen zur Reisendenlenkung spielen die Maßnahmen des öffentlichen Verkehrs eine besondere Rolle. Sie lassen sich in nachfrage- und angebotsverändernde Maßnahmen unterscheiden. Während Informationssysteme auf die Nachfrage der Reisenden Einfluss nehmen, wird mithilfe angebotsverändernder Maßnahmen durch Anpassung des Verkehrsangebotes aktiv in den Bahnbetrieb eingegriffen. Für die Akzeptanz von Maßnahmen im öffentlichen Verkehr sind der Punkt des Informationsempfangs in der Reisekette, das Informationssystem selbst sowie der Inhalt der Information von Bedeutung. Die angebotsverändernden Maßnahmen offenbaren sich den Reisenden in Form von verschiedenen Handlungsalternativen im Informationsinhalt.
Die ergriffenen Maßnahmen und Möglichkeiten, die zur Verhaltensänderung der Nutzer führen, sind im Kontext intermodaler Reiseketten zu betrachten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Zusammensetzung solcher Reiseketten aus verschiedenen Etappen, die mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden können. Das Augenmerk liegt auf der Etappe mit dem System „Bahn“, sodass Störfälle und Maßnahmen hauptsächlich in diesem Zusammenhang betrachtet werden. Somit beeinflussen besonders die Auswirkungen von Störungen der Bahn die Verhaltensentscheidung. Die Hauptauswirkungen sind Verzögerungen bzw. Verspätungen im Betriebsablauf sowie Teil- oder Vollsperrungen von Netzabschnitten. Die Reaktionen darauf bzw. die Vorkehrungen, die bei solchen Auswirkungen getroffen werden, hängen beispielsweise von der Verkehrszeit (bzgl. der Tageszeit, d. h. Normal-, Haupt- oder Schwachverkehrszeit), der Anzahl sowie der Nutzungsflexibilität der betroffenen Fahrgäste ab. Diese Nutzungsflexibilität und die Einstellungen zu bestimmten Maßnahmen können mithilfe von verschiedenen Nutzergruppen und Hypothesen zu deren erwarteter Akzeptanz überprüft werden.
Um herauszufinden, für welche Maßnahmen Reisende sich entscheiden und welche Varianten nicht für sie in Frage kommen, ist es von Bedeutung, auf welchen Faktoren ihre Entscheidungen basieren. Verhaltensentscheidungen werden sowohl durch externale als auch durch internale Faktoren beeinflusst. Insbesondere die internalen Faktoren sind von Interesse, da sie die persönlichen Umstände, die Einstellungen, Berufsstände, Verfügbarkeiten von Alternativen und die Informiertheit der Nutzer aufgreifen. Für die spätere Einteilung in Nutzergruppen finden das Einkommen, Einstellungen (zu Zeit, Kosten, Komfort, Mobiltelefonen und Pkw), Erwerbstätigkeiten, die Pkw-Verfügbarkeit sowie Wegezwecke Berücksichtigung.
Des Weiteren setzt sich die Akzeptanz aus verschiedenen Ebenen zusammen. Es spielen sowohl Art, Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit der Informationen, der Ausrüstungsgrad bzw. Ausstattungsgrad der Personen und Fahrzeuge, die Empfangsbereitschaft jedes Individuums, dessen Wahrnehmung und die Befolgung der Maßnahmen eine Rolle. Erst durch die Befolgung einer Maßnahme kommt deren verkehrliche Wirkung zum Tragen. Der Befolgungsgrad und seine Wirkung sind die Faktoren, an denen man die Akzeptanz messen kann. Die verschiedenen, insbesondere internalen, Einflussfaktoren (z. B. Einstellungen) sind bei der Empfangsbereitschaft (bspw. durch eine besonders starke Mobiltelefon- Affinität und der dadurch hohen Empfangsbereitschaft von Informationen über Mobiltelefone), bei der Wahrnehmung von Maßnahmen sowie bei der Befolgung wiederzufinden und beeinflussen an diesen Stellen besonders stark die Akzeptanz der Nutzer. Die Ebenen der Akzeptanz werden im Wirkungsmodell in den verschiedenen Stufen Informationsempfang (Ausrüstungsgrad und Empfangsbereitschaft), Informationsverarbeitung (Aufmerksamkeit und Bewertung) sowie Handlungsentscheidung und Verhaltensänderung (Reaktion) zusammengefügt. Zu den Merkmalen des Fahrgastes gehören unter anderem die internalen und externalen Einflussfaktoren.
Um Rückschlüsse auf die erwartete Akzeptanz von Maßnahmen zur Reisendenlenkung ziehen zu können, ist es notwendig, die Nutzer in bestimmte Gruppen einzuteilen. Diese Gruppen müssen sich bezüglich geeigneter Kriterien weitgehend homogen darstellen lassen. Es gibt verschiedene Varianten, nach denen Gruppen gegliedert werden können (z. B. Einteilungen nach Verhaltensmustern, nach soziodemographischen Faktoren wie beispielsweise Alter, Geschlecht, nach Werten und Einstellungen sowie nach Mobilitätstypen). Die Kriterien (Reise-)Zeit/Zeitsensitivität, Kosten bzw. Zahlungsbereitschaft, Komfort, Orts- und Systemkenntnis, Pkw- sowie Mobiltelefon-Affinität erweisen sich als geeignet. Bei der Bewertung der unterschiedlichen Nutzergruppeneinteilungen fallen Zeit, Kosten und Komfort stärker ins Gewicht als die anderen Kriterien, da sie in allen Ausführungen zur Verkehrsmittelwahl und Verhaltensentscheidungen aufgeführt und somit als äußerst wichtig eingestuft werden. Die „sieben Personas“ des IP-KOM-ÖV-Forschungsprojektes schneiden am besten bei der Beurteilung ihrer Homogenität hinsichtlich der ausgewählten Kriterien ab. Im Rahmen einer weiteren, differenzierteren Betrachtung stellen sich die sechs Personengruppen Berufspendler, Schulpendler, Power User, Gelegenheitsnutzer, Ad-hoc-Nutzer sowie Touristen im Bezug auf die Etappe per Bahn als passend heraus.
In einem nächsten Schritt werden Beispielsituationen mit unterschiedlichen Störfällen und Auswirkungen formuliert. In jeder Situation werden verschiedene Handlungsalternativen vorgegeben. Zuvor getroffene Annahmen vereinfachen die Formulierung der Hypothesen. Zum einen wird davon ausgegangen, dass nahezu jeder Reisende mindestens mit einem Mobiltelefon ausgestattet ist und somit wenigstens Push- Nachrichten/SMS erhalten kann. Ferner werden Zuverlässigkeit der Information, Ausrüstungsgrad sowie Empfangsbereitschaft vorausgesetzt. Ebenso beziehen sich die Hypothesen insbesondere auf die Normalverkehrszeit.
Die Beispielsituationen nehmen Bezug auf unterschiedliche Punkte im Verlauf der Reise (vor Reisebeginn, im Vorlauf, am Bahnhof sowie im Hauptlauf). Anhand der Hypothesen wird deutlich, dass die Entscheidungen vor allem im Hinblick auf Zeit, Kosten und Komfort eine Rolle spielen und der Unterschied zwischen den Nutzergruppen darin besteht, dass jede Gruppe für sich diese Kriterien mit einer anderen Gewichtung versieht. Orts- und Systemkenntnis spielen dahingehend nur bedingt eine Rolle. Mobiltelefon- und Pkw-Affinität nehmen insbesondere vor und während dem Beginn der Reise Einfluss auf das Verhalten der einzelnen Nutzer. Die Inhalte der Hypothesen zur Verhaltensentscheidung der einzelnen Nutzergruppen zeigen, dass manche von ihnen aufgrund der finanziellen Lage und somit wegen der ähnlich ausgeprägten Zahlungsbereitschaft gleich handeln. Diese Aussagen gilt es, in zukünftigen Studien zu untersuchen.
Aus den Ergebnissen und Aussagen der Hypothesen lassen sich verschiedene Schlüsse für zukünftige Feldstudien und Befragungen ziehen. Es empfiehlt sich, wegen des Kosten-Nutzen-Faktors Vorstudien durchzuführen. Diese Vorstudien verschaffen einen Überblick über die tatsächlichen Nutzergruppenverteilungen. Ein Ziel der Vorstudien ist zu untersuchen, ob die theoretisch vorgenommene Einteilung der Nutzergruppen die Realität zufriedenstellend abbildet oder ob eine differenziertere, gröbere oder sogar grundlegend andere Einteilung die Realität besser darstellt. Ebenso dienen Vorstudien der Überprüfung der Kriterien, ob die tatsächlichen Prioritäten im Vergleich zu den angenommenen Prioritäten der Nutzergruppen zutreffend sind.
In den eigentlichen, repräsentativen Feldstudien gilt es, anhand von Fragebögen detailliert Einstellungen, Werte und Motive einzelner Personen zur Verkehrsmittelwahl und zum Verkehrsverhalten sowie die Gewichtung der Kriterien zu erfragen, um sie, darauf basierend, den ausgewählten Nutzergruppen zuzuordnen. Anschließend bekommen die Befragten die vorbereiteten Bespielsituationen zu Störfällen mit bestimmten Handlungsalternativen vorgelegt. Anhand der Entscheidungen lassen sich dann Tendenzen zur Handlungsentscheidung der verschiedenen Nutzergruppen abbilden. Dadurch werden die formulierten Hypothesen zur ihrem Verhalten verifiziert oder falsifiziert.
Auf Basis der bestätigten oder widerlegten Hypothesen können entsprechende Maßnahmen zur Reisendenlenkung ergriffen werden, die auf eine hohe Akzeptanz bei den Reisenden stoßen. Dies fördert somit die Optimierung des Verkehrsmanagements und treibt damit den Trend zur Intermodalität in der Bevölkerung voran.
Typ des Eintrags: | Bachelorarbeit | ||||
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Erschienen: | 2016 | ||||
Autor(en): | Heller, Lena | ||||
Art des Eintrags: | Bibliographie | ||||
Titel: | Grundlagen zur Akzeptanz von Maßnahmen zur Reisendenlenkung | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; von Mörner, Dipl.-Ing. Moritz | ||||
Publikationsjahr: | 2016 | ||||
URL / URN: | https://www.verkehr.tu-darmstadt.de/media/verkehr/fgvv/beruf... | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Wegen steigender Mobilität und Parkraumproblemen gewinnt der öffentliche Personenverkehr mehr und mehr an Bedeutung. Dies hat zur Folge, dass das Bedürfnis nach Intermodalität wächst. Deswegen und aufgrund zunehmender Überlastungen im Straßenverkehr sowie unvorhersehbarer Störfälle werden Verkehrs- und Reisendenlenkung, im weiteren Sinne also ein funktionierendes Verkehrsmanagement, immer wichtiger. Insbesondere in Störfällen ist eine schnelle, durchdachte Lenkung der Verkehrs- und Reisendenströme für einen weitgehend reibungslosen Verkehrs- und Betriebsablauf unausweichlich. Um dies gewährleisten zu können, müssen nicht nur Reaktionen der Verkehrsteilnehmer bzw. Reisenden auf bestimmte Situationen bekannt sein, sondern auch für welche Möglichkeiten sie sich hinsichtlich ihres weiteren Reiseverlaufs entscheiden werden. Für das Voraussagen bestimmter Handlungsentscheidungen verschiedener Nutzergruppen wird eine geeignete Einteilung der Nutzer anhand ausgewählter Kriterien vorgenommen. Für mehrere Beispielsituationen mit unterschiedlichen Handlungsalternativen werden Hypothesen zum erwarteten Verhalten der Nutzer aufgestellt. In einem ersten Schritt werden Möglichkeiten der Verkehrslenkung und insbesondere der Reisendenlenkung dargestellt. Dabei findet eine Unterscheidung in Maßnahmenkategorien des öffentlichen Verkehrs, des motorisierten Individualverkehrs, in intermodale sowie multimodale Maßnahmen statt. Bezogen auf die Akzeptanz von Maßnahmen zur Reisendenlenkung spielen die Maßnahmen des öffentlichen Verkehrs eine besondere Rolle. Sie lassen sich in nachfrage- und angebotsverändernde Maßnahmen unterscheiden. Während Informationssysteme auf die Nachfrage der Reisenden Einfluss nehmen, wird mithilfe angebotsverändernder Maßnahmen durch Anpassung des Verkehrsangebotes aktiv in den Bahnbetrieb eingegriffen. Für die Akzeptanz von Maßnahmen im öffentlichen Verkehr sind der Punkt des Informationsempfangs in der Reisekette, das Informationssystem selbst sowie der Inhalt der Information von Bedeutung. Die angebotsverändernden Maßnahmen offenbaren sich den Reisenden in Form von verschiedenen Handlungsalternativen im Informationsinhalt. Die ergriffenen Maßnahmen und Möglichkeiten, die zur Verhaltensänderung der Nutzer führen, sind im Kontext intermodaler Reiseketten zu betrachten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Zusammensetzung solcher Reiseketten aus verschiedenen Etappen, die mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden können. Das Augenmerk liegt auf der Etappe mit dem System „Bahn“, sodass Störfälle und Maßnahmen hauptsächlich in diesem Zusammenhang betrachtet werden. Somit beeinflussen besonders die Auswirkungen von Störungen der Bahn die Verhaltensentscheidung. Die Hauptauswirkungen sind Verzögerungen bzw. Verspätungen im Betriebsablauf sowie Teil- oder Vollsperrungen von Netzabschnitten. Die Reaktionen darauf bzw. die Vorkehrungen, die bei solchen Auswirkungen getroffen werden, hängen beispielsweise von der Verkehrszeit (bzgl. der Tageszeit, d. h. Normal-, Haupt- oder Schwachverkehrszeit), der Anzahl sowie der Nutzungsflexibilität der betroffenen Fahrgäste ab. Diese Nutzungsflexibilität und die Einstellungen zu bestimmten Maßnahmen können mithilfe von verschiedenen Nutzergruppen und Hypothesen zu deren erwarteter Akzeptanz überprüft werden. Um herauszufinden, für welche Maßnahmen Reisende sich entscheiden und welche Varianten nicht für sie in Frage kommen, ist es von Bedeutung, auf welchen Faktoren ihre Entscheidungen basieren. Verhaltensentscheidungen werden sowohl durch externale als auch durch internale Faktoren beeinflusst. Insbesondere die internalen Faktoren sind von Interesse, da sie die persönlichen Umstände, die Einstellungen, Berufsstände, Verfügbarkeiten von Alternativen und die Informiertheit der Nutzer aufgreifen. Für die spätere Einteilung in Nutzergruppen finden das Einkommen, Einstellungen (zu Zeit, Kosten, Komfort, Mobiltelefonen und Pkw), Erwerbstätigkeiten, die Pkw-Verfügbarkeit sowie Wegezwecke Berücksichtigung. Des Weiteren setzt sich die Akzeptanz aus verschiedenen Ebenen zusammen. Es spielen sowohl Art, Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit der Informationen, der Ausrüstungsgrad bzw. Ausstattungsgrad der Personen und Fahrzeuge, die Empfangsbereitschaft jedes Individuums, dessen Wahrnehmung und die Befolgung der Maßnahmen eine Rolle. Erst durch die Befolgung einer Maßnahme kommt deren verkehrliche Wirkung zum Tragen. Der Befolgungsgrad und seine Wirkung sind die Faktoren, an denen man die Akzeptanz messen kann. Die verschiedenen, insbesondere internalen, Einflussfaktoren (z. B. Einstellungen) sind bei der Empfangsbereitschaft (bspw. durch eine besonders starke Mobiltelefon- Affinität und der dadurch hohen Empfangsbereitschaft von Informationen über Mobiltelefone), bei der Wahrnehmung von Maßnahmen sowie bei der Befolgung wiederzufinden und beeinflussen an diesen Stellen besonders stark die Akzeptanz der Nutzer. Die Ebenen der Akzeptanz werden im Wirkungsmodell in den verschiedenen Stufen Informationsempfang (Ausrüstungsgrad und Empfangsbereitschaft), Informationsverarbeitung (Aufmerksamkeit und Bewertung) sowie Handlungsentscheidung und Verhaltensänderung (Reaktion) zusammengefügt. Zu den Merkmalen des Fahrgastes gehören unter anderem die internalen und externalen Einflussfaktoren. Um Rückschlüsse auf die erwartete Akzeptanz von Maßnahmen zur Reisendenlenkung ziehen zu können, ist es notwendig, die Nutzer in bestimmte Gruppen einzuteilen. Diese Gruppen müssen sich bezüglich geeigneter Kriterien weitgehend homogen darstellen lassen. Es gibt verschiedene Varianten, nach denen Gruppen gegliedert werden können (z. B. Einteilungen nach Verhaltensmustern, nach soziodemographischen Faktoren wie beispielsweise Alter, Geschlecht, nach Werten und Einstellungen sowie nach Mobilitätstypen). Die Kriterien (Reise-)Zeit/Zeitsensitivität, Kosten bzw. Zahlungsbereitschaft, Komfort, Orts- und Systemkenntnis, Pkw- sowie Mobiltelefon-Affinität erweisen sich als geeignet. Bei der Bewertung der unterschiedlichen Nutzergruppeneinteilungen fallen Zeit, Kosten und Komfort stärker ins Gewicht als die anderen Kriterien, da sie in allen Ausführungen zur Verkehrsmittelwahl und Verhaltensentscheidungen aufgeführt und somit als äußerst wichtig eingestuft werden. Die „sieben Personas“ des IP-KOM-ÖV-Forschungsprojektes schneiden am besten bei der Beurteilung ihrer Homogenität hinsichtlich der ausgewählten Kriterien ab. Im Rahmen einer weiteren, differenzierteren Betrachtung stellen sich die sechs Personengruppen Berufspendler, Schulpendler, Power User, Gelegenheitsnutzer, Ad-hoc-Nutzer sowie Touristen im Bezug auf die Etappe per Bahn als passend heraus. In einem nächsten Schritt werden Beispielsituationen mit unterschiedlichen Störfällen und Auswirkungen formuliert. In jeder Situation werden verschiedene Handlungsalternativen vorgegeben. Zuvor getroffene Annahmen vereinfachen die Formulierung der Hypothesen. Zum einen wird davon ausgegangen, dass nahezu jeder Reisende mindestens mit einem Mobiltelefon ausgestattet ist und somit wenigstens Push- Nachrichten/SMS erhalten kann. Ferner werden Zuverlässigkeit der Information, Ausrüstungsgrad sowie Empfangsbereitschaft vorausgesetzt. Ebenso beziehen sich die Hypothesen insbesondere auf die Normalverkehrszeit. Die Beispielsituationen nehmen Bezug auf unterschiedliche Punkte im Verlauf der Reise (vor Reisebeginn, im Vorlauf, am Bahnhof sowie im Hauptlauf). Anhand der Hypothesen wird deutlich, dass die Entscheidungen vor allem im Hinblick auf Zeit, Kosten und Komfort eine Rolle spielen und der Unterschied zwischen den Nutzergruppen darin besteht, dass jede Gruppe für sich diese Kriterien mit einer anderen Gewichtung versieht. Orts- und Systemkenntnis spielen dahingehend nur bedingt eine Rolle. Mobiltelefon- und Pkw-Affinität nehmen insbesondere vor und während dem Beginn der Reise Einfluss auf das Verhalten der einzelnen Nutzer. Die Inhalte der Hypothesen zur Verhaltensentscheidung der einzelnen Nutzergruppen zeigen, dass manche von ihnen aufgrund der finanziellen Lage und somit wegen der ähnlich ausgeprägten Zahlungsbereitschaft gleich handeln. Diese Aussagen gilt es, in zukünftigen Studien zu untersuchen. Aus den Ergebnissen und Aussagen der Hypothesen lassen sich verschiedene Schlüsse für zukünftige Feldstudien und Befragungen ziehen. Es empfiehlt sich, wegen des Kosten-Nutzen-Faktors Vorstudien durchzuführen. Diese Vorstudien verschaffen einen Überblick über die tatsächlichen Nutzergruppenverteilungen. Ein Ziel der Vorstudien ist zu untersuchen, ob die theoretisch vorgenommene Einteilung der Nutzergruppen die Realität zufriedenstellend abbildet oder ob eine differenziertere, gröbere oder sogar grundlegend andere Einteilung die Realität besser darstellt. Ebenso dienen Vorstudien der Überprüfung der Kriterien, ob die tatsächlichen Prioritäten im Vergleich zu den angenommenen Prioritäten der Nutzergruppen zutreffend sind. In den eigentlichen, repräsentativen Feldstudien gilt es, anhand von Fragebögen detailliert Einstellungen, Werte und Motive einzelner Personen zur Verkehrsmittelwahl und zum Verkehrsverhalten sowie die Gewichtung der Kriterien zu erfragen, um sie, darauf basierend, den ausgewählten Nutzergruppen zuzuordnen. Anschließend bekommen die Befragten die vorbereiteten Bespielsituationen zu Störfällen mit bestimmten Handlungsalternativen vorgelegt. Anhand der Entscheidungen lassen sich dann Tendenzen zur Handlungsentscheidung der verschiedenen Nutzergruppen abbilden. Dadurch werden die formulierten Hypothesen zur ihrem Verhalten verifiziert oder falsifiziert. Auf Basis der bestätigten oder widerlegten Hypothesen können entsprechende Maßnahmen zur Reisendenlenkung ergriffen werden, die auf eine hohe Akzeptanz bei den Reisenden stoßen. Dies fördert somit die Optimierung des Verkehrsmanagements und treibt damit den Trend zur Intermodalität in der Bevölkerung voran. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik |
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Hinterlegungsdatum: | 05 Apr 2017 15:11 | ||||
Letzte Änderung: | 22 Jun 2018 12:49 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; von Mörner, Dipl.-Ing. Moritz | ||||
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