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Variable Torsionssteifigkeit in Unterschenkelprothesen zur aktiven Unterstützung in dynamischen Gangsituationen

Schuy, Jochen (2016)
Variable Torsionssteifigkeit in Unterschenkelprothesen zur aktiven Unterstützung in dynamischen Gangsituationen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Menschen mit Amputationen benötigen adäquate Hilfsmittel zur Wiederherstellung ihrer Mobilität und folglich der Teilnahme am aktiven Leben. Bei Beinamputierten ist der Schaft, als Schnittstelle von Prothese zu Beinstumpf, für den Gangkomfort maßgeblich verantwortlich. Gangrichtungswechsel führen dort durch die hohe Gangdynamik zu besonders kritischen Belastungen am Beinstumpf. In der Vergangenheit konzentrierten sich die Entwicklungen in der Beinprothetik wesentlich auf die Unterstützung der Nutzer bei geradem Gehen und Überwinden von Höhendifferenzen. Folglich stehen aktuell semi-aktive sowie aktive Produkte dafür zur Verfügung. Für Richtungswechselsituationen existieren rein passive Rotationsadapter, welche über eine fest definierte Torsionssteifigkeit die auftretenden Scherkräfte reduzieren. In dieser Arbeit wird der Einfluss auf die Belastungen in der Beinprothese untersucht, welche ungemindert an den Stumpf weitergeleitet werden. Dazu werden zwei Parameter variiert: transversale Torsionssteifigkeiten und Fußwinkelstellung (internal/external) Für dieses Teilziel wird ein Messsystem entwickelt und realisiert, welches in Beinprothesen implementiert werden kann. Es erfasst die dort auftretenden Belastungen sowie die Bewegungen der Prothese in den sechs Freiheitsgraden. Unter Verwendung des Messsystems wird eine Probandenstudie mit zwei Unterschenkelamputierten durchgeführt. Die Analyse erfolgt unter Kopplung der subjektiven Probandenrückmeldungen und der objektiven Messwerte. Analyseergebnisse stellen direkte Korrelationen von Messwertverläufen zum Komfortempfinden dar. Daraus werden Setup-Matrizen für eine optimierte Einstellung von Torsionssteifigkeit und Fußwinkel in Abhängigkeit der Bewegungssituation (Gangphase, -geschwindigkeit und -richtung) erstellt. Mit Nutzung dieser Ergebnisse kann ein Rotationsadapter mit variabler Torsionssteifigkeit und Fußwinkelstellung eine Belastungsreduktion am Stumpf und somit eine Steigerung des Gangkomforts in dynamischen Gangsituationen bewirken. Für die Entwicklung eines Prototyps für ein solches System wird der Ansatz der Mensch-Maschine-zentrierten Entwicklungsmethode genutzt. Hierbei werden nutzerrelevante und technische Faktoren berücksichtigt, um die Entwicklungsschwerpunkte zu ermitteln und zu priorisieren. Aus der Methode resultierend, erweisen sich die Gangerkennung, Parameterauswahl für das Systemverhalten sowie der Antrieb als besonders relevant. Zur Gangerkennung wird ein sensorminimaler Ansatz vorgestellt. Zwei mittels einer Inertial-Messsensorik erfasste Unterschenkelwinkelgeschwindigkeiten dienen dem entwickelten Algorithmus zur Erkennung der Informationen von Gangphase und –geschwindigkeit sowie der Differenzierung der Gangrichtung. Zur Validierungen der Gangphasen- und Ganggeschwindigkeitserkennung werden Ganganalysen mit zwölf Nichtamputierten auf einem Laufband in einem Ganglabor durchgeführt. Die Differenzierung der Gangrichtung wird mittels einer Messorthese in freier Umgebung durch zwei Parcours erfolgreich validiert. Nach Erhebung und Definition der Systemanforderungen und -verhalten erfolgt die Ausarbeitung eines prototypischen Rotationsadapters mit variabler Torsionssteifigkeit und Fußwinkelstellung. Als Antriebskonzepte werden dem Direktantrieb seriell-elastische sowie parallel-elastische Antriebe auf Basis eines realitätsnahen Testzykluses gegenübergestellt. Der parallel-elastische Antrieb zeigt eine bessere Eignung in Bezug auf Maximalleistung und Energieverbrauch und wird in Form eines Gleichstrommotors, mit Torsionsfedern kombiniert, in einem Prototyp realisiert. Die Hardware des Prototyps und dessen Software zur Parameterauswahl und Sollgrößenadaption wird realisiert und gesamtheitlich auf einem Prüfstand validiert. Abschließend erfolgen Funktionstests mit fünf amputierten Probanden. Die Probanden berichten von einer guten Funktionalität des in dieser Arbeit entwickelten Systems und über eine spürbare Belastungsreduktion und Mobilitätssteigerung in dynamischen Gangsituationen.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2016
Autor(en): Schuy, Jochen
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Variable Torsionssteifigkeit in Unterschenkelprothesen zur aktiven Unterstützung in dynamischen Gangsituationen
Sprache: Deutsch
Referenten: Rinderknecht, Prof. Dr. Stephan ; Seyfarth, Prof. Dr. André
Publikationsjahr: Oktober 2016
Ort: Darmstadt
Datum der mündlichen Prüfung: 21 September 2016
URL / URN: http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5733
Kurzbeschreibung (Abstract):

Menschen mit Amputationen benötigen adäquate Hilfsmittel zur Wiederherstellung ihrer Mobilität und folglich der Teilnahme am aktiven Leben. Bei Beinamputierten ist der Schaft, als Schnittstelle von Prothese zu Beinstumpf, für den Gangkomfort maßgeblich verantwortlich. Gangrichtungswechsel führen dort durch die hohe Gangdynamik zu besonders kritischen Belastungen am Beinstumpf. In der Vergangenheit konzentrierten sich die Entwicklungen in der Beinprothetik wesentlich auf die Unterstützung der Nutzer bei geradem Gehen und Überwinden von Höhendifferenzen. Folglich stehen aktuell semi-aktive sowie aktive Produkte dafür zur Verfügung. Für Richtungswechselsituationen existieren rein passive Rotationsadapter, welche über eine fest definierte Torsionssteifigkeit die auftretenden Scherkräfte reduzieren. In dieser Arbeit wird der Einfluss auf die Belastungen in der Beinprothese untersucht, welche ungemindert an den Stumpf weitergeleitet werden. Dazu werden zwei Parameter variiert: transversale Torsionssteifigkeiten und Fußwinkelstellung (internal/external) Für dieses Teilziel wird ein Messsystem entwickelt und realisiert, welches in Beinprothesen implementiert werden kann. Es erfasst die dort auftretenden Belastungen sowie die Bewegungen der Prothese in den sechs Freiheitsgraden. Unter Verwendung des Messsystems wird eine Probandenstudie mit zwei Unterschenkelamputierten durchgeführt. Die Analyse erfolgt unter Kopplung der subjektiven Probandenrückmeldungen und der objektiven Messwerte. Analyseergebnisse stellen direkte Korrelationen von Messwertverläufen zum Komfortempfinden dar. Daraus werden Setup-Matrizen für eine optimierte Einstellung von Torsionssteifigkeit und Fußwinkel in Abhängigkeit der Bewegungssituation (Gangphase, -geschwindigkeit und -richtung) erstellt. Mit Nutzung dieser Ergebnisse kann ein Rotationsadapter mit variabler Torsionssteifigkeit und Fußwinkelstellung eine Belastungsreduktion am Stumpf und somit eine Steigerung des Gangkomforts in dynamischen Gangsituationen bewirken. Für die Entwicklung eines Prototyps für ein solches System wird der Ansatz der Mensch-Maschine-zentrierten Entwicklungsmethode genutzt. Hierbei werden nutzerrelevante und technische Faktoren berücksichtigt, um die Entwicklungsschwerpunkte zu ermitteln und zu priorisieren. Aus der Methode resultierend, erweisen sich die Gangerkennung, Parameterauswahl für das Systemverhalten sowie der Antrieb als besonders relevant. Zur Gangerkennung wird ein sensorminimaler Ansatz vorgestellt. Zwei mittels einer Inertial-Messsensorik erfasste Unterschenkelwinkelgeschwindigkeiten dienen dem entwickelten Algorithmus zur Erkennung der Informationen von Gangphase und –geschwindigkeit sowie der Differenzierung der Gangrichtung. Zur Validierungen der Gangphasen- und Ganggeschwindigkeitserkennung werden Ganganalysen mit zwölf Nichtamputierten auf einem Laufband in einem Ganglabor durchgeführt. Die Differenzierung der Gangrichtung wird mittels einer Messorthese in freier Umgebung durch zwei Parcours erfolgreich validiert. Nach Erhebung und Definition der Systemanforderungen und -verhalten erfolgt die Ausarbeitung eines prototypischen Rotationsadapters mit variabler Torsionssteifigkeit und Fußwinkelstellung. Als Antriebskonzepte werden dem Direktantrieb seriell-elastische sowie parallel-elastische Antriebe auf Basis eines realitätsnahen Testzykluses gegenübergestellt. Der parallel-elastische Antrieb zeigt eine bessere Eignung in Bezug auf Maximalleistung und Energieverbrauch und wird in Form eines Gleichstrommotors, mit Torsionsfedern kombiniert, in einem Prototyp realisiert. Die Hardware des Prototyps und dessen Software zur Parameterauswahl und Sollgrößenadaption wird realisiert und gesamtheitlich auf einem Prüfstand validiert. Abschließend erfolgen Funktionstests mit fünf amputierten Probanden. Die Probanden berichten von einer guten Funktionalität des in dieser Arbeit entwickelten Systems und über eine spürbare Belastungsreduktion und Mobilitätssteigerung in dynamischen Gangsituationen.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

People with lower limb amputations need adequate medical aid to restore mobility and increase participation in active life. For gait comfort the socket is responsible as the interface between prosthesis and stump of the amputated leg. Based on dynamics by changing the walking direction high stress can emerge on the stump. In the past, developments of lower limb prostheses focused on straight walking and overcoming differences of ground levels. Thus, semi-active and active products are available to support the user in these gait situations. In contrast, for situation of changing gait direction just passive rotational adapter with fixed torsional stiffness are available to reduce the arising shear forces. In this work, the influence of stress in the prosthetic structure (equal to stump stress) is examined in dynamic gait situations by varying torsional stiffness as well as foot alignment in various gait speeds. Therefore, a measurement system is developed and realized. It measures load in the prosthetic structure as well as motion of the prosthesis in six degrees of freedom. A pilot study with two transtibial amputees is performed by using the mentioned measurement system. The data analysis is done by correlating subject feedback to the measured data. Results state of direct correlation between feeling of comfort and stress behavior. By this setup-matrices for torsional stiffness and foot alignment are generated depending on gait phase, speed and direction. Applying these results to a rotational adapter with variable torsion stiffness and foot alignment should lead to a reduced level of stress on the stump as well as increase comfort in dynamic gait situation. To build up a prototype the man-machine-centered design method is used to consider human and technical factors and prioritize the focus of the development. Especially, gait recognition, the desired system behavior and drive train aspects show high priority. For gait recognition a sensor-minimal approach is presented. An algorithm uses data of an inertial measurement unit to detect gait phases, speed and classify gait directions. To validate the gait recognition algorithm a study with ten able-bodied subjects is performed on a treadmill in a gait lab as well as two test-courses. Defining system requirements and system behavior parameter, a proof-of-principle demonstrator for a rotational adapter with variable torsion stiffness and foot alignment is developed and realized. As potential concepts of the demonstrator a direct drive, a serial-elastic and a parallel-elastic drive trains concept are compared by using a designed test-cycle which represents load and motion of a typical day. The parallel-elastic actuator concept shows the best results concerning maximum power and energy consumption. It is realised by a DC-motor and two torsional springs in the demonstrator. The demonstrator hardware and software is holistically validated on a test-bench. Finally, functional tests are done by five lower limb amputees. These subjects report a good functionality of the developed and realized system as well as a perceptible load reduction and increased mobility in dynamic gait situations.

Englisch
Freie Schlagworte: Beinprothetik, Ganganalyse, elastischer Antrieb, Gangerkennung, adaptiver Rotationsadapter, Richtungsänderung
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-57334
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 16 Fachbereich Maschinenbau
16 Fachbereich Maschinenbau > Institut für Mechatronische Systeme im Maschinenbau (IMS)
Hinterlegungsdatum: 04 Dez 2016 20:55
Letzte Änderung: 10 Dez 2018 12:34
PPN:
Referenten: Rinderknecht, Prof. Dr. Stephan ; Seyfarth, Prof. Dr. André
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 21 September 2016
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