Vajda, Judith (2016)
Spezifische Elektrolyteffekte in der Chromatographie von Biopharmazeutika.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Biopharmazeutika repräsentieren eine wachsende Gruppe von Arzneistoffen. Ihre Strukturen sind im Vergleich zu klassischen Pharmazeutika komplexer. Um die Verfügbarkeit von Biopharmazeutika für die Masse der Bevölkerung zu gewährleisten, sind kostengünstige, flexibel skalierbare Herstellungsverfahren unabdingbar. Die Produktion von Biopharmazeutika in Zellkultur leistet einen großen Beitrag hierzu, schafft jedoch auch neue Voraussetzungen für darauf die folgenden Aufreinigungsverfahren. Die Biochromatographie ist fester Bestandteil vieler Aufreinigungsverfahren. Während für die mAb Aufreinigung Chromatographie-Plattformen etabliert sind, stellt die Aufreinigung von Viruspartikeln aus Zellkultur eine neue Herausforderung dar. Das Spektrum der Kontaminanten in Zellkultur unterscheidet sich von dem in Eiern produziertem Virusmaterial. Die flüssige Phase in der Biochromatographie birgt dabei ein häufig vernachlässigtes Potential für die Optimierung von Plattformprozessen zur mAb- oder Viruspartikelaufreinigung. Hydrophobe Wechselwirkungen können durch verschiedene Salze und Dualsalze moduliert werden. Sie spielen in der hydrophoben Interaktionschromatographie, der ‚Mixed Mode‘ Chromatographie mit hydrophoben Kationenaustauschern und der Affinitätschromatographie eine Rolle. Die Kapazität für mAbs kann durch Optimierung des Adsorptionspuffers für alle genannten Modi um mindestens 30 % gesteigert werden. Ökonomisch am bedeutsamsten dürfte die Erhöhung der Bindekapazität eines hexameren Protein A Liganden um 100 % für einen mAb sein. Neben der Kapazität beeinflussen Elektrolyte die Selektivität in der Biochromatographie. Ein Gemisch aus Natriumchlorid und Natriumcitrat ermöglicht die Auflösung eines speziellen mAb-Monomers von seinen Aggregaten und weniger hydroben Isoformen auf einer Butyl-Säule, was in einem Standard Ammoniumsulfat-Gradienten nicht realisiert werden kann. Insbesondere die Verwendung von Dualsalzen steigert den erforderlichen Prozessentwicklungsaufwand. Miniaturisierte Parallelchromatographie erlaubt das deutlich schnellere Sichten eines großen Versuchsraumes bei vergleichsweise geringem Probenverbrauch. Dies ermöglicht eine umfassende und frühzeitige Methodenentwicklung. Ein weiterer Engpass in der Methodenentwicklung ist die begleitende Analytik, insbesondere in Hinblick auf Vakzine. Die Freigabe von Vakzinen basiert häufig auf Aktivitätstests. Der Hemagglutinations-Test ist weit verbreitet zur Analyse von Influenzavakzinen. Er beruht auf der Agglutination von roten Blutzellen und Viruspartikeln. Die Massekonzentration des Virus wird aus dem dazu erforderlichen, geschätzten Verhältnis von Erythrozyten zu Viruspartikeln berechnet. Der Test ist mit großen Standardabweichungen (bis zu einer log-Stufe) sowie hohem Arbeits- und Zeitaufwand verbunden. Im Rahmen dieser Dissertation wird das Potential untersucht, analytische Größenausschlusschromatographie als zusätzliche oder substituierende Analytik für Viruspartikel einzusetzen. Die Methode wird mit dem pandemischen Influenza A H1N1v 5258 Impfstamm, sowie den beiden Laborstämmen H1N1 Puerto Rico/8/34 und H3N2 Aichi/2/68 evaluiert. H1N1v 5258 wird im industriellen Maßstab in Zellkultur vermehrt. Die Proben der Laborstämme sind aufgereinigt und stammen aus embryonierten Hühnereiern. Reproduzierbare und hinreichend vollständige Wiederfindungsraten werden für 100 mM Natriumphosphat-Puffer, pH 7.0 mit Zusatz von 200 mM Natriumchlorid erzielt. Die Retention aller Virusproben stimmt überein, was die Universalität der Methode bestätigt. Die Hemagglutinations-Analyse aller Fraktionen der analytischen Größenausschlusschromatographie ergibt, dass ungefähr 50 % der Virusaktivität durch Virusfragmente verursacht wird. Dies bedeutet, dass die gängige Massekonzentrationsberechnung falsch positive Ergebnisse erzielt. Analytische Größenausschlusschromatographie als ergänzende Analytik in Forschung, Entwicklung und Qualitätskontrolle erscheint daher empfehlenswert. In der Prozessentwicklung ermöglicht die gezeigte Methode zur analytischen Größenausschlusschromatographie die Quantifizierung ganzer Viruspartikel in 20 Minuten. Entgegen bisheriger Annahmen sind vergleichsweise hohe Flussraten in der Größenausschlusschromatographie von Influenzaviruspartikeln förderlich. Niedrige Flüsse und lange Verweilzeiten beeinflussen die Polydispersität der Viruspartikel Proben. Die Stabilität der Viruspartikel wird auch durch verschiedene Elektrolyte beeinflusst. Natriumphosphat erweist sich als wirkungsvoll, insbesondere während der Anionenaustauschchromatographie mit einem Polyamin-Liganden. Die Kapazität des Polyamin-Anionenaustauschers ist je nach Pufferbedingungen bis zu 6,4-mal höher als für ein Harz mit immobilisiertem, quaternärem Ammonium-Liganden. Natriumphosphat-Puffer wirkt sich positiv auf die Bindekapazitäten beider Harze für Viruspartikel aus, was dem Verhalten von Proteinen widerspricht. Möglicherweise beruht diese Kapazitätserhöhung auf einem Pseudoaffinitätsmechanismus des Polyamin-Liganden mit dem viralen Protonenkanal M2. Um eine Wiederfindung des Viruspartikels vom Polyamin-Adsorber zu erzielen, ist die Verwendung von Natriumphosphat-Puffer gegenüber Tris/HCl-Puffer und Natriumchlorid zur Elution vorteilhaft. Andere polyvalente Anionen wie Citrat wirken sich ebenfalls positiv auf die Wiederfindung der Viruspartikel aus. Polyvalente Anionen beeinflussen die erzielte DNA-Abreicherung jedoch nachteilig. Die durch polyvalente Ionen verursachten Effekte hinsichtlich der Anionenaustauschchromatographie von Influenzaviruspartikeln beruhen wahrscheinlich auf der höheren Avidität, der vergleichsweise höheren eingetragenen Ionenstärke und der Quervernetzung der Polyamin-Liganden.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2016 | ||||
Autor(en): | Vajda, Judith | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Spezifische Elektrolyteffekte in der Chromatographie von Biopharmazeutika | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Müller, Priv. Doz. Egbert ; Hubbuch, Prof. Dr. Jürgen | ||||
Publikationsjahr: | 2016 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 17 Oktober 2016 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5780 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Biopharmazeutika repräsentieren eine wachsende Gruppe von Arzneistoffen. Ihre Strukturen sind im Vergleich zu klassischen Pharmazeutika komplexer. Um die Verfügbarkeit von Biopharmazeutika für die Masse der Bevölkerung zu gewährleisten, sind kostengünstige, flexibel skalierbare Herstellungsverfahren unabdingbar. Die Produktion von Biopharmazeutika in Zellkultur leistet einen großen Beitrag hierzu, schafft jedoch auch neue Voraussetzungen für darauf die folgenden Aufreinigungsverfahren. Die Biochromatographie ist fester Bestandteil vieler Aufreinigungsverfahren. Während für die mAb Aufreinigung Chromatographie-Plattformen etabliert sind, stellt die Aufreinigung von Viruspartikeln aus Zellkultur eine neue Herausforderung dar. Das Spektrum der Kontaminanten in Zellkultur unterscheidet sich von dem in Eiern produziertem Virusmaterial. Die flüssige Phase in der Biochromatographie birgt dabei ein häufig vernachlässigtes Potential für die Optimierung von Plattformprozessen zur mAb- oder Viruspartikelaufreinigung. Hydrophobe Wechselwirkungen können durch verschiedene Salze und Dualsalze moduliert werden. Sie spielen in der hydrophoben Interaktionschromatographie, der ‚Mixed Mode‘ Chromatographie mit hydrophoben Kationenaustauschern und der Affinitätschromatographie eine Rolle. Die Kapazität für mAbs kann durch Optimierung des Adsorptionspuffers für alle genannten Modi um mindestens 30 % gesteigert werden. Ökonomisch am bedeutsamsten dürfte die Erhöhung der Bindekapazität eines hexameren Protein A Liganden um 100 % für einen mAb sein. Neben der Kapazität beeinflussen Elektrolyte die Selektivität in der Biochromatographie. Ein Gemisch aus Natriumchlorid und Natriumcitrat ermöglicht die Auflösung eines speziellen mAb-Monomers von seinen Aggregaten und weniger hydroben Isoformen auf einer Butyl-Säule, was in einem Standard Ammoniumsulfat-Gradienten nicht realisiert werden kann. Insbesondere die Verwendung von Dualsalzen steigert den erforderlichen Prozessentwicklungsaufwand. Miniaturisierte Parallelchromatographie erlaubt das deutlich schnellere Sichten eines großen Versuchsraumes bei vergleichsweise geringem Probenverbrauch. Dies ermöglicht eine umfassende und frühzeitige Methodenentwicklung. Ein weiterer Engpass in der Methodenentwicklung ist die begleitende Analytik, insbesondere in Hinblick auf Vakzine. Die Freigabe von Vakzinen basiert häufig auf Aktivitätstests. Der Hemagglutinations-Test ist weit verbreitet zur Analyse von Influenzavakzinen. Er beruht auf der Agglutination von roten Blutzellen und Viruspartikeln. Die Massekonzentration des Virus wird aus dem dazu erforderlichen, geschätzten Verhältnis von Erythrozyten zu Viruspartikeln berechnet. Der Test ist mit großen Standardabweichungen (bis zu einer log-Stufe) sowie hohem Arbeits- und Zeitaufwand verbunden. Im Rahmen dieser Dissertation wird das Potential untersucht, analytische Größenausschlusschromatographie als zusätzliche oder substituierende Analytik für Viruspartikel einzusetzen. Die Methode wird mit dem pandemischen Influenza A H1N1v 5258 Impfstamm, sowie den beiden Laborstämmen H1N1 Puerto Rico/8/34 und H3N2 Aichi/2/68 evaluiert. H1N1v 5258 wird im industriellen Maßstab in Zellkultur vermehrt. Die Proben der Laborstämme sind aufgereinigt und stammen aus embryonierten Hühnereiern. Reproduzierbare und hinreichend vollständige Wiederfindungsraten werden für 100 mM Natriumphosphat-Puffer, pH 7.0 mit Zusatz von 200 mM Natriumchlorid erzielt. Die Retention aller Virusproben stimmt überein, was die Universalität der Methode bestätigt. Die Hemagglutinations-Analyse aller Fraktionen der analytischen Größenausschlusschromatographie ergibt, dass ungefähr 50 % der Virusaktivität durch Virusfragmente verursacht wird. Dies bedeutet, dass die gängige Massekonzentrationsberechnung falsch positive Ergebnisse erzielt. Analytische Größenausschlusschromatographie als ergänzende Analytik in Forschung, Entwicklung und Qualitätskontrolle erscheint daher empfehlenswert. In der Prozessentwicklung ermöglicht die gezeigte Methode zur analytischen Größenausschlusschromatographie die Quantifizierung ganzer Viruspartikel in 20 Minuten. Entgegen bisheriger Annahmen sind vergleichsweise hohe Flussraten in der Größenausschlusschromatographie von Influenzaviruspartikeln förderlich. Niedrige Flüsse und lange Verweilzeiten beeinflussen die Polydispersität der Viruspartikel Proben. Die Stabilität der Viruspartikel wird auch durch verschiedene Elektrolyte beeinflusst. Natriumphosphat erweist sich als wirkungsvoll, insbesondere während der Anionenaustauschchromatographie mit einem Polyamin-Liganden. Die Kapazität des Polyamin-Anionenaustauschers ist je nach Pufferbedingungen bis zu 6,4-mal höher als für ein Harz mit immobilisiertem, quaternärem Ammonium-Liganden. Natriumphosphat-Puffer wirkt sich positiv auf die Bindekapazitäten beider Harze für Viruspartikel aus, was dem Verhalten von Proteinen widerspricht. Möglicherweise beruht diese Kapazitätserhöhung auf einem Pseudoaffinitätsmechanismus des Polyamin-Liganden mit dem viralen Protonenkanal M2. Um eine Wiederfindung des Viruspartikels vom Polyamin-Adsorber zu erzielen, ist die Verwendung von Natriumphosphat-Puffer gegenüber Tris/HCl-Puffer und Natriumchlorid zur Elution vorteilhaft. Andere polyvalente Anionen wie Citrat wirken sich ebenfalls positiv auf die Wiederfindung der Viruspartikel aus. Polyvalente Anionen beeinflussen die erzielte DNA-Abreicherung jedoch nachteilig. Die durch polyvalente Ionen verursachten Effekte hinsichtlich der Anionenaustauschchromatographie von Influenzaviruspartikeln beruhen wahrscheinlich auf der höheren Avidität, der vergleichsweise höheren eingetragenen Ionenstärke und der Quervernetzung der Polyamin-Liganden. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-57802 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin, Gesundheit |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 07 Fachbereich Chemie > Clemens-Schöpf-Institut > Fachgebiet Biochemie > Allgemeine Biochemie 07 Fachbereich Chemie > Clemens-Schöpf-Institut > Fachgebiet Biochemie 07 Fachbereich Chemie |
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Hinterlegungsdatum: | 27 Nov 2016 20:55 | ||||
Letzte Änderung: | 27 Nov 2016 20:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Müller, Priv. Doz. Egbert ; Hubbuch, Prof. Dr. Jürgen | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 17 Oktober 2016 | ||||
Export: | |||||
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