Treiber, Patrick (2013)
Nutzung von LKW-Maut-Daten für das Güterverkehrsmanagement.
Technische Universität Darmstadt
Diplom- oder Magisterarbeit, Bibliographie
Kurzbeschreibung (Abstract)
Die Verkehrsbelastung auf deutschen Fernverkehrsstraßen nimmt stetig zu. Mit ihr steigen die jährlichen Staukilometer durch Störungen aus Überbelastung und Unfällen, und die Beanspruchung der Infrastruktur. Vor allem der zunehmende Schwerlastverkehr sorgt für immer größere Ermüdungserscheinungen der baulichen Substanz. Um diese Kosten verursachergerecht anzulasten, wurde im Jahre 2005 eine fahrleistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe in Deutschland eingeführt. Die Wahl fiel damals auf ein kostenintensives, satellitengestütztes System mit hohem technologischem Aufwand. Diese wurde bereits 2005 mit dem einhergehenden Mehrwert durch Telematik-Leistungen begründet, der ein solches System ermöglicht. Doch bis heute wurden diese nicht umgesetzt, rechtliche Fragestellungen bleiben offen und die erwarteten Exporte in andere Länder bleiben ebenfalls aus. Die tatsächliche Rechtslage, die technischen Möglichkeiten und Anwendungsgebiete für Güterverkehrsmanagement werden in dieser Arbeit thematisiert. Die rechtlichen Grundlagen zur Nutzung der Mautdaten zu weiterführenden Zwecken als der Mauterhebung selbst, sind dabei eindeutig. Eine zweckfremde Nutzung wird durch das Bundesfernstraßenmautgesetz (BfStrMG), als Gesetzesgrundlage der Mauterhebung, kategorisch ausgeschlossen. Doch juristische Bewertungen der Thematik haben gezeigt, dass diese Regelung mit Hilfe des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) teilweise gelockert werden kann. So ist die Zulässigkeit zur Datenerhebung, Weiterverarbeitung und Nutzung an eine Einwilligung der Betroffenen gebunden. Dies ist in der Tatsache begründet, dass erhobene Fahrstrecken direkt oder indirekt natürlichen Personen, nämlich den Fahrern der Fahrzeuge, zugeordnet werden können, was einen Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte darstellt. Durch ihre Einwilligung können sie diese jedoch freigeben, da sie rechtlicher Besitzer der Daten sind. Doch die Realität hat gezeigt, dass selbst dies in Projekten nur schwer bis gar nicht umsetzbar ist, so dass eine eindeutige rechtliche Grundlage geschaffen werden muss, um diese Nutzungsmöglichkeiten uneingeschränkt zu ermöglichen. Dabei ist jedoch oftmals eine 2/3 anonymisierte Verwendung der Daten zunächst ausreichend, die Rückschlüsse auf die Fahrer ausschließen. Doch ohne die nötigen Gesetzesänderungen sind solche Anwendungen bislang untersagt. Dabei ist der technische Aspekt deutlich positiver zu sehen. Das Mautsystem umfasst diverse technische Komponenten, die anderweitig genutzt werden könnten. Als Recheneinheit und zentrale Komponente verarbeitet eine On-Board-Unit (OBU) die generierten Daten im Fahrzeug und kann diese an einen Zentralrechner versenden. Die Daten sind dabei, über das integrierte GPS-Modul ermittelte Positions- und Bewegungsdaten, die über digitales Kartenmaterial eindeutig den genutzten Straßen zugeordnet werden können. Zudem ist das System mit einem Mobilfunk-Modul ausgestattet, welches als Kommunikationskanal zur Übermittlung der Daten genutzt wird. Über Schnittstellen der OBU ist ein Anschluss weiterer Komponenten des Fahrzeugs möglich, deren Daten ebenfalls verarbeitet und versendet werden können. Neben der zusätzlichen Nutzungsmöglichkeit der technischen Komponenten ist vor allem die Nutzung der dynamischen Verkehrsinformationen von großer Relevanz, um aus lokalen Datenquellen (Detektoren u.a.) generierte Informationen über das Verkehrsnetz und dessen Belastung zu ergänzen. Aus technischer Sicht sind somit verschiedene Anwendungsmöglichkeiten gegeben, die im Folgenden beispielhaft zusammengefasst werden. Diese Anwendungsmöglichkeiten sind dabei vielfältig. Das Augenmerk soll dabei zunächst auf dem Gebiet des Verkehrsmanagements liegen. So sind flächendeckende Optimierungen der Routenplanung mittels der dynamischen Verkehrsinformationen zu erreichen. Diese dynamische Routenplanung kann besser auf Störungen im Verkehrsnetz reagieren und so Zeit- und Kostenersparnisse bewirken. Aber auch „neue“ Instrumente können mittels Nutzung der Mautdaten installiert werden. So ist es möglich, Lkw-Bevorrechtigungen an bestimmten Stellen im Netz vorzusehen, um deren Zeitverluste zu Verringern. So sind bspw. Grüne Wellen an LSA einzurichten, um ein hohes Lkw-Aufkommen auf einem Straßenzug zügig und, durch weniger Anfahrvorgänge, emissionsarm zu beeinflussen. Doch auch strikte lokale und zeitliche Fahr- und Überholverbote behindern einen optimierten Güterverkehrsablauf. So ist mittels dynamischer Restriktionen eine Lockerung solcher Maßnahmen bis zu einem, auf das Anwendungsgebiet bezogenes, erträgliches Maß denkbar, welches durch das weitere Verkehrsaufkommen oder Lärm- und Emissionsmessungen bestimmt ist. Ein Sicherheitsproblem des Güterverkehrs ist ebenfalls unter Nutzung von Mautdaten lösbar. Mit dem erhöhten Güterverkehrsaufkommen und restriktiven Lenkzeiten hat die Nachfrage an Stellflächen auf Autobahnparkplätzen das vorhandene Angebot erreicht. Die Folge sind neben Ausweichen auf Wohn- und Gewerbegebiete in Autobahnnähe vor allem verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge in Ein- und Ausfahrten der Parkplätze, bis hin zur Nutzung der Standstreifen. Diesem Sicherheitsrisiko kann über eine Parkraumplanung begegnet werden, in dem Lkw-Fahrer über freie Stellflächen auf ihrer Route informiert werden, um eine frühzeitige Planung zu gewährleisten. Im Idealfall kann ein solches System zu einem Parkraummanagement mit reservierbaren Stellflächen erweitert werden. Letztlich wird sich jedoch vor allem die Einführung belastungsabhängiger Tarife als nützliches Mittel erweisen, Fahrten aus belastungsstarken Zeiten und auf stark ausgelasteten Strecken durch günstigere Mauttarife, auf andere Strecken oder in verkehrsarme Zeiten zu verlagern. Die Verkehrsinformationen aus den Mautdaten sind dabei die Kenngröße der Belastung und wirken als Bemessungsgröße der Preisstaffelungen. Zusätzlich zu diesen, die Verkehrs-Angebot beeinflussenden Maßnahmen, sind solche Instrumente installierbar, die über das Transportmanagement die Nachfrage beeinflussen. Mehrwertdienste für Disposition und Assistenzsysteme zum Flottenmanagement sind dabei maßgebende Anwendungsbeispiele. Zum Abschluss wird kurz die Vision eines intermodalen, übergreifenden interdisziplinären Güterverkehrsmanagement vorgestellt. Neben der Möglichkeit der Einbindung anderer Verkehrsträger in die Tourenplanung, wird vor allem deren Management auf das Straßensystem übertragen. So sind Trassenvergaben im Schienenverkehr und Slot-Vergaben im Flugverkehr bereits erprobte und akzeptierte Maßnahmen, eine optimale Auslastung begrenzter Kapazitäten zu erreichen. Ob ein solches „Zeitfenster-Management“ auch im Straßenverkehr, über vorab gebuchte Streckennutzungen, umsetzbar ist, wird sich dabei jedoch erst im Falle einer Umsetzung dieser Vision in der Zukunft zeigen. Abschließend lässt sich über die Anwendung von Mautdaten im Güterverkehrsmanagement zusammenfassen, dass die Änderung der gesetzlichen Grundlage den elementaren Baustein zu einer Umsetzung darstellt. Denn diese wird sich als Trigger-Ereignis erweisen, die Anbieter von Telematik-Lösungen im Verkehrs- und Logistikbereich zur Entwicklung weiterer Anwendungen anregen. Erst diese Öffnung des Marktes wird das tatsächliche Potenzial und die Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten aufzeigen.
Typ des Eintrags: | Diplom- oder Magisterarbeit | ||||
---|---|---|---|---|---|
Erschienen: | 2013 | ||||
Autor(en): | Treiber, Patrick | ||||
Art des Eintrags: | Bibliographie | ||||
Titel: | Nutzung von LKW-Maut-Daten für das Güterverkehrsmanagement | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Berater: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Rühl, Dipl.-Ing. Frederik | ||||
Publikationsjahr: | April 2013 | ||||
URL / URN: | https://www.verkehr.tu-darmstadt.de/media/verkehr/fgvv/beruf... | ||||
Zugehörige Links: | |||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Die Verkehrsbelastung auf deutschen Fernverkehrsstraßen nimmt stetig zu. Mit ihr steigen die jährlichen Staukilometer durch Störungen aus Überbelastung und Unfällen, und die Beanspruchung der Infrastruktur. Vor allem der zunehmende Schwerlastverkehr sorgt für immer größere Ermüdungserscheinungen der baulichen Substanz. Um diese Kosten verursachergerecht anzulasten, wurde im Jahre 2005 eine fahrleistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe in Deutschland eingeführt. Die Wahl fiel damals auf ein kostenintensives, satellitengestütztes System mit hohem technologischem Aufwand. Diese wurde bereits 2005 mit dem einhergehenden Mehrwert durch Telematik-Leistungen begründet, der ein solches System ermöglicht. Doch bis heute wurden diese nicht umgesetzt, rechtliche Fragestellungen bleiben offen und die erwarteten Exporte in andere Länder bleiben ebenfalls aus. Die tatsächliche Rechtslage, die technischen Möglichkeiten und Anwendungsgebiete für Güterverkehrsmanagement werden in dieser Arbeit thematisiert. Die rechtlichen Grundlagen zur Nutzung der Mautdaten zu weiterführenden Zwecken als der Mauterhebung selbst, sind dabei eindeutig. Eine zweckfremde Nutzung wird durch das Bundesfernstraßenmautgesetz (BfStrMG), als Gesetzesgrundlage der Mauterhebung, kategorisch ausgeschlossen. Doch juristische Bewertungen der Thematik haben gezeigt, dass diese Regelung mit Hilfe des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) teilweise gelockert werden kann. So ist die Zulässigkeit zur Datenerhebung, Weiterverarbeitung und Nutzung an eine Einwilligung der Betroffenen gebunden. Dies ist in der Tatsache begründet, dass erhobene Fahrstrecken direkt oder indirekt natürlichen Personen, nämlich den Fahrern der Fahrzeuge, zugeordnet werden können, was einen Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte darstellt. Durch ihre Einwilligung können sie diese jedoch freigeben, da sie rechtlicher Besitzer der Daten sind. Doch die Realität hat gezeigt, dass selbst dies in Projekten nur schwer bis gar nicht umsetzbar ist, so dass eine eindeutige rechtliche Grundlage geschaffen werden muss, um diese Nutzungsmöglichkeiten uneingeschränkt zu ermöglichen. Dabei ist jedoch oftmals eine 2/3 anonymisierte Verwendung der Daten zunächst ausreichend, die Rückschlüsse auf die Fahrer ausschließen. Doch ohne die nötigen Gesetzesänderungen sind solche Anwendungen bislang untersagt. Dabei ist der technische Aspekt deutlich positiver zu sehen. Das Mautsystem umfasst diverse technische Komponenten, die anderweitig genutzt werden könnten. Als Recheneinheit und zentrale Komponente verarbeitet eine On-Board-Unit (OBU) die generierten Daten im Fahrzeug und kann diese an einen Zentralrechner versenden. Die Daten sind dabei, über das integrierte GPS-Modul ermittelte Positions- und Bewegungsdaten, die über digitales Kartenmaterial eindeutig den genutzten Straßen zugeordnet werden können. Zudem ist das System mit einem Mobilfunk-Modul ausgestattet, welches als Kommunikationskanal zur Übermittlung der Daten genutzt wird. Über Schnittstellen der OBU ist ein Anschluss weiterer Komponenten des Fahrzeugs möglich, deren Daten ebenfalls verarbeitet und versendet werden können. Neben der zusätzlichen Nutzungsmöglichkeit der technischen Komponenten ist vor allem die Nutzung der dynamischen Verkehrsinformationen von großer Relevanz, um aus lokalen Datenquellen (Detektoren u.a.) generierte Informationen über das Verkehrsnetz und dessen Belastung zu ergänzen. Aus technischer Sicht sind somit verschiedene Anwendungsmöglichkeiten gegeben, die im Folgenden beispielhaft zusammengefasst werden. Diese Anwendungsmöglichkeiten sind dabei vielfältig. Das Augenmerk soll dabei zunächst auf dem Gebiet des Verkehrsmanagements liegen. So sind flächendeckende Optimierungen der Routenplanung mittels der dynamischen Verkehrsinformationen zu erreichen. Diese dynamische Routenplanung kann besser auf Störungen im Verkehrsnetz reagieren und so Zeit- und Kostenersparnisse bewirken. Aber auch „neue“ Instrumente können mittels Nutzung der Mautdaten installiert werden. So ist es möglich, Lkw-Bevorrechtigungen an bestimmten Stellen im Netz vorzusehen, um deren Zeitverluste zu Verringern. So sind bspw. Grüne Wellen an LSA einzurichten, um ein hohes Lkw-Aufkommen auf einem Straßenzug zügig und, durch weniger Anfahrvorgänge, emissionsarm zu beeinflussen. Doch auch strikte lokale und zeitliche Fahr- und Überholverbote behindern einen optimierten Güterverkehrsablauf. So ist mittels dynamischer Restriktionen eine Lockerung solcher Maßnahmen bis zu einem, auf das Anwendungsgebiet bezogenes, erträgliches Maß denkbar, welches durch das weitere Verkehrsaufkommen oder Lärm- und Emissionsmessungen bestimmt ist. Ein Sicherheitsproblem des Güterverkehrs ist ebenfalls unter Nutzung von Mautdaten lösbar. Mit dem erhöhten Güterverkehrsaufkommen und restriktiven Lenkzeiten hat die Nachfrage an Stellflächen auf Autobahnparkplätzen das vorhandene Angebot erreicht. Die Folge sind neben Ausweichen auf Wohn- und Gewerbegebiete in Autobahnnähe vor allem verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge in Ein- und Ausfahrten der Parkplätze, bis hin zur Nutzung der Standstreifen. Diesem Sicherheitsrisiko kann über eine Parkraumplanung begegnet werden, in dem Lkw-Fahrer über freie Stellflächen auf ihrer Route informiert werden, um eine frühzeitige Planung zu gewährleisten. Im Idealfall kann ein solches System zu einem Parkraummanagement mit reservierbaren Stellflächen erweitert werden. Letztlich wird sich jedoch vor allem die Einführung belastungsabhängiger Tarife als nützliches Mittel erweisen, Fahrten aus belastungsstarken Zeiten und auf stark ausgelasteten Strecken durch günstigere Mauttarife, auf andere Strecken oder in verkehrsarme Zeiten zu verlagern. Die Verkehrsinformationen aus den Mautdaten sind dabei die Kenngröße der Belastung und wirken als Bemessungsgröße der Preisstaffelungen. Zusätzlich zu diesen, die Verkehrs-Angebot beeinflussenden Maßnahmen, sind solche Instrumente installierbar, die über das Transportmanagement die Nachfrage beeinflussen. Mehrwertdienste für Disposition und Assistenzsysteme zum Flottenmanagement sind dabei maßgebende Anwendungsbeispiele. Zum Abschluss wird kurz die Vision eines intermodalen, übergreifenden interdisziplinären Güterverkehrsmanagement vorgestellt. Neben der Möglichkeit der Einbindung anderer Verkehrsträger in die Tourenplanung, wird vor allem deren Management auf das Straßensystem übertragen. So sind Trassenvergaben im Schienenverkehr und Slot-Vergaben im Flugverkehr bereits erprobte und akzeptierte Maßnahmen, eine optimale Auslastung begrenzter Kapazitäten zu erreichen. Ob ein solches „Zeitfenster-Management“ auch im Straßenverkehr, über vorab gebuchte Streckennutzungen, umsetzbar ist, wird sich dabei jedoch erst im Falle einer Umsetzung dieser Vision in der Zukunft zeigen. Abschließend lässt sich über die Anwendung von Mautdaten im Güterverkehrsmanagement zusammenfassen, dass die Änderung der gesetzlichen Grundlage den elementaren Baustein zu einer Umsetzung darstellt. Denn diese wird sich als Trigger-Ereignis erweisen, die Anbieter von Telematik-Lösungen im Verkehrs- und Logistikbereich zur Entwicklung weiterer Anwendungen anregen. Erst diese Öffnung des Marktes wird das tatsächliche Potenzial und die Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten aufzeigen. |
||||
Alternatives oder übersetztes Abstract: |
|
||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik |
||||
Hinterlegungsdatum: | 26 Apr 2016 06:13 | ||||
Letzte Änderung: | 22 Jun 2018 09:21 | ||||
PPN: | |||||
Export: | |||||
Suche nach Titel in: | TUfind oder in Google |
Frage zum Eintrag |
Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen |