Die Simulation im Bereich des Verkehrswesens dient der Abbildung realer Systeme in einem
Modell. Das an der University of California at Berkeley entwickelte makroskopischdeterministische
Programm FREQ12, ermöglicht die Simulation des Verkehrsablaufs auf
Autobahnen.
FREQ12 bietet eine Vielzahl unterschiedlicher Analysemöglichkeiten, welche
Verbesserungen in der Geometrie der Autobahn (freeway design), die Einrichtung von
Fahrstreifen für Fahrzeuge mit hohem Besetzungsgrad (HOV lanes), die Untersuchung von
Rampenzuflussdosierung (ramp metering) und die Simulation von zeitlich befristeten
Kapazitätseinschränkungen (Bauarbeiten/Unfälle) umfassen. Zudem kann die
Wechselwirkung mit parallelen Straßen (spatial response) oder die Wahl anderer
Verkehrsmittel (modal response) simuliert werden. Bei einer Rechenzeit weniger Sekunden
auf herkömmlichen Personal Computern, können mit FREQ12 maximal 158 Subsektionen
eines bis zu 100 Meilen (etwa 161 Kilometer) langen Autobahnabschnitts simuliert, analysiert
und optimiert werden.
Im Rahmen der Vertieferarbeit fand das FREQ12 Modell bei der detaillierten Analyse eines
Abschnitts der Interstate 680 (I-680) in der San Francisco Bay Area Anwendung. In südlicher
Richtung dient dieser Freeway-Abschnitt in den Morgenstunden insbesondere der Anbindung
von berufsinduziertem Pendlerverkehr an das "Silicon Valley" und zählt daher zu den am
stärksten von Stau betroffenen Autobahnabschnitten Kaliforniens.
Die Analyse der I-680 umfasst eine grundsätzliche Beschreibung der Lage des Freeway-
Korridors im Verkehrsnetz der Bay Area. Anschließend werden die Geometrie und die derzeit
existierende Verkehrssituation der I-680 erläutert. Zur Qualitäts- und Plausibilitätsprüfung der
von Caltrans (California Department of Transportation) zur Verfügung gestellten
Verkehrsdaten, werden insbesondere Input-Output-Vergleiche durchgeführt. Die auf diese
Weise analysierten Daten werden daraufhin in das FREQ12 Modell eingegeben.
Da keinesfalls ein unkalibriertes Modell zur Simulation von realen Problemen genutzt werden
sollte, werden die wichtigsten Kalibrierungsparameter für FREQ12 vorgestellt, um
anschließend zwei wichtige Kalibrierungsstufen zu beschreiben. Die Kalibrierung dient der
Annäherung der vom Modell vorhergesagten an die tatsächlich beobachteten Werte. In
diesem Zusammenhang lassen sich Größen wie Geschwindigkeit [miles per hour],
Verkehrstärke [vehicles per hours] oder Reisezeit [minutes] mit einander vergleichen, um
etwaige Abweichung zwischen Modell und Realität zu minimieren. Wertepaare können durch
einfache Differenzbildung oder auch durch die Anwendung statistischer Verfahren wie zum
Beispiel den Chiquadrat-Test analysiert werden. Ist das gewünschte Maß an Kongruenz
zwischen Modell und Realität erreicht, lassen sich verschiedene Optimierungsstrategien
simulieren.
Für den Freeway I-680 lassen sich durch unterschiedliche Strategien der Rampenzuflussdosierung
Gesamtreisezeitverkürzungen von bis zu 11,0 % realisieren, wobei einige der
untersuchten Szenarien inakzeptabel lange Stauungen auf den Rampen verursachen würden.
Die im Zusammenhang mit HOV lanes entwickelten Szenarien bieten
Gesamtreisezeitverkürzung von bis zu 41,4 %. Um eine derart hohe
Gesamtreisezeitverkürzung zu erreichen, ist allerdings eine 74.800 feet (22,44 km) lange
HOV lane nötig, die Fahrzeugen bereits ab einem Besetzungsgrad von zwei Personen die
Benutzung gestattet. Die höchste Reduktion der Gesamtreisezeit lässt sich mit einem
zusätzlichen Fahrstreifen erzielen. Wird ein 67.640 feet (20,29 km) langer Zusatzfahrstreifen
implementiert, kann die Gesamtreisezeit um 41,7 % reduziert werden. Die jeweilige
Investionsentscheidung sollte in Abhängigkeit des zur Verfügung stehenden Budgets gefällt
werden. Zur Erleichterung dieser Entscheidung werden für die HOV- und Zusatzfahrstreifen
noch Längen-Effektivitätsmaße bestimmt, um Szenarien zu identifizieren, die bei minimalem
Mitteleinsatz eine maximale Wirkung erzielen.
Um die Übertragbarkeit von FREQ12 auf deutsche Verhältnisse einschätzen zu können,
wurden anschließend einige grundlegende Analyseschritte für einen Autobahnabschnitt im
Norden Münchens durchgeführt. Untersucht wurde die Bundesautobahn 9 (A9) in nördlicher
Richtung an einem Freitagnachmittag.
Analog zur Analyse der I-680 wird zunächst die Lage des Abschnitts der A9 im Verkehrsnetz
beschrieben, um anschließend auf die Geometrie und die derzeitigen Verkehrsverhältnisse
einzugehen. In einem weiteren Schritt werden die zur Verfügung stehenden Daten geprüft und
in FREQ12 eingegeben.
Die Beschreibung des Kalibrierungsprozesses der A9 wird auf die Darstellung der
Differenzen und des Chiquadrat-Tests reduziert.
Bei der Analyse verschiedener Optimierungsstrategien für die A9 lässt sich feststellen, dass
Szenarien mit Rampenzuflussdosierung die Gesamtreisezeit um bis zu 60,1 % erhöhen und
folglich zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse auf der A9 ungeeignet sind. Mit HOV
lanes hingegen lässt sich eine Reduktion der Gesamtreisezeit um bis zu 22,7 % erreichen,
wenn ein 85.134 feet (25,54 km) langer Fahrstreifen implementiert wird. Mit einer
Verringerung der Gesamtfahrzeit um 22,9 % bei einer Länge von 35.446 feet (10,63 km)
eignet sich ein Zusatzfahrstreifen am besten, um den untersuchten Autobahnabschnitt der A9
zu optimieren. Bereits ein 4.856 feet (1,46 km) langer Zusatzfahrstreifen würde die
Gesamtreisezeit um 14,9 % reduzieren.
FREQ12 lässt sich leicht auf deutsche Verhältnisse übertragen. Als störend erweist sich
lediglich das amerikanische Längensystem mit Meile und Fuß, wodurch zusätzliche
Umrechnungsschritte zwischen dem amerikanischen und dem metrischen System erforderlich
werden. FREQ12 ist ein hilfreiches Instrument, um das Verkehrsgeschehen auf deutschen
Autobahnen zu simulieren und zu analysieren.
Die wichtigsten Stärken des FREQ12 Modells liegen in der kurzen Kalkulationsdauer, den
geringen Systemanforderungen und der einfachen Erlernbarkeit. Als wesentliche Schwächen
des Modells erweisen sich die fehlende Übertragbarkeit von FREQ12-Daten in
Tabellenkalkulationsprogramme wie MS Excel und die Unmöglichkeit Collector/Distributor-
Roads zu simulieren.
Insgesamt überzeugt FREQ12 durch seine Rechengeschwindigkeit und seine einfache
Handhabung. Es ermöglicht ein gutes Verständnis der Verkehrszusammenhänge im
Untersuchungsgebiet und unterstützt die Simulation und Optimierung durch zahlreiche
Ausgabeoptionen. | Deutsch |