Herbst, Martin (2007)
Der Einfluss von Zwischenzeiten auf die Kapazität von lichtsignalgeregelten Knotenpunkten.
Technische Universität Darmstadt
Studienarbeit, Bibliographie
Kurzbeschreibung (Abstract)
Die bearbeitete Vertieferarbeit mit dem Thema "Der Einfluss von Zwischenzeiten auf die Kapazität von lichtsignalgeregelten Knotenpunkten" befasst sich mit einer Gegenüberstellung von verschiedenen Berechnungsverfahren der Zwischenzeiten in Deutschland, Japan, Amerika und der Türkei. Empirische Untersuchungen in Deutschland und Japan sollten dabei die Aussagen aus einer Literaturrecherche untersuchen und aufzeigen, inwiefern die Zwischenzeiten die Leistungsfähigkeit eines lichtsignalgeregelten Knotenpunktes beeinflussen. Widersprüche in Theorie und Praxis machten eine nähere Untersuchung des Themas nötig. So wird im Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) beschrieben, dass bei geringen Freigabezeiten der Zeitbedarfswert aufgrund zunehmender Ausnutzung der Übergangszeit kleiner werde. Da die Kapazität im HBS jedoch nur mit der Freigabezeit, demnach ohne einen Teil der Übergangszeit berechnet wird, herrscht hier näherer Forschungsbedarf. Des Weiteren geht die deutsche Berechnungsweise davon aus, dass der innere Knotenpunkt ständig befahren wird. D.h., es herrscht die theoretische Vorstellung, dass direkt hinter dem räumenden Fahrzeug das einfahrende Fahrzeug einfährt und somit den Verkehrsstrom aufgreift. Nach dieser Vorstellung gäbe es einen nicht abreißenden Verkehrsfluss, wodurch keine Verlustzeiten auftreten sollten. Es sollte eine Antwort auf die Frage gefunden werden, ob Zwischenzeiten überhaupt Verlustzeiten darstellen und wenn ja, inwieweit sich diese auf die Leistungsfähigkeit eines Knotenpunktes auswirken. Es wurde herausgefunden, dass die Zwischenzeiten in Japan aus einer festgelegten Tabelle abgelesen werden. Diese Zeiten können mit den Eingangsparametern der Distanz der jeweils entgegengesetzten Haltlinien eines Knotenpunkts und der gefahrenen Geschwindigkeit entnommen werden. Da somit der Abstand der Haltlinien zueinander und nicht die Distanz von Haltlinie zum Konfliktpunkt maßgebend ist, kommt es zu weit größeren Räumzeiten als z.B. in Deutschland. Die Überfahrzeit entspricht in Japan immer der Übergangszeit, da nicht zwischen Schnell- und Langsamräumern unterschieden wird. Die Annahme der Dilemmazonen-Theorie entspricht jedoch auch der deutschen Vorstellung. Interessant ist, dass die japanischen Richtlinien ausdrücklich von Verlustzeiten (lost time) sprechen. Mit entsprechenden Formeln lassen sich die Verlustzeiten berechnen, welche für den Fahrzeugverkehr nicht nutzbar sind. Diese Anfahrverluste (startup lost time) und eine nicht genutzte Übergangszeit (clearance lost time) werden von der Umlaufzeit subtrahiert und bilden somit die effektive Freigabezeit. Diese wird dann zur Berechnung der Kapazität herangezogen. In Amerika werden vornehmlich Pauschalwerte für die Zwischenzeiten verwendet. Üblicherweise werden sie mit 4 Sekunden angesetzt. Bei großen Knotenpunkten können auch 5 Sekunden gewählt werden. Die japanische Berechnungsmethode der effektiven Freigabezeit und der Kapazität sind dabei im Grunde genommen identisch zum amerikanischen Regelwerk "Highway Capacity Manual" (HCM), welches bereits eine lange Tradition hat und die wohl weltweit größte Anerkennung auf diesem Gebiet genießt. Da in der Türkei dem Verkehrswesen noch wenig Aufmerksamkeit zukommt, werden dort die Zwischenzeiten durch Erfahrungswerte bestimmt. Eine Rechnung findet wie in Amerika nicht statt. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass diese pauschalisierten und auf Erfahrungen basierten Schutzzeiten nur in begrenzter Weise auf die Belange einzelner Knotenpunkte eingehen können. Zunehmende Verkehrsstärken und hohe Sicherheitsanforderungen machen solche Werte ggf. zu einem Sicherheitsrisiko. Auch eine verkehrsabhängige Steuerung mit pauschalisierten Werten wird in diesem Zusammenhang als kritisch angesehen, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass bei unterschiedlichen Phasenwechseln immer die gleiche Zwischenzeit notwendig ist. Daher werden Untersuchungen von Knotenpunkten und von Zwischenzeiten in den USA als weiterer interessanter Forschungspunkt gesehen. Leider war es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich gewesen vor Ort solche Analysen durchzuführen. Die in Deutschland angewendeten Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) stellen aufgrund des fahrdynamischen Ansatzes und der Berechnung jeder einzelnen möglichen Zwischenzeit der vorhandenen Konfliktpunkte einen enormen Arbeitsaufwand dar. Aufgrund dessen wurde bereits in der Vergangenheit versucht einfachere Methoden zur Berechnung von Zwischenzeiten zu entwickeln. In diesem Zusammenhang werden das AKF-Verfahren (Addition kritischer Fahrzeugstrombelastungen) und ein Verfahren nach Jakob vorgestellt. Die empirischen Untersuchungen in Deutschland und Japan machten deutlich, dass Anfahrverluste in beiden Ländern vorhanden sind. Doch aufgrund einer einsekündigen Rot/Gelb-Schaltung in Deutschland, welches dem Fahrzeugführer den bevorstehenden Beginn der Freigabezeit andeuten soll, konnte eine kürzere Reaktionszeit festgestellt werden. Evtl. spielt dabei auch die recht hohe Umlaufzeit in Japan eine Rolle. Aufgrund großer Wartezeiten sind die Verkehrsteilnehmer vielleicht unaufmerksamer. Diese großen Umlaufzeiten werden auch als Hauptgrund dafür gesehen, dass die Übergangszeit und teilweise auch noch Teile der Sperrzeit zum einfahren in den Knotenpunkt genutzt werden. Da in Japan die Polizei für die Schaltung der Signalzeiten verantwortlich ist, werden von ihr bei einem sicherheitskritischen Knotenpunkt oft als erste Maßnahme die Zwischenzeiten und somit auch die Umlaufzeiten erhöht. Dies wiederum führt zu noch längeren Wartezeiten, weshalb die Fahrzeugführer immer weniger bereit sind zu warten und immer mehr versuchen die Gelb- und Rotzeit auszunutzen. Ein Teufelskreis entsteht. Zum anderen werden weit abgerückte Haltlinien in Japans Ballungszentren bemängelt. Dadurch werden die Räum- und Einfahrwege noch größer. Die Einfahrzeit wird in Japan allerdings nicht berücksichtigt. Weitere angesprochene Verlustfälle sind neben Rundungsverlusten und manuellen Zeitzugaben zu berechneten Zwischenzeiten, Zeitlücken im Verkehrsstrom als teilweise auch ein wandernder Konfliktpunkt. Abschließend kann also gesagt werden, dass Zwischenzeiten in der Tat einen Zeitverlust und somit einen Verlust an Leistungsfähigkeit bewirken. Doch sind dies auch gewollte Sicherheitszeiten, die dem Schutz der Verkehrsteilnehmer dienen. Darüber hinaus wird die Signalschaltungen "Grün-Blinken" und der Einfluss von Fußgängerströmen auf die Zwischenzeiten behandelt. Für Deutschland wird die Berechnung und Verwendung einer effektiven Freigabezeit in verkehrstechnischen Aufgaben vom Bearbeiter sehr befürwortet. Es mag gut sein, dass sich dadurch wenig an den Ergebnissen von Kapazität, Wartezeiten und allen weiteren mit dieser Zeit berechneten Werten ändert. Jedoch stellt sie die realistischen Abläufe weit besser und transparenter dar als die reine Freigabezeit. Dennoch werden auch in Zukunft weitere Forschungstätigkeiten nötig sein um insbesondere das Fahrerverhalten besser analysieren zu können.
Typ des Eintrags: | Studienarbeit | ||||
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Erschienen: | 2007 | ||||
Autor(en): | Herbst, Martin | ||||
Art des Eintrags: | Bibliographie | ||||
Titel: | Der Einfluss von Zwischenzeiten auf die Kapazität von lichtsignalgeregelten Knotenpunkten | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Kuwahara, Prof. Dr. Masao ; Jentsch, Dipl.-Ing. Heiko | ||||
Publikationsjahr: | 2007 | ||||
URL / URN: | https://www.verkehr.tu-darmstadt.de/media/verkehr/fgvv/stud/... | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Die bearbeitete Vertieferarbeit mit dem Thema "Der Einfluss von Zwischenzeiten auf die Kapazität von lichtsignalgeregelten Knotenpunkten" befasst sich mit einer Gegenüberstellung von verschiedenen Berechnungsverfahren der Zwischenzeiten in Deutschland, Japan, Amerika und der Türkei. Empirische Untersuchungen in Deutschland und Japan sollten dabei die Aussagen aus einer Literaturrecherche untersuchen und aufzeigen, inwiefern die Zwischenzeiten die Leistungsfähigkeit eines lichtsignalgeregelten Knotenpunktes beeinflussen. Widersprüche in Theorie und Praxis machten eine nähere Untersuchung des Themas nötig. So wird im Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS) beschrieben, dass bei geringen Freigabezeiten der Zeitbedarfswert aufgrund zunehmender Ausnutzung der Übergangszeit kleiner werde. Da die Kapazität im HBS jedoch nur mit der Freigabezeit, demnach ohne einen Teil der Übergangszeit berechnet wird, herrscht hier näherer Forschungsbedarf. Des Weiteren geht die deutsche Berechnungsweise davon aus, dass der innere Knotenpunkt ständig befahren wird. D.h., es herrscht die theoretische Vorstellung, dass direkt hinter dem räumenden Fahrzeug das einfahrende Fahrzeug einfährt und somit den Verkehrsstrom aufgreift. Nach dieser Vorstellung gäbe es einen nicht abreißenden Verkehrsfluss, wodurch keine Verlustzeiten auftreten sollten. Es sollte eine Antwort auf die Frage gefunden werden, ob Zwischenzeiten überhaupt Verlustzeiten darstellen und wenn ja, inwieweit sich diese auf die Leistungsfähigkeit eines Knotenpunktes auswirken. Es wurde herausgefunden, dass die Zwischenzeiten in Japan aus einer festgelegten Tabelle abgelesen werden. Diese Zeiten können mit den Eingangsparametern der Distanz der jeweils entgegengesetzten Haltlinien eines Knotenpunkts und der gefahrenen Geschwindigkeit entnommen werden. Da somit der Abstand der Haltlinien zueinander und nicht die Distanz von Haltlinie zum Konfliktpunkt maßgebend ist, kommt es zu weit größeren Räumzeiten als z.B. in Deutschland. Die Überfahrzeit entspricht in Japan immer der Übergangszeit, da nicht zwischen Schnell- und Langsamräumern unterschieden wird. Die Annahme der Dilemmazonen-Theorie entspricht jedoch auch der deutschen Vorstellung. Interessant ist, dass die japanischen Richtlinien ausdrücklich von Verlustzeiten (lost time) sprechen. Mit entsprechenden Formeln lassen sich die Verlustzeiten berechnen, welche für den Fahrzeugverkehr nicht nutzbar sind. Diese Anfahrverluste (startup lost time) und eine nicht genutzte Übergangszeit (clearance lost time) werden von der Umlaufzeit subtrahiert und bilden somit die effektive Freigabezeit. Diese wird dann zur Berechnung der Kapazität herangezogen. In Amerika werden vornehmlich Pauschalwerte für die Zwischenzeiten verwendet. Üblicherweise werden sie mit 4 Sekunden angesetzt. Bei großen Knotenpunkten können auch 5 Sekunden gewählt werden. Die japanische Berechnungsmethode der effektiven Freigabezeit und der Kapazität sind dabei im Grunde genommen identisch zum amerikanischen Regelwerk "Highway Capacity Manual" (HCM), welches bereits eine lange Tradition hat und die wohl weltweit größte Anerkennung auf diesem Gebiet genießt. Da in der Türkei dem Verkehrswesen noch wenig Aufmerksamkeit zukommt, werden dort die Zwischenzeiten durch Erfahrungswerte bestimmt. Eine Rechnung findet wie in Amerika nicht statt. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass diese pauschalisierten und auf Erfahrungen basierten Schutzzeiten nur in begrenzter Weise auf die Belange einzelner Knotenpunkte eingehen können. Zunehmende Verkehrsstärken und hohe Sicherheitsanforderungen machen solche Werte ggf. zu einem Sicherheitsrisiko. Auch eine verkehrsabhängige Steuerung mit pauschalisierten Werten wird in diesem Zusammenhang als kritisch angesehen, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass bei unterschiedlichen Phasenwechseln immer die gleiche Zwischenzeit notwendig ist. Daher werden Untersuchungen von Knotenpunkten und von Zwischenzeiten in den USA als weiterer interessanter Forschungspunkt gesehen. Leider war es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich gewesen vor Ort solche Analysen durchzuführen. Die in Deutschland angewendeten Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) stellen aufgrund des fahrdynamischen Ansatzes und der Berechnung jeder einzelnen möglichen Zwischenzeit der vorhandenen Konfliktpunkte einen enormen Arbeitsaufwand dar. Aufgrund dessen wurde bereits in der Vergangenheit versucht einfachere Methoden zur Berechnung von Zwischenzeiten zu entwickeln. In diesem Zusammenhang werden das AKF-Verfahren (Addition kritischer Fahrzeugstrombelastungen) und ein Verfahren nach Jakob vorgestellt. Die empirischen Untersuchungen in Deutschland und Japan machten deutlich, dass Anfahrverluste in beiden Ländern vorhanden sind. Doch aufgrund einer einsekündigen Rot/Gelb-Schaltung in Deutschland, welches dem Fahrzeugführer den bevorstehenden Beginn der Freigabezeit andeuten soll, konnte eine kürzere Reaktionszeit festgestellt werden. Evtl. spielt dabei auch die recht hohe Umlaufzeit in Japan eine Rolle. Aufgrund großer Wartezeiten sind die Verkehrsteilnehmer vielleicht unaufmerksamer. Diese großen Umlaufzeiten werden auch als Hauptgrund dafür gesehen, dass die Übergangszeit und teilweise auch noch Teile der Sperrzeit zum einfahren in den Knotenpunkt genutzt werden. Da in Japan die Polizei für die Schaltung der Signalzeiten verantwortlich ist, werden von ihr bei einem sicherheitskritischen Knotenpunkt oft als erste Maßnahme die Zwischenzeiten und somit auch die Umlaufzeiten erhöht. Dies wiederum führt zu noch längeren Wartezeiten, weshalb die Fahrzeugführer immer weniger bereit sind zu warten und immer mehr versuchen die Gelb- und Rotzeit auszunutzen. Ein Teufelskreis entsteht. Zum anderen werden weit abgerückte Haltlinien in Japans Ballungszentren bemängelt. Dadurch werden die Räum- und Einfahrwege noch größer. Die Einfahrzeit wird in Japan allerdings nicht berücksichtigt. Weitere angesprochene Verlustfälle sind neben Rundungsverlusten und manuellen Zeitzugaben zu berechneten Zwischenzeiten, Zeitlücken im Verkehrsstrom als teilweise auch ein wandernder Konfliktpunkt. Abschließend kann also gesagt werden, dass Zwischenzeiten in der Tat einen Zeitverlust und somit einen Verlust an Leistungsfähigkeit bewirken. Doch sind dies auch gewollte Sicherheitszeiten, die dem Schutz der Verkehrsteilnehmer dienen. Darüber hinaus wird die Signalschaltungen "Grün-Blinken" und der Einfluss von Fußgängerströmen auf die Zwischenzeiten behandelt. Für Deutschland wird die Berechnung und Verwendung einer effektiven Freigabezeit in verkehrstechnischen Aufgaben vom Bearbeiter sehr befürwortet. Es mag gut sein, dass sich dadurch wenig an den Ergebnissen von Kapazität, Wartezeiten und allen weiteren mit dieser Zeit berechneten Werten ändert. Jedoch stellt sie die realistischen Abläufe weit besser und transparenter dar als die reine Freigabezeit. Dennoch werden auch in Zukunft weitere Forschungstätigkeiten nötig sein um insbesondere das Fahrerverhalten besser analysieren zu können. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr 13 Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften > Verbund Institute für Verkehr > Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik |
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Hinterlegungsdatum: | 23 Jan 2018 13:42 | ||||
Letzte Änderung: | 21 Jun 2018 17:21 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Boltze, Prof. Dr. Manfred ; Kuwahara, Prof. Dr. Masao ; Jentsch, Dipl.-Ing. Heiko | ||||
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