Fittler, Heiko (2015)
Peptidic inhibitors of therapeutically relevant proteases: Design, synthesis, and functional evaluation.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
In dieser kumulativen Arbeit wurden durch strukturbasiertes Wirkstoffdesign neue Inhibitoren auf Basis des Gerüstes des sunflower trypsin inhibitor-1 (SFTI-1) Peptids gegen krankheitsrelevante Serinproteasen generiert und untersucht. Die erste Studie (Org. Biomol. Chem., 2012, 10, 7753-7762) demonstriert den Nutzen von SFTI-1 als Gerüstmolekül für Modellierungen und Dockingversuche. Es wurde gezeigt, dass der Austausch eines wichtigen Strukturmotives von SFTI-1[1,14], seine Disulfidbrücke, durch unterschiedlich substituierte 1,2,3-Triazole nur dann gegen die Modellprotease Trypsin erfolgreich ist, wenn die neue Struktur mit der ursprünglichen nahezu identisch ist. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Ergebnisse einer in silico Studie mit den experimentellen Daten der Inhibitionsversuche verschiedener Peptide gegen die krankheitsbezogene Protease Matriptase-1 verglichen. Daraus ergab sich, dass beide Datensätze ein nahezu gleiches Ergebnis lieferten, nämlich eine geringe Affinität zu dem Zielprotein. Dies überrascht, da die Oberfläche von Matriptase-1 in der Nähe des aktiven Zentrums negativ und SFTI-1[1,14] positiv geladen ist. Um dies zu verstehen, wurden die berechneten freien Energien der Verbindungen aus den in silico und in vitro Daten miteinander verglichen, wobei sich diese als nahezu identisch herausstellten. Daraus lässt sich schließen, dass die geminderte Affinität durch negative entropische Beiträge der C-terminalen Region dafür verantwortlich ist. Folglich sollte eine C-terminale Verkürzung oder der Austausch von bestimmten Aminosäuren die Bindungsaffinität gegenüber Matriptase-1 erhöhen. Aus den Daten der in silico Studie folgt, dass die monozyklische Variante von SFTI-1 (SFTI-1[1,14]) als Ausgangsmolekül für weitere Verbesserungen für potentere Matriptase-1-Inhibitoren eine gute Wahl ist. Aus der Kristallstruktur des Matriptase-1-SFTI-1-Komplexes ergaben sich drei Positionen für die Austausche, die keine Bindung mit der Protease eingehen. Daher wurden die Aminosäuren Ile7 und Ile10 gegen nicht-natürliche Aminosäuren mit Azidfunktionen in der Seitenkette ausgetauscht. Mit Hilfe der Kupfer(I)-katalysierten Azid-Alkin-Cycloaddition (CuAAC) wurde mit Hilfe unterschiedlicher Alkine eine Bibliothek von 22 Peptidmimetika synthetisiert. Diese Verbindungen mit 1,2,3-Triazolen wurden in einem Inhibitionstest gegen Matriptase-1 auf ihre Aktivität hin untersucht. Zusätzlich wurde Phe12 durch weniger raumfüllende kanonische Aminosäuren ersetzt. Nur die Austausche an den Positionen 10 und 12 führten zu einer Verbesserung der Inhibition gegen Matriptase-1 im Vergleich zu dem Wildtyp SFTI-1[1,14]. Die Triazolvariante mit einem Amin in der Seitenkette an Position 10 wurde durch die positiv geladenen kanonischen Aminosäuren Lysin und Arginin ersetzt. Erstaunlicherweise hatten beide Austausche eine bessere Inhibitionskonstante als ihr Vorgänger. Dabei war die Variante mit einem Arginin affiner als mit einem Lysin. Das Peptid, das beide Verbesserungen an den Positionen 10 und 12 in sich trägt, besitzt eine Inhibitionskonstante Ki von 11 nM (703 nM für den Wildtyp SFTI-1[1,14]) und wurde daraufhin als SFTI-1 derived matriptase inhibitor-1 (SDMI-1) bezeichnet. Diese Variante beinhaltet nur kanonische Aminosäuren und ist somit leicht durch automatische Festphasensynthese zugänglich. Die nächste Studie beschäftigte sich mit der Suche nach einer adressierbaren Position im Molekül für den Einbau von maßgeschneiderten funktionellen Gruppen. Diese wird z.B. für die Oligomerisierung des Inhibitors oder die Konjugation an ausgewählte Gerüstmoleküle wie einen Antikörper oder ein C4b-Bindeprotein (dort können alle sieben α–Helices adressiert werden) benötigt. Dafür wurden verschiedene Positionen auf ihre Austauschbarkeit untersucht, aber der jeder dieser Austausche führte zu einer erheblichen Verminderung der inhibitorischen Aktivität. Natürlich kann eine neue Gruppe einfach an den N-terminus gekoppelt werden. Die Verlängerung der Kette durch ein Fluorophor sorgte allerdings ebenfalls für einen starken Verlust der Inhibition (Ki = 328 nM). Andererseits hatte die Zyklisierung des N- und C-Terminus keine negative Auswirkung auf die Inhibition. Aus diesem Grund scheint die fehlende Ladung des freien Amins nicht das Problem zu sein, sondern die ungünstige Wechselwirkung des Fluorophors mit der Oberfläche der Protease. Deshalb wurde ein e-Fmoc geschütztes Lysin an die erste Position eingebaut. Dadurch kann nach der Entschützung der Seitenkette der Einbau der gewünschten Funktionalität genutzt werden. Die Verbindung mit Lys1 besitzt eine Inhibitionskonstante Ki von 2,1 nM und ist damit potenter als ihre Vorgänger, sie wurde daraufhin als SDMI-3 bezeichnet. Die Kopplung von verschiedenen Reportermolekülen, wie Fluorophoren oder anderen Verbindungen, zeigte nur einen geringen Verlust an Affinität gegenüber Matriptase-1. Somit ließ sich SDMI-3 an verschiedene oligovalente Biomoleküle konjugieren, die zu Tetrameren im Falle des Fc-Fragmentes eines Antikörpers oder sogar zu einem Heptamer im Falle des C4b-Bindeprotein führte. Die verbesserten Varianten aus den vorangegangen Studien wurden als Startpunkt für die Entwicklung neuartiger Furininhibitoren genutzt. Diese Protease steht im Zusammenhang mit Alzheimer, Krebs, Arteriosklerose und anderen Krankheiten. Der Wildtyp SFTI-1[1,14] zeigt nur eine moderate Inhibition von Furin (Ki = 35 µM), aber SDMI-3 erwies sich mit 24,1 nM bereits als potente Verbindung. Der Einbau der Furinsubstratsequenz (Arg-X-Arg/Lys-Arg↓) in SDMI-3 führte zu keiner Verbesserung der Inhibition. Interessanterweise erwies sich ein Arginin an der P1-Position in diesem Fall nicht optimal. Allerdings führte der Austausch gegen ein Lysin zu einer affineren Variante. Darüber hinaus sorgte der Austausch von neutralen gegen positiv geladene Aminosäuren für eine bessere Inhibition mit der negativ geladenen Oberfläche der Peptidase. Zusätzlich zeigte das in silico Modell keine ausgeprägte Wechselwirkung zwischen der C-terminalen Region und der Furin-Oberfläche. Daraufhin wurden verkürzte Varianten synthetisiert, bei denen die Aminosäuren 13-14 bzw. 12-14 fehlten. Beide Minimierungen hatten einen großen Einfluss auf die Aktivität der beiden Verbindungen mit Inhibitionskonstanten von 0,49 und 0,71 nM gegenüber Furin. Die aktivere Variante mit 12 Aminosäuren wurde daraufhin als SFTI-derived furin inhibitor (SDFI) bezeichnet. Die neu, nach rationalen Kriterien designten Peptide SDMI-3 und SDFI sind vielversprechende Varianten, die in der Nuklearmedizin mit radioaktiven Markierungen zum Beispiel in der Tumordiagnostik eingesetzt werden könnten. Dafür wären die Verfahren der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) hervorragend geeignet.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2015 | ||||
Autor(en): | Fittler, Heiko | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Peptidic inhibitors of therapeutically relevant proteases: Design, synthesis, and functional evaluation | ||||
Sprache: | Englisch | ||||
Referenten: | Kolmar, Prof. Dr. Harald ; Schmitz, Prof. Dr. Katja ; Buntkowsky, Prof. Dr. Gerd ; Biesalski, Prof. Dr. Markus | ||||
Publikationsjahr: | 10 Dezember 2015 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Kollation: | 133 Seiten | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 8 Februar 2016 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5334 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | In dieser kumulativen Arbeit wurden durch strukturbasiertes Wirkstoffdesign neue Inhibitoren auf Basis des Gerüstes des sunflower trypsin inhibitor-1 (SFTI-1) Peptids gegen krankheitsrelevante Serinproteasen generiert und untersucht. Die erste Studie (Org. Biomol. Chem., 2012, 10, 7753-7762) demonstriert den Nutzen von SFTI-1 als Gerüstmolekül für Modellierungen und Dockingversuche. Es wurde gezeigt, dass der Austausch eines wichtigen Strukturmotives von SFTI-1[1,14], seine Disulfidbrücke, durch unterschiedlich substituierte 1,2,3-Triazole nur dann gegen die Modellprotease Trypsin erfolgreich ist, wenn die neue Struktur mit der ursprünglichen nahezu identisch ist. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Ergebnisse einer in silico Studie mit den experimentellen Daten der Inhibitionsversuche verschiedener Peptide gegen die krankheitsbezogene Protease Matriptase-1 verglichen. Daraus ergab sich, dass beide Datensätze ein nahezu gleiches Ergebnis lieferten, nämlich eine geringe Affinität zu dem Zielprotein. Dies überrascht, da die Oberfläche von Matriptase-1 in der Nähe des aktiven Zentrums negativ und SFTI-1[1,14] positiv geladen ist. Um dies zu verstehen, wurden die berechneten freien Energien der Verbindungen aus den in silico und in vitro Daten miteinander verglichen, wobei sich diese als nahezu identisch herausstellten. Daraus lässt sich schließen, dass die geminderte Affinität durch negative entropische Beiträge der C-terminalen Region dafür verantwortlich ist. Folglich sollte eine C-terminale Verkürzung oder der Austausch von bestimmten Aminosäuren die Bindungsaffinität gegenüber Matriptase-1 erhöhen. Aus den Daten der in silico Studie folgt, dass die monozyklische Variante von SFTI-1 (SFTI-1[1,14]) als Ausgangsmolekül für weitere Verbesserungen für potentere Matriptase-1-Inhibitoren eine gute Wahl ist. Aus der Kristallstruktur des Matriptase-1-SFTI-1-Komplexes ergaben sich drei Positionen für die Austausche, die keine Bindung mit der Protease eingehen. Daher wurden die Aminosäuren Ile7 und Ile10 gegen nicht-natürliche Aminosäuren mit Azidfunktionen in der Seitenkette ausgetauscht. Mit Hilfe der Kupfer(I)-katalysierten Azid-Alkin-Cycloaddition (CuAAC) wurde mit Hilfe unterschiedlicher Alkine eine Bibliothek von 22 Peptidmimetika synthetisiert. Diese Verbindungen mit 1,2,3-Triazolen wurden in einem Inhibitionstest gegen Matriptase-1 auf ihre Aktivität hin untersucht. Zusätzlich wurde Phe12 durch weniger raumfüllende kanonische Aminosäuren ersetzt. Nur die Austausche an den Positionen 10 und 12 führten zu einer Verbesserung der Inhibition gegen Matriptase-1 im Vergleich zu dem Wildtyp SFTI-1[1,14]. Die Triazolvariante mit einem Amin in der Seitenkette an Position 10 wurde durch die positiv geladenen kanonischen Aminosäuren Lysin und Arginin ersetzt. Erstaunlicherweise hatten beide Austausche eine bessere Inhibitionskonstante als ihr Vorgänger. Dabei war die Variante mit einem Arginin affiner als mit einem Lysin. Das Peptid, das beide Verbesserungen an den Positionen 10 und 12 in sich trägt, besitzt eine Inhibitionskonstante Ki von 11 nM (703 nM für den Wildtyp SFTI-1[1,14]) und wurde daraufhin als SFTI-1 derived matriptase inhibitor-1 (SDMI-1) bezeichnet. Diese Variante beinhaltet nur kanonische Aminosäuren und ist somit leicht durch automatische Festphasensynthese zugänglich. Die nächste Studie beschäftigte sich mit der Suche nach einer adressierbaren Position im Molekül für den Einbau von maßgeschneiderten funktionellen Gruppen. Diese wird z.B. für die Oligomerisierung des Inhibitors oder die Konjugation an ausgewählte Gerüstmoleküle wie einen Antikörper oder ein C4b-Bindeprotein (dort können alle sieben α–Helices adressiert werden) benötigt. Dafür wurden verschiedene Positionen auf ihre Austauschbarkeit untersucht, aber der jeder dieser Austausche führte zu einer erheblichen Verminderung der inhibitorischen Aktivität. Natürlich kann eine neue Gruppe einfach an den N-terminus gekoppelt werden. Die Verlängerung der Kette durch ein Fluorophor sorgte allerdings ebenfalls für einen starken Verlust der Inhibition (Ki = 328 nM). Andererseits hatte die Zyklisierung des N- und C-Terminus keine negative Auswirkung auf die Inhibition. Aus diesem Grund scheint die fehlende Ladung des freien Amins nicht das Problem zu sein, sondern die ungünstige Wechselwirkung des Fluorophors mit der Oberfläche der Protease. Deshalb wurde ein e-Fmoc geschütztes Lysin an die erste Position eingebaut. Dadurch kann nach der Entschützung der Seitenkette der Einbau der gewünschten Funktionalität genutzt werden. Die Verbindung mit Lys1 besitzt eine Inhibitionskonstante Ki von 2,1 nM und ist damit potenter als ihre Vorgänger, sie wurde daraufhin als SDMI-3 bezeichnet. Die Kopplung von verschiedenen Reportermolekülen, wie Fluorophoren oder anderen Verbindungen, zeigte nur einen geringen Verlust an Affinität gegenüber Matriptase-1. Somit ließ sich SDMI-3 an verschiedene oligovalente Biomoleküle konjugieren, die zu Tetrameren im Falle des Fc-Fragmentes eines Antikörpers oder sogar zu einem Heptamer im Falle des C4b-Bindeprotein führte. Die verbesserten Varianten aus den vorangegangen Studien wurden als Startpunkt für die Entwicklung neuartiger Furininhibitoren genutzt. Diese Protease steht im Zusammenhang mit Alzheimer, Krebs, Arteriosklerose und anderen Krankheiten. Der Wildtyp SFTI-1[1,14] zeigt nur eine moderate Inhibition von Furin (Ki = 35 µM), aber SDMI-3 erwies sich mit 24,1 nM bereits als potente Verbindung. Der Einbau der Furinsubstratsequenz (Arg-X-Arg/Lys-Arg↓) in SDMI-3 führte zu keiner Verbesserung der Inhibition. Interessanterweise erwies sich ein Arginin an der P1-Position in diesem Fall nicht optimal. Allerdings führte der Austausch gegen ein Lysin zu einer affineren Variante. Darüber hinaus sorgte der Austausch von neutralen gegen positiv geladene Aminosäuren für eine bessere Inhibition mit der negativ geladenen Oberfläche der Peptidase. Zusätzlich zeigte das in silico Modell keine ausgeprägte Wechselwirkung zwischen der C-terminalen Region und der Furin-Oberfläche. Daraufhin wurden verkürzte Varianten synthetisiert, bei denen die Aminosäuren 13-14 bzw. 12-14 fehlten. Beide Minimierungen hatten einen großen Einfluss auf die Aktivität der beiden Verbindungen mit Inhibitionskonstanten von 0,49 und 0,71 nM gegenüber Furin. Die aktivere Variante mit 12 Aminosäuren wurde daraufhin als SFTI-derived furin inhibitor (SDFI) bezeichnet. Die neu, nach rationalen Kriterien designten Peptide SDMI-3 und SDFI sind vielversprechende Varianten, die in der Nuklearmedizin mit radioaktiven Markierungen zum Beispiel in der Tumordiagnostik eingesetzt werden könnten. Dafür wären die Verfahren der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie (SPECT) hervorragend geeignet. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-53349 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 07 Fachbereich Chemie 07 Fachbereich Chemie > Clemens-Schöpf-Institut > Fachgebiet Biochemie |
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Hinterlegungsdatum: | 06 Mär 2016 20:55 | ||||
Letzte Änderung: | 05 Jan 2024 09:12 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Kolmar, Prof. Dr. Harald ; Schmitz, Prof. Dr. Katja ; Buntkowsky, Prof. Dr. Gerd ; Biesalski, Prof. Dr. Markus | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 8 Februar 2016 | ||||
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