Aretz, Achim (2016)
Aufschlussanalogstudie zur geothermischen Reservoircharakterisierung des Permokarbons im nördlichen Oberrheingraben.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Die siliziklastischen Formationen des Permokarbons, die aus Sand-, Silt-, Tonsteinen und Konglomeraten bestehen, weisen das größte hydrothermale Potenzial im nördlichen Oberrheingraben in Südwest-Deutschland auf und wurden bislang nur in großräumigen Studien untersucht. Das Permokarbon, dessen Oberkante dort in einer mittleren Teufe zwischen 600 m und 2.990 m liegt und Temperaturen 150 °C überschreiten, kommt für eine hydrothermale Stromerzeugung in Betracht. Um ein genaueres Verständnis des geothermischen Reservoirpotenzials des Permokarbons zu erhalten, sind thermophysikalische und hydraulische Kennwerte sowie Kenntnisse über dessen strukturellen Aufbau im Reservoir unverzichtbar. In dieser Arbeit wurde eine Reservoircharakterisierung des Permokarbons durchgeführt, die die Arbeitspakete Thermofazies, Gebirgsdurchlässigkeiten und 3D-Strukturmodell beinhaltete. Im Arbeitspaket Thermofazies wurde eine Aufschlussanalogstudie im Saar-Nahe-Becken westlich und im Sprendlinger Horst und Wetterau östlich des nördlichen Oberrheingrabens durchgeführt. An 850 Aufschlussproben und 62 Proben aus Bohrungen, die das Permokarbon im nördlichen Oberrheingraben in Tiefen zwischen 1.800 m und 2.990 m angetroffen oder durchteuft haben, wurden die Porosität, Permeabilität, Wärme- und Temperaturleitfähigkeit gemessen. Petrographische Untersuchungen wurden an 155 Dünnschliffen, die aus Proben aus Aufschlüssen und Reservoirtiefe erstellt wurden, zur Bestimmung des Modalbestandes, der Sortierung und Rundung der Körner und Zementationsart durchgeführt und dessen Einfluss auf die Porositäts-Permeabilitätsbeziehung, den Kompaktionsgrad und Illitgehalt untersucht. Es wurden drei Einflussparameter für die Charakterisierung von geothermischen Matrixeigenschaften des Permokarbons im nördlichen Oberrheingraben definiert. Der stärkste und vernichtenste Einfluss auf die Reservoirqualität wird in spätdiagenetischen Prozessen gesehen. Die Bildung porenfüllenden illitischen, kaolinitischen und Bitumenzements wird auf die Präsenz kohlenwasserstoffhaltiger Fluide und Öl im Porenwasser zurückgeführt, deren Entstehung in unterliegenden karbonischen Erdölmuttersteinen gesehen wird. Es wird angenommen, dass die Migration dieser kohlenwasserstoffhaltigen Fluide im Perm zur Lösung von hämatitischem Zement in den unteren Formationen des Permokarbons (Glan-Subgruppe) führte. Während der Subsidenz des Oberrheingrabens im Eozän wurden die Porositäten und Permeabilitäten von Sandsteinen aus diesen Formationen auf bis zu 2,5 % and 3,2·10-18 m² reduziert. Der zweitwichtigste Einfluss auf die Reservoirqualität wird in den Ablagerungsbedingungen und ihrem Einfluss auf frühdiagenetische Prozesse gesehen. Äolische Sandsteine von Aufschlüssen und aus Reservoirtiefe weisen die höchsten Porositäten (16,4 %; 12,3 %) und Permeabilitäten (2,0·10-15 m²; 8,4·10-16 m²) auf. Die Bildung von hämatitreichen Kutanen auf Kornoberflächen, die hauptsächlich in äolischen Sandsteinen der Kreuznach-Formation in der Nahe-Subgruppe (Oberes Permokarbon) vorkommen, werden als Schutz gegen die Präzipitierung von Zement, Kompaktion und Illitisierung während der Versenkung interpretiert. Der dritte wichtige Einflussparameter auf die Reservoirqualität ist der Quarzgehalt, der aus Proben der Kreuznach-Formation im Reservoir mit 73,8 % am höchsten ist. Die höchsten Wärmeleitfähigkeiten weisen Aufschlussproben der Quirnbach-Formation (Untere Glan-Subgruppe) mit 2,78 W·m-1·K-1 und Proben aus Reservoirtiefe der Lauterecken-Formation (Untere Glan-Subgruppe) mit 2,92 W·m-1·K-1 auf. Die höchsten Temperaturleitfähigkeiten weisen Aufschlussproben der Wadern-Formation (Nahe-Subgruppe) mit 1,76·10-6 m²·s-1 und Proben aus Reservoirtiefe der Nierstein-Formation (Obere Nahe-Subgruppe) mit 1,65·10-6 m²·s-1 auf. Die Wärme- und Temperaturleitfähigkeiten wurden als Funktion des Porenraums und Quarzgehalts interpretiert, der in den Aufschlussproben und Proben aus Reservoirtiefe mit der Matrixwärmeleitfähigkeit korreliert. Im Arbeitspaket Gebirgsdurchlässigkeiten wurden Gebirgsdurchlässigkeiten von 461 Pumpversuchsdaten von westlich und östlich des Oberrheingrabens liegenden und im Mittel 100 m bis 200 m tiefen Bohrungen ermittelt und nach Tiefe, Stratigraphie, Distanz zur nächsten Störung und deren Orientierung ausgewertet. Die Gebirgsdurchlässigkeiten sind in der Kreuznach-Formation (6,1·10-05 m·s-1) am höchsten und in den Kusel-Schichten (9,0·10-07 m·s-1), Lebach-Schichten (1,9·10-06 m·s-1) und Tholey-Schichten (3,5·10-06 m·s-1) der Glan-Subgruppe reduziert. Außerdem wurde ein etwa 120 m langer und bis zu 20 m hoher Sandsteinaufschluss des Permokarbons im östlichen Saar-Nahe-Becken abgescannt, um aus dessen dreidimensionaler Visualisierung Informationen über Kluftorientierungen-, längen- und dichten zu erhalten, die zusammen mit der Kluftöffnungsweite als Eingabeparameter für ein Discrete Fracture Network (DFN)-Modell genutzt wurden, um darin die Kluftpermeabilität im Aufschluss zu bestimmen. Im Arbeitspaket 3D-Strukturmodell wurde ein 5 km³ großes 3D-Seismikmodell vom westlichen Teil des nördlichen Oberrheingraben genutzt. Es wurde von der Überlandwerk Groß-Gerau GmbH als Explorationsmethode für die Erschließung der hydrothermalen Ressourcen des Permokarbons erstellt, die von einem in Bau befindlichen Geothermiekraftwerk in Groß-Gerau genutzt werden sollen. In dem Modell wurden die wichtigsten Störungen und Teufenlagen der stratigraphischen Horizonte des Permokarbons modelliert und deren Mächtigkeiten und Reservoirtemperaturen berechnet. Die Kreuznach-Formation liegt innerhalb des Horizonts „Top_Rotliegend“, der etwa 600 m mächtig ist, dessen Oberkante in einer maximalen Tiefe von 2.770 m liegt und in dem die berechneten Reservoirtemperaturen 141 °C bis 163 °C betragen. Die obere Donnersberg- und Wadern-Formation (Nahe-Subgruppe) liegen innerhalb des Horizonts „Top_Donnersberg“, der bis zu 370 m mächtig ist, dessen Oberkante in einer maximalen Tiefe von 3.320 m liegt und in dem die berechneten Reservoirtemperaturen 163 °C bis 175 °C betragen. Daher sollten die Kreuznach-, Wadern- und obere Donnersberg-Formation am westlichen Grabenrand das Hauptziel einer geothermischen Erschließung sein. Die in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse führen zu einem besseren Verständnis des geothermischen Reservoirpotenzials des Permokarbons im nördlichen Oberrheingraben und reduzieren das Fündigkeitsrisiko geothermischer Kraftwerke.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2016 | ||||
Autor(en): | Aretz, Achim | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Aufschlussanalogstudie zur geothermischen Reservoircharakterisierung des Permokarbons im nördlichen Oberrheingraben | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Sass, Prof. Dr. Ingo ; Götz, Prof. Dr. Annette E. | ||||
Publikationsjahr: | Januar 2016 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | November 2015 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5248 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Die siliziklastischen Formationen des Permokarbons, die aus Sand-, Silt-, Tonsteinen und Konglomeraten bestehen, weisen das größte hydrothermale Potenzial im nördlichen Oberrheingraben in Südwest-Deutschland auf und wurden bislang nur in großräumigen Studien untersucht. Das Permokarbon, dessen Oberkante dort in einer mittleren Teufe zwischen 600 m und 2.990 m liegt und Temperaturen 150 °C überschreiten, kommt für eine hydrothermale Stromerzeugung in Betracht. Um ein genaueres Verständnis des geothermischen Reservoirpotenzials des Permokarbons zu erhalten, sind thermophysikalische und hydraulische Kennwerte sowie Kenntnisse über dessen strukturellen Aufbau im Reservoir unverzichtbar. In dieser Arbeit wurde eine Reservoircharakterisierung des Permokarbons durchgeführt, die die Arbeitspakete Thermofazies, Gebirgsdurchlässigkeiten und 3D-Strukturmodell beinhaltete. Im Arbeitspaket Thermofazies wurde eine Aufschlussanalogstudie im Saar-Nahe-Becken westlich und im Sprendlinger Horst und Wetterau östlich des nördlichen Oberrheingrabens durchgeführt. An 850 Aufschlussproben und 62 Proben aus Bohrungen, die das Permokarbon im nördlichen Oberrheingraben in Tiefen zwischen 1.800 m und 2.990 m angetroffen oder durchteuft haben, wurden die Porosität, Permeabilität, Wärme- und Temperaturleitfähigkeit gemessen. Petrographische Untersuchungen wurden an 155 Dünnschliffen, die aus Proben aus Aufschlüssen und Reservoirtiefe erstellt wurden, zur Bestimmung des Modalbestandes, der Sortierung und Rundung der Körner und Zementationsart durchgeführt und dessen Einfluss auf die Porositäts-Permeabilitätsbeziehung, den Kompaktionsgrad und Illitgehalt untersucht. Es wurden drei Einflussparameter für die Charakterisierung von geothermischen Matrixeigenschaften des Permokarbons im nördlichen Oberrheingraben definiert. Der stärkste und vernichtenste Einfluss auf die Reservoirqualität wird in spätdiagenetischen Prozessen gesehen. Die Bildung porenfüllenden illitischen, kaolinitischen und Bitumenzements wird auf die Präsenz kohlenwasserstoffhaltiger Fluide und Öl im Porenwasser zurückgeführt, deren Entstehung in unterliegenden karbonischen Erdölmuttersteinen gesehen wird. Es wird angenommen, dass die Migration dieser kohlenwasserstoffhaltigen Fluide im Perm zur Lösung von hämatitischem Zement in den unteren Formationen des Permokarbons (Glan-Subgruppe) führte. Während der Subsidenz des Oberrheingrabens im Eozän wurden die Porositäten und Permeabilitäten von Sandsteinen aus diesen Formationen auf bis zu 2,5 % and 3,2·10-18 m² reduziert. Der zweitwichtigste Einfluss auf die Reservoirqualität wird in den Ablagerungsbedingungen und ihrem Einfluss auf frühdiagenetische Prozesse gesehen. Äolische Sandsteine von Aufschlüssen und aus Reservoirtiefe weisen die höchsten Porositäten (16,4 %; 12,3 %) und Permeabilitäten (2,0·10-15 m²; 8,4·10-16 m²) auf. Die Bildung von hämatitreichen Kutanen auf Kornoberflächen, die hauptsächlich in äolischen Sandsteinen der Kreuznach-Formation in der Nahe-Subgruppe (Oberes Permokarbon) vorkommen, werden als Schutz gegen die Präzipitierung von Zement, Kompaktion und Illitisierung während der Versenkung interpretiert. Der dritte wichtige Einflussparameter auf die Reservoirqualität ist der Quarzgehalt, der aus Proben der Kreuznach-Formation im Reservoir mit 73,8 % am höchsten ist. Die höchsten Wärmeleitfähigkeiten weisen Aufschlussproben der Quirnbach-Formation (Untere Glan-Subgruppe) mit 2,78 W·m-1·K-1 und Proben aus Reservoirtiefe der Lauterecken-Formation (Untere Glan-Subgruppe) mit 2,92 W·m-1·K-1 auf. Die höchsten Temperaturleitfähigkeiten weisen Aufschlussproben der Wadern-Formation (Nahe-Subgruppe) mit 1,76·10-6 m²·s-1 und Proben aus Reservoirtiefe der Nierstein-Formation (Obere Nahe-Subgruppe) mit 1,65·10-6 m²·s-1 auf. Die Wärme- und Temperaturleitfähigkeiten wurden als Funktion des Porenraums und Quarzgehalts interpretiert, der in den Aufschlussproben und Proben aus Reservoirtiefe mit der Matrixwärmeleitfähigkeit korreliert. Im Arbeitspaket Gebirgsdurchlässigkeiten wurden Gebirgsdurchlässigkeiten von 461 Pumpversuchsdaten von westlich und östlich des Oberrheingrabens liegenden und im Mittel 100 m bis 200 m tiefen Bohrungen ermittelt und nach Tiefe, Stratigraphie, Distanz zur nächsten Störung und deren Orientierung ausgewertet. Die Gebirgsdurchlässigkeiten sind in der Kreuznach-Formation (6,1·10-05 m·s-1) am höchsten und in den Kusel-Schichten (9,0·10-07 m·s-1), Lebach-Schichten (1,9·10-06 m·s-1) und Tholey-Schichten (3,5·10-06 m·s-1) der Glan-Subgruppe reduziert. Außerdem wurde ein etwa 120 m langer und bis zu 20 m hoher Sandsteinaufschluss des Permokarbons im östlichen Saar-Nahe-Becken abgescannt, um aus dessen dreidimensionaler Visualisierung Informationen über Kluftorientierungen-, längen- und dichten zu erhalten, die zusammen mit der Kluftöffnungsweite als Eingabeparameter für ein Discrete Fracture Network (DFN)-Modell genutzt wurden, um darin die Kluftpermeabilität im Aufschluss zu bestimmen. Im Arbeitspaket 3D-Strukturmodell wurde ein 5 km³ großes 3D-Seismikmodell vom westlichen Teil des nördlichen Oberrheingraben genutzt. Es wurde von der Überlandwerk Groß-Gerau GmbH als Explorationsmethode für die Erschließung der hydrothermalen Ressourcen des Permokarbons erstellt, die von einem in Bau befindlichen Geothermiekraftwerk in Groß-Gerau genutzt werden sollen. In dem Modell wurden die wichtigsten Störungen und Teufenlagen der stratigraphischen Horizonte des Permokarbons modelliert und deren Mächtigkeiten und Reservoirtemperaturen berechnet. Die Kreuznach-Formation liegt innerhalb des Horizonts „Top_Rotliegend“, der etwa 600 m mächtig ist, dessen Oberkante in einer maximalen Tiefe von 2.770 m liegt und in dem die berechneten Reservoirtemperaturen 141 °C bis 163 °C betragen. Die obere Donnersberg- und Wadern-Formation (Nahe-Subgruppe) liegen innerhalb des Horizonts „Top_Donnersberg“, der bis zu 370 m mächtig ist, dessen Oberkante in einer maximalen Tiefe von 3.320 m liegt und in dem die berechneten Reservoirtemperaturen 163 °C bis 175 °C betragen. Daher sollten die Kreuznach-, Wadern- und obere Donnersberg-Formation am westlichen Grabenrand das Hauptziel einer geothermischen Erschließung sein. Die in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse führen zu einem besseren Verständnis des geothermischen Reservoirpotenzials des Permokarbons im nördlichen Oberrheingraben und reduzieren das Fündigkeitsrisiko geothermischer Kraftwerke. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-52485 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 550 Geowissenschaften | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Geowissenschaften > Fachgebiet Angewandte Geothermie 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Geowissenschaften 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften |
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Hinterlegungsdatum: | 31 Jan 2016 20:59 | ||||
Letzte Änderung: | 31 Jan 2016 20:59 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Sass, Prof. Dr. Ingo ; Götz, Prof. Dr. Annette E. | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | November 2015 | ||||
Export: | |||||
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