Murmann, Robert (2015)
Simulation von Misuse-Lastfällen zur Bewertung der Crash-Sensorik und Entwicklung einer Metrik zur objektiven Signalkorrelation.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Ein wesentlicher Aspekt in der Fahrzeugentwicklung ist das Realisieren einer hohen passiven Sicherheit, d. h. einer Minderung der Unfallfolgen. Die Rückhaltesysteme sind hierfür eine Maßnahme zum Schutz der Insassen. Wesentliche Komponenten des Rückhaltesystems sind die Airbags und Gurtstraffer. Die Entscheidung zur Auslösung und der geeignete Zeitpunkt richten sich nach der Kollisionsschwere und -richtung. Zur Detektion der Kollisionen werden Beschleunigungssensoren an verschiedenen Positionen der Karosserie eingesetzt. Die von diesen Sensoren gemessenen Signale werden von einem Algorithmus verarbeitet, der auf Basis der Signale die Ereignisse klassifiziert. Im Steuergerät fällt somit die Entscheidung über die Auslösung der Rückhaltesysteme. Während der Entwicklung eines Fahrzeugs gilt es den Algorithmus entsprechend zu kalibrieren. Die Kalibrierung erfolgt anhand einer Vielzahl unterschiedlicher Signale aus verschiedenen getesteten und simulierten Lastfällen sowie Crash-Szenarien. Zur Überprüfung der Kalibrierung werden zusätzlich verschiedene sog. Misuse-Versuche durchgeführt. Anhand dieser wird überprüft, dass eine Auslösung nur erfolgt, wenn die Insassen die Schutzwirkung der Rückhaltesysteme tatsächlich benötigen. Bislang wurden numerische Simulationsmethoden zur Abbildung solcher Misuse-Versuche nur vereinzelt eingesetzt. In dieser Arbeit werden Methoden aufgezeigt, wie mittels Finite-Elemente(FE)-Simulation solche Signale in Misuse-Lastfällen generiert werden können. Dazu werden aus den drei Misuse-Kategorien (Laborversuche, Schlittenversuche, Fahrversuche) repräsentative Lastfälle untersucht. Als Ausgangspunkt dient ein FE-Modell mit dem die Crash-Berechnung im Solver LS-DYNA (explizit) durchgeführt wird. Zunächst wird dargestellt, welche Modifikationen grundsätzlich an diesem Modell vorgenommen werden müssen, um es zur Simulation der Sensorsignale (Sensing-Simulation) in Misuse-Lastfällen einsetzen zu können. Im Wesentlichen sind dies geometrische Korrekturen, das Untersuchen der Art der Aufbringung von Vorspannungen in Schraubverbindungen und die geeignete mathematische Formulierung von Kontakten zwischen Bauteilen. Anhand dieser Modifikationen erhöht sich die Modellqualität. Dies ermöglicht es, Signale mit geringem Rauschanteil zu generieren und diese somit für die Kalibrierung einsetzen zu können. Ferner wird untersucht, wie durch die Berücksichtigung der Versuchsaufbauten und durch einen höheren Detaillierungsgrad des Fahrzeugmodells Signale erzeugt werden können, die gut mit den vorliegenden Signalen aus Versuchen korrelieren. Als Repräsentanten der Labor-Lastfälle werden Türzuschlag, das Zuschlagen der Motorhaube und Pendelschläge auf die Karosserie untersucht. Insbesondere in den Pendelschlag-Lastfällen erweist sich die Modellierung von bislang nicht berücksichtigten Schaumeinlegern als entscheidend um Signale zu simulieren, die mit gemessenen Signalen korrelieren und sich somit für die Kalibrierung des Steuergerätes eignen. In der Kategorie der Schlittenversuche wird das seitliche Bordsteinanrutschen betrachtet. Dabei stellt sich die Modellierung des Fahrwerks als wesentlich für eine gute Signalkorrelation dar. Die Vorspannung in der Radaufhängung gilt es zu berücksichtigen. Ebenso ist es nötig, die Elastomerlager detailliert abzubilden, sowohl geometrisch als auch hinsichtlich ihrer aterialcharakteristik. In der Kategorie der Fahrversuche wird die Schlaglochdurchfahrt untersucht. Dazu wird ein für die Sensing-Simulation neuer Ansatz erprobt. Es werden vorhandene Modelle zur Simulation von Schlaglochdurchfahrten in der Mehrkörpersimulation (MKS) verwendet und überprüft, ob sich diese zur Koppelung mit den FE-Modellen zur Sensing-Simulation eignen. Dazu werden in der MKS die Lasten für die Krafteinleitung in die Karosserie erzeugt und an den Verbindungspunkten zwischen Karosserie und Fahrwerk in das FE-Modell eingeleitet. Es zeigt sich, dass auf diese Weise Signale simuliert werden können, die im Rahmen der Versuchsstreuung gut mit den gemessenen Signalen korrelieren. Die Kopplung zwischen MKS und FEM erweist sich damit als ein für die Sensing-Simulation nutzbarer Ansatz. Die Verwendung von Simulationsmethoden verlangt, dass ein Nachweis über die erreichbare Ergebnisgüte geführt wird. Ein solcher Nachweis ist wichtig, um die nötige Akzeptanz für die Simulationsmethoden und das nötige Vertrauen in die Prädiktivität der Ergebnisse sicherzustellen. Um dies zu erreichen, empfiehlt es sich einem Verifizierungs- und Validierungsprozess (V&V-Prozess) zu folgen. Ein wesentlicher Aspekt in einem V&V-Prozess ist der Vergleich zwischen Simulations- und Versuchsergebnissen und die Bewertung, wie gut diese übereinstimmen. Diese Bewertung führt zur Entscheidung, ob ein Modell als validiert bezeichnet wird. Aufgrund der Relevanz dieser Entscheidung sollte sie so objektiv wie möglich getroffen werden. Mit der Verwendung von Metriken zur Korrelation der Ergebniskurven lässt sich dies umsetzen. In dieser Arbeit werden verschiedene Metriken aus der Literatur betrachtet und allgemeine Anforderungen und solche, die sich aus dem Kontext der Sensing-Simulation von Misuse-Lastfällen ergeben, an die Metriken formuliert. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird die Metrik CoSi (Correlation of Signals) entwickelt und mit Metriken aus der Literatur verglichen. CoSi ermöglicht anhand von Ergebnisfaktoren die objektive Bewertung des Übereinstimmungsgrades von Kurven und erlaubt eine einfache und eindeutige Interpretation dieser Faktoren. Als Grundlage der Bewertung dient ein Korridor um eine Kurve, der nicht nur Abweichungen in Abszissen-Richtung, sondern auch auf der Ordinate berücksichtigt. Im Bewertungsprozess werden Unsicherheiten und Streuungen in beiden Kurven berücksichtigt. Zudem ist CoSi in der Lage, Kurven automatisiert aufeinander zu legen und bestimmt so den nötigen Zeit-Shift zwischen den Signalen, um die beste Übereinstimmung zu erreichen. Anhand von CoSi werden die Korrelationen in dieser Arbeit zur Entwicklung der Modelle für die Sensing-Simulation durchgeführt.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
---|---|---|---|---|---|
Erschienen: | 2015 | ||||
Autor(en): | Murmann, Robert | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Simulation von Misuse-Lastfällen zur Bewertung der Crash-Sensorik und Entwicklung einer Metrik zur objektiven Signalkorrelation | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Schäfer, Prof. Dr. Michael ; Harzheim, Prof. Dr. Lothar ; Dominico, Prof. Dr. Stefan ; Schürmann, Prof. Dr. Helmut | ||||
Publikationsjahr: | Juni 2015 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 7 Oktober 2015 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5144 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Ein wesentlicher Aspekt in der Fahrzeugentwicklung ist das Realisieren einer hohen passiven Sicherheit, d. h. einer Minderung der Unfallfolgen. Die Rückhaltesysteme sind hierfür eine Maßnahme zum Schutz der Insassen. Wesentliche Komponenten des Rückhaltesystems sind die Airbags und Gurtstraffer. Die Entscheidung zur Auslösung und der geeignete Zeitpunkt richten sich nach der Kollisionsschwere und -richtung. Zur Detektion der Kollisionen werden Beschleunigungssensoren an verschiedenen Positionen der Karosserie eingesetzt. Die von diesen Sensoren gemessenen Signale werden von einem Algorithmus verarbeitet, der auf Basis der Signale die Ereignisse klassifiziert. Im Steuergerät fällt somit die Entscheidung über die Auslösung der Rückhaltesysteme. Während der Entwicklung eines Fahrzeugs gilt es den Algorithmus entsprechend zu kalibrieren. Die Kalibrierung erfolgt anhand einer Vielzahl unterschiedlicher Signale aus verschiedenen getesteten und simulierten Lastfällen sowie Crash-Szenarien. Zur Überprüfung der Kalibrierung werden zusätzlich verschiedene sog. Misuse-Versuche durchgeführt. Anhand dieser wird überprüft, dass eine Auslösung nur erfolgt, wenn die Insassen die Schutzwirkung der Rückhaltesysteme tatsächlich benötigen. Bislang wurden numerische Simulationsmethoden zur Abbildung solcher Misuse-Versuche nur vereinzelt eingesetzt. In dieser Arbeit werden Methoden aufgezeigt, wie mittels Finite-Elemente(FE)-Simulation solche Signale in Misuse-Lastfällen generiert werden können. Dazu werden aus den drei Misuse-Kategorien (Laborversuche, Schlittenversuche, Fahrversuche) repräsentative Lastfälle untersucht. Als Ausgangspunkt dient ein FE-Modell mit dem die Crash-Berechnung im Solver LS-DYNA (explizit) durchgeführt wird. Zunächst wird dargestellt, welche Modifikationen grundsätzlich an diesem Modell vorgenommen werden müssen, um es zur Simulation der Sensorsignale (Sensing-Simulation) in Misuse-Lastfällen einsetzen zu können. Im Wesentlichen sind dies geometrische Korrekturen, das Untersuchen der Art der Aufbringung von Vorspannungen in Schraubverbindungen und die geeignete mathematische Formulierung von Kontakten zwischen Bauteilen. Anhand dieser Modifikationen erhöht sich die Modellqualität. Dies ermöglicht es, Signale mit geringem Rauschanteil zu generieren und diese somit für die Kalibrierung einsetzen zu können. Ferner wird untersucht, wie durch die Berücksichtigung der Versuchsaufbauten und durch einen höheren Detaillierungsgrad des Fahrzeugmodells Signale erzeugt werden können, die gut mit den vorliegenden Signalen aus Versuchen korrelieren. Als Repräsentanten der Labor-Lastfälle werden Türzuschlag, das Zuschlagen der Motorhaube und Pendelschläge auf die Karosserie untersucht. Insbesondere in den Pendelschlag-Lastfällen erweist sich die Modellierung von bislang nicht berücksichtigten Schaumeinlegern als entscheidend um Signale zu simulieren, die mit gemessenen Signalen korrelieren und sich somit für die Kalibrierung des Steuergerätes eignen. In der Kategorie der Schlittenversuche wird das seitliche Bordsteinanrutschen betrachtet. Dabei stellt sich die Modellierung des Fahrwerks als wesentlich für eine gute Signalkorrelation dar. Die Vorspannung in der Radaufhängung gilt es zu berücksichtigen. Ebenso ist es nötig, die Elastomerlager detailliert abzubilden, sowohl geometrisch als auch hinsichtlich ihrer aterialcharakteristik. In der Kategorie der Fahrversuche wird die Schlaglochdurchfahrt untersucht. Dazu wird ein für die Sensing-Simulation neuer Ansatz erprobt. Es werden vorhandene Modelle zur Simulation von Schlaglochdurchfahrten in der Mehrkörpersimulation (MKS) verwendet und überprüft, ob sich diese zur Koppelung mit den FE-Modellen zur Sensing-Simulation eignen. Dazu werden in der MKS die Lasten für die Krafteinleitung in die Karosserie erzeugt und an den Verbindungspunkten zwischen Karosserie und Fahrwerk in das FE-Modell eingeleitet. Es zeigt sich, dass auf diese Weise Signale simuliert werden können, die im Rahmen der Versuchsstreuung gut mit den gemessenen Signalen korrelieren. Die Kopplung zwischen MKS und FEM erweist sich damit als ein für die Sensing-Simulation nutzbarer Ansatz. Die Verwendung von Simulationsmethoden verlangt, dass ein Nachweis über die erreichbare Ergebnisgüte geführt wird. Ein solcher Nachweis ist wichtig, um die nötige Akzeptanz für die Simulationsmethoden und das nötige Vertrauen in die Prädiktivität der Ergebnisse sicherzustellen. Um dies zu erreichen, empfiehlt es sich einem Verifizierungs- und Validierungsprozess (V&V-Prozess) zu folgen. Ein wesentlicher Aspekt in einem V&V-Prozess ist der Vergleich zwischen Simulations- und Versuchsergebnissen und die Bewertung, wie gut diese übereinstimmen. Diese Bewertung führt zur Entscheidung, ob ein Modell als validiert bezeichnet wird. Aufgrund der Relevanz dieser Entscheidung sollte sie so objektiv wie möglich getroffen werden. Mit der Verwendung von Metriken zur Korrelation der Ergebniskurven lässt sich dies umsetzen. In dieser Arbeit werden verschiedene Metriken aus der Literatur betrachtet und allgemeine Anforderungen und solche, die sich aus dem Kontext der Sensing-Simulation von Misuse-Lastfällen ergeben, an die Metriken formuliert. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird die Metrik CoSi (Correlation of Signals) entwickelt und mit Metriken aus der Literatur verglichen. CoSi ermöglicht anhand von Ergebnisfaktoren die objektive Bewertung des Übereinstimmungsgrades von Kurven und erlaubt eine einfache und eindeutige Interpretation dieser Faktoren. Als Grundlage der Bewertung dient ein Korridor um eine Kurve, der nicht nur Abweichungen in Abszissen-Richtung, sondern auch auf der Ordinate berücksichtigt. Im Bewertungsprozess werden Unsicherheiten und Streuungen in beiden Kurven berücksichtigt. Zudem ist CoSi in der Lage, Kurven automatisiert aufeinander zu legen und bestimmt so den nötigen Zeit-Shift zwischen den Signalen, um die beste Übereinstimmung zu erreichen. Anhand von CoSi werden die Korrelationen in dieser Arbeit zur Entwicklung der Modelle für die Sensing-Simulation durchgeführt. |
||||
Alternatives oder übersetztes Abstract: |
|
||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-51448 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 16 Fachbereich Maschinenbau 16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet für Numerische Berechnungsverfahren im Maschinenbau (FNB) |
||||
Hinterlegungsdatum: | 06 Dez 2015 20:55 | ||||
Letzte Änderung: | 06 Dez 2015 20:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Schäfer, Prof. Dr. Michael ; Harzheim, Prof. Dr. Lothar ; Dominico, Prof. Dr. Stefan ; Schürmann, Prof. Dr. Helmut | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 7 Oktober 2015 | ||||
Export: | |||||
Suche nach Titel in: | TUfind oder in Google |
Frage zum Eintrag |
Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen |