Freund, Linda L. H. (2014)
Vegetation development in intact and restored base-rich sand ecosystems under different abiotic and biotic influences.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Sandökosysteme in Mitteleuropa sind durch Fragmentierung, Nutzungsaufgabe oder -intensivierung in ihrem Vorkommen stark gefährdet. Daher ist neben der Erhaltung bestehender Sandhabitate auch die Restitution degradierter oder zerstörter Flächen von großer Bedeutung. Dazu muss vor Beginn einer Restitutionsmaßnahme zunächst festgelegt werden, welche Pflanzengesellschaft Zielpunkt der Maßnahme sein soll; dabei sollten intakte Habitate als Referenzflächen herangezogen werden. Neben Kenntnissen über die gemeinschaftsbildenden Pflanzenarten (in speziellen Studien auch Tierarten), sollte auch bekannt sein, in welchen Konzentrationen Bodennährstoffe vorkommen und welcher Nährstoff in dem entsprechenden Ökosystem limitierend wirkt. Auf dieser Basis können entsprechende Maßnahmen geplant werden, um die Restitutionsfläche den abiotischen Bedürfnissen der Zielgesellschaft anzupassen. Als nächster Schritt ist zumeist ein gezieltes Einbringen von Diasporen der erwünschten Pflanzenarten auf die Restitutionsfläche notwendig, da die Zielarten meist eine geringe Ausbreitungskapazität besitzen und ohne Hilfe die Fläche gar nicht oder nur sehr langsam besiedeln könnten. Schließlich ist für naturnahe, vom Menschen geprägte Ökosysteme ein nachfolgendes Management nötig, um die Zielgesellschaft zu fördern und zu erhalten bzw. die Sukzession in Richtung monodominanter Grasbestände mit geringem Naturschutzwert zu verhindern. Die drei Aspekte der Restitution, nämlich Abiotik, Biotik und Management, wurden in einem großflächigen Restitutionsvorhaben auf der ´Apfelbachdüne´ nördlich von Darmstadt (Weiterstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg) untersucht (Kapitel 2). Die auf einem ehemaligen Acker gelegene Restitutionsfläche entstand durch die Aufschüttung von Tiefensand, was der Nährstoffreduktion dienen sollte. Durch die Aufschüttung zweier Sandqualitäten (sehr nährstoffarm bzw. etwas phosphatreicher) in einer ´side-by-side´ Anordnung sollte der Einfluss der Sandqualität auf die Vegetationsentwicklung untersucht werden. Im Weiteren wurden die Ansätze ´Minimalinokulation´ und ´Beweidung mit Eseln´ untersucht, wozu auf diesen zwei Flächen je 16 Plots systematisch angeordnet wurden; die Verteilung der Behandlungen auf die Plots erfolgte randomisiert. Die Minimalinokulation wurde angewendet um zu erproben, ob kleinflächige ´Inseln´ mit Rechgut einer Donorfläche (etwa 5-7 % der Gesamtfläche) zur großflächigen Entwicklung von Sandtrockenrasen ausreichen. Zusätzlich wurden die Diasporen-Ausbreitungsvektoren ´Wind´ und ´Esel´ beprobt. In Bezug auf die Sandqualität zeigte sich, dass diese eine große Rolle bei der Vegetationsentwicklung spielt, auf der P-reicheren Fläche kamen deutlich mehr Arten (auch Zielarten) bei gleichzeitig höherer Deckung vor als auf der nährstoffarmen Fläche. Allerdings konnte hierbei der Einfluss von P nicht sicher nachgewiesen werden, da das P-reichere Substrat durch oberirdische Lagerung vermutlich mit Diasporen verunreinigt worden war. Durch die Ausbringung des Rechguts konnten fast alle auf der Donorfläche nachgewiesenen Arten, zumeist Zielarten, auf die Restitutionsflächen transferiert werden, wodurch Zielarten auf den inokulierten Plots in Anzahl und Deckung überwogen. Beweidung führte zu einer Abnahme der Zielartendeckung inokulierter Plots, vornehmlich durch die Reduktion der Moos-Zielart Tortula ruraliformis. Nicht-inokulierte Plots und die zusätzlich untersuchten Rasterpunkte wurden von Ruderal- und Nicht-Zielarten dominiert, jedoch nahm die Anzahl von Zielarten während des vierjährigen Untersuchungszeitraums auf diesen Plots zu. Die Entfernung zwischen inokulierten Flächen und Rasterpunkten hatte kaum Effekte auf den Anteil von Zielarten oder deren Deckung. Im Vergleich mit Referenzflächen konnte in einer Ordination (DCA) eine Annäherung der inokulierten Plots an die Rechgut-Donorfläche und an eine bereits vor einigen Jahren restituierte Fläche beobachtet werden. Auch bei den nicht-inokulierten Plots deutete sich eine Entwicklung in diese Richtung an. Von den untersuchten Ausbreitungsvektoren zeigte sich der Diasporenniederschlag deutlich von Nicht-Zielarten dominiert, insgesamt konnten nur sieben Zielarten mit wenigen Diasporen nachgewiesen werden. Die Epizoochorie-Proben ergaben eine saisonale Veränderung der transportierten Diasporen. Zum ersten Probennahmetermin in Juni wurden sowohl relativ viele Zielarten wie auch Diasporen von Zielarten erfasst (besonders Medicago minima). An den folgenden zwei Probennahmeterminen (Aug., Sept.) wurden vornehmlich Nicht-Zielarten erfasst. In den nur zu einem Zeitpunkt genommenen Endozoochorie-Proben konnten, wie schon bei der Epizoochorie, im Juni über die Hälfte der Arten und Keimlinge den Zielarten zugeordnet werden. Sowohl bei Epi- wie auch bei Endozoochorie wurden insgesamt nur relativ wenige Arten erfasst; es gab eine geringe Artenüberschneidung. Neben dem Diasporentransport hatte die Beweidung mit Eseln bislang vor allem strukturelle Folgen. Besonders auf der nährstoffarmen Fläche kam es durch die Beweidung zu einem gleichbleibend hohen Offenbodenanteil, die Entwicklung einer Moosschicht wurde größtenteils verhindert. Auch die mit der Inokulation eingebrachte Moosschicht wurde dabei stark reduziert. Ein Zurückdrängen von Ruderalarten konnte bislang genauso wenig beobachtet werden wie eine Förderung von Zielarten. Die Ergebnisse machen deutlich, dass für Restitutionsvorhaben dieser Art zwar auch Sand geringerer Qualität zur Aufschüttung genutzt werden kann, aber mit einer ruderal geprägten Entwicklung und höherem Pflegeaufwand gerechnet werden muss. Eine kurzzeitige oberirdische Lagerung sollte aufgrund der Gefahr einer Kontamination mit Diasporen und nährstoffreicherem Substrat vermieden werden. Durch Minimal-Inokulation können Zielarten erfolgreich auf Restitutionsflächen eingebracht werden und im Folgenden als Besiedlungs-Initiatoren der Gesamtfläche fungieren. Allerdings muss bei dieser Art der Restitution von einer langsamen Besiedlung ausgegangen werden. Weidetiere können zur Ausbreitung von Zielarten beitragen, sofern die Beweidung mit dem Zeitpunkt der Samenreife der Zielarten abgestimmt wird. Außerdem sollte die Beweidung den Verhältnissen der Fläche angepasst sein, um zu hohen (oder zu niedrigen) Weidedruck zu verhindern. Beweidung sollte durch die Erhaltung von Dynamik das langfristige Bestehen von Pioniervegetation sichern können. Der tatsächliche Effekt von Epizoochorie – genauer die nachfolgende Etablierung der ausgebreiteten Pflanzenarten – wird in Kapitel 3 behandelt. In einem früheren Experiment wurden Diasporen von ausgewählten Arten manuell auf dem Fell eines Schafes ausgebracht, welches anschließend einige Zeit auf offenen Sandflächen verbrachte. Die sich aus den epizoochor eingebrachten Diasporen entwickelnden Pflanzen wurden über einen Zeitraum von sechs Jahren beobachtet. Von den zehn untersuchten Arten konnten sich alle mit Ausnahme von Jasione montana auf mindestens einer der drei Flächen ansiedeln. Mehrjährige Arten blieben in ihrer Individuenzahl konstant oder sie nahm zu, wohingegen die einjährigen Arten keine einheitliche Entwicklung ihrer Populationen zeigten. Die zusätzlich untersuchten räumlichen Verteilungsmuster waren zumeist ´aggregiert´, bei mehrjährigen Arten blieben die Muster im Gegensatz zu einjährigen Arten über die untersuchten Jahre relativ ähnlich. Die sich auf den Epizoochorie-Flächen ansiedelnde Pflanzengemeinschaft wurde auch mit Blick auf die umgebende Vegetation und ein nahes Naturschutzgebiet analysiert. In einer Ordination (NMDS) konnte gezeigt werden, dass sich die Flächen in Richtung der Umgebungsvegetation entwickelten. In Bezug auf die Zielarten entsprachen die Flächen zwar mengenmäßig den im Naturschutzgebiet ermittelten, jedoch war die Zielarten-Deckung deutlich geringer und eine Reihe typischer Sandrasenarten fehlte noch in der Vegetation. Mit diesem Experiment konnte gezeigt werden, dass sich mithilfe von Epizoochorie ausgebreitete Arten zumindest bei Vorhandensein von Offenboden ansiedeln können. Weidevieh könnte somit bei entsprechender Weideführung von Ziel- zu Restitutionsflächen das Einbringen von Zielarten ermöglichen. Wiederum auf der Restitutionsfläche ´Apfelbachdüne´ angesiedelt, befasst sich Kapitel 4 mit der Frage, ob bzw. wie sich die Einbringung stabiler biologischer Krusten auf die Entwicklung und Artenzusammensetzung neu entstehender Krusten auf initialem Substrat auswirkt. Dazu wurden insgesamt 16 Quadrate biologischer Krusten (à 11 cm x 11 cm) auf die nährstoffarme Fläche der Apfelbachdüne transplantiert; die Krusten stammen aus dem Koelerion glaucae-Bereich des ´Ehemaligen August Euler Flugplatzes´. Ein Vergleich der Artenzusammen-setzung dieser Krustentransplantate mit jener von initialen Krusten in drei Entfernungen zum Transplantat und in Kontrollflächen über einen Zeitraum von drei Jahren sollte klären, ob Effekte distanz- und/oder zeitabhängig sind. Die Entwicklung der initialen Krusten wurde auch mithilfe von Chlorophyll a-Messungen verfolgt. Bereits nach einem Jahr konnte eine initiale Kruste auf den Untersuchungsflächen nachgewiesen werden, die sich in ihrer Artenzusammensetzung kaum von den transplantierten Krusten unterschied. Da dies auch für die Kontrollflächen galt, wie eine Ordination (DCA) und Sørensen Indices deutlich machen, scheint der Einfluss der Krustentransplantate auf die Artenzusammensetzung eher gering zu sein. Allerdings blieben die Arten- und Taxazahlen sowie die Taxazahl von Cyanobakterien bis zum Ende der Untersuchungen in den drei Distanzen bzw. der Kontrolle deutlich geringer als in den Transplantaten, bei der Taxazahl von Grünalgen war dies jahresabhängig. Im Weiteren konnten distanz- und zeitabhängige Effekte der Transplantate auf die Gesamt- und Cyanobakterien-Taxazahl nachgewiesen werden. Dies gilt auch für die Sand-typischen, mit den Krustentransplantaten eingebrachten Moose, welche sich auf der Restitutionsfläche etablieren konnten. Bezüglich der Chlorophyll a-Gehalte konnte eine Zunahme vom ersten zum zweiten Jahr in der sich entwickelnden Kruste beobachtet werden, im dritten Jahr sank der Gehalt allerdings wieder etwas. Zusammenfassend kann aus diesem Versuch geschlossen werden, dass sich die Einbringung von Krustentransplantaten bei verschiedenen Taxa unterschiedlich auswirkt. Die Etablierung und Artenzusammensetzung von Cyanobakterien und eukaryotischen Algen wurde während der primären Sukzession kaum von transplantierten Krusten beeinflusst; die Besiedlung der Fläche erfolgte höchstwahrscheinlich durch die Luft. Dagegen kann für Moose die Einbringung von Krustentransplantaten als Besiedlungs-Initiator wirken. In Kapitel 5 wurden die Auswirkungen von Nährstoffen auf ein intaktes Sandökosystem untersucht. Im Jahr 2000 wurde ein Nährstoffapplikations-Experiment in fünffach repliziertem und randomisiertem Blockdesign im Bereich von Koelerion glaucae Pioniervegetation auf dem ´Ehemaligen August-Euler-Flugplatz von Darmstadt´ gestartet. Die acht Behandlungen umfassten neben einer Kontrolle die Gabe von Kohlenstoffquellen zur Stickstoffimmobilisierung (C), Phosphor (P), niedrig (n) und hoch dosierten Stickstoff (N), sowie Kombinationen von Stickstoff mit Mikro- und Makronährstoffen (NP, NPK, NPKM). Neben der Untersuchung der Vegetationsentwicklung lag der Fokus besonders auf der Auswertung von Phytomasse- und Nährstoffdaten verschiedener funktioneller Pflanzen-gruppen des Versuchszeitraums (bis mindestens 2010). In Bezug auf die Phytomassegewichte zeigte sich, dass die ober- und unterirdische Phytomasse von Phanerogamen sowie die Streu auf stickstoffreich gedüngten Flächen zunahmen. Phosphat hatte keine Auswirkung auf die Phytomasse. Dagegen wurde die Phytomasseproduktion von Kryptogamen eher durch stickstoffarme bzw. -freie Düngung gefördert. Die Zunahme der Phanerogamen-Phytomasse unter N-Düngung macht deutlich, dass dieses Ökosystem stickstofflimitiert ist. In Bezug auf die Nährstoffkonzentrationen in den Pflanzengruppen zeigte sich, dass stickstoffreiche Düngung bei allen Gruppen zu einer Zunahme der N Konzentration führte. Gleiches gilt für die P Konzentration bei P Düngung, jedoch war der Effekt der P-Zunahme in der Phytomasse deutlicher ausgeprägt als bei N. Aus diesen Werten ließ sich das Verhältnis von Stickstoff zu Phosphat (N:P ratio) berechnen. Hierbei konnte gezeigt werden, dass auch in diesem Ökosystem die Verwendung des N:P Verhältnisses zur Ermittlung des limitierenden Nährstoffs möglich ist. Selbst bei Zufuhr von Stickstoff wurden Werte unter 14 ermittelt, was für Stickstofflimitierung spricht und sich mit den Ergebnissen der Phytomasseuntersuchung deckt. Auch die Anwendung von Ellenberg-Zeigerwerten, um Änderungen in den Standortverhältnissen abzubilden, zeigte sich hier als praktikabel. Besonders der Stickstoff-Zeigerwert nahm mit starker Stickstoffdüngung zu, gleiches gilt für den Feuchte-Zeigerwert, wohingegen der Licht-Zeigerwert mit Stickstoff-düngung abnahm. Zum Schluss konnte noch gezeigt werden, dass die schon zuvor beobachtete Trennung von Flächen ohne bzw. mit nur geringer N-Düngung und solchen mit hoher N-Düngung in zwei Sukzessionslinien weiterschreitet und mit den Jahren noch ausgeprägter wurde. Wiederum entwickelte sich die P-Behandlung nicht deutlich anders als die Kontrolle. Aus den Ergebnissen kann geschlossen werden, dass zumindest geringe Stickstoffmengen, wie sie z.B. durch Deposition aus der Luft erfolgen, keine deutlichen Auswirkungen auf das Bestehen dieses Ökosystems haben. Erst bei sehr hohen N-Einträgen werden negative Auswirkungen auf die Vegetation und ihre Entwicklung deutlich. Durch Verschiebungen der Artenzusammensetzung und Steigerung der Produktivität können die typischen Pionierarten offener Standorte in ihrem Vorkommen gefährdet werden. Eine Betrachtung aller Ergebnisse macht deutlich, dass das abgestimmte Zusammenspiel von Abiotik, Biotik und Management wichtig für erfolgreiche Restitutionsvorhaben ist. Mithilfe des Nährstoffapplikations-Experiments konnte Stickstoff als limitierender Faktor im hier untersuchten Sandökosystem, welches auch den Zielpunkt der Restitutionsvorhaben darstellt, nachgewiesen werden. Durch die Aufschüttung von Tiefensand wurden auf den untersuchten Restitutionsflächen geringe Stickstoffgehalte im Boden erreicht. Es konnte gezeigt werden, dass erstens das Einbringen von (Ziel-)Arten auf Restitutionsflächen (mittels Rechgut einer Leitbildfläche), zweitens Krustentransplantationen (transplantierte Moose) und drittens epizoochor durch Schafe eingetragene Diasporen erfolgreiche Maßnahmen sind, um die Diasporenlimitierung zu überwinden, wohingegen die Bildung von Grünalgen-/ Cyanobakterien-Krusten spontan aus der Luft stattfinden kann. Bei keinem der Inokulations-Verfahren kann eine schnelle Entwicklung hin zu Leitbildgesellschaften erwartet werden, jedoch gehen die Entwicklungen in diese Richtung. Das nachfolgende Weidemanagement hatte bisher vor allem strukturelle Auswirkungen und dient außerdem als Vektor für epi- und endozoochore Ausbreitung.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2014 | ||||
Autor(en): | Freund, Linda L. H. | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Vegetation development in intact and restored base-rich sand ecosystems under different abiotic and biotic influences | ||||
Sprache: | Englisch | ||||
Referenten: | Schwabe-Kratochwil, Prof. Dr. Angelika ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard | ||||
Publikationsjahr: | 2014 | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 11 Dezember 2014 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/4309 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Sandökosysteme in Mitteleuropa sind durch Fragmentierung, Nutzungsaufgabe oder -intensivierung in ihrem Vorkommen stark gefährdet. Daher ist neben der Erhaltung bestehender Sandhabitate auch die Restitution degradierter oder zerstörter Flächen von großer Bedeutung. Dazu muss vor Beginn einer Restitutionsmaßnahme zunächst festgelegt werden, welche Pflanzengesellschaft Zielpunkt der Maßnahme sein soll; dabei sollten intakte Habitate als Referenzflächen herangezogen werden. Neben Kenntnissen über die gemeinschaftsbildenden Pflanzenarten (in speziellen Studien auch Tierarten), sollte auch bekannt sein, in welchen Konzentrationen Bodennährstoffe vorkommen und welcher Nährstoff in dem entsprechenden Ökosystem limitierend wirkt. Auf dieser Basis können entsprechende Maßnahmen geplant werden, um die Restitutionsfläche den abiotischen Bedürfnissen der Zielgesellschaft anzupassen. Als nächster Schritt ist zumeist ein gezieltes Einbringen von Diasporen der erwünschten Pflanzenarten auf die Restitutionsfläche notwendig, da die Zielarten meist eine geringe Ausbreitungskapazität besitzen und ohne Hilfe die Fläche gar nicht oder nur sehr langsam besiedeln könnten. Schließlich ist für naturnahe, vom Menschen geprägte Ökosysteme ein nachfolgendes Management nötig, um die Zielgesellschaft zu fördern und zu erhalten bzw. die Sukzession in Richtung monodominanter Grasbestände mit geringem Naturschutzwert zu verhindern. Die drei Aspekte der Restitution, nämlich Abiotik, Biotik und Management, wurden in einem großflächigen Restitutionsvorhaben auf der ´Apfelbachdüne´ nördlich von Darmstadt (Weiterstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg) untersucht (Kapitel 2). Die auf einem ehemaligen Acker gelegene Restitutionsfläche entstand durch die Aufschüttung von Tiefensand, was der Nährstoffreduktion dienen sollte. Durch die Aufschüttung zweier Sandqualitäten (sehr nährstoffarm bzw. etwas phosphatreicher) in einer ´side-by-side´ Anordnung sollte der Einfluss der Sandqualität auf die Vegetationsentwicklung untersucht werden. Im Weiteren wurden die Ansätze ´Minimalinokulation´ und ´Beweidung mit Eseln´ untersucht, wozu auf diesen zwei Flächen je 16 Plots systematisch angeordnet wurden; die Verteilung der Behandlungen auf die Plots erfolgte randomisiert. Die Minimalinokulation wurde angewendet um zu erproben, ob kleinflächige ´Inseln´ mit Rechgut einer Donorfläche (etwa 5-7 % der Gesamtfläche) zur großflächigen Entwicklung von Sandtrockenrasen ausreichen. Zusätzlich wurden die Diasporen-Ausbreitungsvektoren ´Wind´ und ´Esel´ beprobt. In Bezug auf die Sandqualität zeigte sich, dass diese eine große Rolle bei der Vegetationsentwicklung spielt, auf der P-reicheren Fläche kamen deutlich mehr Arten (auch Zielarten) bei gleichzeitig höherer Deckung vor als auf der nährstoffarmen Fläche. Allerdings konnte hierbei der Einfluss von P nicht sicher nachgewiesen werden, da das P-reichere Substrat durch oberirdische Lagerung vermutlich mit Diasporen verunreinigt worden war. Durch die Ausbringung des Rechguts konnten fast alle auf der Donorfläche nachgewiesenen Arten, zumeist Zielarten, auf die Restitutionsflächen transferiert werden, wodurch Zielarten auf den inokulierten Plots in Anzahl und Deckung überwogen. Beweidung führte zu einer Abnahme der Zielartendeckung inokulierter Plots, vornehmlich durch die Reduktion der Moos-Zielart Tortula ruraliformis. Nicht-inokulierte Plots und die zusätzlich untersuchten Rasterpunkte wurden von Ruderal- und Nicht-Zielarten dominiert, jedoch nahm die Anzahl von Zielarten während des vierjährigen Untersuchungszeitraums auf diesen Plots zu. Die Entfernung zwischen inokulierten Flächen und Rasterpunkten hatte kaum Effekte auf den Anteil von Zielarten oder deren Deckung. Im Vergleich mit Referenzflächen konnte in einer Ordination (DCA) eine Annäherung der inokulierten Plots an die Rechgut-Donorfläche und an eine bereits vor einigen Jahren restituierte Fläche beobachtet werden. Auch bei den nicht-inokulierten Plots deutete sich eine Entwicklung in diese Richtung an. Von den untersuchten Ausbreitungsvektoren zeigte sich der Diasporenniederschlag deutlich von Nicht-Zielarten dominiert, insgesamt konnten nur sieben Zielarten mit wenigen Diasporen nachgewiesen werden. Die Epizoochorie-Proben ergaben eine saisonale Veränderung der transportierten Diasporen. Zum ersten Probennahmetermin in Juni wurden sowohl relativ viele Zielarten wie auch Diasporen von Zielarten erfasst (besonders Medicago minima). An den folgenden zwei Probennahmeterminen (Aug., Sept.) wurden vornehmlich Nicht-Zielarten erfasst. In den nur zu einem Zeitpunkt genommenen Endozoochorie-Proben konnten, wie schon bei der Epizoochorie, im Juni über die Hälfte der Arten und Keimlinge den Zielarten zugeordnet werden. Sowohl bei Epi- wie auch bei Endozoochorie wurden insgesamt nur relativ wenige Arten erfasst; es gab eine geringe Artenüberschneidung. Neben dem Diasporentransport hatte die Beweidung mit Eseln bislang vor allem strukturelle Folgen. Besonders auf der nährstoffarmen Fläche kam es durch die Beweidung zu einem gleichbleibend hohen Offenbodenanteil, die Entwicklung einer Moosschicht wurde größtenteils verhindert. Auch die mit der Inokulation eingebrachte Moosschicht wurde dabei stark reduziert. Ein Zurückdrängen von Ruderalarten konnte bislang genauso wenig beobachtet werden wie eine Förderung von Zielarten. Die Ergebnisse machen deutlich, dass für Restitutionsvorhaben dieser Art zwar auch Sand geringerer Qualität zur Aufschüttung genutzt werden kann, aber mit einer ruderal geprägten Entwicklung und höherem Pflegeaufwand gerechnet werden muss. Eine kurzzeitige oberirdische Lagerung sollte aufgrund der Gefahr einer Kontamination mit Diasporen und nährstoffreicherem Substrat vermieden werden. Durch Minimal-Inokulation können Zielarten erfolgreich auf Restitutionsflächen eingebracht werden und im Folgenden als Besiedlungs-Initiatoren der Gesamtfläche fungieren. Allerdings muss bei dieser Art der Restitution von einer langsamen Besiedlung ausgegangen werden. Weidetiere können zur Ausbreitung von Zielarten beitragen, sofern die Beweidung mit dem Zeitpunkt der Samenreife der Zielarten abgestimmt wird. Außerdem sollte die Beweidung den Verhältnissen der Fläche angepasst sein, um zu hohen (oder zu niedrigen) Weidedruck zu verhindern. Beweidung sollte durch die Erhaltung von Dynamik das langfristige Bestehen von Pioniervegetation sichern können. Der tatsächliche Effekt von Epizoochorie – genauer die nachfolgende Etablierung der ausgebreiteten Pflanzenarten – wird in Kapitel 3 behandelt. In einem früheren Experiment wurden Diasporen von ausgewählten Arten manuell auf dem Fell eines Schafes ausgebracht, welches anschließend einige Zeit auf offenen Sandflächen verbrachte. Die sich aus den epizoochor eingebrachten Diasporen entwickelnden Pflanzen wurden über einen Zeitraum von sechs Jahren beobachtet. Von den zehn untersuchten Arten konnten sich alle mit Ausnahme von Jasione montana auf mindestens einer der drei Flächen ansiedeln. Mehrjährige Arten blieben in ihrer Individuenzahl konstant oder sie nahm zu, wohingegen die einjährigen Arten keine einheitliche Entwicklung ihrer Populationen zeigten. Die zusätzlich untersuchten räumlichen Verteilungsmuster waren zumeist ´aggregiert´, bei mehrjährigen Arten blieben die Muster im Gegensatz zu einjährigen Arten über die untersuchten Jahre relativ ähnlich. Die sich auf den Epizoochorie-Flächen ansiedelnde Pflanzengemeinschaft wurde auch mit Blick auf die umgebende Vegetation und ein nahes Naturschutzgebiet analysiert. In einer Ordination (NMDS) konnte gezeigt werden, dass sich die Flächen in Richtung der Umgebungsvegetation entwickelten. In Bezug auf die Zielarten entsprachen die Flächen zwar mengenmäßig den im Naturschutzgebiet ermittelten, jedoch war die Zielarten-Deckung deutlich geringer und eine Reihe typischer Sandrasenarten fehlte noch in der Vegetation. Mit diesem Experiment konnte gezeigt werden, dass sich mithilfe von Epizoochorie ausgebreitete Arten zumindest bei Vorhandensein von Offenboden ansiedeln können. Weidevieh könnte somit bei entsprechender Weideführung von Ziel- zu Restitutionsflächen das Einbringen von Zielarten ermöglichen. Wiederum auf der Restitutionsfläche ´Apfelbachdüne´ angesiedelt, befasst sich Kapitel 4 mit der Frage, ob bzw. wie sich die Einbringung stabiler biologischer Krusten auf die Entwicklung und Artenzusammensetzung neu entstehender Krusten auf initialem Substrat auswirkt. Dazu wurden insgesamt 16 Quadrate biologischer Krusten (à 11 cm x 11 cm) auf die nährstoffarme Fläche der Apfelbachdüne transplantiert; die Krusten stammen aus dem Koelerion glaucae-Bereich des ´Ehemaligen August Euler Flugplatzes´. Ein Vergleich der Artenzusammen-setzung dieser Krustentransplantate mit jener von initialen Krusten in drei Entfernungen zum Transplantat und in Kontrollflächen über einen Zeitraum von drei Jahren sollte klären, ob Effekte distanz- und/oder zeitabhängig sind. Die Entwicklung der initialen Krusten wurde auch mithilfe von Chlorophyll a-Messungen verfolgt. Bereits nach einem Jahr konnte eine initiale Kruste auf den Untersuchungsflächen nachgewiesen werden, die sich in ihrer Artenzusammensetzung kaum von den transplantierten Krusten unterschied. Da dies auch für die Kontrollflächen galt, wie eine Ordination (DCA) und Sørensen Indices deutlich machen, scheint der Einfluss der Krustentransplantate auf die Artenzusammensetzung eher gering zu sein. Allerdings blieben die Arten- und Taxazahlen sowie die Taxazahl von Cyanobakterien bis zum Ende der Untersuchungen in den drei Distanzen bzw. der Kontrolle deutlich geringer als in den Transplantaten, bei der Taxazahl von Grünalgen war dies jahresabhängig. Im Weiteren konnten distanz- und zeitabhängige Effekte der Transplantate auf die Gesamt- und Cyanobakterien-Taxazahl nachgewiesen werden. Dies gilt auch für die Sand-typischen, mit den Krustentransplantaten eingebrachten Moose, welche sich auf der Restitutionsfläche etablieren konnten. Bezüglich der Chlorophyll a-Gehalte konnte eine Zunahme vom ersten zum zweiten Jahr in der sich entwickelnden Kruste beobachtet werden, im dritten Jahr sank der Gehalt allerdings wieder etwas. Zusammenfassend kann aus diesem Versuch geschlossen werden, dass sich die Einbringung von Krustentransplantaten bei verschiedenen Taxa unterschiedlich auswirkt. Die Etablierung und Artenzusammensetzung von Cyanobakterien und eukaryotischen Algen wurde während der primären Sukzession kaum von transplantierten Krusten beeinflusst; die Besiedlung der Fläche erfolgte höchstwahrscheinlich durch die Luft. Dagegen kann für Moose die Einbringung von Krustentransplantaten als Besiedlungs-Initiator wirken. In Kapitel 5 wurden die Auswirkungen von Nährstoffen auf ein intaktes Sandökosystem untersucht. Im Jahr 2000 wurde ein Nährstoffapplikations-Experiment in fünffach repliziertem und randomisiertem Blockdesign im Bereich von Koelerion glaucae Pioniervegetation auf dem ´Ehemaligen August-Euler-Flugplatz von Darmstadt´ gestartet. Die acht Behandlungen umfassten neben einer Kontrolle die Gabe von Kohlenstoffquellen zur Stickstoffimmobilisierung (C), Phosphor (P), niedrig (n) und hoch dosierten Stickstoff (N), sowie Kombinationen von Stickstoff mit Mikro- und Makronährstoffen (NP, NPK, NPKM). Neben der Untersuchung der Vegetationsentwicklung lag der Fokus besonders auf der Auswertung von Phytomasse- und Nährstoffdaten verschiedener funktioneller Pflanzen-gruppen des Versuchszeitraums (bis mindestens 2010). In Bezug auf die Phytomassegewichte zeigte sich, dass die ober- und unterirdische Phytomasse von Phanerogamen sowie die Streu auf stickstoffreich gedüngten Flächen zunahmen. Phosphat hatte keine Auswirkung auf die Phytomasse. Dagegen wurde die Phytomasseproduktion von Kryptogamen eher durch stickstoffarme bzw. -freie Düngung gefördert. Die Zunahme der Phanerogamen-Phytomasse unter N-Düngung macht deutlich, dass dieses Ökosystem stickstofflimitiert ist. In Bezug auf die Nährstoffkonzentrationen in den Pflanzengruppen zeigte sich, dass stickstoffreiche Düngung bei allen Gruppen zu einer Zunahme der N Konzentration führte. Gleiches gilt für die P Konzentration bei P Düngung, jedoch war der Effekt der P-Zunahme in der Phytomasse deutlicher ausgeprägt als bei N. Aus diesen Werten ließ sich das Verhältnis von Stickstoff zu Phosphat (N:P ratio) berechnen. Hierbei konnte gezeigt werden, dass auch in diesem Ökosystem die Verwendung des N:P Verhältnisses zur Ermittlung des limitierenden Nährstoffs möglich ist. Selbst bei Zufuhr von Stickstoff wurden Werte unter 14 ermittelt, was für Stickstofflimitierung spricht und sich mit den Ergebnissen der Phytomasseuntersuchung deckt. Auch die Anwendung von Ellenberg-Zeigerwerten, um Änderungen in den Standortverhältnissen abzubilden, zeigte sich hier als praktikabel. Besonders der Stickstoff-Zeigerwert nahm mit starker Stickstoffdüngung zu, gleiches gilt für den Feuchte-Zeigerwert, wohingegen der Licht-Zeigerwert mit Stickstoff-düngung abnahm. Zum Schluss konnte noch gezeigt werden, dass die schon zuvor beobachtete Trennung von Flächen ohne bzw. mit nur geringer N-Düngung und solchen mit hoher N-Düngung in zwei Sukzessionslinien weiterschreitet und mit den Jahren noch ausgeprägter wurde. Wiederum entwickelte sich die P-Behandlung nicht deutlich anders als die Kontrolle. Aus den Ergebnissen kann geschlossen werden, dass zumindest geringe Stickstoffmengen, wie sie z.B. durch Deposition aus der Luft erfolgen, keine deutlichen Auswirkungen auf das Bestehen dieses Ökosystems haben. Erst bei sehr hohen N-Einträgen werden negative Auswirkungen auf die Vegetation und ihre Entwicklung deutlich. Durch Verschiebungen der Artenzusammensetzung und Steigerung der Produktivität können die typischen Pionierarten offener Standorte in ihrem Vorkommen gefährdet werden. Eine Betrachtung aller Ergebnisse macht deutlich, dass das abgestimmte Zusammenspiel von Abiotik, Biotik und Management wichtig für erfolgreiche Restitutionsvorhaben ist. Mithilfe des Nährstoffapplikations-Experiments konnte Stickstoff als limitierender Faktor im hier untersuchten Sandökosystem, welches auch den Zielpunkt der Restitutionsvorhaben darstellt, nachgewiesen werden. Durch die Aufschüttung von Tiefensand wurden auf den untersuchten Restitutionsflächen geringe Stickstoffgehalte im Boden erreicht. Es konnte gezeigt werden, dass erstens das Einbringen von (Ziel-)Arten auf Restitutionsflächen (mittels Rechgut einer Leitbildfläche), zweitens Krustentransplantationen (transplantierte Moose) und drittens epizoochor durch Schafe eingetragene Diasporen erfolgreiche Maßnahmen sind, um die Diasporenlimitierung zu überwinden, wohingegen die Bildung von Grünalgen-/ Cyanobakterien-Krusten spontan aus der Luft stattfinden kann. Bei keinem der Inokulations-Verfahren kann eine schnelle Entwicklung hin zu Leitbildgesellschaften erwartet werden, jedoch gehen die Entwicklungen in diese Richtung. Das nachfolgende Weidemanagement hatte bisher vor allem strukturelle Auswirkungen und dient außerdem als Vektor für epi- und endozoochore Ausbreitung. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-43096 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 580 Pflanzen (Botanik) |
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Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 10 Fachbereich Biologie 10 Fachbereich Biologie > Vegetationsökologie und Restitution |
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Hinterlegungsdatum: | 28 Dez 2014 20:55 | ||||
Letzte Änderung: | 28 Dez 2014 20:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Schwabe-Kratochwil, Prof. Dr. Angelika ; Thiel, Prof. Dr. Gerhard | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 11 Dezember 2014 | ||||
Export: | |||||
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