Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) sind große, granuläre Lymphozyten des angeborenen Immunsystems, welche fremdartige, krankhaft veränderte sowie virus-infizierte Zellen spontan und ohne vorherige Sensibilisierung töten. Weiterhin agieren NK-Zellen durch Sekretion von Chemokinen und Zytokinen sowie durch direkte Interaktion mit anderen Immunzellen wie z.B. Dendritischen Zellen als Immunregulatoren.
Ihre Funktion wird dabei durch ein Gleichgewicht zwischen inhibierenden und aktivierenden Signalen gesteuert, welche durch die Interaktion mit einer Zielzelle in das NK-Zellinnere übermittelt werden. Einer der wichtigsten aktivierenden NK-Zellrezeptoren ist NKp30, ein Mitglied der Familie der natürlichen Zytotoxizitätsrezeptoren (natural cytotoxicity receptors, NCRs). NKp30 ist einmalig unter
den aktivierenden NK-Zellrezeptoren, da er als einziger sowohl die NK-Zell-vermittelte Zytotoxizität auslöst als auch die erworbene Immunantwort beeinflusst. Eine verringerte NKp30 Expression hat klinische Folgen für Patienten, die an akuter myeloider Leukämie (AML), Gebärmutterhalskrebs, Plattenepithelkarzinom
(high grade squamous intraepithelial lesions, HGSIL) oder auch Weichgewebstumoren (gastrointestinal sarcoma, GIST) erkrankt sind. Zudem resultiert aus der NKp30 Herunterregulation eine geringere natürliche Zytotoxizität gegenüber Leukämiezellen, welche direkt mit einer verringerten Überlebensrate korreliert.
NKp30 ist ein Typ I Transmembranprotein von etwa 30 kDa, welches aus einer I-Typ Ig-ähnlichen Ligandenbindedomäne (LBD), einer flexiblen membrannahen Stalkdomäne, einer einzelnen Transmembranhelix und einem kurzen zytoplasmatischen Schwanz aufgebaut ist. Um Signale im Zellinneren weiterleiten zu können, assoziiert NKp30 mit dem ITAM (immunoreceptor tyrosin-based activatin motif)-enthaltenden Adapterprotein CD3zeta über entgegengesetzt geladene Aminosäurereste innerhalb ihrer Transmembrandomänen. Im Jahr 2011 wurde die 3D-Struktur der Ligangenbindedomäne von NKp30 sowohl in einer ungebunden als auch einer Liganden-gebundenen Form gelöst. Da bisher nur wenige zelluläre Liganden (BAG-6, B7-H6) entdeckt wurden, sind die molekularen Einzelheiten der Ligandenerkennung durch NKp30 weitgehend unbekannt. Vor kurzem konnte jedoch gezeigt werden, dass sowohl die Länge als auch die Aminosäuresequenz der membrannahen Stalkdomäne von NKp30 bedeutsam für eine effiziente Ligandenbindung und Signalweiterleitung sind. Außerdem wurde bewiesen, dass eine
korrekte N-verknüpfte Glykosylierung der LBD essentiell für die Ligandenbindung ist. Es bleibt aber weiterhin unklar, wodurch dieser keimbahn-kodierte Rezeptor in der Lage ist, verschiedene nicht verwandte Liganden zu erkennen. Interessanterweise wurde ein kristallographisches Dimer der NKp30 Ektodomäne beobachtet, was auf ein intrinsisches Potential zur Selbstassemblierung schließen lässt. Zudem
konnte aus einer Präparation von NKp30 Protein, welches aus E. coli hergestellt wurde, mittels Größenausschlusschromatographie eine Oligomer-enthaltende Fraktion isoliert werden.
Das Ziel dieser Arbeit war es, strukturelle Modelle und Mechanismen zu identifizieren, welche eine Variabilität der Interaktionsfläche zwischen NKp30 und seinen Liganden ermöglicht, um eine Vielzahl von verschiedenen Liganden zu erkennen. Es wurden lösliche Varianten der NKp30 Ektodomäne sowie ein anti-NKp30 Antikörper, welcher spezifisch ein Epitop innerhalb der LBD von NKp30 erkennt, für molekulare und zelluläre Analysemethoden hergestellt. Mit Hilfe dieser Proteine wurde die intrinsische Fähigkeit von NKp30, Oligomere auszubilden, untersucht, welche die Ligandenbindeaffinität sowie auch die effiziente Zielzelltötung durch NK-Zellen beeinflussen könnte.
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Baculovirus-infizierte Insektenzellen ein geeignetes Expressionssystem
zur Herstellung von richtig gefalteten, post-translational modifizierten und ligandenbindungskompetenten NKp30 Proteinen sind, welche in ihrer Funktionalität den in humanen Expressionswirten hergestellten Proteinen gleichgestellt sind. Außerdem wurde ein polyklonaler anti-NKp30 Antikörper aus dem Blutserum eines Peptid-immunisierten Kaninchens gereinigt, welcher spezifisch ein in der NKp30LBD lokalisiertes Epitop erkennt, und für verschiedene molekulare und zelluläre Anwendungen
validiert. Basierend auf löslichen NKp30 Proteinen, welche entweder die gesamte NKp30 Ektodomäne (LBD und Stalkdomäne) oder nur die LBD enthielten, wurde eine konzentrationsabhängige Ausbildung von Homo-Oligomeren der NKp30 Ektodomäne gefunden. Die Selbstassemblierung der NKp30 Ektodomäne wird durch zwei spezifische Bindestellen ermöglicht, welche sich in der Ig-Domäne sowie in der membrannahen Stalkdomäne von NKp30 befinden. Diese NKp30 Ektodomänenoligomere waren funktional hinsichtlich der Ligandenbindung und trugen zudem zu einer hoch-affinen Interaktion mit dem zellulären Liganden B7-H6 bei, welche besonders stark durch die Stalkdomäne begünstigt wurde. Obwohl beide NKp30 Ektodomänenoligomere in Lösung sphärische Partikel mit dem gleichen Durchmesser
ausbildeten, waren die Oligomere bestehend aus der NKp30 Ektodomänvariante mit Stalkdomäne aus mehr Monomeren aufgebaut. Elektronenmikroskopische Untersuchungen von Einzelpartikeln ergaben zudem eine immens erhöhte Zahl berechneter 2D Klassen für die Oligomerpartikel der vollständigen NKp30 Ektodomäne. Daher wird für die Monomere beider NKp30 Ektodomänvarianten eine Anordnung in Form der dichtesten Kugelpackung vorgeschlagen. Aufgrund der Flexibilität der Stalkdomäne könnten vielfältigere Orientierungen der Monomere innerhalb der Partikel ermöglicht werden, wodurch sich die Heterogenität der strukturellen Anordnung weiter erhöht. Aufgrund von Dekorationsexperimenten mit löslichen NKp30 Ektodomänenproteinen und primären NK-Zellen, welche physiologischere Bedingungen für die NKp30 Selbstassemblierung widerspiegeln, wird jedoch eine geordnete Aneinanderreihung von NKp30 Rezeptoren in der Plasmamembran mit einer Kopf-an-Kopf-Orientierung zueinander
vorgeschlagen. Basierend auf diesen Daten stellt die Oligomerisierung der NKp30 Ektodomäne einen wirksamen Mechanismus dar, um die Ligandenbindeaffinität von NKp30 durch zunehmende Avidität zu verstärken. Da der Grad der Oligomerisierung von der lokalen Rezeptorkonzentration abhängig ist, welche durch IL-2 während der NK-Zellaktivierung hochreguliert wird, könnte die Homo-Oligomerisierung von NKp30 ein molekularer Überträger der NK-Zellaktivierung zu verstärkter Zytotoxizität sein.
Zukünftige Experimente sind nun auf die Untersuchung der NKp30 Selbstassemblierung auf der Plasmamembran von NK-Zellen ausgerichtet, um die Regulierung der Zytotoxizität von NK-Zell-basierten Therapien zu ermöglichen. | Deutsch |