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Untersuchungen zur Induktion und Reparatur von DNA-Schäden durch Hydroxyurea

Iloff, Lucie (2014)
Untersuchungen zur Induktion und Reparatur von DNA-Schäden durch Hydroxyurea.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die durch eine Hydroxyurea-Behandlung (HU) induzierte Depletion von Desoxyribonukleotiden wurde über einen langen Zeitraum zur Therapie von Krankheiten wie HIV und verschiedener Krebsarten, insbesondere von Leukämien eingesetzt. Durch die Arretierung von Replikationsgabeln, die von der Depletion des Desoxyribonukleotid-Pools ausgelöst wird, bietet sich eine HU-Behandlung von Zellen außerdem für Untersuchungen des zellulären Verhaltens nach Replikationsstress an. Bei früheren Untersuchungen konnte mit Hilfe der Pulsfeldgelelektrophorese gezeigt werden, dass eine HU-Behand¬lung zeitabhängig zur Induktion von DNA-Doppelstrangbrüchen (DSBs) führt. In der vorliegenden Arbeit konnte dies mit immunfluoreszenzmikroskopischen Analysen jedoch zum ersten Mal auf Einzelzellebene bestätigt werden. Bei der Untersuchung des Zellzyklusverhaltens sowie der DSB-Reparatur nach einer 24-stündigen HU-Behandlung zeigte sich das erstaunliche Ergebnis, dass nach dieser Behandlung kein G2/M-Arrest induziert wird und gleichzeitig nur eine ineffiziente DSB-Reparatur erfolgt. Durch den Einsatz von Zellen mit einer Defizienz im Reparaturweg der homologen Rekombination (HR) konnte die bereits in früheren Arbeiten mit Überlebensexperimenten gezeigte HR-abhängige Reparatur HU-induzierter DSBs auf Einzelzellebene bestätigt werden. Außerdem konnte mit diesem Experiment gezeigt werden, dass die detektierte ineffiziente Reparatur nicht durch ein Gleichgewicht zwischen effizienter Reparatur von DSBs und der Induktion neuer DSBs über einen sekundären Mechanismus nach Ende der HU-Behandlung zustande kommt, sondern möglicherweise auf die Struktur der HU-induzierten DSBs zurückzuführen ist. Die ineffiziente DSB-Reparatur in Kombination mit dem fehlenden G2/M-Arrest führten dazu, dass Zellen mit einer signifikant erhöhten Anzahl an γH2AX-Foci und Chromatidbrüchen durch die G2-Phase, die Mitose sowie die G1-Phase progressierten. Diese Situation stellt für Zellen eine ernste Bedrohung ihrer genomischen Integrität dar und wurde aufgrund dessen im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit näher untersucht. Bei der Untersuchung der Checkpoint-Profizienz HU-behandelter Zellen zeigte sich, dass nach der Kom¬bination einer HU-Behandlung und Röntgenbestrahlung oder einer kombinierten Behandlung mit HU und Methylmethan¬sulfonat (MMS) ein G2/M-Arrest induziert wird. Da Zellen nach einer solchen kombinierten Behandlung zwar einen G2/M-Arrest induzierten, diesen aber früher aufhoben als Zellen, die nur bestrahlt wurden bzw. nur mit MMS behandelt wurden, scheint eine HU-Behandlung eine Störung in der Aufrechterhaltung des G2/M-Arrests hervorzurufen. Für die genauere Charakterisierung der durch die verschiedenen Behandlungen induzierten Zellzyklus-kontroll-Signalkaskade wurden die beiden phosphorylierten und damit aktiven Checkpoint¬kinasen Chk1 und Chk2 untersucht. Während Chk2 durch eine HU-Behandlung nur sehr schwach aktiviert wird, induziert sowohl eine kurze (2 h) als auch eine lange (24 h) HU-Behandlung ein sehr starkes pChk1-Signal. Da Chk1 nicht nur durch resektierte DSBs sondern auch durch arretierte Replikationsgabeln aktiviert wird, könnte die, von den arretierten Replikationsgabeln ausgelöste, lang anhaltende Aktivierung von Chk1 zur Depletion des intrazellulären Chk1-Pools führen. Da in der Literatur bereits mehrfach die wichtige Rolle von Chk1 bei der Aufrechterhaltung des G2/M-Arrests diskutiert wurde, könnte diese Depletion zusammen mit der nur sehr geringen Aktivierung von Chk2, die durch eine HU-Behandlung ausgelöst wird, eine Erklärung für die fehlende Induktion eines G2/M-Arrests nach einer 24-stündigen HU-Behandlung darstellen. Um die ineffiziente Reparatur nach einer 24-stündigen HU-Behandlung zu analysieren, wurde mit Hilfe von Rad51- und Rad54-Depletion die Struktur der HU-induzierten DSBs charakterisiert. Rad51 und Rad54 spielen wichtige Rollen in der Reparatur von DSBs über die HR. Die in dieser Arbeit darge¬stellten Ergebnisse zeigten, dass sich 30 – 40 % der HU-induzierten DSBs in einem späten Schritt der HR befinden, während dem die DNA-Reparatur-Synthese stattfinden sollte. Möglicherweise wird die für die HR-abhängige DSB-Reparatur nötige DNA-Synthese bereits während der HU-Behandlung induziert. Da diese unter HU-Einfluss aber nicht ablaufen kann, könnte es zu einem Kollaps des DNA-Reparatur-Synthese-Komplexes kommen, wie er für die Replikationsgabeln in der S-Phase beschrieben ist. Diese Vermutung wird von der effizienteren Reparatur nach einer kürzeren, 10-stündigen HU-Behandlung unterstützt, da die DNA-Reparatur-Synthese über einen kürzeren Zeitraum inhibiert wird. Die übrigen durch HU induzierten DSBs befinden sich in einem früheren Schritt der HR, vermutlich bei der von Rad51 vermittelten Homologiesuche im Schwesterchromatid. Warum diese Homologiesuche während und nach der HU-Behandlung so viel Zeit in Anspruch nimmt, könnte möglicherweise auf die während der S-Phase aufgelockerte Chromatinstruktur zurückzuführen sein. Die Überprüfung dieser Theorien sowie der Fragestellung, ob es zu einer Depletion des Chk1-Pools durch die langanhaltende Aktivierung aufgrund der arretierten Replikationsgabeln kommt, wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2014
Autor(en): Iloff, Lucie
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Untersuchungen zur Induktion und Reparatur von DNA-Schäden durch Hydroxyurea
Sprache: Deutsch
Referenten: Löbrich, Prof. Dr. Markus ; Laube, Prof. Dr. Bodo ; Cardoso, Prof. Dr. Cristina ; Rödel, Prof. Dr. Franz
Publikationsjahr: 2014
Datum der mündlichen Prüfung: 15 August 2014
URL / URN: http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/4131
Kurzbeschreibung (Abstract):

Die durch eine Hydroxyurea-Behandlung (HU) induzierte Depletion von Desoxyribonukleotiden wurde über einen langen Zeitraum zur Therapie von Krankheiten wie HIV und verschiedener Krebsarten, insbesondere von Leukämien eingesetzt. Durch die Arretierung von Replikationsgabeln, die von der Depletion des Desoxyribonukleotid-Pools ausgelöst wird, bietet sich eine HU-Behandlung von Zellen außerdem für Untersuchungen des zellulären Verhaltens nach Replikationsstress an. Bei früheren Untersuchungen konnte mit Hilfe der Pulsfeldgelelektrophorese gezeigt werden, dass eine HU-Behand¬lung zeitabhängig zur Induktion von DNA-Doppelstrangbrüchen (DSBs) führt. In der vorliegenden Arbeit konnte dies mit immunfluoreszenzmikroskopischen Analysen jedoch zum ersten Mal auf Einzelzellebene bestätigt werden. Bei der Untersuchung des Zellzyklusverhaltens sowie der DSB-Reparatur nach einer 24-stündigen HU-Behandlung zeigte sich das erstaunliche Ergebnis, dass nach dieser Behandlung kein G2/M-Arrest induziert wird und gleichzeitig nur eine ineffiziente DSB-Reparatur erfolgt. Durch den Einsatz von Zellen mit einer Defizienz im Reparaturweg der homologen Rekombination (HR) konnte die bereits in früheren Arbeiten mit Überlebensexperimenten gezeigte HR-abhängige Reparatur HU-induzierter DSBs auf Einzelzellebene bestätigt werden. Außerdem konnte mit diesem Experiment gezeigt werden, dass die detektierte ineffiziente Reparatur nicht durch ein Gleichgewicht zwischen effizienter Reparatur von DSBs und der Induktion neuer DSBs über einen sekundären Mechanismus nach Ende der HU-Behandlung zustande kommt, sondern möglicherweise auf die Struktur der HU-induzierten DSBs zurückzuführen ist. Die ineffiziente DSB-Reparatur in Kombination mit dem fehlenden G2/M-Arrest führten dazu, dass Zellen mit einer signifikant erhöhten Anzahl an γH2AX-Foci und Chromatidbrüchen durch die G2-Phase, die Mitose sowie die G1-Phase progressierten. Diese Situation stellt für Zellen eine ernste Bedrohung ihrer genomischen Integrität dar und wurde aufgrund dessen im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit näher untersucht. Bei der Untersuchung der Checkpoint-Profizienz HU-behandelter Zellen zeigte sich, dass nach der Kom¬bination einer HU-Behandlung und Röntgenbestrahlung oder einer kombinierten Behandlung mit HU und Methylmethan¬sulfonat (MMS) ein G2/M-Arrest induziert wird. Da Zellen nach einer solchen kombinierten Behandlung zwar einen G2/M-Arrest induzierten, diesen aber früher aufhoben als Zellen, die nur bestrahlt wurden bzw. nur mit MMS behandelt wurden, scheint eine HU-Behandlung eine Störung in der Aufrechterhaltung des G2/M-Arrests hervorzurufen. Für die genauere Charakterisierung der durch die verschiedenen Behandlungen induzierten Zellzyklus-kontroll-Signalkaskade wurden die beiden phosphorylierten und damit aktiven Checkpoint¬kinasen Chk1 und Chk2 untersucht. Während Chk2 durch eine HU-Behandlung nur sehr schwach aktiviert wird, induziert sowohl eine kurze (2 h) als auch eine lange (24 h) HU-Behandlung ein sehr starkes pChk1-Signal. Da Chk1 nicht nur durch resektierte DSBs sondern auch durch arretierte Replikationsgabeln aktiviert wird, könnte die, von den arretierten Replikationsgabeln ausgelöste, lang anhaltende Aktivierung von Chk1 zur Depletion des intrazellulären Chk1-Pools führen. Da in der Literatur bereits mehrfach die wichtige Rolle von Chk1 bei der Aufrechterhaltung des G2/M-Arrests diskutiert wurde, könnte diese Depletion zusammen mit der nur sehr geringen Aktivierung von Chk2, die durch eine HU-Behandlung ausgelöst wird, eine Erklärung für die fehlende Induktion eines G2/M-Arrests nach einer 24-stündigen HU-Behandlung darstellen. Um die ineffiziente Reparatur nach einer 24-stündigen HU-Behandlung zu analysieren, wurde mit Hilfe von Rad51- und Rad54-Depletion die Struktur der HU-induzierten DSBs charakterisiert. Rad51 und Rad54 spielen wichtige Rollen in der Reparatur von DSBs über die HR. Die in dieser Arbeit darge¬stellten Ergebnisse zeigten, dass sich 30 – 40 % der HU-induzierten DSBs in einem späten Schritt der HR befinden, während dem die DNA-Reparatur-Synthese stattfinden sollte. Möglicherweise wird die für die HR-abhängige DSB-Reparatur nötige DNA-Synthese bereits während der HU-Behandlung induziert. Da diese unter HU-Einfluss aber nicht ablaufen kann, könnte es zu einem Kollaps des DNA-Reparatur-Synthese-Komplexes kommen, wie er für die Replikationsgabeln in der S-Phase beschrieben ist. Diese Vermutung wird von der effizienteren Reparatur nach einer kürzeren, 10-stündigen HU-Behandlung unterstützt, da die DNA-Reparatur-Synthese über einen kürzeren Zeitraum inhibiert wird. Die übrigen durch HU induzierten DSBs befinden sich in einem früheren Schritt der HR, vermutlich bei der von Rad51 vermittelten Homologiesuche im Schwesterchromatid. Warum diese Homologiesuche während und nach der HU-Behandlung so viel Zeit in Anspruch nimmt, könnte möglicherweise auf die während der S-Phase aufgelockerte Chromatinstruktur zurückzuführen sein. Die Überprüfung dieser Theorien sowie der Fragestellung, ob es zu einer Depletion des Chk1-Pools durch die langanhaltende Aktivierung aufgrund der arretierten Replikationsgabeln kommt, wird Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Hydroxyurea (HU) was used for treating diseases such as HIV and cancer, especially leukemia, for decades because HU depletes the deoxribonucleotide pool. Since the exhaustion of deoxyribonucleotides stalls replication forks in S-phase cells, HU is a good model drug to study cellular behavior after replication stress. With puls-field gel electrophoresis it has been shown that HU induces double-strand breaks (DSBs) in a time-dependent manner. In this study, I was able to confirm these findings within single cells by using immunofluorescence analysis. Cells treated for 24 h with HU showed inefficient DSB repair and did not elicit an efficient G2/M checkpoint. The repair of HU induced DSBs via a homologous recombination (HR) repair pathway had already been shown with survival assays. By depleting essential HR factors, this finding was confirmed in this study. In addition, the results of my experiments clarify that the reason for the inefficient repair is not a steady state between efficient DSB repair and newly generated DSBs via a secondary mechanism after the removal of HU, but rather arises from the structure of the HU-induced DSBs. The combination of inefficient DSB repair and the missing G2/M-checkpoint results in progression of cells to G2 phase, mitosis, and G1 phase with highly elevated numbers of γH2AX foci as well as chromatid breaks. As this situation is a major threat for the genomic integrity of cells, it was further investigated in this study. Using a combination of HU treatment and irradiation or a combination of HU and methyl methanesulfonate (MMS) treatment, I was able to show that HU treated cells are still checkpoint proficient. Nevertheless, cells treated with one of the above mentioned combinations showed impaired G2/M checkpoint maintenance. This means that although HU has no impact on the induction it affects the maintenance of the G2/M checkpoint. To better understand the underlying mechanism, the two phosphorylated and thereby activated checkpoint kinases Chk1 and Chk2 were further investigated. There was only a slight activation of Chk2 after HU treatment, whereas both a short (2 h) and a long (24 h) HU treatment induced a robust pChk1 signal. Since Chk1 is activated by stalled replication forks as well as by resected DSBs, the persistent Chk1 activation as a result of the stalled replication forks could induce a depletion of the intracellular Chk1 pool. In previous studies the importance of the Chk1 signal for the maintenance of the G2/M checkpoint was highlighted. Hence, the exhaustion of Chk1 and the weak activation of Chk2 by HU treatment could be the reason for the absent G2/M checkpoint. To investigate the inefficient DSB repair post HU treatment the depletion of Rad51 and Rad54 was used to analyze the DSB structure. Rad51 and Rad54 are essential proteins for the HR repair pathway. The results of these experiments show that 30-40% of the HU induced DSBs occur during an HR step in which the DNA synthesis should take place. Hence, it is possible that the DNA synthesis is already induced at a time when cells are still exposed to HU. Since DNA synthesis cannot proceed during HU treatment, the DNA synthesis complex could collapse in a manner comparable to the mechanism which is postulated for replication fork collapse in S-phase cells. The more efficient repair of DSBs after shorter (10h) HU treatment provides further evidence for this theory as DSB repair is inhibited for a shorter time period. The remaining DSBs occur in an early step of HR probably during Rad51 mediated homology search. The long-lasting homology search could be due to the unwinding of the chromatin during S phase. The verification of these theories, as well as the question if Chk1 is exhausted by long-lasting HU treatment, will be part of further studies.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-41314
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 10 Fachbereich Biologie
10 Fachbereich Biologie > Radiation Biology and DNA Repair
Hinterlegungsdatum: 31 Aug 2014 19:55
Letzte Änderung: 31 Aug 2014 19:55
PPN:
Referenten: Löbrich, Prof. Dr. Markus ; Laube, Prof. Dr. Bodo ; Cardoso, Prof. Dr. Cristina ; Rödel, Prof. Dr. Franz
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 15 August 2014
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