Forster, Simon (2014)
Open tubular-Kapillaren für die Hochdruckflüssigchromatographie.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Miniaturisierte HPLC (high pressure liquid chromatography)-Systeme sind in der alltäglichen Anwendung noch eher selten vertreten. Die große Mehrheit der etablierten Methoden beinhalten 4,6 mm-Edelstahlsäulen. Moderne Anwendungsgebiete wie die Proteomforschung, Einzellanalysen oder klinische Applikationen könnten den Übergang solcher Formate von der Wissenschaft in die Praxis jedoch beschleunigen. Als größten Vorteil eines geringeren Säulenvolumens, direkte Konsequenz aller Miniaturisierungsansätze, kann die Verringerung des benötigten Injektionsvolumens und damit des Probenverbrauchs betrachtet werden. Besonders in probenlimitierten Separationsaufgaben ist eine Entwicklung hin zu kleineren Säulendimensionen unausweichlich. Neben dem naheliegendsten Prinzip des Packens poröser Partikel in fused silica-Kapillaren zählen ebenso monolithische in situ-Synthesen, Chips und open tubular (OT)-Kapillaren zur Klasse miniaturisierter Säulenformate. Letztere stellen heute das Standardformat in der Gaschromatographie dar, fristen in der Flüssigchromatographie jedoch ein auf die Wissenschaft beschränktes Randdasein. Zwar sind schon in den 1980er-Jahren die theoretischen Grundlagen für die Einschätzung des Leistungspotentials dieser Kapillarklasse gelegt worden, allein mangelt es bis heute an präparativen Fertigungstechniken zur Deposition eines dicken, homogenen, fest angebundenen und vollporösen Films an der Kapillarinnenwand. Präparative Verfahren aus den 1990er-Jahren boten mitunter vielversprechende Bodenzahlen, teilten jedoch durchweg das Problem zu geringer Retention bzw. impraktikabel geringer Beladungskapazität. Zusätzlich konnten zu dieser Zeit verfügbare Chromatographie-Instrumente nicht ohne weiteres Flussraten im nL/min-Bereich kontrollieren und Detektionsprobleme, aufgrund der sehr geringen Elutionsvolumina, spielten ebenfalls eine Rolle (moderne LC-Instrumente sind heute sehr viel besser für solche Dimensionen ausgelegt). Durch Übertragung der sehr detailliert untersuchten Sol-Gel-Synthese zur Herstellung von Silica-Monolithen (NAKANISHI-Prozess) auf sehr kleine Dimensionen („confined spaces“, z. B. Kapillaren mit 10-20 μm Innendurchmesser) konnte ein neues, statisches Verfahren zur open tubular-Synthese entwickelt werden. Die physikalische Grundlage für diesen Prozess ist durch die Besonderheiten der Kombination aus Phasenseparation und Sol-Gel-Übergang in kleinen Reaktionsräumen gegeben, welche statt in einer dreidimensionalen, korallenartigen und vor allem ungerichteten Morphologie des resultierenden Materials in einer Schichtbildung entlang der begrenzenden Fläche resultiert. Wenn diese begrenzende Fläche eine sehr kleine, aber mehrere Meter lange fused silica-Kapillare ist, kann die ca. 500 nm dicke, vollporöse Schicht im Anschluss als stationäre Phase in der Kapillar-HPLC genutzt werden. Die Durchmesserabhängigkeit dieses Effekts konnte durch Synthesen in 50, 20, 15 und 10 μm Innendurchmesser (ID)-Varianten gezeigt werden. Qualitative Struktureigenschaften wie Schichtdicke und optische Homogenität wurden durch Anwendung von Rasterelektronenmikroskopie auf den Kapillarquerschnitt zugänglich. Die spezifische Oberfläche sowie Mesoporosität des Materials konnte nur indirekt über Stickstoffsorptionsmessungen mit bulk-Vergleichsmaterial erfolgen (ca. 200 m²/g, ca. 10 nm Porendurchmesser). Die resultierenden Silica-Kapillaren wurden zur Trennung von Testgemischen sowie einfachen Applikationsbeispielen niedermolekularer Analyten (ca. 100-500 g/mol) in Normal- und Umkehrphase eingesetzt. Letztere wurde durch eine dem Herstellverfahren nachgeschaltete Octadecylsilan-Oberflächenmodifizierung ohne Endcapping-Schritt mit einem monofunktionellen Aminosilan realisiert. Es konnten zufriedenstellende Retentionsfaktoren im Umkehrphasen-Gradientenmodus in der (nicht Basislinien-)Trennung eines 32-Komponenten-Pestizidgemisches erhalten werden. Eine VAN DEEMTER-Auftragung für eine 15 μm ID-Variante wies ein Minimum von ca. 18 μm (Propylbenzol) für das Äquivalent eines theoretischen Bodens auf. Bezogen auf diese Bodenzahl/m-Bewertung sind open tubular-Kapillaren jedoch grundsätzlich nicht konkurrenzfähig, wird doch eine sehr wichtige Eigenschaft auf diese Weise nicht berücksichtigt: Die bis zu 600-fach höhere Permeabilität, im Vergleich mit jeweils einer partikelgepackten und monolithischen, kommerziell erhältlichen Silica-Kapillare, welche als Referenzsäulen fungierten. Erst die Leistungsbemessung nach einer kinetischen Optimierungsmethode, unter Berücksichtigung des deutlich reduzierten Fließwiderstands der OTs, ermöglichte eine faire Bewertung unter (für jede untersuche Kapillare) optimalen Bedingungen. Dies beinhaltete eine Auftragung der minimalen Analysenzeit, welche zum Erreichen einer erforderlichen Bodenzahl benötigt wird (kinetische Plots). Dieser Ansatz ist in der Praxis wenig verbreitet, erforderte er bis zur Veröffentlichung eines einfachen Tools zur Umrechnung von H/u-Daten in t/N-Wertepaare (nach DESMET, 2005) noch iterative, computergestützte Simulationsschritte. Dieses Bewertungsverfahren wurde in der vorliegenden Arbeit zur sinnvollen Bemessung des Leistungspotentials der synthetisierten open tubular-Kapillaren eingesetzt. Das Ergebnis ist in hervorragendem Einklang mit theoretischen Berechnungen anderer Autoren, da durch das hier vorgestellte neue Sol-Gel-Verfahren für LCPhasensynthesen zum ersten Mal eine Möglichkeit zur reproduzierbaren Synthese dicker Schichten („thick film“) zur Verfügung steht. Für die kleinste Variante (10 μm ID) ist die kinetische Grenzleistung (die maximal erreichbare Leistung pro Analysenzeit unter Optimierung aller zur Verfügung stehenden Parameter) bereits höher als für die ebenfalls untersuchte, kommerzielle Referenzkapillare. Dies erfordert eine Durchführung am Drucklimit, welches instrumentell bedingt im vorliegenden Fall bei 350 bar lag. Die für diese Grundbedingung notwendige, variable Säulenlänge lässt sich im Falle von open tubular- (und ebenso für monolithische) Kapillaren aufgrund der Abwesenheit von Fritten sehr einfach realisieren. Das Problem unzureichender Retention sowie kaum realisierbar geringer Beladungskapazität bisheriger, präparativer Arbeiten zur open tubular-Synthese konnte durch das neue Verfahren reduziert werden. Die experimentelle Bestätigung kinetischer in silico-Optimierungsmodelle sowie die Entwicklung des benötigten Herstellverfahrens selbst stellt, zusammengefasst, den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn dieser kumulativen Dissertation dar.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2014 | ||||
Autor(en): | Forster, Simon | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Open tubular-Kapillaren für die Hochdruckflüssigchromatographie | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Kolmar, Prof. Dr. Harald ; Müller, PD Dr. Egbert | ||||
Publikationsjahr: | 16 Februar 2014 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 16 Dezember 2013 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/3811 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Miniaturisierte HPLC (high pressure liquid chromatography)-Systeme sind in der alltäglichen Anwendung noch eher selten vertreten. Die große Mehrheit der etablierten Methoden beinhalten 4,6 mm-Edelstahlsäulen. Moderne Anwendungsgebiete wie die Proteomforschung, Einzellanalysen oder klinische Applikationen könnten den Übergang solcher Formate von der Wissenschaft in die Praxis jedoch beschleunigen. Als größten Vorteil eines geringeren Säulenvolumens, direkte Konsequenz aller Miniaturisierungsansätze, kann die Verringerung des benötigten Injektionsvolumens und damit des Probenverbrauchs betrachtet werden. Besonders in probenlimitierten Separationsaufgaben ist eine Entwicklung hin zu kleineren Säulendimensionen unausweichlich. Neben dem naheliegendsten Prinzip des Packens poröser Partikel in fused silica-Kapillaren zählen ebenso monolithische in situ-Synthesen, Chips und open tubular (OT)-Kapillaren zur Klasse miniaturisierter Säulenformate. Letztere stellen heute das Standardformat in der Gaschromatographie dar, fristen in der Flüssigchromatographie jedoch ein auf die Wissenschaft beschränktes Randdasein. Zwar sind schon in den 1980er-Jahren die theoretischen Grundlagen für die Einschätzung des Leistungspotentials dieser Kapillarklasse gelegt worden, allein mangelt es bis heute an präparativen Fertigungstechniken zur Deposition eines dicken, homogenen, fest angebundenen und vollporösen Films an der Kapillarinnenwand. Präparative Verfahren aus den 1990er-Jahren boten mitunter vielversprechende Bodenzahlen, teilten jedoch durchweg das Problem zu geringer Retention bzw. impraktikabel geringer Beladungskapazität. Zusätzlich konnten zu dieser Zeit verfügbare Chromatographie-Instrumente nicht ohne weiteres Flussraten im nL/min-Bereich kontrollieren und Detektionsprobleme, aufgrund der sehr geringen Elutionsvolumina, spielten ebenfalls eine Rolle (moderne LC-Instrumente sind heute sehr viel besser für solche Dimensionen ausgelegt). Durch Übertragung der sehr detailliert untersuchten Sol-Gel-Synthese zur Herstellung von Silica-Monolithen (NAKANISHI-Prozess) auf sehr kleine Dimensionen („confined spaces“, z. B. Kapillaren mit 10-20 μm Innendurchmesser) konnte ein neues, statisches Verfahren zur open tubular-Synthese entwickelt werden. Die physikalische Grundlage für diesen Prozess ist durch die Besonderheiten der Kombination aus Phasenseparation und Sol-Gel-Übergang in kleinen Reaktionsräumen gegeben, welche statt in einer dreidimensionalen, korallenartigen und vor allem ungerichteten Morphologie des resultierenden Materials in einer Schichtbildung entlang der begrenzenden Fläche resultiert. Wenn diese begrenzende Fläche eine sehr kleine, aber mehrere Meter lange fused silica-Kapillare ist, kann die ca. 500 nm dicke, vollporöse Schicht im Anschluss als stationäre Phase in der Kapillar-HPLC genutzt werden. Die Durchmesserabhängigkeit dieses Effekts konnte durch Synthesen in 50, 20, 15 und 10 μm Innendurchmesser (ID)-Varianten gezeigt werden. Qualitative Struktureigenschaften wie Schichtdicke und optische Homogenität wurden durch Anwendung von Rasterelektronenmikroskopie auf den Kapillarquerschnitt zugänglich. Die spezifische Oberfläche sowie Mesoporosität des Materials konnte nur indirekt über Stickstoffsorptionsmessungen mit bulk-Vergleichsmaterial erfolgen (ca. 200 m²/g, ca. 10 nm Porendurchmesser). Die resultierenden Silica-Kapillaren wurden zur Trennung von Testgemischen sowie einfachen Applikationsbeispielen niedermolekularer Analyten (ca. 100-500 g/mol) in Normal- und Umkehrphase eingesetzt. Letztere wurde durch eine dem Herstellverfahren nachgeschaltete Octadecylsilan-Oberflächenmodifizierung ohne Endcapping-Schritt mit einem monofunktionellen Aminosilan realisiert. Es konnten zufriedenstellende Retentionsfaktoren im Umkehrphasen-Gradientenmodus in der (nicht Basislinien-)Trennung eines 32-Komponenten-Pestizidgemisches erhalten werden. Eine VAN DEEMTER-Auftragung für eine 15 μm ID-Variante wies ein Minimum von ca. 18 μm (Propylbenzol) für das Äquivalent eines theoretischen Bodens auf. Bezogen auf diese Bodenzahl/m-Bewertung sind open tubular-Kapillaren jedoch grundsätzlich nicht konkurrenzfähig, wird doch eine sehr wichtige Eigenschaft auf diese Weise nicht berücksichtigt: Die bis zu 600-fach höhere Permeabilität, im Vergleich mit jeweils einer partikelgepackten und monolithischen, kommerziell erhältlichen Silica-Kapillare, welche als Referenzsäulen fungierten. Erst die Leistungsbemessung nach einer kinetischen Optimierungsmethode, unter Berücksichtigung des deutlich reduzierten Fließwiderstands der OTs, ermöglichte eine faire Bewertung unter (für jede untersuche Kapillare) optimalen Bedingungen. Dies beinhaltete eine Auftragung der minimalen Analysenzeit, welche zum Erreichen einer erforderlichen Bodenzahl benötigt wird (kinetische Plots). Dieser Ansatz ist in der Praxis wenig verbreitet, erforderte er bis zur Veröffentlichung eines einfachen Tools zur Umrechnung von H/u-Daten in t/N-Wertepaare (nach DESMET, 2005) noch iterative, computergestützte Simulationsschritte. Dieses Bewertungsverfahren wurde in der vorliegenden Arbeit zur sinnvollen Bemessung des Leistungspotentials der synthetisierten open tubular-Kapillaren eingesetzt. Das Ergebnis ist in hervorragendem Einklang mit theoretischen Berechnungen anderer Autoren, da durch das hier vorgestellte neue Sol-Gel-Verfahren für LCPhasensynthesen zum ersten Mal eine Möglichkeit zur reproduzierbaren Synthese dicker Schichten („thick film“) zur Verfügung steht. Für die kleinste Variante (10 μm ID) ist die kinetische Grenzleistung (die maximal erreichbare Leistung pro Analysenzeit unter Optimierung aller zur Verfügung stehenden Parameter) bereits höher als für die ebenfalls untersuchte, kommerzielle Referenzkapillare. Dies erfordert eine Durchführung am Drucklimit, welches instrumentell bedingt im vorliegenden Fall bei 350 bar lag. Die für diese Grundbedingung notwendige, variable Säulenlänge lässt sich im Falle von open tubular- (und ebenso für monolithische) Kapillaren aufgrund der Abwesenheit von Fritten sehr einfach realisieren. Das Problem unzureichender Retention sowie kaum realisierbar geringer Beladungskapazität bisheriger, präparativer Arbeiten zur open tubular-Synthese konnte durch das neue Verfahren reduziert werden. Die experimentelle Bestätigung kinetischer in silico-Optimierungsmodelle sowie die Entwicklung des benötigten Herstellverfahrens selbst stellt, zusammengefasst, den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn dieser kumulativen Dissertation dar. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-38117 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 07 Fachbereich Chemie | ||||
Hinterlegungsdatum: | 27 Jul 2014 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 27 Jul 2014 19:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Kolmar, Prof. Dr. Harald ; Müller, PD Dr. Egbert | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 16 Dezember 2013 | ||||
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