Längle, Adriana (2014)
Ionotrope Glutamatrezeptoren als Targetstrukturen zur Modulation der
Strahlenwirkung bei Glioblastomzellen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Glioblastoma Multiforme (GBM) ist einer der häufigsten und aggressivsten malignen Gehirntumore des Menschen und zeichnet sich durch eine hohe Strahlenresistenz und Invasivität aus. Verschiedene Zelllinien zeigen, dass Glioblastome den exzitatorischen Neurotransmitter Glutamat in Konzentrationen freisetzen, die ausreichen um die Zellproliferation, Infiltration und das Zellüberleben der Tumorzellen zu stimulieren. Zudem verursacht die erhöhte Glutamat Konzentration neuronalen Zelltod im peritumoralen Gewebe. Neben der physiologischen Rolle von Glutamat, die exzitatorische synaptische Transmission nach Bindung an postsynaptischen ionotropen Glutamatrezeptoren (iGluRs) zu vermitteln, ist es zudem entscheidend für die Gehirnentwicklung und kognitive Funktionen, wie Lernen und Gedächtnisbildung. Unter diesen Bedingungen wird die Aktivierung von iGluRs zum Nukleus durch eine Ca2+-Signalkaskade übersetzt, welche zur Phosphorylierung des cAMP-responsive element binding Protein (CREB) führt. Dies fördert letztendlich das neuronale Überleben und die Plastizität. Seit die Expression von iGluRs in Tumorzellen nachgewiesen wurde, wird vermutet, dass die glutamaterge Signalübertragung in Glioblastomen an der Metastasierung und einer erhöhten Resistenz gegenüber einer Strahlen- und Chemotherapie beteiligt ist.
Dementsprechend war das Ziel dieser Arbeit die Wirkung von Glutamat und ionisierender Bestrahlung (IR) auf das Zellüberleben, die Migration und die DNA-Schadensantwort (DDR) in Glioblastomzellen zu untersuchen. Der Gedanke dahinter war die vermeintliche Interferenz der glutamatergen Signalübertragung und der DDR zu untersuchen, um Strategien zu entschlüsseln, die eine zielgerichtete Therapie für GBM ermöglichen. Der erste experimentelle Schritt bestand darin, die Expression von verschiedenen NMDA-, AMPA- und Kainat Rezeptoren der iGluR-Familie in unterschiedlichen GBM Zelllinien zu untersuchen. Die humanen Grad IV Glioblastomzellen (LN-229) zeigten eine robuste funktionelle Expression von NMDAR und AMPAR mithilfe von Patch Clamp Ableitungen. Bemerkenswerterweise wurde im Hinblick darauf eine unterschiedliche Expression der Glutamat-bindenden NMDAR NR2A und NR2B Untereinheiten im Soma und in Migrationsfortsätzen der Zellen mittels Immunzytochemie gefunden. Interessanterweise waren LN-229 Zellen in der Lage Glutamat in exzitotoxischen Konzentrationen in das extrazelluläre Medium freizusetzen. Deshalb wurde diese Zelllinie für weiterführende Versuche verwendet und mit Glutamat Konzentrationen von 10 mM, spezifischen Glutamatrezeptor Antagonisten und IR mit klinischen Dosen behandelt. Reparaturkinetiken strahleninduzierter DNA Doppelstrangbrüche (DSBs) wurden durch die Immunfluoreszenz des phosphorylierten Histon H2AX visualisiert und durch zählen von H2AX Foci quantifiziert. Die Untersuchung der Anzahl an H2AX Foci zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Bestrahlung offenbarte, dass die DDR in Anwesenheit von Glutamat signifikant verbessert wurde. Im Gegensatz dazu verschlechterten der NMDAR Kanalblocker MK-801, der Ca2+-Chelator Bapta-AM und der spezifische AMPAR Antagonist NBQX signifikant die Reparatur von DNA DSBs. Indessen zeigten Zellzyklusanalysen keinen Effekt auf den G2-Zellzykluskontrollpunkt, was darauf hindeutet, dass Glutamat einen spezifischen Effekt auf die DNA Reparatur hat. Im nächsten experimentellen Schritt wurde der Effekt von Glutamat und iGluR Antagonisten auf die Zellmigration untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass iGluR Antagonisten mit einem zerstörenden Effekt auf die DDR auch die Migration von LN-229 Zellen inhibieren, sogar nach Bestrahlung. Übereinstimmend mit der Expression der NR2B Untereinheit in Migrationsfortsätzen mittels Immunzytochemie konnte der NR2B-spezifische Antagonist Ifenprodil die Migration von LN-229 Glioblastomzellen selektiv inhibieren, was zusätzlich komplexe Effekte von Glutamat in LN-229 Zellen andeutet. Da die Wirkung von Glutamat auf iGluRs das neuronale Überleben und die Plastizität durch die Aktivierung des CREB Signalwegs stimuliert, wurde das Expressionslevel von pCREB in LN-229 Zellen analysiert. Western Blot Analysen und die Verwendung eines spezifischen Inhibitors des CREB Signalwegs weisen auf eine verstärkte DDR nach Aktivierung von CREB hin. Erwähnenswert ist die Phosphorylierung von CREB durch IR und Glutamat Behandlung, was CREB als Schlüsselfaktor bei der Glutamat-vermittelten DNA-Reparatur Effizienz erkennen lässt. Um das klinische Potential von iGluR Antagonisten zur Optimierung herkömmlicher Therapien zu verifizieren wurde letztendlich das Medikament Memantin getestet. Memantin ist ein schwach affiner NMDAR Antagonist und wird zur Behandlung von Alzheimer Patienten eingesetzt (in den USA unter dem Namen Namenda verkauft). Die Behandlung von LN-229 Zellen mit 50 µM Memantin äußerte sich in einer verminderten Überlebensfähigkeit und einer Sensibilisierung gegenüber Bestrahlung durch Blocken der NMDAR-vermittelten glutamatergen Signalübertragung. Die Daten weisen auf eine bedeutende Rolle des Neurotransmitters Glutamat für die Migration von Glioblastomzellen und die iGluR-aktivierte Effizienz der DDR nach IR hin und heben das klinische Potential von iGluR Antagonisten zur Optimierung einer Strahlentherapie bei GBM hervor.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2014 | ||||
Autor(en): | Längle, Adriana | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Ionotrope Glutamatrezeptoren als Targetstrukturen zur Modulation der Strahlenwirkung bei Glioblastomzellen | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Laube, Prof. Dr. Bodo ; Thiel, Prof. Dr, Gerhard | ||||
Publikationsjahr: | 2014 | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 26 Mai 2014 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/4004 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Glioblastoma Multiforme (GBM) ist einer der häufigsten und aggressivsten malignen Gehirntumore des Menschen und zeichnet sich durch eine hohe Strahlenresistenz und Invasivität aus. Verschiedene Zelllinien zeigen, dass Glioblastome den exzitatorischen Neurotransmitter Glutamat in Konzentrationen freisetzen, die ausreichen um die Zellproliferation, Infiltration und das Zellüberleben der Tumorzellen zu stimulieren. Zudem verursacht die erhöhte Glutamat Konzentration neuronalen Zelltod im peritumoralen Gewebe. Neben der physiologischen Rolle von Glutamat, die exzitatorische synaptische Transmission nach Bindung an postsynaptischen ionotropen Glutamatrezeptoren (iGluRs) zu vermitteln, ist es zudem entscheidend für die Gehirnentwicklung und kognitive Funktionen, wie Lernen und Gedächtnisbildung. Unter diesen Bedingungen wird die Aktivierung von iGluRs zum Nukleus durch eine Ca2+-Signalkaskade übersetzt, welche zur Phosphorylierung des cAMP-responsive element binding Protein (CREB) führt. Dies fördert letztendlich das neuronale Überleben und die Plastizität. Seit die Expression von iGluRs in Tumorzellen nachgewiesen wurde, wird vermutet, dass die glutamaterge Signalübertragung in Glioblastomen an der Metastasierung und einer erhöhten Resistenz gegenüber einer Strahlen- und Chemotherapie beteiligt ist. Dementsprechend war das Ziel dieser Arbeit die Wirkung von Glutamat und ionisierender Bestrahlung (IR) auf das Zellüberleben, die Migration und die DNA-Schadensantwort (DDR) in Glioblastomzellen zu untersuchen. Der Gedanke dahinter war die vermeintliche Interferenz der glutamatergen Signalübertragung und der DDR zu untersuchen, um Strategien zu entschlüsseln, die eine zielgerichtete Therapie für GBM ermöglichen. Der erste experimentelle Schritt bestand darin, die Expression von verschiedenen NMDA-, AMPA- und Kainat Rezeptoren der iGluR-Familie in unterschiedlichen GBM Zelllinien zu untersuchen. Die humanen Grad IV Glioblastomzellen (LN-229) zeigten eine robuste funktionelle Expression von NMDAR und AMPAR mithilfe von Patch Clamp Ableitungen. Bemerkenswerterweise wurde im Hinblick darauf eine unterschiedliche Expression der Glutamat-bindenden NMDAR NR2A und NR2B Untereinheiten im Soma und in Migrationsfortsätzen der Zellen mittels Immunzytochemie gefunden. Interessanterweise waren LN-229 Zellen in der Lage Glutamat in exzitotoxischen Konzentrationen in das extrazelluläre Medium freizusetzen. Deshalb wurde diese Zelllinie für weiterführende Versuche verwendet und mit Glutamat Konzentrationen von 10 mM, spezifischen Glutamatrezeptor Antagonisten und IR mit klinischen Dosen behandelt. Reparaturkinetiken strahleninduzierter DNA Doppelstrangbrüche (DSBs) wurden durch die Immunfluoreszenz des phosphorylierten Histon H2AX visualisiert und durch zählen von H2AX Foci quantifiziert. Die Untersuchung der Anzahl an H2AX Foci zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Bestrahlung offenbarte, dass die DDR in Anwesenheit von Glutamat signifikant verbessert wurde. Im Gegensatz dazu verschlechterten der NMDAR Kanalblocker MK-801, der Ca2+-Chelator Bapta-AM und der spezifische AMPAR Antagonist NBQX signifikant die Reparatur von DNA DSBs. Indessen zeigten Zellzyklusanalysen keinen Effekt auf den G2-Zellzykluskontrollpunkt, was darauf hindeutet, dass Glutamat einen spezifischen Effekt auf die DNA Reparatur hat. Im nächsten experimentellen Schritt wurde der Effekt von Glutamat und iGluR Antagonisten auf die Zellmigration untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass iGluR Antagonisten mit einem zerstörenden Effekt auf die DDR auch die Migration von LN-229 Zellen inhibieren, sogar nach Bestrahlung. Übereinstimmend mit der Expression der NR2B Untereinheit in Migrationsfortsätzen mittels Immunzytochemie konnte der NR2B-spezifische Antagonist Ifenprodil die Migration von LN-229 Glioblastomzellen selektiv inhibieren, was zusätzlich komplexe Effekte von Glutamat in LN-229 Zellen andeutet. Da die Wirkung von Glutamat auf iGluRs das neuronale Überleben und die Plastizität durch die Aktivierung des CREB Signalwegs stimuliert, wurde das Expressionslevel von pCREB in LN-229 Zellen analysiert. Western Blot Analysen und die Verwendung eines spezifischen Inhibitors des CREB Signalwegs weisen auf eine verstärkte DDR nach Aktivierung von CREB hin. Erwähnenswert ist die Phosphorylierung von CREB durch IR und Glutamat Behandlung, was CREB als Schlüsselfaktor bei der Glutamat-vermittelten DNA-Reparatur Effizienz erkennen lässt. Um das klinische Potential von iGluR Antagonisten zur Optimierung herkömmlicher Therapien zu verifizieren wurde letztendlich das Medikament Memantin getestet. Memantin ist ein schwach affiner NMDAR Antagonist und wird zur Behandlung von Alzheimer Patienten eingesetzt (in den USA unter dem Namen Namenda verkauft). Die Behandlung von LN-229 Zellen mit 50 µM Memantin äußerte sich in einer verminderten Überlebensfähigkeit und einer Sensibilisierung gegenüber Bestrahlung durch Blocken der NMDAR-vermittelten glutamatergen Signalübertragung. Die Daten weisen auf eine bedeutende Rolle des Neurotransmitters Glutamat für die Migration von Glioblastomzellen und die iGluR-aktivierte Effizienz der DDR nach IR hin und heben das klinische Potential von iGluR Antagonisten zur Optimierung einer Strahlentherapie bei GBM hervor. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-40045 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 10 Fachbereich Biologie 10 Fachbereich Biologie > Neurophysiologie und neurosensorische Systeme 10 Fachbereich Biologie > Radiation Biology and DNA Repair |
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Hinterlegungsdatum: | 29 Jun 2014 19:55 | ||||
Letzte Änderung: | 05 Mär 2019 06:48 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Laube, Prof. Dr. Bodo ; Thiel, Prof. Dr, Gerhard | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 26 Mai 2014 | ||||
Export: | |||||
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