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Thermodynamik und Phasenverhalten einfacher Modelle für Wasser

Heckmann, Lotta (2013)
Thermodynamik und Phasenverhalten einfacher Modelle für Wasser.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

In der vorliegenden Arbeit werden mehrere einfache Wassermodelle in Hinblick auf ihr Phasendiagramm und verschiedene Anomalien untersucht und verglichen. Im ersten Teil der Arbeit wird ein neues, eindimensionales Modell für Wasser vorgestellt, das analytisch behandelt werden kann und neben mehreren Anomalien auch einen Flüssig-Gas- und einen Flüssig- Flüssig-Übergang aufweist. An diesem Modell zeigt sich, dass zwei grundlegende Eigenschaften, die für Wasser zutreffen, bereits ausreichen, um wasserähnliches Verhalten zu erzeugen: eine lokale Möglichkeit für Wasserstoffbrückenbindungen und eine globale Anziehung zwischen Teilchen. Der Flüssig-Flüssig-Übergang tritt allerdings nur auf, wenn die Wasserstoffbrückenbindungen stark genug sind. Diese Untersuchung liefert somit einen Hinweis auf Bedingungen in Bezug auf die verschiedenen Szenarien für unterkühltes Wasser. Das vorgestellte Modell wird im zweiten Teil mit zwei anderen Modellen für flüssiges Wasser verglichen, die bereits mehrfach untersucht wurden. Alle drei Modelle zeigen qualitativ identische, wasserähnliche Eigenschaften, wie beispielsweise mehrere Anomalien. Dieser Befund ist anhand der Definitionen der drei Modelle nicht trivial, da sie mikroskopisch sehr unterschiedlich motiviert sind. Die Ähnlichkeit wird dadurch erklärt, dass alle drei Modelle eine zentrale Gemeinsamkeit aufweisen: Es lassen sich jeweils drei Mikrozustände definieren, die von Gruppen nächster Nachbarn besetzt werden können. Die Temperatur- und Druckabhängigkeit der Besetzung dieser drei Zustände ist in den drei Modellen nahezu identisch. Diese Untersuchung schafft eine neue Sichtweise auf die drei Modelle und hebt ein grundlegendes Prinzip hervor, das in einfachen Wassermodellen implementiert ist. Motiviert durch diese Erkenntnis wird im dritten Teil dieser Arbeit ein neues Modell vorgeschlagen, dessen Grundannahme darin besteht, dass Gruppen benachbarter Teilchen drei Zustände besetzen können. Tatsächlich kann dieses Modell die gleichen Anomalien und das gleiche Phasenverhalten reproduzieren, wie die im zweiten Teil betrachteten, komplexeren Modelle. Es kann somit als Kern der drei Modelle verstanden werden. Zudem können durch Variation der Parameter verschiedene Szenarien reproduziert werden, die für unterkühltes Wasser vorgeschlagen wurden. Anhand dieses Modells wird gezeigt, dass ein bestimmter Zusammenhang zwischen Volumen, Entropie und Energie der zugänglichen Mikrozustände als Bestandteil eines Wassermodells essentiell ist. Im vierten und letzten Teil der Arbeit wird eines der beiden Vergleichsmodelle aus dem zweiten Teil näher untersucht. Mit einer neuen Formulierung als Potts-Modell (ein verallgemeinertes Ising-Modell) wird gezeigt, dass das Modell generisch einen Phasenübergang erster Ordnung zwischen zwei Flüssigkeiten ohne kritischen Punkt aufweist. Dies steht im Widerspruch zu vorherigen Publikationen, die für das gleiche Modell einen Phasenübergang mit kritischem Punkt gefunden haben. Diese Diskrepanz wird diskutiert und es wird gezeigt, dass eine für flüssiges Wasser realistische Anpassung des Modells zu einem kritischen Punkt führt. In dieser Arbeit wird somit aufgezeigt, dass bereits sehr einfache Modelle das Phasendiagramm von Wasser sowie mehrere Anomalien erzeugen können. Aus diesen Modellen können grundlegende Prinzipien abgeleitet werden, die in einem realistischen Wassermodell enthalten sein sollten. In der flüssigen Phase ist eine Antikorrelation zwischen Volumen und Energie als Bestandteil eines Wassermodells essentiell. In Bezug auf die verschiedenen Szenarien für unterkühltes Wasser wurde in dieser Arbeit beobachtet, dass die einfachen Modelle generisch einen HDL-LDL-Übergang aufweisen, wenn starke Wasserstoffbrückenbindungen gebildet werden können. Da dies in echtem Wasser der Fall ist, unterstützt diese Arbeit die Hypothesen, die einen Phasenübergang im unterkühlten Bereich postulieren.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2013
Autor(en): Heckmann, Lotta
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Thermodynamik und Phasenverhalten einfacher Modelle für Wasser
Sprache: Deutsch
Referenten: Drossel, Prof. Dr. Barbara ; Vogel, Prof. Dr. Michael
Publikationsjahr: 2013
Datum der mündlichen Prüfung: 18 Dezember 2013
URL / URN: http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/3792
Kurzbeschreibung (Abstract):

In der vorliegenden Arbeit werden mehrere einfache Wassermodelle in Hinblick auf ihr Phasendiagramm und verschiedene Anomalien untersucht und verglichen. Im ersten Teil der Arbeit wird ein neues, eindimensionales Modell für Wasser vorgestellt, das analytisch behandelt werden kann und neben mehreren Anomalien auch einen Flüssig-Gas- und einen Flüssig- Flüssig-Übergang aufweist. An diesem Modell zeigt sich, dass zwei grundlegende Eigenschaften, die für Wasser zutreffen, bereits ausreichen, um wasserähnliches Verhalten zu erzeugen: eine lokale Möglichkeit für Wasserstoffbrückenbindungen und eine globale Anziehung zwischen Teilchen. Der Flüssig-Flüssig-Übergang tritt allerdings nur auf, wenn die Wasserstoffbrückenbindungen stark genug sind. Diese Untersuchung liefert somit einen Hinweis auf Bedingungen in Bezug auf die verschiedenen Szenarien für unterkühltes Wasser. Das vorgestellte Modell wird im zweiten Teil mit zwei anderen Modellen für flüssiges Wasser verglichen, die bereits mehrfach untersucht wurden. Alle drei Modelle zeigen qualitativ identische, wasserähnliche Eigenschaften, wie beispielsweise mehrere Anomalien. Dieser Befund ist anhand der Definitionen der drei Modelle nicht trivial, da sie mikroskopisch sehr unterschiedlich motiviert sind. Die Ähnlichkeit wird dadurch erklärt, dass alle drei Modelle eine zentrale Gemeinsamkeit aufweisen: Es lassen sich jeweils drei Mikrozustände definieren, die von Gruppen nächster Nachbarn besetzt werden können. Die Temperatur- und Druckabhängigkeit der Besetzung dieser drei Zustände ist in den drei Modellen nahezu identisch. Diese Untersuchung schafft eine neue Sichtweise auf die drei Modelle und hebt ein grundlegendes Prinzip hervor, das in einfachen Wassermodellen implementiert ist. Motiviert durch diese Erkenntnis wird im dritten Teil dieser Arbeit ein neues Modell vorgeschlagen, dessen Grundannahme darin besteht, dass Gruppen benachbarter Teilchen drei Zustände besetzen können. Tatsächlich kann dieses Modell die gleichen Anomalien und das gleiche Phasenverhalten reproduzieren, wie die im zweiten Teil betrachteten, komplexeren Modelle. Es kann somit als Kern der drei Modelle verstanden werden. Zudem können durch Variation der Parameter verschiedene Szenarien reproduziert werden, die für unterkühltes Wasser vorgeschlagen wurden. Anhand dieses Modells wird gezeigt, dass ein bestimmter Zusammenhang zwischen Volumen, Entropie und Energie der zugänglichen Mikrozustände als Bestandteil eines Wassermodells essentiell ist. Im vierten und letzten Teil der Arbeit wird eines der beiden Vergleichsmodelle aus dem zweiten Teil näher untersucht. Mit einer neuen Formulierung als Potts-Modell (ein verallgemeinertes Ising-Modell) wird gezeigt, dass das Modell generisch einen Phasenübergang erster Ordnung zwischen zwei Flüssigkeiten ohne kritischen Punkt aufweist. Dies steht im Widerspruch zu vorherigen Publikationen, die für das gleiche Modell einen Phasenübergang mit kritischem Punkt gefunden haben. Diese Diskrepanz wird diskutiert und es wird gezeigt, dass eine für flüssiges Wasser realistische Anpassung des Modells zu einem kritischen Punkt führt. In dieser Arbeit wird somit aufgezeigt, dass bereits sehr einfache Modelle das Phasendiagramm von Wasser sowie mehrere Anomalien erzeugen können. Aus diesen Modellen können grundlegende Prinzipien abgeleitet werden, die in einem realistischen Wassermodell enthalten sein sollten. In der flüssigen Phase ist eine Antikorrelation zwischen Volumen und Energie als Bestandteil eines Wassermodells essentiell. In Bezug auf die verschiedenen Szenarien für unterkühltes Wasser wurde in dieser Arbeit beobachtet, dass die einfachen Modelle generisch einen HDL-LDL-Übergang aufweisen, wenn starke Wasserstoffbrückenbindungen gebildet werden können. Da dies in echtem Wasser der Fall ist, unterstützt diese Arbeit die Hypothesen, die einen Phasenübergang im unterkühlten Bereich postulieren.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

In this thesis, several simple water models that display a phase behavior and anomalies similar to real water are analyzed and compared. In the first part of the thesis, a new one-dimensional model is proposed and analyzed. The combination of a formerly proposed shortranged water-like model with a van der Waals attraction leads to the probably simplest possible one-dimensional model that shows two phase transitions and various water anomalies. This model is compared to two other water models in the second part. Despite their different microscopic motivation, they all exhibit the same phase diagram with two first order phase transitions (corresponding to a liquid-gas transition and the hypothesized liquid-liquid transition) and several anomalies. The conclusion is that the phase behavior and the anomalies can be understood by the fact that all three models allow for three different microscopic states, which are populated independently. In the third part, a reduced model is proposed, which is motivated by these findings. It is based only on the assumption that three microscopic states can be populated by independent nearest neighbor configurations. It is shown that this model already leads to the anomalies and phase behavior characteristic for water. Furthermore, this model also displays the other possible scenarios discussed for water when the parameters are varied. In the fourth part, one of the models of the second part is analyzed more closely by reformulating it as a conventional Potts model. It is argued that this model, while having a first-order phase transition between a high- and low-density liquid, cannot display a critical end point. The critical point found in a mean-field treatment in previous publications is due to the introduction of a feature not present in the original lattice model, which is, however, of physical relevance for the application to liquid water. In conclusion, this work has shed light on the nature of different simple water models that display several anomalies and a phase diagram similar to water. A HDL-LDL transition is found in these models if strong hydrogen bonds can be formed. Since this condition applies to real water, the results of this thesis support the proposed scenarios postulating such a transition.

Englisch
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-37923
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 05 Fachbereich Physik
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM))
05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM)) > Statistische Physik und komplexe Systeme
Hinterlegungsdatum: 23 Feb 2014 20:55
Letzte Änderung: 23 Feb 2014 20:55
PPN:
Referenten: Drossel, Prof. Dr. Barbara ; Vogel, Prof. Dr. Michael
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 18 Dezember 2013
Export:
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