Kassner, Sebastian (2013)
Haptische Mensch-Maschine-Schnittstelle für ein laparoskopisches Chirurgie-System.
Buch, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Für eine Vielzahl von Operationen im Bauchraum ist heute die Laparoskopie Stand der Technik, so z.B. die Cholezytektomie zur Entfernung der Gallenblase. Hierbei handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren bei dem der Zugang zum Operationsgebiet durch kleinste Schnitte in der Bauchdecke des Patienten erfolgt. Bei der Operation kommen lange starre Instrumente zu Einsatz. Im Gegensatz zu einer offenen Operation haben die Hände des Chirurgen keinen direkten Zugang zum operierten Gewebe. Ein Abtasten des Gewebes ist nicht möglich, der haptische Sinn zur Diagnose und Navigation im Operationsgebiet steht dem Operateur folglich nicht zur Verfügung. Diese Einschränkung erhöht die Komplexität laparoskopischer Eingriffe erheblich. Auch die Beweglichkeit im Operationsfeld ist stark eingeschränkt.
Eine technische Antwort auf diese Einschränkungen sind haptische Telemanipulationssysteme. Sie bestehen aus einer angetriebenen Instrumentenspitze sowie einem haptischen Bedienelement, das die Kontaktkräfte zwischen Instrumentenspitze und Gewebe an den Bediener meldet. Hierzu erfasst ein Kraftsensor an der Instrumentenspitze die auftretenden Kontaktkräfte. Antriebe im Bedienelement erzeugen daraus eine Kraftinformation und leiten sie über einen Mechanismus an den Bediener weiter.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Erweiterung der Entwurfsmethodik für haptische Bedienelemente und der Realisierung eines neuartigen Bedienelements. Basis ist eine Analyse des chirurgischen Szenarios in der minimalinvasiven Leberchirurgie. Daraus leitet sich das Entwurfsziel eines haptischen Bedienelementes mit drei kartesischen Freiheitsgraden ab.
Auf Grund ihrer guten dynamischen Eigenschaften sind besonders parallelkinematische Mechanismen zur Übertragung haptischer Informationen geeignet. Sie zeichnen sich durch eine große Struktursteifigkeit und geringe bewegte Massen aus. Ihr kinematisches Übertragungsverhalten ist hingegen meist komplex.
Aus der Analyse der kinematischen Bedingungen für ein rein kartesisches Ausgangsverhalten ergibt sich ein möglicher Lösungsraum geeigneter Topologien. Alle bestehen aus drei Beinen mit je 5 Gelenkfreiheitsgraden, einer Basis-Plattform und einer Tool-Centre-Point-Plattform zur Ausgabe der haptischen Information. Für den vorliegenden Fall ist eine RUU- bzw. DELTA-Struktur geeignet. Diese Struktur übersetzt drei Antriebsmomente in eine rein kartesische Ausgabe. Basierend auf der Analyse der kinematischen Entwurfsziele für haptische Mechanismen erfolgte eine Auslegung des Mechanismus im Hinblick auf isotropes, d.h. richtungsunabhängiges Übertragungsverhalten. Charakteristisches Maß ist die globale Konditionszahl.
Entscheidend für die Qualität der haptischen Rückmeldung ist das dynamische Übertragungsverhalten haptischer Bedienelemente. Für eindimensionale Systeme ist in der Literatur zur Modellierung der Zwei-Tor Ansatz basierend auf der elektromechanischen Netzwerktheorie eingeführt. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt erstmalig die Erweiterung auch für den mehrdimensionalen Fall. Damit ist es möglich, auch die dynamischen Eigenschaften mehrdimensionaler Mechanismen mit dem Zwei-Tor Ansatz abzubilden. Dies erlaubt Anwendung des Entwurfsverfahrens der "Transparenz" für mehrdimensionale Systeme.
Zur Analyse der mechanischen Eigenschaften des operierten Gewebes entstehen zwei Messplätze für die Frequenzbereiche f = 10...10^4 Hz (taktile Wahrnehmung) und f=DC...50 Hz (kinästhetische Wahrnehmung). Sie ermöglichen die messtechnische Charakterisierung der mechanischen Impedanz und die Ableitung mechanischer Schaltungen. Damit lässt sich die Impedanz des Gewebes rechnerisch im Gütekriterium der Transparenz zur Bewertung eines haptischen Telemanipulationssystems einsetzen.
Die Realisierung eines haptischen Bedienelements erfolgt für ein neuartiges, tragbares Teleoperationssystem. Das Bedienkonzept ist an Hand eines ergonomischen Funktionsmusters im Tierversuch evaluiert. Kernkomponente ist ein haptisches Joystick mit drei kartesischen Freiheitsgraden durch einen RUU-Mechanismus. Der Arbeitsraum beträgt 743,5 cm³. Das Bedienelement ist mit einer Impedanz-gesteuerten Systemstruktur entworfen und feinwerktechnisch umgesetzt. Als Antriebe kommen drei EC-Motoren zum Einsatz. Mit einem maximalen Moment von 0,2 Nm erzeugen sie eine haptische Rückmeldung von 5N in 82% des Volumens im Arbeitsraum. Die zum Betrieb erforderlichen kinematischen Berechnungen sind auf einem Steuerrechner implementiert. Zusammen mit der Leistungselektronik ist dieser in einem mobilen Rack integriert. Der Nachweis der Funktionsfähigkeit erfolgt an einem experimentellen Telemanipulationssystem im Laborbetrieb.
Typ des Eintrags: | Buch | ||||
---|---|---|---|---|---|
Erschienen: | 2013 | ||||
Autor(en): | Kassner, Sebastian | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Haptische Mensch-Maschine-Schnittstelle für ein laparoskopisches Chirurgie-System | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Werthschützky, Prof. Roland ; Konigorski, Prof. Ulrich | ||||
Publikationsjahr: | 2013 | ||||
Ort: | München | ||||
Verlag: | Verlag Dr. Hut | ||||
Reihe: | EMK-Dissertationsreihe | ||||
Band einer Reihe: | 28 | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 29 Mai 2013 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/3580 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Für eine Vielzahl von Operationen im Bauchraum ist heute die Laparoskopie Stand der Technik, so z.B. die Cholezytektomie zur Entfernung der Gallenblase. Hierbei handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren bei dem der Zugang zum Operationsgebiet durch kleinste Schnitte in der Bauchdecke des Patienten erfolgt. Bei der Operation kommen lange starre Instrumente zu Einsatz. Im Gegensatz zu einer offenen Operation haben die Hände des Chirurgen keinen direkten Zugang zum operierten Gewebe. Ein Abtasten des Gewebes ist nicht möglich, der haptische Sinn zur Diagnose und Navigation im Operationsgebiet steht dem Operateur folglich nicht zur Verfügung. Diese Einschränkung erhöht die Komplexität laparoskopischer Eingriffe erheblich. Auch die Beweglichkeit im Operationsfeld ist stark eingeschränkt. Eine technische Antwort auf diese Einschränkungen sind haptische Telemanipulationssysteme. Sie bestehen aus einer angetriebenen Instrumentenspitze sowie einem haptischen Bedienelement, das die Kontaktkräfte zwischen Instrumentenspitze und Gewebe an den Bediener meldet. Hierzu erfasst ein Kraftsensor an der Instrumentenspitze die auftretenden Kontaktkräfte. Antriebe im Bedienelement erzeugen daraus eine Kraftinformation und leiten sie über einen Mechanismus an den Bediener weiter. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Erweiterung der Entwurfsmethodik für haptische Bedienelemente und der Realisierung eines neuartigen Bedienelements. Basis ist eine Analyse des chirurgischen Szenarios in der minimalinvasiven Leberchirurgie. Daraus leitet sich das Entwurfsziel eines haptischen Bedienelementes mit drei kartesischen Freiheitsgraden ab. Auf Grund ihrer guten dynamischen Eigenschaften sind besonders parallelkinematische Mechanismen zur Übertragung haptischer Informationen geeignet. Sie zeichnen sich durch eine große Struktursteifigkeit und geringe bewegte Massen aus. Ihr kinematisches Übertragungsverhalten ist hingegen meist komplex. Aus der Analyse der kinematischen Bedingungen für ein rein kartesisches Ausgangsverhalten ergibt sich ein möglicher Lösungsraum geeigneter Topologien. Alle bestehen aus drei Beinen mit je 5 Gelenkfreiheitsgraden, einer Basis-Plattform und einer Tool-Centre-Point-Plattform zur Ausgabe der haptischen Information. Für den vorliegenden Fall ist eine RUU- bzw. DELTA-Struktur geeignet. Diese Struktur übersetzt drei Antriebsmomente in eine rein kartesische Ausgabe. Basierend auf der Analyse der kinematischen Entwurfsziele für haptische Mechanismen erfolgte eine Auslegung des Mechanismus im Hinblick auf isotropes, d.h. richtungsunabhängiges Übertragungsverhalten. Charakteristisches Maß ist die globale Konditionszahl. Entscheidend für die Qualität der haptischen Rückmeldung ist das dynamische Übertragungsverhalten haptischer Bedienelemente. Für eindimensionale Systeme ist in der Literatur zur Modellierung der Zwei-Tor Ansatz basierend auf der elektromechanischen Netzwerktheorie eingeführt. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt erstmalig die Erweiterung auch für den mehrdimensionalen Fall. Damit ist es möglich, auch die dynamischen Eigenschaften mehrdimensionaler Mechanismen mit dem Zwei-Tor Ansatz abzubilden. Dies erlaubt Anwendung des Entwurfsverfahrens der "Transparenz" für mehrdimensionale Systeme. Zur Analyse der mechanischen Eigenschaften des operierten Gewebes entstehen zwei Messplätze für die Frequenzbereiche f = 10...10^4 Hz (taktile Wahrnehmung) und f=DC...50 Hz (kinästhetische Wahrnehmung). Sie ermöglichen die messtechnische Charakterisierung der mechanischen Impedanz und die Ableitung mechanischer Schaltungen. Damit lässt sich die Impedanz des Gewebes rechnerisch im Gütekriterium der Transparenz zur Bewertung eines haptischen Telemanipulationssystems einsetzen. Die Realisierung eines haptischen Bedienelements erfolgt für ein neuartiges, tragbares Teleoperationssystem. Das Bedienkonzept ist an Hand eines ergonomischen Funktionsmusters im Tierversuch evaluiert. Kernkomponente ist ein haptisches Joystick mit drei kartesischen Freiheitsgraden durch einen RUU-Mechanismus. Der Arbeitsraum beträgt 743,5 cm³. Das Bedienelement ist mit einer Impedanz-gesteuerten Systemstruktur entworfen und feinwerktechnisch umgesetzt. Als Antriebe kommen drei EC-Motoren zum Einsatz. Mit einem maximalen Moment von 0,2 Nm erzeugen sie eine haptische Rückmeldung von 5N in 82% des Volumens im Arbeitsraum. Die zum Betrieb erforderlichen kinematischen Berechnungen sind auf einem Steuerrechner implementiert. Zusammen mit der Leistungselektronik ist dieser in einem mobilen Rack integriert. Der Nachweis der Funktionsfähigkeit erfolgt an einem experimentellen Telemanipulationssystem im Laborbetrieb. |
||||
Alternatives oder übersetztes Abstract: |
|
||||
Freie Schlagworte: | Haptik, Kinematik, Parallelkinematik, Transparenz, Netzwerktheorie, Mensch-Maschine-Schnittstelle, Medizintechnik, Chirurgie | ||||
Schlagworte: |
|
||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-35806 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin, Gesundheit 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau |
||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Institut für Elektromechanische Konstruktionen (aufgelöst 18.12.2018) 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Mess- und Sensortechnik |
||||
Hinterlegungsdatum: | 08 Dez 2013 20:55 | ||||
Letzte Änderung: | 26 Aug 2018 21:28 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Werthschützky, Prof. Roland ; Konigorski, Prof. Ulrich | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 29 Mai 2013 | ||||
Schlagworte: |
|
||||
Export: | |||||
Suche nach Titel in: | TUfind oder in Google |
Frage zum Eintrag |
Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen |