Heinze, Georg (2013)
Kohärente optische Datenspeicherung mittels EIT in einem Pr³⁺:Y₂SiO₅-Kristall.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die kohärente Speicherung von Licht mittels elektromagnetisch induzierter Transparenz (EIT) in einem Praseodym-dotierten Yttrium-ortho-Silikat-Kristall untersucht. Ziel war die Realisierung eines EIT-getriebenen Festkörper-Speichers mit hoher Speicherkapazität und langer Speicherdauer. Hierzu wurde eine Vielzahl von Techniken eingesetzt, die in ihrer Kombination erstmalig Anwendung fanden. Um die Speicherkapazität zu erhöhen, wurde EIT mit Bildspeicherung und Multiplexing kombiniert. Um die Speicherzeit zu verlängern, wurden statische Magnetfelder zur Manipulation der Energieniveaus und Reduktion von Dekohärenz, sowie magnetische Wechselfelder zur Entkopplung der Zustände von der Umgebung verwendet. Zur optimalen Präparation der komplexen Niveaustrukturen wurde die rückkopplungsgesteuerte Pulsformung mit Hilfe evolutionärer Strategien genutzt.
Zunächst wurden EIT und Bildspeicherung im Festkörper bei Speicherzeiten implementiert, die durch Dephasierungsprozesse auf einige 10 µs limitiert waren. Durch einfache Techniken zur Hochfrequenz-Rephasierung konnte die Speicherdauer um etwa einen Faktor 50 auf die Kohärenzzeit von 500 µs gesteigert werden. Bei den Untersuchungen zeigten sich Oszillationen der Speichereffizienz mit der Speicherdauer. Diese entstanden durch simultane Speicherung der optischen Information in leicht zueinander verstimmten Frequenzensembles, gefolgt von De- und Rephasierung. Dieser Effekt der Dunkelzustandsschwebung konnte erstmals in einem Festkörper nachgewiesen werden und schließlich mittels geeigneter, schwacher Magnetfelder kontrolliert bzw. unterdrückt werden. Hierdurch wurde die Speichereffizienz über die gesamte Speicherzeit maximiert. Auch wurde erstmals die EIT-getriebene Bildspeicherung in einem Festkörper implementiert. Im Vergleich zur EIT-Bildspeicherung in Gasen, die durch atomare Diffusionsprozesse gestört wird, konnte die Speicherdauer sowie die Speicherkapazität in diesen ersten Experimenten bereits um mehr als einen Faktor 40 erhöht werden. Eine Abschätzung auf Basis des ermittelten Speichergebietes lässt eine vierstellige Zahl von Speicherpunkten in einem einzigen Kristall realistisch erscheinen.
Zur weiteren Erhöhung der Speicherkapazität wurde anschließend die EIT-Bildspeicherung mit Multiplexing-Verfahren aus der klassischen Holographie kombiniert. Dazu wurde das spektral selektive Frequenzmultiplexing, welches auf der Speicherung von Information in verschiedenen Frequenzklassen (Ensembles) von Ionen beruht, sowie das räumlich selektive Winkelmultiplexing, das Prinzipien der Phasenanpassung zur Kontrolle der Richtung des emittierten Signalpulses nutzt, eingesetzt. Die Multiplexing-Verfahren erlaubten die simultane Speicherung von Bildern mittels EIT im selben Kristallvolumen. Ebenso wurden beide Techniken miteinander kombiniert, um die Speicherkapazität weiter zu erhöhen.
Im wichtigsten Teil der Arbeit sollten sehr lange EIT-Speicherzeiten durch Kontrolle und Unterdrückung von Dekohärenzprozessen mittels statischer und hochfrequenter Magnetfelder erreicht werden. Hierzu wurde ein supraleitendes Spulensystem entwickelt. Durch geeignete statische Felder kann die Hyperfeinstruktur (HFS) der Pr³⁺-Ionen so manipuliert werden, dass Übergänge entstehen, die in erster Näherung insensitiv gegenüber äußeren Einflüssen sind. Bei diesen ZEFOZ-Konfigurationen lassen sich daher deutlich erhöhte Kohärenzzeiten bzw. EIT-Speicherzeiten erzielen. Allerdings bewirken die statischen Magnetfelder aufgrund des Zeeman-Effekts eine erheblich komplexere Niveaustruktur als im feldfreien Fall. Um diese zu charakterisieren, wurde die Raman-Heterodyn-Spektroskopie (RHS) implementiert. Hiermit konnte die aufgespaltene HFS mit sehr hoher Präzision vermessen werden. Die optimale ZEFOZ-Konfiguration wurde durch ein automatisiertes Verfahren auf Basis von Spinecho-Messungen ermittelt, welches eine direkte Charakterisierung von Kohärenzzerfällen ermöglicht. Durch die ZEFOZ-Technik konnte so eine Steigerung der Kohärenzzeit von 500 µs um fast drei Größenordnungen auf 392 ms erzielt werden. Der ZEFOZ-Charakter der gefundenen Feldkonfiguration wurde mittels der RHS verifiziert.
Anschließend wurde die dynamische Dekohärenzkontrolle (DD) genutzt, um die Kohärenzzeit noch weiter zu verlängern. Hierbei wurden die Pr³⁺-Ionen durch schnelle Folgen von hochfrequenten Magnetfeldpulsen (bis zu 20000 pro Sekunde) effektiv von der Umgebung entkoppelt. Dadurch konnte die Kohärenzzeit bis in den Bereich von einer Minute gesteigert werden. Dies stellt die längste je gemessene Kohärenzzeit in Pr³⁺:Y₂SiO₅ dar und erreicht die Zeitskala der natürlichen Lebensdauer von 100 s, die das ultimative Limit im dotierten Kristall definiert.
Schließlich wurden ZEFOZ-Technik und DD auf die EIT-getriebene Licht- und Bildspeicherung in Pr³⁺:Y₂SiO₅ angewandt. Aufgrund der Komplexität der Zeeman-aufgespaltenen HFS war eine einfache Präparation des Mediums für EIT nun nicht mehr möglich. Daher wurde auf ein Verfahren zurückgegriffen, welches ursprünglich im Bereich der Ultrakurzpulsphysik zur selbstoptimierenden Pulsformung entwickelt wurde. Ein evolutionärer Algorithmus (EA) sucht auf Basis biologischer Prinzipien nach einem optimalen Präparationspuls für die Lichtspeicherung. In den hier durchgeführten Experimenten wurde ein EA erstmals zur Präparation einer komplexen, Magnetfeld-aufgespaltenen und inhomogen verbreiterten Niveaustruktur angewandt. Die gefundene Pulssequenz ermöglichte die Lichtspeicherung und konnte qualitativ durch Simulationen erklärt werden. Um die Lichtspeicherdauer zu verlängern, wurde schließlich die DD eingesetzt. Die erreichte Speicherdauer von über 40 Sekunden stellt die längste je gemessene EIT-Speicherzeit dar. Zusätzlich konnte die EIT-Bildspeicherung auf diesen makroskopischen Zeitskalen demonstriert werden. Dies übertrifft vorherige Implementierungen der EIT-getriebenen Bildspeicherungen um über sechs Größenordnungen.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
---|---|---|---|---|---|
Erschienen: | 2013 | ||||
Autor(en): | Heinze, Georg | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Kohärente optische Datenspeicherung mittels EIT in einem Pr³⁺:Y₂SiO₅-Kristall | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Halfmann, Prof. Dr. Thomas ; Walther, Prof. Dr. Thomas | ||||
Publikationsjahr: | 2013 | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 14 Oktober 2013 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/3686 | ||||
Zugehörige Links: | |||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Im Rahmen dieser Arbeit wurde die kohärente Speicherung von Licht mittels elektromagnetisch induzierter Transparenz (EIT) in einem Praseodym-dotierten Yttrium-ortho-Silikat-Kristall untersucht. Ziel war die Realisierung eines EIT-getriebenen Festkörper-Speichers mit hoher Speicherkapazität und langer Speicherdauer. Hierzu wurde eine Vielzahl von Techniken eingesetzt, die in ihrer Kombination erstmalig Anwendung fanden. Um die Speicherkapazität zu erhöhen, wurde EIT mit Bildspeicherung und Multiplexing kombiniert. Um die Speicherzeit zu verlängern, wurden statische Magnetfelder zur Manipulation der Energieniveaus und Reduktion von Dekohärenz, sowie magnetische Wechselfelder zur Entkopplung der Zustände von der Umgebung verwendet. Zur optimalen Präparation der komplexen Niveaustrukturen wurde die rückkopplungsgesteuerte Pulsformung mit Hilfe evolutionärer Strategien genutzt. Zunächst wurden EIT und Bildspeicherung im Festkörper bei Speicherzeiten implementiert, die durch Dephasierungsprozesse auf einige 10 µs limitiert waren. Durch einfache Techniken zur Hochfrequenz-Rephasierung konnte die Speicherdauer um etwa einen Faktor 50 auf die Kohärenzzeit von 500 µs gesteigert werden. Bei den Untersuchungen zeigten sich Oszillationen der Speichereffizienz mit der Speicherdauer. Diese entstanden durch simultane Speicherung der optischen Information in leicht zueinander verstimmten Frequenzensembles, gefolgt von De- und Rephasierung. Dieser Effekt der Dunkelzustandsschwebung konnte erstmals in einem Festkörper nachgewiesen werden und schließlich mittels geeigneter, schwacher Magnetfelder kontrolliert bzw. unterdrückt werden. Hierdurch wurde die Speichereffizienz über die gesamte Speicherzeit maximiert. Auch wurde erstmals die EIT-getriebene Bildspeicherung in einem Festkörper implementiert. Im Vergleich zur EIT-Bildspeicherung in Gasen, die durch atomare Diffusionsprozesse gestört wird, konnte die Speicherdauer sowie die Speicherkapazität in diesen ersten Experimenten bereits um mehr als einen Faktor 40 erhöht werden. Eine Abschätzung auf Basis des ermittelten Speichergebietes lässt eine vierstellige Zahl von Speicherpunkten in einem einzigen Kristall realistisch erscheinen. Zur weiteren Erhöhung der Speicherkapazität wurde anschließend die EIT-Bildspeicherung mit Multiplexing-Verfahren aus der klassischen Holographie kombiniert. Dazu wurde das spektral selektive Frequenzmultiplexing, welches auf der Speicherung von Information in verschiedenen Frequenzklassen (Ensembles) von Ionen beruht, sowie das räumlich selektive Winkelmultiplexing, das Prinzipien der Phasenanpassung zur Kontrolle der Richtung des emittierten Signalpulses nutzt, eingesetzt. Die Multiplexing-Verfahren erlaubten die simultane Speicherung von Bildern mittels EIT im selben Kristallvolumen. Ebenso wurden beide Techniken miteinander kombiniert, um die Speicherkapazität weiter zu erhöhen. Im wichtigsten Teil der Arbeit sollten sehr lange EIT-Speicherzeiten durch Kontrolle und Unterdrückung von Dekohärenzprozessen mittels statischer und hochfrequenter Magnetfelder erreicht werden. Hierzu wurde ein supraleitendes Spulensystem entwickelt. Durch geeignete statische Felder kann die Hyperfeinstruktur (HFS) der Pr³⁺-Ionen so manipuliert werden, dass Übergänge entstehen, die in erster Näherung insensitiv gegenüber äußeren Einflüssen sind. Bei diesen ZEFOZ-Konfigurationen lassen sich daher deutlich erhöhte Kohärenzzeiten bzw. EIT-Speicherzeiten erzielen. Allerdings bewirken die statischen Magnetfelder aufgrund des Zeeman-Effekts eine erheblich komplexere Niveaustruktur als im feldfreien Fall. Um diese zu charakterisieren, wurde die Raman-Heterodyn-Spektroskopie (RHS) implementiert. Hiermit konnte die aufgespaltene HFS mit sehr hoher Präzision vermessen werden. Die optimale ZEFOZ-Konfiguration wurde durch ein automatisiertes Verfahren auf Basis von Spinecho-Messungen ermittelt, welches eine direkte Charakterisierung von Kohärenzzerfällen ermöglicht. Durch die ZEFOZ-Technik konnte so eine Steigerung der Kohärenzzeit von 500 µs um fast drei Größenordnungen auf 392 ms erzielt werden. Der ZEFOZ-Charakter der gefundenen Feldkonfiguration wurde mittels der RHS verifiziert. Anschließend wurde die dynamische Dekohärenzkontrolle (DD) genutzt, um die Kohärenzzeit noch weiter zu verlängern. Hierbei wurden die Pr³⁺-Ionen durch schnelle Folgen von hochfrequenten Magnetfeldpulsen (bis zu 20000 pro Sekunde) effektiv von der Umgebung entkoppelt. Dadurch konnte die Kohärenzzeit bis in den Bereich von einer Minute gesteigert werden. Dies stellt die längste je gemessene Kohärenzzeit in Pr³⁺:Y₂SiO₅ dar und erreicht die Zeitskala der natürlichen Lebensdauer von 100 s, die das ultimative Limit im dotierten Kristall definiert. Schließlich wurden ZEFOZ-Technik und DD auf die EIT-getriebene Licht- und Bildspeicherung in Pr³⁺:Y₂SiO₅ angewandt. Aufgrund der Komplexität der Zeeman-aufgespaltenen HFS war eine einfache Präparation des Mediums für EIT nun nicht mehr möglich. Daher wurde auf ein Verfahren zurückgegriffen, welches ursprünglich im Bereich der Ultrakurzpulsphysik zur selbstoptimierenden Pulsformung entwickelt wurde. Ein evolutionärer Algorithmus (EA) sucht auf Basis biologischer Prinzipien nach einem optimalen Präparationspuls für die Lichtspeicherung. In den hier durchgeführten Experimenten wurde ein EA erstmals zur Präparation einer komplexen, Magnetfeld-aufgespaltenen und inhomogen verbreiterten Niveaustruktur angewandt. Die gefundene Pulssequenz ermöglichte die Lichtspeicherung und konnte qualitativ durch Simulationen erklärt werden. Um die Lichtspeicherdauer zu verlängern, wurde schließlich die DD eingesetzt. Die erreichte Speicherdauer von über 40 Sekunden stellt die längste je gemessene EIT-Speicherzeit dar. Zusätzlich konnte die EIT-Bildspeicherung auf diesen makroskopischen Zeitskalen demonstriert werden. Dies übertrifft vorherige Implementierungen der EIT-getriebenen Bildspeicherungen um über sechs Größenordnungen. |
||||
Alternatives oder übersetztes Abstract: |
|
||||
Freie Schlagworte: | optische Datenspeicherung, elektromagnetisch induzierte Transparenz, EIT, gestopptes Licht, gespeichertes Licht, Quantenspeicher, Seltene Erden, Praseodym, dotierter Kristall, spektrales Lochbrennen, Rephasierung, Dunkelzustandsschwebung, Bildspeicherung, Frequenzmultiplexing, Winkelmultiplexing, Raman-Heterodyn-Spektroskopie, Spinechos, Magnetfeld, Hyperfeinniveaus, Zeeman-Spektrum, ZEFOZ, dynamische Entkopplung, dynamische Dekohärenzkontrolle, Dekohärenz, Kohärenzzeit, evolutionärer Algorithmus, genetischer Algorithmus, Pulsformung, Laser | ||||
Schlagworte: |
|
||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-36866 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik |
||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 05 Fachbereich Physik 05 Fachbereich Physik > Institut für Angewandte Physik |
||||
Hinterlegungsdatum: | 08 Dez 2013 20:55 | ||||
Letzte Änderung: | 08 Dez 2013 20:55 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Halfmann, Prof. Dr. Thomas ; Walther, Prof. Dr. Thomas | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 14 Oktober 2013 | ||||
Schlagworte: |
|
||||
Export: | |||||
Suche nach Titel in: | TUfind oder in Google |
Frage zum Eintrag |
Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen |