Löw, Florian (2012)
Untersuchungen zur molekularen Dynamik in amorphem Eis.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Neutronenstreuung und 2H-NMR-Experimente sind bestens geeignet amorphe Eise zu charakterisieren. Vergleicht man das 2H-Spin-Gitter-Relaxationsverhalten verschiedener amorpher Eise bei Atmosphärendruck, kann man sie in zwei Kategorien, hochdichte und niedrigdichte Phasen, einteilen (vgl. Abb. 2.6 und Ref. [82]). Was das hochdichte amorphe Eis betrifft, so gibt es starke Unterschiede in den Relaxationsparametern und ihren Transformationen in die niedrigdichte Form. Dies deutet an, dass hochdichte Phasen nicht relaxiert bzw. nicht annealed sind. Eine dieser Unterzustände, eHDA scheint der hochdichte Zustand zu sein, der am nächsten zum metastabilen Equilibrium ist. Dies zeigt sich durch reproduzierbare T1-Relaxationszeiten und den scharfen Übergang von eHDA ins LDA–II.
Sowohl Strukturanalyse als auch 2H-Spin-Gitter Relaxation und 2H-Linienformanalyse zeigen einen scharfen Übergang von eHDA zu LDA–II bei 123 K. Dies ist in Übereinstimmung mit anderen Techniken [90, 124]. Im Gegensatz dazu gibt es im niedrigdichten amorphen Eis wenig Schwankungen in der 2H-Spin-Gitter-Relaxationszeit. Neben weiteren Gemeinsamkeiten zeigt der zweite Parameter der Spin-Gitter-Relaxationszeit, der Kohlrausch Exponent, unbeständige Schwankungen zwischen verschiedenen Proben. Dies deutet an, dass kleinste Unterschiede in der Probenherstellung und Probengeschichte zu subtilen Änderungen der Probeneigenschaften führt. Eine Ausnahme bildet wohl die Beobachtung, dass β von eHDA immer größer als in der niedrigdichten Form ist. Neu ist, dass LDA–II eine Kristallisationstemperatur von 150 K hat. Wohin HGW bereits bei 136 K beginnt zu kristallisieren. LDA–I transformiert sogar 14 K früher als LDA–II, wenn man die Proben stündlich um 2 K erwärmt [35]. LDA–IIist stabiler gegen Kristallisation als LDA–I. Diese verbesserte thermische Stabilität durch einen veränderten Präparationspfad stimmt mit Beobachtungen von Elsaesser et al. mittels Röntgendiffraktometrie und kalorimetrischen Messungen überein [20]. NMR-Spin-Gitter-Relaxation und der Debye-Waller-Faktor untersuchen schnelle Prozesse. Die Temperaturabhängigkeit des Debye–Waller Faktors zeigt eine kleine Anomalie unterhalb von Tg in einigen Proben. Dies suggeriert das Einsetzen möglicher Vorläuferprozesse des Glasübergangs. Sind die Abweichungen von harmonischen Verhalten zwar schwach in protonierten Proben zu sehen (Abb. 6.2), wird dieser Befund nicht durch Daten an deuterierten Proben untermauert. Die Ergebnisse der Spin–Gitter Relaxation erlauben ebenfalls keine Schlussfolgerungen bezüglich der Frage des möglichen Glasübergangs zu ziehen. 2H-Stimulierte-Echo-Experimente zeigen das Einsetzen ultralangsamer, möglicherweise tetraedrischer, Reorientierungsdynamik auf einer Zeitskala von 5 s · · · 50 s. Da Spin-Gitter-Relaxation mit dem Stimulierten-Echo-Korrelationszerfall konkurriert, begrenzt die Relaxation die Anwendbarkeit des Stimulierten-Echo-Experiments bei tiefen Temperaturen (hier ≈ 135 K). Die obere Temperaturgrenze ist durch die Kristallisation der Proben gegeben. Oberhalb von 135 K kristallisieren die Proben graduell (irreversibel) bis zur vollständigen Kristallisation bei 143 K. Dennoch können in diesem kleinen Temperaturintervall Zeitkonstanten molekularer Reorientierungsdynamik im LDA–II extrahiert werden. Diese Zeitkonstanten zeigen ein Arrhenius-artiges Temperaturverhalten. Dies würde, im Falle von Gläsern, LDA–II starken Glasbildnern, insbesonere Netzwerkgläsern, zuordnen. Extrapolation dieses Temperaturverhaltens auf eine Korrelationszeit von 100 s führt zu einer kalorischen Glasübergangstemperatur von Tg ≈ 126 K, was auch sinnvoll erscheint, sind doch die Heizraten viel niedriger als in DSC-Messungen.
Selbst wenn Kristallisation innerhalb der Dauer eines Stimulierten-Echo-Experiments beobachtbar ist, ist die Strukturrelaxation schneller als die Kristallisation zu kubischem Eis. Demnach deutet der Korrelationszerfall im Kontext mit Resultaten aus der dielektischen Spektroskopie und Penetrationsexperimenten auf einen Glasübergang von LDA–II hin. LDA–II wäre somit der glasartige Zustand von Wasser bei Atmosphärendruck.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2012 | ||||
Autor(en): | Löw, Florian | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Untersuchungen zur molekularen Dynamik in amorphem Eis | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Fujara, Prof. Dr. Franz ; Geil, Prof. Dr. Burkhard | ||||
Publikationsjahr: | 16 Oktober 2012 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 5 November 2012 | ||||
URL / URN: | http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/3286/ | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Neutronenstreuung und 2H-NMR-Experimente sind bestens geeignet amorphe Eise zu charakterisieren. Vergleicht man das 2H-Spin-Gitter-Relaxationsverhalten verschiedener amorpher Eise bei Atmosphärendruck, kann man sie in zwei Kategorien, hochdichte und niedrigdichte Phasen, einteilen (vgl. Abb. 2.6 und Ref. [82]). Was das hochdichte amorphe Eis betrifft, so gibt es starke Unterschiede in den Relaxationsparametern und ihren Transformationen in die niedrigdichte Form. Dies deutet an, dass hochdichte Phasen nicht relaxiert bzw. nicht annealed sind. Eine dieser Unterzustände, eHDA scheint der hochdichte Zustand zu sein, der am nächsten zum metastabilen Equilibrium ist. Dies zeigt sich durch reproduzierbare T1-Relaxationszeiten und den scharfen Übergang von eHDA ins LDA–II. Sowohl Strukturanalyse als auch 2H-Spin-Gitter Relaxation und 2H-Linienformanalyse zeigen einen scharfen Übergang von eHDA zu LDA–II bei 123 K. Dies ist in Übereinstimmung mit anderen Techniken [90, 124]. Im Gegensatz dazu gibt es im niedrigdichten amorphen Eis wenig Schwankungen in der 2H-Spin-Gitter-Relaxationszeit. Neben weiteren Gemeinsamkeiten zeigt der zweite Parameter der Spin-Gitter-Relaxationszeit, der Kohlrausch Exponent, unbeständige Schwankungen zwischen verschiedenen Proben. Dies deutet an, dass kleinste Unterschiede in der Probenherstellung und Probengeschichte zu subtilen Änderungen der Probeneigenschaften führt. Eine Ausnahme bildet wohl die Beobachtung, dass β von eHDA immer größer als in der niedrigdichten Form ist. Neu ist, dass LDA–II eine Kristallisationstemperatur von 150 K hat. Wohin HGW bereits bei 136 K beginnt zu kristallisieren. LDA–I transformiert sogar 14 K früher als LDA–II, wenn man die Proben stündlich um 2 K erwärmt [35]. LDA–IIist stabiler gegen Kristallisation als LDA–I. Diese verbesserte thermische Stabilität durch einen veränderten Präparationspfad stimmt mit Beobachtungen von Elsaesser et al. mittels Röntgendiffraktometrie und kalorimetrischen Messungen überein [20]. NMR-Spin-Gitter-Relaxation und der Debye-Waller-Faktor untersuchen schnelle Prozesse. Die Temperaturabhängigkeit des Debye–Waller Faktors zeigt eine kleine Anomalie unterhalb von Tg in einigen Proben. Dies suggeriert das Einsetzen möglicher Vorläuferprozesse des Glasübergangs. Sind die Abweichungen von harmonischen Verhalten zwar schwach in protonierten Proben zu sehen (Abb. 6.2), wird dieser Befund nicht durch Daten an deuterierten Proben untermauert. Die Ergebnisse der Spin–Gitter Relaxation erlauben ebenfalls keine Schlussfolgerungen bezüglich der Frage des möglichen Glasübergangs zu ziehen. 2H-Stimulierte-Echo-Experimente zeigen das Einsetzen ultralangsamer, möglicherweise tetraedrischer, Reorientierungsdynamik auf einer Zeitskala von 5 s · · · 50 s. Da Spin-Gitter-Relaxation mit dem Stimulierten-Echo-Korrelationszerfall konkurriert, begrenzt die Relaxation die Anwendbarkeit des Stimulierten-Echo-Experiments bei tiefen Temperaturen (hier ≈ 135 K). Die obere Temperaturgrenze ist durch die Kristallisation der Proben gegeben. Oberhalb von 135 K kristallisieren die Proben graduell (irreversibel) bis zur vollständigen Kristallisation bei 143 K. Dennoch können in diesem kleinen Temperaturintervall Zeitkonstanten molekularer Reorientierungsdynamik im LDA–II extrahiert werden. Diese Zeitkonstanten zeigen ein Arrhenius-artiges Temperaturverhalten. Dies würde, im Falle von Gläsern, LDA–II starken Glasbildnern, insbesonere Netzwerkgläsern, zuordnen. Extrapolation dieses Temperaturverhaltens auf eine Korrelationszeit von 100 s führt zu einer kalorischen Glasübergangstemperatur von Tg ≈ 126 K, was auch sinnvoll erscheint, sind doch die Heizraten viel niedriger als in DSC-Messungen. Selbst wenn Kristallisation innerhalb der Dauer eines Stimulierten-Echo-Experiments beobachtbar ist, ist die Strukturrelaxation schneller als die Kristallisation zu kubischem Eis. Demnach deutet der Korrelationszerfall im Kontext mit Resultaten aus der dielektischen Spektroskopie und Penetrationsexperimenten auf einen Glasübergang von LDA–II hin. LDA–II wäre somit der glasartige Zustand von Wasser bei Atmosphärendruck. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Freie Schlagworte: | Amorphes Eis, Glasübergang, Wasser, 2H NMR | ||||
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URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-32866 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 05 Fachbereich Physik 05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM)) > Magnetische Kernresonanz 05 Fachbereich Physik > Institut für Festkörperphysik (2021 umbenannt in Institut für Physik Kondensierter Materie (IPKM)) |
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Hinterlegungsdatum: | 18 Mär 2013 16:25 | ||||
Letzte Änderung: | 21 Mär 2013 10:07 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Fujara, Prof. Dr. Franz ; Geil, Prof. Dr. Burkhard | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 5 November 2012 | ||||
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