Während der letzten Jahrzehnte hat die Einsicht zugenommen, dass das Wohlergehen der Menschheit grundlegend vom Zustand der Umwelt abhängt. Der rasante globale Biodiversitätsverlust sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen für Ökosystemprozesse sind daher in den Fokus der Wissenschaft gerückt und haben zu einer Vielzahl von Biodiversitätsexperimenten geführt, um die komplexen Zusammenhänge zwischen Pflanzenartenreichtum und Ökosystemprozessen in terrestrischen Graslandgesellschaften zu untersuchen. Die Mehrzahl dieser Studien konzentrierte sich allerdings nur auf bestimmte Aspekte terrestrischer Ökosysteme, wie zum Beispiel Pflanzenproduktivität, und vernachlässigte dabei die fundamentale Rolle des unterirdischen Zersetzersystems für die Steuerung von Ökosystemprozessen. Mikroorganismen und Bodentiere steuern Zersetzungsprozesse und Nährstoffkreisläufe, welche als Schlüsselprozesse für die Produktivität und das Funktionieren von Ökosystemen angesehen werden. Collembolen gehören zu den wichtigsten Mikroarthropoden in terrestrischen Ökosystemen, da sie Ökosystemprozesse und die Nährstoffversorgung von Pflanzen durch eine Vielzahl direkter und indirekter Wechselwirkungen beeinflussen können. Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des Jena Experiments erstellt, einem großen Biodiversitätsexperiment, in dem die Auswirkungen abnehmender Pflanzendiversität auf Ökosystemprozesse und trophische Interaktionen in einem Graslandökosystem untersucht werden. Die übergeordnete Zielsetzung meiner Arbeit war die Untersuchung der Auswirkungen abnehmender Pflanzendiversität und Anzahl bzw. Identität bestimmter funktioneller Pflanzengruppen auf Collembolengemeinschaften in gemäßigten Graslandsystemen. Zudem sollten die wesentlichen Mechanismen erforscht werden, durch welche Collembolen Pflanzengesellschaften beeinflussen. Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurden im Rahmen meiner Promotion ein Feldversuch und zwei Gewächshausexperimente durchgeführt. Das Ziel des Feldversuchs war es, die Einflüsse von Pflanzenartenzahl, Anzahl funktioneller Pflanzengruppen und der Identität bestimmter funktioneller Pflanzengruppen auf Collembolengemeinschaften zu untersuchen, und herauszufinden, ob es saisonale Variationen im Einfluss der Pflanzengesellschaft auf die Collembolen gibt. Sowohl Dichte als auch Diversität der Collembolengemeinschaft stiegen mit zunehmendem Pflanzenartenreichtum und Anzahl funktioneller Pflanzengruppen an, was auf die Wichtigkeit der „Singular-Hypothese“ für Bodeninvertebraten hindeutet. Grundsätzlich übten Gräser und Leguminosen einen positiven Einfluss auf Collembolen aus, während die Anwesenheit von kleinen Kräutern in der Regel nachteilig war. Darüber hinaus waren diese Einflüsse im Frühjahr und im Herbst überwiegend einheitlich. Die Ergebnisse weisen zudem auf eine ausgeprägte zeitliche Verzögerung der Collembolenreaktion auf Vegetationsmanipulationen hin, was vermuten lässt, dass Effekte bestimmter funktioneller Pflanzengruppen vergleichsweise unmittelbar erfolgen, während die Einflüsse von Pflanzenartenreichtum und Anzahl funktioneller Pflanzengruppen mehr Zeit brauchen, um sichtbare Auswirkungen zu zeigen. Im ersten Gewächshausexperiment wurde untersucht, auf welche Weise Pflanzenwachstum und Zersetzungsprozesse durch Collembolendiversität beeinflusst werden und ob sich Effekte von Collembolen auf Pflanzen verschiedener funktioneller Gruppen unterscheiden. Es stellte sich heraus, dass die Zersetzung von Oberflächenstreu in Anwesenheit von Collembolen reduziert wurde, während die Zersetzung von Wurzelstreu beschleunigt wurde. Zudem änderte die Anwesenheit von Collembolen die Durchwurzelungstiefe der Pflanzen in Abhängigkeit ihrer funktionellen Identität, was auf eine ausgeprägte Veränderung der Konkurrenzverhältnisse zwischen Pflanzen aufgrund von Veränderungen in Diversität und Zusammensetzung der Collembolengemeinschaft hindeutet. Die teilweise idiosynkratischen Effekte von Collembolen auf das Wachstum der Pflanzen deuten allerdings auf ausgeprägte, kontextabhängige Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Arten hin, wie Förderung oder Konkurrenzkampf um Nahrung oder Lebensraum. Die Ergebnisse dieses Gewächshausexperiments zeigen, dass Veränderungen in der Diversität von Collembolengemeinschaften unvorhersehbare Auswirkungen auf Ökosystemprozesse haben können. Das Ziel des zweiten Gewächshausexperiments war es, die Einflüsse von Collembolen und arbuskulären Mykorrhizapilzen auf das Wachstum und die Konkurrenzbeziehungen von Lolium perenne, Plantago lanceolata und Trifolium pratense zu erkunden, welche drei dominante funktionelle Pflanzengruppen des Jena Experiments (Gräser, Kräuter und Leguminosen) repräsentieren. Des Weiteren wurde untersucht, inwieweit sich die verschiedenen Pflanzengesellschaften auf das Wachstum der Collembolen und die Mykorrhizierungsrate der Pflanzenwurzeln auswirken. Die Anwesenheit von Collembolen hatte zwar keine Auswirkungen auf die Mykorrhizierungsrate der Pflanzenwurzeln, erhöhte aber die Anzahl der Vesikel in P. lanceolata. Sowohl Mykorrhiza als auch Collembolen erhöhten die Stickstoff- und Phosphatmengen im Pflanzensprossgewebe; in Anwesenheit von Mykorrhiza waren die Effekte von Collembolen allerdings weniger stark ausgeprägt, als ohne die Pilze. Es konnte gezeigt werden, dass sich Mykorrhizapilze und Collembolen in ihrer Wirkung auf Konkurrenzbeziehungen zwischen Pflanzen wechselseitig beeinflussen. Mykorrhizapilze modulierten pflanzenspezifische Einflüsse auf Collembolen und erhöhten die Konkurrenzkraft von P. lanceolata und T. pratense gegenüber L. perenne, was auf eine mutualistische Beziehung zwischen Pflanzen, Mykorrhiza und Collembolen hindeutet. Die gewonnenen Ergebnisse verdeutlichen, dass Collembolen und Mykorrhizapilze in der Lage sind, durch ihr Zusammenwirken pflanzliche Konkurrenzbeziehungen zu verändern, indem sie die Nährstoffaufnahme der Pflanzen auf verschiedene aber gleichgerichtete Weise beeinflussen. Durch das Hervorheben komplexer Wechselwirkungen untermauern die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit die Wichtigkeit des unterirdischen Zersetzersystems für den Ablauf essenzieller Ökosystemprozesse. | Deutsch |