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Röntgenthomsonstreuung als Diagnostik dichter Plasmen

Pelka, Alexander (2010)
Röntgenthomsonstreuung als Diagnostik dichter Plasmen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die Untersuchung exotischer, instabiler Materiezustände ist eine zentrale Aufgabe der modernen Experimentalphysik. Diese Zustände treten auf der Erde selten auf, spielen aber eine wichtige Rolle bei verschiedenen astrophysikalischen Vorgängen und sind für Entwicklungen im Bereich der Trägheitsfusion von großer Bedeutung. In dieser Arbeit wurde das Verhalten von Materie bei hoher Dichte und moderater Temperatur untersucht. Hierzu wurde Röntgenthomsonstreuung bei zwei verschiedenen Experimenten als Diagnostik eingesetzt. Das erste Experiment behandelte die Dynamik des Zustandes von Lithiumfolien, die durch Laserpulse schockkomprimiert und geheizt wurden. Um eine möglichst homogene Kompression zu erreichen, kamen hierzu zwei Laserpulse zum Einsatz, die symmetrisch von beiden Seiten mit einer Intensität von 2.7*10^12 W/cm^2 und Pulsdauern von 4 ns auf Folien einer Dicke von 50 μm gelenkt wurden. Bei diesem Aufbau kann eine hohe Kompression erreicht werden, da sich, nach der Vorhersage hydrodynamischer Simulationen, die Schockwellen nach etwa 1.2 ns überlagern während sie noch durch die Heizlaser getrieben werden. Als Röntgenquelle für die Streudiagnostik wurde durch separate Laserpulse mit Pulsdauern von 1 ns ein Chlorplasma erzeugt, das Lyman-alpha-Strahlung mit einer Photonenenergie von 2.96 keV emittierte. Die gestreute Strahlung wurde unter einem Winkel von 120° von einem Röntgenspektrometer mit einem gekrümmten Reflektor aus hochorientiertem pyrolithischen Graphit in von Hamos Geometrie aufgenommen. Eine Variation des zeitlichen Abstands der Laserpulse ermöglichte es, die Dynamik der gemessenen Parameter zu bestimmen. Die Messungen ergaben Dichten im komprimierten Bereich von bis zu 1.3 g/cm^3 bei Temperaturen von 2.6 eV. Dies entspricht annähernd der dreifachen Festkörperdichte. Der Vergleich der Messergebnisse zu hydrodynamischen Simulationen zeigt die beste Übereinstimmung bei Verwendung der PROPACEOS-Zustandsgleichung für die Plasmaexpansion und dem QEOS-Modell für die Ionisationszustände. Im zweiten Experiment wurden die Eigenschaften von Kohlenstoff im Bereich des Schmelzpunktes untersucht. Hierzu wurde eine Graphitprobe mit der Festkörperdichte von 2.25 g/cm^3 durch ultrakurze, lasererzeugte Protonenstrahlen geheizt. Als Röntgenquelle diente die Helium-alpha-Linie eines Titanplasmas mit einer Photonenenergie von 4.75 keV, das durch einen zweiten Hochintensitätslaser erzeugt wurde. Die Emissionsdauer der Röntgenstrahlung lag in derselben Größenordnung wie die Laserpulsdauer von 18 ps. Damit waren sowohl die Dauer des Heizmechanismus als auch die diagnostische Wechselwirkungszeit deutlich kürzer als die Zeitskalen, auf denen eine hydrodynamische Expansion stattfindet. Durch das für lasererzeugte Protonenstrahlen typische exponentielle Energiespektrum ergab sich in der Probe ein ebenfalls exponentielles Temperaturprofil. Bei den erreichten Protonenenergien führte das zu einer teilweise geschmolzenen Probe. Der Vergleich der Streusignale verschieden stark geheizter und kalter Kohlenstoffproben erlaubte die Bestimmung des Anteils, der sich in der flüssigen Phase befindet. So konnten bis zu 70% der Probe in den flüssigen Zustand gebracht werden, was einer Masse von etwa 6 μg entspricht. Diese Daten wurden mit theoretischen Vorhersagen der SESAME-Zustandsgleichung sowie einer Zustandsgleichung verglichen, die aus ab-initio-Simulationen auf Basis der Dichtefunktionaltheorie gewonnen wurde. Es ergibt sich, dass SESAME eine gute Beschreibung liefert, solange der flüssige Anteil der Probe nicht überwiegt. Bei zunehmender Energiedeposition in der Probe wird die Abweichung dieses Modells so groß, dass insgesamt die Dichtefunktionaltheorie eine bessere Übereinstimmung mit den Ergebnissen zeigt.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2010
Autor(en): Pelka, Alexander
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Röntgenthomsonstreuung als Diagnostik dichter Plasmen
Sprache: Deutsch
Referenten: Roth, Prof. Dr. Markus ; Hoffmann, Prof. Dr. Dieter H. H.
Publikationsjahr: 22 September 2010
Datum der mündlichen Prüfung: 19 Juli 2010
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-22896
Kurzbeschreibung (Abstract):

Die Untersuchung exotischer, instabiler Materiezustände ist eine zentrale Aufgabe der modernen Experimentalphysik. Diese Zustände treten auf der Erde selten auf, spielen aber eine wichtige Rolle bei verschiedenen astrophysikalischen Vorgängen und sind für Entwicklungen im Bereich der Trägheitsfusion von großer Bedeutung. In dieser Arbeit wurde das Verhalten von Materie bei hoher Dichte und moderater Temperatur untersucht. Hierzu wurde Röntgenthomsonstreuung bei zwei verschiedenen Experimenten als Diagnostik eingesetzt. Das erste Experiment behandelte die Dynamik des Zustandes von Lithiumfolien, die durch Laserpulse schockkomprimiert und geheizt wurden. Um eine möglichst homogene Kompression zu erreichen, kamen hierzu zwei Laserpulse zum Einsatz, die symmetrisch von beiden Seiten mit einer Intensität von 2.7*10^12 W/cm^2 und Pulsdauern von 4 ns auf Folien einer Dicke von 50 μm gelenkt wurden. Bei diesem Aufbau kann eine hohe Kompression erreicht werden, da sich, nach der Vorhersage hydrodynamischer Simulationen, die Schockwellen nach etwa 1.2 ns überlagern während sie noch durch die Heizlaser getrieben werden. Als Röntgenquelle für die Streudiagnostik wurde durch separate Laserpulse mit Pulsdauern von 1 ns ein Chlorplasma erzeugt, das Lyman-alpha-Strahlung mit einer Photonenenergie von 2.96 keV emittierte. Die gestreute Strahlung wurde unter einem Winkel von 120° von einem Röntgenspektrometer mit einem gekrümmten Reflektor aus hochorientiertem pyrolithischen Graphit in von Hamos Geometrie aufgenommen. Eine Variation des zeitlichen Abstands der Laserpulse ermöglichte es, die Dynamik der gemessenen Parameter zu bestimmen. Die Messungen ergaben Dichten im komprimierten Bereich von bis zu 1.3 g/cm^3 bei Temperaturen von 2.6 eV. Dies entspricht annähernd der dreifachen Festkörperdichte. Der Vergleich der Messergebnisse zu hydrodynamischen Simulationen zeigt die beste Übereinstimmung bei Verwendung der PROPACEOS-Zustandsgleichung für die Plasmaexpansion und dem QEOS-Modell für die Ionisationszustände. Im zweiten Experiment wurden die Eigenschaften von Kohlenstoff im Bereich des Schmelzpunktes untersucht. Hierzu wurde eine Graphitprobe mit der Festkörperdichte von 2.25 g/cm^3 durch ultrakurze, lasererzeugte Protonenstrahlen geheizt. Als Röntgenquelle diente die Helium-alpha-Linie eines Titanplasmas mit einer Photonenenergie von 4.75 keV, das durch einen zweiten Hochintensitätslaser erzeugt wurde. Die Emissionsdauer der Röntgenstrahlung lag in derselben Größenordnung wie die Laserpulsdauer von 18 ps. Damit waren sowohl die Dauer des Heizmechanismus als auch die diagnostische Wechselwirkungszeit deutlich kürzer als die Zeitskalen, auf denen eine hydrodynamische Expansion stattfindet. Durch das für lasererzeugte Protonenstrahlen typische exponentielle Energiespektrum ergab sich in der Probe ein ebenfalls exponentielles Temperaturprofil. Bei den erreichten Protonenenergien führte das zu einer teilweise geschmolzenen Probe. Der Vergleich der Streusignale verschieden stark geheizter und kalter Kohlenstoffproben erlaubte die Bestimmung des Anteils, der sich in der flüssigen Phase befindet. So konnten bis zu 70% der Probe in den flüssigen Zustand gebracht werden, was einer Masse von etwa 6 μg entspricht. Diese Daten wurden mit theoretischen Vorhersagen der SESAME-Zustandsgleichung sowie einer Zustandsgleichung verglichen, die aus ab-initio-Simulationen auf Basis der Dichtefunktionaltheorie gewonnen wurde. Es ergibt sich, dass SESAME eine gute Beschreibung liefert, solange der flüssige Anteil der Probe nicht überwiegt. Bei zunehmender Energiedeposition in der Probe wird die Abweichung dieses Modells so groß, dass insgesamt die Dichtefunktionaltheorie eine bessere Übereinstimmung mit den Ergebnissen zeigt.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The investigation of exotic, instable states of matter is a central task for modern applied physics. These states rarely occur on earth but play an important role for numerous astrophysical processes and for the development of Inertial Confinement Fusion (ICF). This work concentrates on determining the characteristics of matter at high densities and moderate temperatures. To achieve this x-ray Thomson scattering was used as a diagnostic for two different experiments. In the first experiment the dynamics of warm dense Lithium was studied. Lithium foils were shock-compressed and heated by high energy laser pulses. To obtain a uniform state two laser pulses with intensities of 2.7*10^12 W/cm^2 and pulse lengths of 4 ns were directed on both sides of the 50 μm thick foils. This setup led to a high compression, since, as hydrodynamical simulations indicate, the two shock waves coalesce approximately 1.2 ns after the beginning of the laser drive, and therefore while the shock is still driven. The x-ray source used for the scattering diagnostic was a chlorine plasma, driven by seperate 1-ns-long backlighter laser pulses, which emitted Lyman-alpha-photons with an energy of 2.96 keV. The scattered radiation was detected at an angle of 120° by an x-ray spectrometer using a curved highly oriented pyrolithic graphite reflector in von Hamos geometry. A variable delay between the heater and backlighter pulses allowed determining the dynamical evolution of the measured parameters. The maximum densities reached in this experiment were 1.3 g/cm^3 at temperatures of 2.6 eV, which corresponds to almost triple solid density. A comparison with theoretical models showed the best agreement when using the PROPACEOS equation of state for the expansion dynamics with the QEOS model for the ionization. The second experiment aimed at studying the solid-liquid transition of carbon. A graphite sample at the solid density of 2.25 g/cm^3 was heated by proton beams, generated by a short, high intensity laser pulse. As an x-ray source for the scattering diagnostic a titanium plasma was produced by a second short pulse laser beam. This plasma emitted a burst of Helium-alpha-photons with an energy of 4.75keV. The pulse length of this burst was roughly equal to the laser pulse length of 18 ps. Since both the heating and the probing of the sample were short relative to the time scale of hydrodynamic expansion mechanisms the sample can be assumed to remain at solid density. Laser-generated protons show a typical exponential energy spectrum which likewise leads to an exponential temperature profile in the sample. With the proton energies reached in this experiment partial melting of the graphite could be achieved. A comparison of the scattering signals with the scattering from cold graphite allows the determination of the liquid fraction. In this way it was shown that up to 70% of the probe were transferred into the liquid state, which corresponds to a mass of approximately 6 μg. These results were compared with theoretical predictions using two different models for the equation of state, the standard SESAME tables and an EOS that was calculated by ab-initio-simulations from the density functional theory. The SESAME EOS shows a good agreement with the experimental results as long as the liquid part is small. However, at higher energy inputs the deviations of this model increase, and overall the density functional theory matches the experimental data better.

Englisch
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 05 Fachbereich Physik > Institut für Kernphysik
05 Fachbereich Physik
Hinterlegungsdatum: 28 Sep 2010 14:21
Letzte Änderung: 05 Mär 2013 09:39
PPN:
Referenten: Roth, Prof. Dr. Markus ; Hoffmann, Prof. Dr. Dieter H. H.
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 19 Juli 2010
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