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Gefüge und mechanische Eigenschaften verzweigter Blechstrukturen

Bohn, Tilman (2010)
Gefüge und mechanische Eigenschaften verzweigter Blechstrukturen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Diese Arbeit ist im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 666 „Integrale Blechbauweisen höherer Verzweigungsordnung – Entwicklung, Fertigung, Bewertung“ im Teilprojekt C1 „Gefüge und mechanische Eigenschaften verzweigter Blechstrukturen“ entstanden. Ziel des Sonderforschungsbereiches 666 ist die optimierte Herstellung verzweigter Strukturen in integraler Blechbauweise. Hierfür findet insbesondere das innovative Verfahren des Spaltprofilierens Anwendung. Über Spaltprofilieren erzeugte Werkstücke sind durch große, inhomogen verteilte Umformgrade gekennzeichnet. Die bei den komplexen Umformvorgängen auftretenden Änderungen der Mikrostruktur sowie die hieraus resultierenden mechanischen Eigenschaften spaltprofilierter Bauteile sind bisher weitgehend unbekannt. Ziel dieser Arbeit ist die Ableitung eines geschlossenen Bildes des Umformprozesses aus materialwissenschaftlicher Sicht. Dies beinhaltet, die während der Umformung auftretenden Gefügeveränderungen zu charakterisieren und eine Korrelation mit mechani-schen Eigenschaften herzustellen. Des Weiteren gilt es, die Dehnungen und den Dehnungsverlauf während des Spaltprofilierens zu untersuchen. Dadurch wird ein Vergleich des Spaltprofilierens mit Methoden der Severe Plastic Deformation, wie Equal-Channel Angular Pressing (ECAP), High Pressure Torsion (HPT) oder Accumulative Roll Bonding (ARB) ermöglicht. In dieser Arbeit konnte ein geschlossenes Bild der beim Spaltprofilierprozess im Werkstoff ablaufenden mikrostrukturellen Vorgänge und der damit einher-gehenden Änderungen in Gefüge und mechanischen Eigenschaften erstellt werden. Erkenntnisse zum Prozess des Spaltprofilierens Während des Spaltprofilierens bildet sich nach einem Einlaufprozess ein stationärer Zustand in der Prozesszone aus. Der Werkstoff verlässt diese immer im gleichen Zustand, unabhängig von der aktuellen Spalttiefe. Der stationäre Zustand führt folglich zu gleichbleibenden Dehnungen, die der Werkstoff beim Durchlaufen der Prozesszone erfährt. Des Weiteren resultiert aus einer stationären Prozesszone eine konstante Gefüge- und Eigenschaftsverteilung im Flansch. Es konnte für alle drei untersuchten Stähle ZStE 500, RAWAEL® 80s und DD11 der stationäre Zustand in der Prozesszone nachgewiesen werden. Alle drei Werkstoffe konnten bei Vorliegen des stationären Zustandes in der Prozesszone nachweislich weiter spaltprofiliert werden. Folglich ist von Seiten dieser Werkstoffe keine Begrenzung der Spalttiefe zu erwarten. ZStE 500, RAWAEL® 80s und DD11 sollten aus materialwissenschaftlicher Sicht beliebig tief spaltbar sein. Auf Grund des prozessimmanenten Deformationsgradienten besteht in der Prozesszone ein Dehnungsgradient, bei dem die Dehnung abhängig vom Abstand zur Spaltwalze ist. Diese beiden Eigenschaften des Spaltprofilierprozesses, eine konstante Prozesszone und der vorliegende Dehnungsgradient, führen zu den charakteristischen Gefügen und Härteverteilungen von Spalt-profilen. Charakteristisches Gefüge von Spaltprofilen In Spaltprofilen konnte im Spaltgrund und über große Bereiche der Flansche ultrafeinkörniges (UFG) Gefüge mit mittleren Korngrößen bis zu 0,3 µm parallel zur Flanschoberseite nachgewiesen werden. Dieses resultiert aus den hohen Dehnungen, die in der Prozesszone direkt an der Spaltwalze auftreten. Durch das UFG Gefüge wird der Prozess des Spaltprofilierens möglich, da die geringe Korngröße kombiniert mit einem hohen Anteil an Großwinkelkorn-grenzen das Korngrenzengleiten als zusätzlichen Verformungsmechanismus begünstigt. Durch diesen Mechanismus wird die Versetzungsdichte in den Körnern nicht weiter erhöht, folglich vermindert sich die Umformbarkeit des Werkstoffs bei zunehmender Umformung nicht. Es wird eine konstante Prozesszone ermöglicht, in welcher der Werkstoff über Korngrenzengleiten in die Flansche fließen kann. Auf Grund des Deformationsgradienten in der Prozess-zone besteht senkrecht zur Flanschoberseite ein Gradient in der Korngröße, bei dem die Korngröße mit zunehmendem Abstand zur Flanschoberseite zunimmt. Dieser Gradient tritt über den gesamten Profilquerschnitt auf. Parallel zur Flanschoberseite ist das Gefüge konstant. Die Korngröße hängt allein vom Abstand zur Flanschoberseite ab. Ausgenommen hiervon sind die Flansch-spitzen, die während des Einlaufprozesses ohne konstante Prozesszone gebildet werden. Hier besteht auch ein Korngrößengradient parallel zur Flansch-oberseite. Charakteristische Eigenschaften von Spaltprofilen Durch die Bildung des UFG Gefüges erhöht sich die Härte der verwendeten Werkstoffe in den Flanschen bis um den Faktor 2. Härtemessungen zeigen die charakteristische lokale Härteverteilung über den Profilquerschnitt. Parallel zur Flanschoberseite steigt die Härte von der Flanschspitze in Richtung Spaltgrund an, bis das UFG Gefüge gebildet ist. Dann ergibt sich ein Härteplateau über einen Großteil der Flansche und den Spaltgrund, bevor die Härte an der ande-ren Flanschspitze wieder symmetrisch abfällt. Die Härte ist entsprechend dem Gefüge über weite Teile des Profilquerschnitts parallel zur Flanschoberseite konstant. Senkrecht dazu besteht ein Gradient mit abfallender Härte bei zunehmendem Abstand zur Flanschoberseite. Die Härte lässt sich mithilfe eines in dieser Arbeit angepassten linearen Zusammenhangs in die Festigkeit umrechnen. Somit kann für jeden lokal gemessenen Härtewert die Fließ-spannung im Profil ermittelt werden und folglich die gesamte Fließspannungs-verteilung über den Profilquerschnitt aus Härtemessungen abgeleitet und in Umform- und Eigenschaftssimulationen eingebracht werden. An der Flansch-oberseite konnten für ZStE 500 Festigkeiten von über 1000 MPa bestimmt werden. Die ermittelten Härtewerte sind direkt an die Korngröße gekoppelt. Es konnte eine Korrelation zwischen Härte und Korngröße entsprechend der Hall-Petch-Beziehung nachgewiesen werden. Durch das Spaltprofilieren lassen sich sehr große Bauteile mit konstantem UFG Gefüge (konstanter Verteilung) herstellen. Dies bietet die Möglichkeit, eine große Anzahl von Proben identischer Eigenschaften aus dem Werkstück zu entnehmen, wie sie beispielsweise für Ermüdungsuntersuchungen benötigt werden. Des Weiteren besteht mit dem Spaltprofilieren eine Methode, UFG Gefüge in kommerziellen höher- und höchstfesten Stählen zu erzeugen.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2010
Autor(en): Bohn, Tilman
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Gefüge und mechanische Eigenschaften verzweigter Blechstrukturen
Sprache: Deutsch
Referenten: Müller, Prof. Dr.- Clemens ; Rödel, Prof. Dr.- Jürgen
Publikationsjahr: 6 Februar 2010
Ort: Darmstadt
Verlag: Technische Universität
Datum der mündlichen Prüfung: 18 Dezember 2009
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-20447
Kurzbeschreibung (Abstract):

Diese Arbeit ist im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 666 „Integrale Blechbauweisen höherer Verzweigungsordnung – Entwicklung, Fertigung, Bewertung“ im Teilprojekt C1 „Gefüge und mechanische Eigenschaften verzweigter Blechstrukturen“ entstanden. Ziel des Sonderforschungsbereiches 666 ist die optimierte Herstellung verzweigter Strukturen in integraler Blechbauweise. Hierfür findet insbesondere das innovative Verfahren des Spaltprofilierens Anwendung. Über Spaltprofilieren erzeugte Werkstücke sind durch große, inhomogen verteilte Umformgrade gekennzeichnet. Die bei den komplexen Umformvorgängen auftretenden Änderungen der Mikrostruktur sowie die hieraus resultierenden mechanischen Eigenschaften spaltprofilierter Bauteile sind bisher weitgehend unbekannt. Ziel dieser Arbeit ist die Ableitung eines geschlossenen Bildes des Umformprozesses aus materialwissenschaftlicher Sicht. Dies beinhaltet, die während der Umformung auftretenden Gefügeveränderungen zu charakterisieren und eine Korrelation mit mechani-schen Eigenschaften herzustellen. Des Weiteren gilt es, die Dehnungen und den Dehnungsverlauf während des Spaltprofilierens zu untersuchen. Dadurch wird ein Vergleich des Spaltprofilierens mit Methoden der Severe Plastic Deformation, wie Equal-Channel Angular Pressing (ECAP), High Pressure Torsion (HPT) oder Accumulative Roll Bonding (ARB) ermöglicht. In dieser Arbeit konnte ein geschlossenes Bild der beim Spaltprofilierprozess im Werkstoff ablaufenden mikrostrukturellen Vorgänge und der damit einher-gehenden Änderungen in Gefüge und mechanischen Eigenschaften erstellt werden. Erkenntnisse zum Prozess des Spaltprofilierens Während des Spaltprofilierens bildet sich nach einem Einlaufprozess ein stationärer Zustand in der Prozesszone aus. Der Werkstoff verlässt diese immer im gleichen Zustand, unabhängig von der aktuellen Spalttiefe. Der stationäre Zustand führt folglich zu gleichbleibenden Dehnungen, die der Werkstoff beim Durchlaufen der Prozesszone erfährt. Des Weiteren resultiert aus einer stationären Prozesszone eine konstante Gefüge- und Eigenschaftsverteilung im Flansch. Es konnte für alle drei untersuchten Stähle ZStE 500, RAWAEL® 80s und DD11 der stationäre Zustand in der Prozesszone nachgewiesen werden. Alle drei Werkstoffe konnten bei Vorliegen des stationären Zustandes in der Prozesszone nachweislich weiter spaltprofiliert werden. Folglich ist von Seiten dieser Werkstoffe keine Begrenzung der Spalttiefe zu erwarten. ZStE 500, RAWAEL® 80s und DD11 sollten aus materialwissenschaftlicher Sicht beliebig tief spaltbar sein. Auf Grund des prozessimmanenten Deformationsgradienten besteht in der Prozesszone ein Dehnungsgradient, bei dem die Dehnung abhängig vom Abstand zur Spaltwalze ist. Diese beiden Eigenschaften des Spaltprofilierprozesses, eine konstante Prozesszone und der vorliegende Dehnungsgradient, führen zu den charakteristischen Gefügen und Härteverteilungen von Spalt-profilen. Charakteristisches Gefüge von Spaltprofilen In Spaltprofilen konnte im Spaltgrund und über große Bereiche der Flansche ultrafeinkörniges (UFG) Gefüge mit mittleren Korngrößen bis zu 0,3 µm parallel zur Flanschoberseite nachgewiesen werden. Dieses resultiert aus den hohen Dehnungen, die in der Prozesszone direkt an der Spaltwalze auftreten. Durch das UFG Gefüge wird der Prozess des Spaltprofilierens möglich, da die geringe Korngröße kombiniert mit einem hohen Anteil an Großwinkelkorn-grenzen das Korngrenzengleiten als zusätzlichen Verformungsmechanismus begünstigt. Durch diesen Mechanismus wird die Versetzungsdichte in den Körnern nicht weiter erhöht, folglich vermindert sich die Umformbarkeit des Werkstoffs bei zunehmender Umformung nicht. Es wird eine konstante Prozesszone ermöglicht, in welcher der Werkstoff über Korngrenzengleiten in die Flansche fließen kann. Auf Grund des Deformationsgradienten in der Prozess-zone besteht senkrecht zur Flanschoberseite ein Gradient in der Korngröße, bei dem die Korngröße mit zunehmendem Abstand zur Flanschoberseite zunimmt. Dieser Gradient tritt über den gesamten Profilquerschnitt auf. Parallel zur Flanschoberseite ist das Gefüge konstant. Die Korngröße hängt allein vom Abstand zur Flanschoberseite ab. Ausgenommen hiervon sind die Flansch-spitzen, die während des Einlaufprozesses ohne konstante Prozesszone gebildet werden. Hier besteht auch ein Korngrößengradient parallel zur Flansch-oberseite. Charakteristische Eigenschaften von Spaltprofilen Durch die Bildung des UFG Gefüges erhöht sich die Härte der verwendeten Werkstoffe in den Flanschen bis um den Faktor 2. Härtemessungen zeigen die charakteristische lokale Härteverteilung über den Profilquerschnitt. Parallel zur Flanschoberseite steigt die Härte von der Flanschspitze in Richtung Spaltgrund an, bis das UFG Gefüge gebildet ist. Dann ergibt sich ein Härteplateau über einen Großteil der Flansche und den Spaltgrund, bevor die Härte an der ande-ren Flanschspitze wieder symmetrisch abfällt. Die Härte ist entsprechend dem Gefüge über weite Teile des Profilquerschnitts parallel zur Flanschoberseite konstant. Senkrecht dazu besteht ein Gradient mit abfallender Härte bei zunehmendem Abstand zur Flanschoberseite. Die Härte lässt sich mithilfe eines in dieser Arbeit angepassten linearen Zusammenhangs in die Festigkeit umrechnen. Somit kann für jeden lokal gemessenen Härtewert die Fließ-spannung im Profil ermittelt werden und folglich die gesamte Fließspannungs-verteilung über den Profilquerschnitt aus Härtemessungen abgeleitet und in Umform- und Eigenschaftssimulationen eingebracht werden. An der Flansch-oberseite konnten für ZStE 500 Festigkeiten von über 1000 MPa bestimmt werden. Die ermittelten Härtewerte sind direkt an die Korngröße gekoppelt. Es konnte eine Korrelation zwischen Härte und Korngröße entsprechend der Hall-Petch-Beziehung nachgewiesen werden. Durch das Spaltprofilieren lassen sich sehr große Bauteile mit konstantem UFG Gefüge (konstanter Verteilung) herstellen. Dies bietet die Möglichkeit, eine große Anzahl von Proben identischer Eigenschaften aus dem Werkstück zu entnehmen, wie sie beispielsweise für Ermüdungsuntersuchungen benötigt werden. Des Weiteren besteht mit dem Spaltprofilieren eine Methode, UFG Gefüge in kommerziellen höher- und höchstfesten Stählen zu erzeugen.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The innovative linear flow splitting process enables the continuous production of bifurcated profiles from plain sheet metal without lamination, joining of material or heating of the semi- finished product. The modified roll forming process uses obtuse angled splitting rolls and supporting rolls to form flanges out of the band edge which involves severe plastic deformation in the process zone. The necessary formability of the material is facilitated by high hydrostatic compressive stresses, resulting in the formation of an ultrafine grained microstructure. Thereby a steady state is reached in the process zone where increasing deformation leads no more to significant changes in microstructure and mechanical properties.

Englisch
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Materialwissenschaft > Fachgebiet Physikalische Metallkunde
11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Materialwissenschaft
11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften
Hinterlegungsdatum: 23 Feb 2010 11:57
Letzte Änderung: 05 Mär 2013 09:32
PPN:
Referenten: Müller, Prof. Dr.- Clemens ; Rödel, Prof. Dr.- Jürgen
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 18 Dezember 2009
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