Rocks, Alexander (2009)
Einsatz von Metalloxid-Varistoren zum Überspannungsschutz pulsumrichtergespeister Drehfeldmaschinen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung
Kurzbeschreibung (Abstract)
Der Einsatz umrichtergespeister Antriebe hat sich in den letzten Jahren auf alle Leistungs- und Spannungsebenen ausgedehnt und erlaubt eine dynamische und gleichzeitig energieeffiziente Nutzung von elektrischen Antrieben. Nachteilig wirken sich allerdings die höherfrequenten Parasitäreffekte in umrichtergespeisten Antrieben wie die Ausbildung von Lagerströmen oder das Entstehen von Wanderwelleneffekten auf der Maschinenzuleitung aus. Letzteres bewirkt eine Spannungsüberhöhung an der Maschine bis zum doppelten Wert (in Extremfällen sogar noch höher) der Zwischenkreisspannung, so dass die Wicklungsisolation durch die mit der Pulsfrequenz des Umrichters auftretenden repetierenden Überspannungen sehr stark belastet wird. Ferner führen die hohen Spannungsanstiegsgeschwindigkeiten der Umrichterimpulse zu einer stark nichtlinearen Spannungsverteilung in der Maschinenwicklung, woraus ebenfalls eine starke Belastung für die Wicklungsisolation resultiert. Bei unzureichender Auslegung des Isoliersystems können einsetzende Teilentladungen zu Schäden und schließlich zum Ausfall des Antriebssystems führen. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, wie sich mit Metalloxid-(MO)-Varistoren die Überspannungen an der Maschine reduzieren lassen bei gleichzeitiger Verlängerung der Spannungsanstiegzeiten, was zu einer linearisierten Spannungsverteilung in der Maschine führt. Hierbei werden die Varistoren direkt an der Maschine parallel zwischen Phase und Erde angeschlossen. Der stark nichtlineare Zusammenhang eines Varistors zwischen Spannung und Strom bewirkt bei richtiger Auslegung, dass die Leiter-Erde-Spannung an der Maschine den Schutzpegel des Varistors nicht überschreitet unabhängig vom Betriebszustand des Antriebs. Zur Realisierung vergleichsweise niedriger Schutzpegel bei den auftretenden Strömen müssen die verwendeten Varistoren wenige Millimeter hoch sein bei sehr großen Durchmessern von einigen Zentimetern. Durch die verwendete Geometrie ergibt sich auf Grund der großen relativen Permittivität von r = 300...1000 für das Varistormaterial eine vergleichsweise große elektrische Kapazität von einigen Nanofarad. Wegen der bipolaren Umrichterspannung muss diese Kapazität mit jedem Spannungsimpuls erneut aufgeladen werden, so dass sich über den Wellenwiderstand des Kabels eine Aufladezeitkonstante von einigen hundert Nanosekunden ergibt. Dadurch verlängert sich die Anstiegszeit der Spannung an der Maschine signifikant, und die Spannungsverteilung in der Maschine wird linearisiert. In der beschriebenen Anwendung treten die Überspannungen nun aber nicht wie bei konventionellem Betrieb eines Überspannungsableiters nur wenige Male im Jahr auf, sondern entsprechend der Pulsfrequenz des Umrichters einige Tausend Mal pro Sekunde, so dass grundsätzlich andere Dimensionierungsregeln formuliert werden müssen. Außerdem ist wegen der permanent auftretenden Überspannungen eine klare Unterscheidung zwischen Dauerbetriebsspannung und Überspannung in dieser Anwendung nicht mehr möglich. Durch die „unkonventionelle“ Betriebsweise der Varistoren ergibt sich ein völlig neues, bisher noch nicht untersuchtes Alterungsverhalten. Es muss daher auch ein neues beschleunigtes Alterungsprüfverfahren entwickelt werden, um das Varistormaterial für die Anwendung zu qualifizieren und zu optimieren. Als Ergebnis dieser Arbeit werden zwei unterschiedliche Dimensionierungsansätze formuliert, nach denen die Varistoren entweder permanent überspannungsbegrenzend wirken oder so ausgelegt werden, dass sie nur im Falle einer z. B. durch Bremsbetrieb der Maschine erhöhten Zwischenkreisspannung spannungsbegrenzend arbeiten. Während sich für beide genannten Fälle unterschiedliche Schutzpegel ergeben, bewirkt die Varistorkapazität aber auf jeden Fall eine linearere Spannungsverteilung in der Maschinenwicklung. Es wird ein eigens entwickeltes Verfahren zur beschleunigten Alterungsprüfung der Varistoren in der neuen Anwendung vorgestellt und das Alterungsverhalten verschiedener Varistormaterialien unterschiedlicher Hersteller beispielhaft gezeigt und bewertet. Dabei stellt sich heraus, dass es sowohl alterungsbeständiges als auch alterungsunbeständiges Material gibt, was sich durch das neue Verfahren innerhalb weniger hundert Stunden Versuchszeit feststellen lässt. Außerdem kann durch Vergleich der Alterungsverhalten bei „konventioneller" und der neuen Beanspruchung gezeigt werden, dass sich Materialien grundsätzlich unterschiedlich bei den unterschiedlichen Beanspruchungen verhalten können und somit keine Schlussfolgerungen vom Alterungsverhalten bei „konventioneller" Beanspruchung auf das bei Umrichterbetrieb gezogen werden dürfen. Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass bei Wahl des richtigen Varistormaterials und bei richtiger Dimensionierung der Betrieb von Varistoren bei permanent auftretenden hochfrequenten Überspannungen unkritisch in Bezug auf thermisch stabilen Betrieb und Alterungsbeständigkeit ist. Ein Wert der Überspannung an der Maschine von weniger als 140 % der Zwischenkreisspannung wird mit Varistoren allerdings schwer realisierbar sein. Trotzdem wird durch den Einsatz von Varistoren eine deutliche Reduzierung der dielektrischen Beanspruchung der Maschinenisolation erzielt. Darüber hinaus wird wegen der geringeren vorliegenden Pulsfrequenzen der Betrieb an leistungsstarken Antriebssystemen als grundsätzlich unkritischer eingestuft. Die neue Applikation ist damit insbesondere für solche Systeme prädestiniert und kann dort eine weitere Stärke ausspielen: Die Lösung des Überspannungsschutzes mit Varistoren im Gegensatz zu einigen existierenden Filterlösungen ist leistungsunabhängig, da der Betriebsstrom nicht über das Schutzelement fließt, und somit sinkt der relative Anschaffungspreis der Varistorlösung mit größerer Antriebsleistung.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2009 | ||||
Autor(en): | Rocks, Alexander | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Einsatz von Metalloxid-Varistoren zum Überspannungsschutz pulsumrichtergespeister Drehfeldmaschinen | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Hinrichsen, Prof. Dr.- Volker ; Binder, Prof. Dr.- Andreas | ||||
Publikationsjahr: | 4 Dezember 2009 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Verlag: | Technische Universität | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 10 November 2009 | ||||
URL / URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-19869 | ||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Der Einsatz umrichtergespeister Antriebe hat sich in den letzten Jahren auf alle Leistungs- und Spannungsebenen ausgedehnt und erlaubt eine dynamische und gleichzeitig energieeffiziente Nutzung von elektrischen Antrieben. Nachteilig wirken sich allerdings die höherfrequenten Parasitäreffekte in umrichtergespeisten Antrieben wie die Ausbildung von Lagerströmen oder das Entstehen von Wanderwelleneffekten auf der Maschinenzuleitung aus. Letzteres bewirkt eine Spannungsüberhöhung an der Maschine bis zum doppelten Wert (in Extremfällen sogar noch höher) der Zwischenkreisspannung, so dass die Wicklungsisolation durch die mit der Pulsfrequenz des Umrichters auftretenden repetierenden Überspannungen sehr stark belastet wird. Ferner führen die hohen Spannungsanstiegsgeschwindigkeiten der Umrichterimpulse zu einer stark nichtlinearen Spannungsverteilung in der Maschinenwicklung, woraus ebenfalls eine starke Belastung für die Wicklungsisolation resultiert. Bei unzureichender Auslegung des Isoliersystems können einsetzende Teilentladungen zu Schäden und schließlich zum Ausfall des Antriebssystems führen. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, wie sich mit Metalloxid-(MO)-Varistoren die Überspannungen an der Maschine reduzieren lassen bei gleichzeitiger Verlängerung der Spannungsanstiegzeiten, was zu einer linearisierten Spannungsverteilung in der Maschine führt. Hierbei werden die Varistoren direkt an der Maschine parallel zwischen Phase und Erde angeschlossen. Der stark nichtlineare Zusammenhang eines Varistors zwischen Spannung und Strom bewirkt bei richtiger Auslegung, dass die Leiter-Erde-Spannung an der Maschine den Schutzpegel des Varistors nicht überschreitet unabhängig vom Betriebszustand des Antriebs. Zur Realisierung vergleichsweise niedriger Schutzpegel bei den auftretenden Strömen müssen die verwendeten Varistoren wenige Millimeter hoch sein bei sehr großen Durchmessern von einigen Zentimetern. Durch die verwendete Geometrie ergibt sich auf Grund der großen relativen Permittivität von r = 300...1000 für das Varistormaterial eine vergleichsweise große elektrische Kapazität von einigen Nanofarad. Wegen der bipolaren Umrichterspannung muss diese Kapazität mit jedem Spannungsimpuls erneut aufgeladen werden, so dass sich über den Wellenwiderstand des Kabels eine Aufladezeitkonstante von einigen hundert Nanosekunden ergibt. Dadurch verlängert sich die Anstiegszeit der Spannung an der Maschine signifikant, und die Spannungsverteilung in der Maschine wird linearisiert. In der beschriebenen Anwendung treten die Überspannungen nun aber nicht wie bei konventionellem Betrieb eines Überspannungsableiters nur wenige Male im Jahr auf, sondern entsprechend der Pulsfrequenz des Umrichters einige Tausend Mal pro Sekunde, so dass grundsätzlich andere Dimensionierungsregeln formuliert werden müssen. Außerdem ist wegen der permanent auftretenden Überspannungen eine klare Unterscheidung zwischen Dauerbetriebsspannung und Überspannung in dieser Anwendung nicht mehr möglich. Durch die „unkonventionelle“ Betriebsweise der Varistoren ergibt sich ein völlig neues, bisher noch nicht untersuchtes Alterungsverhalten. Es muss daher auch ein neues beschleunigtes Alterungsprüfverfahren entwickelt werden, um das Varistormaterial für die Anwendung zu qualifizieren und zu optimieren. Als Ergebnis dieser Arbeit werden zwei unterschiedliche Dimensionierungsansätze formuliert, nach denen die Varistoren entweder permanent überspannungsbegrenzend wirken oder so ausgelegt werden, dass sie nur im Falle einer z. B. durch Bremsbetrieb der Maschine erhöhten Zwischenkreisspannung spannungsbegrenzend arbeiten. Während sich für beide genannten Fälle unterschiedliche Schutzpegel ergeben, bewirkt die Varistorkapazität aber auf jeden Fall eine linearere Spannungsverteilung in der Maschinenwicklung. Es wird ein eigens entwickeltes Verfahren zur beschleunigten Alterungsprüfung der Varistoren in der neuen Anwendung vorgestellt und das Alterungsverhalten verschiedener Varistormaterialien unterschiedlicher Hersteller beispielhaft gezeigt und bewertet. Dabei stellt sich heraus, dass es sowohl alterungsbeständiges als auch alterungsunbeständiges Material gibt, was sich durch das neue Verfahren innerhalb weniger hundert Stunden Versuchszeit feststellen lässt. Außerdem kann durch Vergleich der Alterungsverhalten bei „konventioneller" und der neuen Beanspruchung gezeigt werden, dass sich Materialien grundsätzlich unterschiedlich bei den unterschiedlichen Beanspruchungen verhalten können und somit keine Schlussfolgerungen vom Alterungsverhalten bei „konventioneller" Beanspruchung auf das bei Umrichterbetrieb gezogen werden dürfen. Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass bei Wahl des richtigen Varistormaterials und bei richtiger Dimensionierung der Betrieb von Varistoren bei permanent auftretenden hochfrequenten Überspannungen unkritisch in Bezug auf thermisch stabilen Betrieb und Alterungsbeständigkeit ist. Ein Wert der Überspannung an der Maschine von weniger als 140 % der Zwischenkreisspannung wird mit Varistoren allerdings schwer realisierbar sein. Trotzdem wird durch den Einsatz von Varistoren eine deutliche Reduzierung der dielektrischen Beanspruchung der Maschinenisolation erzielt. Darüber hinaus wird wegen der geringeren vorliegenden Pulsfrequenzen der Betrieb an leistungsstarken Antriebssystemen als grundsätzlich unkritischer eingestuft. Die neue Applikation ist damit insbesondere für solche Systeme prädestiniert und kann dort eine weitere Stärke ausspielen: Die Lösung des Überspannungsschutzes mit Varistoren im Gegensatz zu einigen existierenden Filterlösungen ist leistungsunabhängig, da der Betriebsstrom nicht über das Schutzelement fließt, und somit sinkt der relative Anschaffungspreis der Varistorlösung mit größerer Antriebsleistung. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Freie Schlagworte: | umrichtergespeiste Antriebe, Varistoren, Wanderwellen, Überspannungsschutz, Überspannungsableiter | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Institut für Elektrische Energiesysteme > Hochspannungstechnik 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik 18 Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik > Institut für Elektrische Energiesysteme |
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Hinterlegungsdatum: | 07 Dez 2009 07:52 | ||||
Letzte Änderung: | 05 Mär 2013 09:28 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Hinrichsen, Prof. Dr.- Volker ; Binder, Prof. Dr.- Andreas | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 10 November 2009 | ||||
Export: | |||||
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