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Heterogen katalysierte Selektivhydrierung von Citral in der Flüssigphase

Steffan, Martin (2009)
Heterogen katalysierte Selektivhydrierung von Citral in der Flüssigphase.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Ziel dieser Arbeit war es, verschiedene Einflussgrößen auf die katalytische Aktivität und Selektivität heterogener Metall/Trägerkatalysatoren in der Hydrierung von Citral, einer technisch bedeutsamen Reaktion, zu untersuchen. Dazu wurden drei Themenkomplexe betrachtet: (i) Metallspezifität von Ag-Katalysatoren, (ii) Lösungsmitteleffekte sowohl von organischen Lösungsmitteln als auch ionischen Flüssigkeiten (IL) beim Einsatz von Ag- und Pd-Katalysatoren und (iii) die Verwendung von Polyanilin (PANI) als Trägermaterial für Au- und Pt-Katalysatoren. Im ersten Teil der Arbeit konnte gezeigt werden, dass über eine incipient wetness-Methode, unabhängig vom Precursormaterial, nanopartikuläres Silber auf SiO2 erhalten werden kann. Die Katalysatoren wiesen hohe Aktivitäten in der Hydrierung von Citral (z. B. bei 160 °C in n Hexan: TOF = 0,073 s-1) und eine Selektivität zu den ungesättigten Alkoholen Geraniol und Nerol von ca. 80% über den gesamten Umsatzbereich auf. Die außergewöhnlichen Eigenschaften dieser Katalysatoren bei der Hydrierung von α,β-ungesättigten Aldehyden wurden durch die Vermeidung der Folgehydrierung der ungesättigten Alkohole zu Citronellol selbst nach Erreichen vollständigen Citralumsatzes deutlich. Im zweiten Teil der Arbeit wurden Lösungsmitteleffekte bzw. deren Einfluss auf Aktivität und Selektivität in der Citralhydrierung studiert. Im Speziellen sollte erforscht werden, ob der Einsatz von Lösungsmitteln mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften (z. B. Permittivität) neben einer Beeinflussung der katalytischen Aktivität auch eine Steuerung der Produktselektivität gestattet. Es zeigte sich, dass weder der Einsatz von ionischen Flüssigkeiten noch von organischen Lösungsmitteln eine Kontrolle über die Selektivität zuließ. Durch die Wahl des Lösungsmittels kann somit die intramolekulare Selektivität (Hydrierung C=O-Gruppe vs. C=C-Bindung) nicht gezielt gesteuert werden. Daraus folgt, dass die regioselektive Hydrierung der C=O- bzw. C=C-Gruppe hauptsächlich von den intrinsischen Eigenschaften der eingesetzten Metalle abhängt, während der Einfluss durch die Wahl des Lösungsmittels nur eine untergeordnete Rolle spielt. Bei einer Gegenüberstellung von Aktivität und den spezifischen Eigenschaften Permittivität und Dipolmoment der Lösungsmittel konnte weder für Silber- noch für Palladiumkatalysatoren eine Abhängigkeit beobachtet werden. Eine Ausnahmestellung unter allen eingesetzten Lösungsmitteln nimmt die ionische Flüssigkeit [C4mim][DCA] ([DCA] = Dicyanamid, [N(CN)2]) bei der Palladium-katalysierten Citralhydrierung ein, da sowohl eine hohe Aktivität als auch Selektivität zu Citronellal erzielt wurden; letztere war dabei nahezu quantitativ (SCAL > 96%). Ferner tritt selbst nach vollständigem Citralumsatz keine Folgehydrierung zu Dihydrocitronellal ein (die bei allen anderen Lösungsmitteln beobachtet wurde), wodurch Ausbeuten am Wertprodukt Citronellal > 96% erhalten werden können. Es wird angenommen, dass das [DCA]-Anion der ionischen Flüssigkeit einen cokatalytischen Effekt besitzt; die Wirkungsweise bzw. in welcher Form die IL den Hydriermechanismus beeinflusst, ist bislang jedoch noch nicht geklärt. Im dritten Teil der Arbeit wurden mögliche Trägereinflüsse auf die resultierende Produktselektivität bei Verwendung des intrinsisch leitfähigen Polymers Polyanilin untersucht. Mit dem neuartigen Trägermaterial konnte gezeigt werden, dass über eine Sol-Methode Katalysatoren mit geträgerten Goldnanopartikeln hergestellt werden können. Das entwickelte Au/PANI-System, welches zum ersten Mal als Hydrierkatalysator für eine α,β-ungesättigte Verbindung eingesetzt wurde, ist hochaktiv und liefert die ungesättigten Alkohole Geraniol und Nerol als Hauptprodukte (SUOL = 76% bei XCitral = 30%). Dieses System offenbart somit ein bisher unbekanntes Potenzial in Hydrierreaktionen. Ausgeweitet wurde die Studie durch die Synthese und Anwendung von Platinkatalysatoren auf verschiedenen Trägermaterialien (SiO2, Al2O3, Aktivkohle, Graphit und PANI). Dabei konnte die Rolle verschiedener Platinspezies auf PANI, generiert durch unterschiedliche Syntheserouten, mittels XPS und EXAFS aufgeklärt werden. Es konnte gezeigt werden, dass chemisch präpariertes PtO2 (Fällungsmethode) auf PANI einen bislang unbekannten, hochdispersen Trägerkatalysator vom Adams-Typ liefert, der hocheffizient die konjugierte C=C-Bindung von Citral hydrieren kann (SCAL = 87% bei XCitral = 30%), wohingegen die Reduktion der C=O-Gruppe mit metallischem Platin auf PANI (Sol-Methode) gelingt (SUOL = 78% bei XCitral = 30%). Nach bestem Wissen des Autors der vorliegenden Arbeit ist in der Literatur noch kein Bericht vorhanden, bei dem ein Versuch unternommen wurde, die Selektivität in der Citralhydrierung durch den beschriebenen Syntheseansatz mit PANI als Trägermaterial zu steuern. Dieser Ansatz ist dabei nicht nur besonders nützlich für die selektive Hydrierung von α,β-ungesättigten Aldehyden, sondern zeigt auch das große Potenzial von Edelmetall-geträgerten, elektrisch leitfähigen Polymeren auf dem Gebiet der bisher kaum untersuchten Chemokatalyse.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2009
Autor(en): Steffan, Martin
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Heterogen katalysierte Selektivhydrierung von Citral in der Flüssigphase
Sprache: Deutsch
Referenten: Claus, Prof. Dr. Peter ; Vogel, Prof. Dr.- Herbert
Publikationsjahr: 17 Januar 2009
Datum der mündlichen Prüfung: 15 Dezember 2008
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-12908
Kurzbeschreibung (Abstract):

Ziel dieser Arbeit war es, verschiedene Einflussgrößen auf die katalytische Aktivität und Selektivität heterogener Metall/Trägerkatalysatoren in der Hydrierung von Citral, einer technisch bedeutsamen Reaktion, zu untersuchen. Dazu wurden drei Themenkomplexe betrachtet: (i) Metallspezifität von Ag-Katalysatoren, (ii) Lösungsmitteleffekte sowohl von organischen Lösungsmitteln als auch ionischen Flüssigkeiten (IL) beim Einsatz von Ag- und Pd-Katalysatoren und (iii) die Verwendung von Polyanilin (PANI) als Trägermaterial für Au- und Pt-Katalysatoren. Im ersten Teil der Arbeit konnte gezeigt werden, dass über eine incipient wetness-Methode, unabhängig vom Precursormaterial, nanopartikuläres Silber auf SiO2 erhalten werden kann. Die Katalysatoren wiesen hohe Aktivitäten in der Hydrierung von Citral (z. B. bei 160 °C in n Hexan: TOF = 0,073 s-1) und eine Selektivität zu den ungesättigten Alkoholen Geraniol und Nerol von ca. 80% über den gesamten Umsatzbereich auf. Die außergewöhnlichen Eigenschaften dieser Katalysatoren bei der Hydrierung von α,β-ungesättigten Aldehyden wurden durch die Vermeidung der Folgehydrierung der ungesättigten Alkohole zu Citronellol selbst nach Erreichen vollständigen Citralumsatzes deutlich. Im zweiten Teil der Arbeit wurden Lösungsmitteleffekte bzw. deren Einfluss auf Aktivität und Selektivität in der Citralhydrierung studiert. Im Speziellen sollte erforscht werden, ob der Einsatz von Lösungsmitteln mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften (z. B. Permittivität) neben einer Beeinflussung der katalytischen Aktivität auch eine Steuerung der Produktselektivität gestattet. Es zeigte sich, dass weder der Einsatz von ionischen Flüssigkeiten noch von organischen Lösungsmitteln eine Kontrolle über die Selektivität zuließ. Durch die Wahl des Lösungsmittels kann somit die intramolekulare Selektivität (Hydrierung C=O-Gruppe vs. C=C-Bindung) nicht gezielt gesteuert werden. Daraus folgt, dass die regioselektive Hydrierung der C=O- bzw. C=C-Gruppe hauptsächlich von den intrinsischen Eigenschaften der eingesetzten Metalle abhängt, während der Einfluss durch die Wahl des Lösungsmittels nur eine untergeordnete Rolle spielt. Bei einer Gegenüberstellung von Aktivität und den spezifischen Eigenschaften Permittivität und Dipolmoment der Lösungsmittel konnte weder für Silber- noch für Palladiumkatalysatoren eine Abhängigkeit beobachtet werden. Eine Ausnahmestellung unter allen eingesetzten Lösungsmitteln nimmt die ionische Flüssigkeit [C4mim][DCA] ([DCA] = Dicyanamid, [N(CN)2]) bei der Palladium-katalysierten Citralhydrierung ein, da sowohl eine hohe Aktivität als auch Selektivität zu Citronellal erzielt wurden; letztere war dabei nahezu quantitativ (SCAL > 96%). Ferner tritt selbst nach vollständigem Citralumsatz keine Folgehydrierung zu Dihydrocitronellal ein (die bei allen anderen Lösungsmitteln beobachtet wurde), wodurch Ausbeuten am Wertprodukt Citronellal > 96% erhalten werden können. Es wird angenommen, dass das [DCA]-Anion der ionischen Flüssigkeit einen cokatalytischen Effekt besitzt; die Wirkungsweise bzw. in welcher Form die IL den Hydriermechanismus beeinflusst, ist bislang jedoch noch nicht geklärt. Im dritten Teil der Arbeit wurden mögliche Trägereinflüsse auf die resultierende Produktselektivität bei Verwendung des intrinsisch leitfähigen Polymers Polyanilin untersucht. Mit dem neuartigen Trägermaterial konnte gezeigt werden, dass über eine Sol-Methode Katalysatoren mit geträgerten Goldnanopartikeln hergestellt werden können. Das entwickelte Au/PANI-System, welches zum ersten Mal als Hydrierkatalysator für eine α,β-ungesättigte Verbindung eingesetzt wurde, ist hochaktiv und liefert die ungesättigten Alkohole Geraniol und Nerol als Hauptprodukte (SUOL = 76% bei XCitral = 30%). Dieses System offenbart somit ein bisher unbekanntes Potenzial in Hydrierreaktionen. Ausgeweitet wurde die Studie durch die Synthese und Anwendung von Platinkatalysatoren auf verschiedenen Trägermaterialien (SiO2, Al2O3, Aktivkohle, Graphit und PANI). Dabei konnte die Rolle verschiedener Platinspezies auf PANI, generiert durch unterschiedliche Syntheserouten, mittels XPS und EXAFS aufgeklärt werden. Es konnte gezeigt werden, dass chemisch präpariertes PtO2 (Fällungsmethode) auf PANI einen bislang unbekannten, hochdispersen Trägerkatalysator vom Adams-Typ liefert, der hocheffizient die konjugierte C=C-Bindung von Citral hydrieren kann (SCAL = 87% bei XCitral = 30%), wohingegen die Reduktion der C=O-Gruppe mit metallischem Platin auf PANI (Sol-Methode) gelingt (SUOL = 78% bei XCitral = 30%). Nach bestem Wissen des Autors der vorliegenden Arbeit ist in der Literatur noch kein Bericht vorhanden, bei dem ein Versuch unternommen wurde, die Selektivität in der Citralhydrierung durch den beschriebenen Syntheseansatz mit PANI als Trägermaterial zu steuern. Dieser Ansatz ist dabei nicht nur besonders nützlich für die selektive Hydrierung von α,β-ungesättigten Aldehyden, sondern zeigt auch das große Potenzial von Edelmetall-geträgerten, elektrisch leitfähigen Polymeren auf dem Gebiet der bisher kaum untersuchten Chemokatalyse.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The aim of this thesis was to study different influences on the catalytic activity and selectivity of heterogeneous metal/support catalysts in the hydrogenation of citral, which is also of technical relevance. Therefore, three topics were investigated: (i) metal specificity of Ag catalysts, (ii) solvent effects of organic solvents and ionic liquids when using either Ag and Pd catalysts, and (iii) the use of polyaniline (PANI) as support material for Au and Pt catalysts. In the first part of the work it could be shown that independent of the precursor material nanoparticulate silver on SiO2 could be generated via an incipient wetness technique. The catalysts showed high activities in the hydrogenation of citral (e. g. at 160 °C in n hexane: TOF = 0,073 s-1) and ~ 80% selectivity towards the unsaturated alcohols geraniol and nerol over the whole conversion range. The outstanding properties of these catalysts in the hydrogenation of α,β unsaturated aldehydes were obvious through the prevention of the consecutive hydrogenation of the unsaturated alcohols towards citronellol even after complete conversion of citral. In the second part of this work solvent effects and their impact on activity and selectivity, respectively, were studied in citral hydrogenation. In more detail, it was investigated whether the use of solvents with different physico-chemical properties (e. g. permittivity) beside the persuasion on the catalytic activity also admits the control on product selectivity. It could be shown that neither the use of ionic liquids nor organic solvents allows controlling the selectivity. Therefore, the intramolecular selectivity (hydrogenation of C=O vs. C=C) could not specifically be steered by the choice of the solvent. Hence, the regioselective hydrogenation of the C=O- and C=C-group, respectively, mainly depends on the intrinsic properties of the applied metal while the influence of the solvent only plays an inferior role. When comparing the observed activity with the permittivity and the dipole moment of the different solvents no correlation could be found neither for Ag nor for Pd catalysts. An exceptional performance in the Palladium catalysed citral hydrogenation exhibits the ionic liquid [C4mim][DCA] ([DCA] = dicyanamide, [N(CN)2]), because both high activity and selectivity to citronellal, the latter was > 96%, were observed. Moreover, even after full conversion of citral no consecutive hydrogenation to dihydrocitronellal set in, which was the case in any other solvent, leading to citronellal yields > 96%. It is assumed that the [DCA] anion has a co-catalytic effect, however, in which way the ionic liquid manipulates the hydrogenation mechanism is not known so far. In the third part of the work the potential impact of the support material polyaniline (an intrinsic conductive polymer) on product selectivity was studied. It could be shown that using this novel support material, supported gold nanoparticles can be generated applying a sol-method. The developed Au/PANI system, which was used for the first time as a hydrogenation catalyst for an α,β-unsaturated compound, is highly active and delivers the unsaturated alcohols geraniol and nerol as main products (SUOL = 76% at XCitral = 30%). Therefore, the system bares a hitherto unknown potential in hydrogenation reactions. The study was extended through the synthesis and application of Pt catalysts on different support materials (SiO2, Al2O3, active carbon, graphite and PANI). Thereby, the role of different platinum species on PANI, generated through different synthesis techniques, could be clarified by using XPS and EXAFS. It was found that supporting chemically prepared PtO2 on polyaniline produces a highly dispersed, supported Adams catalyst which is able to efficiently hydrogenate the conjugated C=C bond of citral (SCAL = 87% at XCitral = 30%), whereas reduction of the carbonyl group occurs with polyaniline-supported Pt (sol-method) (SUOL = 78% at XCitral = 30%). This approach, hitherto not described in the literature, is not only particularly useful for the selective hydrogenation of α,β-unsaturated aldehydes by controlling the selectivity of this also industrially significant reaction, but also unveils the great potential of conducting polymer supported precious metals in the field of hitherto barely investigated chemocatalysis.

Englisch
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 07 Fachbereich Chemie
Hinterlegungsdatum: 27 Jan 2009 11:10
Letzte Änderung: 26 Aug 2018 21:25
PPN:
Referenten: Claus, Prof. Dr. Peter ; Vogel, Prof. Dr.- Herbert
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 15 Dezember 2008
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