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Eigenschaften von Pilzbillards und Korrelationsfunktionen von Streumatrixelementen in Mikrowellenresonatoren

Friedrich, Thomas (2007)
Eigenschaften von Pilzbillards und Korrelationsfunktionen von Streumatrixelementen in Mikrowellenresonatoren.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Untersuchungen zu den quantenmechanischen Zuständen pilzförmiger Billardsysteme sowie zu den Streueigenschaften klassischer und quantenmechanischer offener Billards. Basierend auf einer Analogie zwischen Quantenbillards und flachen elektromagnetischen Kavitäten wurden hierzu Experimente mit Mikrowellenresonatoren durchgeführt. Pilzbillards sind Systeme mit gemischter Dynamik mit der besonderen Eigenschaft, dass ihr klassischer Phasenraum klar in einen regulären und einen chaotischen Bereich getrennt ist. Daher stellen sie ideale Systeme zum Studium der Wechselwirkung von Regularität und Chaos dar. In dieser Arbeit wurden erstmals die Eigenschaften von pilzförmigen Quantenbillards untersucht. Hierzu wurden Resonanzspektren supraleitender Mikrowellenbillards sowie Intensitätsverteilungen des elektrischen Feldes bei Raumtemperatur gemessen. Die Eigenwertspektren wurden mit statistischen Methoden untersucht. Es wurden zwei wesentliche Punkte herausgearbeitet: Erstens wurde deutlich, dass in klassischen Quantenpilzbillards dominante, kurze periodische Bahnen existieren können, die eine Superschalenstruktur in der Niveaudichte des entsprechenden Quantenbillards verursachen. Die Einflüsse dieser Bahnen manifestieren sich sogar in der Verteilung der Abstände benachbarter Eigenwerte. Dieses Ergebnis ist verwunderlich, da typischerweise nur langreichweitige Korrelationen der Spektren durch kurze Bahnen beeinflusst werden. Zweitens wurden in den untersuchten Größen Signaturen des in der klassischen Mechanik verbotenen dynamischen Tunnelns erkannt. Pilzbillards erscheinen als ideale Systeme, um diesen komplizierten Effekt, der in allen Systemen mit gemischter Dynamik gegenwärtig ist und zur Zeit auf großes Interesse im Quantenchaos stößt, näher zu untersuchen. Andererseits konnten, trotz der Wechselwirkung vermöge des Tunneleffektes, fast alle Eigenwerte des Systems einem chaotischen bzw. regulären Teilspektrum zugeordnet werden. Dies ist auf die scharfe Trennung des klassischen Phasenraums zurückzuführen. In den gemessenen Intensitätsverteilungen macht sich diese Trennung ebenfalls bemerkbar. Durch eine überlagerung der Verteilungen der chaotischen Zustände wurde die mittlere Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein quantenmechanisches Teilchen im Billard bestimmt, sie folgt ihrem klassischen Analogon bis auf Quanteneffekte in der Größenordnung der Wellenlänge. Weiterhin wurden klassische Pilzbillards mit einer öffnung am Rand in numerischen Simulationen untersucht. Sie stellen ein Streusystem dar, bei dem von außen eingebrachte Teilchen eine gewisse Zeit lang reguläres Verhalten zeigen, bevor sie wieder austreten. Die Verweildauer im Billard kann nicht jeden beliebigen Wert annehmen. Die erlaubten Zeiten sind sehr selektiv, und die ersten von ihnen zeigen eine Systematik ähnlich der in Fibonacci-Folgen. Durch eine Analyse der möglichen Teilchenbahnen konnte sie verstanden werden. Die Ergebnisse erscheinen z.B. für Nanostrukturen relevant. Auch ohne eine echte öffnung stellt ein Mikrowellenbillard ein offenes Streusystem dar, bei dem Energie über Antennen durch den Resonator transportiert wird. Dieser Prozess ist mit einer Compoundkernreaktion vergleichbar, bei der ein Targetkern mit einem Teilchen oder einem Quant beschossen wird und einen Compoundkern bildet, der schließlich zerfällt. Die offenen Reaktionskanäle entsprechen im Resonator den Antennen und den Ohmschen Verlusten in den Wänden. Für eine Beschreibung im Rahmen der Zufallsmatrixtheorie wird für Atomkerne wie auch Resonatoren der selbe Ansatz für die Streumatrix benutzt. Während in der Kernphysik nur der Wirkungsquerschnitt experimentell zugänglich ist, können in Mikrowellenbillards Amplitude und Phasen der Streumatrixelemente bestimmt werden. Daher ist es möglich, theoretische Vorhersagen von Verbaarschot, Weidenmüller und Zirnbauer (VWZ) für die Autokorrelationsfunktion der Streumatrixelemente unter Verwendung großer Datensätze zu testen. Von besonderem Interesse ist hierbei der übergangsbereich zwischen isolierten Resonanzen und dem Bereich der Ericson-Fluktuationen, in dem die Resonanzen stark überlappen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Streumatrixelemente eines chaotischen Billardsystems gemessen. Es wurde gezeigt, dass das Modell die gemessenen Daten gut beschreibt. Hierfür wurde die theoretische Vorhersage an die Fourierkoeffizienten des gemessenen Spektrums angepasst. Deren Fehler sind nicht korreliert. Ein Fahrplan für ein ausstehendes, statistisch fundiertes Testverfahren der Vorhersagen von VWZ konnte erarbeitet werden.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2007
Autor(en): Friedrich, Thomas
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Eigenschaften von Pilzbillards und Korrelationsfunktionen von Streumatrixelementen in Mikrowellenresonatoren
Sprache: Deutsch
Referenten: Wambach, Prof. Dr. Jochen
Berater: Richter, Prof. Dr. Achim
Publikationsjahr: 17 Juli 2007
Ort: Darmstadt
Verlag: Technische Universität
Datum der mündlichen Prüfung: 30 April 2007
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-8483
Kurzbeschreibung (Abstract):

Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Untersuchungen zu den quantenmechanischen Zuständen pilzförmiger Billardsysteme sowie zu den Streueigenschaften klassischer und quantenmechanischer offener Billards. Basierend auf einer Analogie zwischen Quantenbillards und flachen elektromagnetischen Kavitäten wurden hierzu Experimente mit Mikrowellenresonatoren durchgeführt. Pilzbillards sind Systeme mit gemischter Dynamik mit der besonderen Eigenschaft, dass ihr klassischer Phasenraum klar in einen regulären und einen chaotischen Bereich getrennt ist. Daher stellen sie ideale Systeme zum Studium der Wechselwirkung von Regularität und Chaos dar. In dieser Arbeit wurden erstmals die Eigenschaften von pilzförmigen Quantenbillards untersucht. Hierzu wurden Resonanzspektren supraleitender Mikrowellenbillards sowie Intensitätsverteilungen des elektrischen Feldes bei Raumtemperatur gemessen. Die Eigenwertspektren wurden mit statistischen Methoden untersucht. Es wurden zwei wesentliche Punkte herausgearbeitet: Erstens wurde deutlich, dass in klassischen Quantenpilzbillards dominante, kurze periodische Bahnen existieren können, die eine Superschalenstruktur in der Niveaudichte des entsprechenden Quantenbillards verursachen. Die Einflüsse dieser Bahnen manifestieren sich sogar in der Verteilung der Abstände benachbarter Eigenwerte. Dieses Ergebnis ist verwunderlich, da typischerweise nur langreichweitige Korrelationen der Spektren durch kurze Bahnen beeinflusst werden. Zweitens wurden in den untersuchten Größen Signaturen des in der klassischen Mechanik verbotenen dynamischen Tunnelns erkannt. Pilzbillards erscheinen als ideale Systeme, um diesen komplizierten Effekt, der in allen Systemen mit gemischter Dynamik gegenwärtig ist und zur Zeit auf großes Interesse im Quantenchaos stößt, näher zu untersuchen. Andererseits konnten, trotz der Wechselwirkung vermöge des Tunneleffektes, fast alle Eigenwerte des Systems einem chaotischen bzw. regulären Teilspektrum zugeordnet werden. Dies ist auf die scharfe Trennung des klassischen Phasenraums zurückzuführen. In den gemessenen Intensitätsverteilungen macht sich diese Trennung ebenfalls bemerkbar. Durch eine überlagerung der Verteilungen der chaotischen Zustände wurde die mittlere Aufenthaltswahrscheinlichkeit für ein quantenmechanisches Teilchen im Billard bestimmt, sie folgt ihrem klassischen Analogon bis auf Quanteneffekte in der Größenordnung der Wellenlänge. Weiterhin wurden klassische Pilzbillards mit einer öffnung am Rand in numerischen Simulationen untersucht. Sie stellen ein Streusystem dar, bei dem von außen eingebrachte Teilchen eine gewisse Zeit lang reguläres Verhalten zeigen, bevor sie wieder austreten. Die Verweildauer im Billard kann nicht jeden beliebigen Wert annehmen. Die erlaubten Zeiten sind sehr selektiv, und die ersten von ihnen zeigen eine Systematik ähnlich der in Fibonacci-Folgen. Durch eine Analyse der möglichen Teilchenbahnen konnte sie verstanden werden. Die Ergebnisse erscheinen z.B. für Nanostrukturen relevant. Auch ohne eine echte öffnung stellt ein Mikrowellenbillard ein offenes Streusystem dar, bei dem Energie über Antennen durch den Resonator transportiert wird. Dieser Prozess ist mit einer Compoundkernreaktion vergleichbar, bei der ein Targetkern mit einem Teilchen oder einem Quant beschossen wird und einen Compoundkern bildet, der schließlich zerfällt. Die offenen Reaktionskanäle entsprechen im Resonator den Antennen und den Ohmschen Verlusten in den Wänden. Für eine Beschreibung im Rahmen der Zufallsmatrixtheorie wird für Atomkerne wie auch Resonatoren der selbe Ansatz für die Streumatrix benutzt. Während in der Kernphysik nur der Wirkungsquerschnitt experimentell zugänglich ist, können in Mikrowellenbillards Amplitude und Phasen der Streumatrixelemente bestimmt werden. Daher ist es möglich, theoretische Vorhersagen von Verbaarschot, Weidenmüller und Zirnbauer (VWZ) für die Autokorrelationsfunktion der Streumatrixelemente unter Verwendung großer Datensätze zu testen. Von besonderem Interesse ist hierbei der übergangsbereich zwischen isolierten Resonanzen und dem Bereich der Ericson-Fluktuationen, in dem die Resonanzen stark überlappen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Streumatrixelemente eines chaotischen Billardsystems gemessen. Es wurde gezeigt, dass das Modell die gemessenen Daten gut beschreibt. Hierfür wurde die theoretische Vorhersage an die Fourierkoeffizienten des gemessenen Spektrums angepasst. Deren Fehler sind nicht korreliert. Ein Fahrplan für ein ausstehendes, statistisch fundiertes Testverfahren der Vorhersagen von VWZ konnte erarbeitet werden.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The present doctoral thesis is concerned with the investigation of the quantum states of billiards with the shape of a mushroom and the scattering properties of open classical and quantum mechanical billiard systems. For this, based on the analogy between quantum billiards and flat electromagnetic cavities, experiments with microwave resonators have been performed. Mushroom billiards are systems with a mixed classical dynamics and the particular property, that their classical phase space is clearly divided into a regular and a chaotic part. Accordingly, they provide an ideal system for the study of the interaction between regularity and chaos. In the present work, for the first time, the properties of quantum mushroom billiards were investigated. For this, resonance spectra were measured with superconducting resonators and their eigenfunctions were obtained from measurements of the electric field intensities at room temperature. The eigenvalue spectra were investigated with statistical methods. Two main results were acquired: First, it became apparent, that there are two dominant and short periodic orbits in a classical mushroom billiard which cause a supershell structure in the level density of the corresponding quantum billiard. The influence of these orbits becomes manifest even in the nearest neighbor spacing distribution of adjacent eigenvalues. This result is remarkable, as typically only long range correlations are influenced by short periodic orbits. Second, in all investigated quantities signatures of the classically forbidden dynamical tunneling were observed. Mushroom billiards seem to provide an ideal system for the study of this complex effect, which is present in all systems with mixed dynamics and currently is of large interest in the quantum chaos community. Despite the interaction through quantum dynamical tunneling, essentially all eigenvalues could be attributed to either regular or chaotic states. This can be ascribed to the clear separation of the classical phase space into a regular and a chaotic part. This separability is also observed in the measured intensity distributions. By superimposing the distributions related with chaotic states the mean probability for a quantum particle to stay inside the billiard was evaluated. Up to quantum effects of the order of the typical wave length its behavior is close to that of its classical analog. Moreover, classical mushroom billiards with a hole in their boundary were investigated numerically. Such billiards constitute a scattering system. In the open billiards considered here a particle entering the billiard performs regular motion for a certain time before it finally escapes. However, the staying time cannot take any arbitrary value. In fact, the first allowed values show a systematics which reminds on a Fibonacci series. It could be understood with help of an analysis of the possible particle orbits. The results seem to be relevant for nano structures. Even without an opening in its side walls, a microwave billiard is an open scattering system, where microwave power is transported through the resonator via antennas. This scattering process is comparable with that of a compound nucleus reaction, where a target nucleus is bombarded by a particle, thereby forming a compound nucleus, which eventually decays. The open reaction channels correspond to the antennas and the ohmic resistance in the walls of the resonator. For a statistical description in the framework of random matrix theory the same scattering matrix ansatz is used for both scattering processes. While in nuclear physics only cross sections, that is the absolute value of the scattering matrix is measurable, in microwave experiments the full scattering matrix is accessible. As a consequence, theoretical predictions by Verbaarschot, Weidenmüller and Zirnbauer (VWZ) for the autocorrelation functions of the scattering matrix elements can be tested with large data sets. Here, the transition region between isolated resonances and the regime of Ericson fluctuations, where resonances strongly overlap, is of particular interest. In the framework of the present doctoral thesis, the scattering matrix elements of a chaotic billiard were measured. It could be shown, that the VWZ model provides a good description for the experimental data. The theoretical prediction was fitted to the Fourier coefficients of the measured spectra, as their errors are uncorrelated. A guideline for a statistically well-founded test procedure for the description of the predictions by VWZ could be developed.

Englisch
Freie Schlagworte: Mikrowellen, Billards, Fluktuationen, Korrelationen, Korrelationsfunktionen, Pilzbillards, offene Systeme, Zufallsmatrixtheorie
Schlagworte:
Einzelne SchlagworteSprache
microwaves, billiards, correlation, fluctuations, mushroom billiards, open systems, random matrix theoryEnglisch
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 05 Fachbereich Physik
Hinterlegungsdatum: 17 Okt 2008 09:22
Letzte Änderung: 26 Aug 2018 21:25
PPN:
Referenten: Wambach, Prof. Dr. Jochen
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 30 April 2007
Schlagworte:
Einzelne SchlagworteSprache
microwaves, billiards, correlation, fluctuations, mushroom billiards, open systems, random matrix theoryEnglisch
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