TU Darmstadt / ULB / TUbiblio

Die geologische Entwicklung der Hanau-Seligenstädter Senke (Hessen, Bayern)

Lang, Stefan (2007)
Die geologische Entwicklung der Hanau-Seligenstädter Senke (Hessen, Bayern).
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Terrestrische Ablagerungen in känozoischen Sedimentbecken enthalten oft wichtige Massenrohstoffe und ergiebige Aquifere. Die stratigraphische Gliederung solcher Sedimentabfolgen wird erschwert durch hohe Faziesvariabilität, komplexe sedimentäre Architektur und insbesondere in Becken mit geringer Subsidenz durch häufige erosive Phasen. Für die Untersuchung der sedimentären Architektur solcher Becken ist ein sequenzstratigraphischer Ansatz mit Zyklen der A/S-Rate (A: für die Sedimentation verfügbarer Akkommodationsraum; S: Sedimentzufuhr) ein geeignetes Werkzeug. Eine Abnahme der A/S-Rate führt in einem fluviatilen System zu einer relativen Anreicherung grobkörniger Flussbett-Ablagerungen (Amalgamation) während ein Anwachsen der A/S-Rate ein höheres Erhaltungspotenzial feinkörniger Sedimente der Überflutungsebenen zur Folge hat. In Sedimentabfolgen sind Abnahme-Anstiegs-Zyklen der A/S-Rate deshalb durch kontinuierliche Übergänge von Sanden und Kiesen an der Basis zu überwiegend tonig-schluffigen Sedimenten in höheren Profilabschnitten dokumentiert. Damit kann die Sequenzstratigraphie mit Zyklen der A/S-Rate auch die Vorhersage von Sand-, Kies- oder Tonlagerstätten sowie Aquiferen unterstützen. Für die Hanau-Seligenstädter Senke, ein känozoisches Randbecken des Oberrheingrabens mit geringer Subsidenz, wurde auf der Grundlage von rund 3500 Bohrungen die strukturelle und sedimentäre Architektur untersucht. Nach der marinen bis lakustrinen Entwicklung im Oligozän und tieferen Miozän und einer anschließenden erosiven Phase begann im Pliozän die Sedimentation mit der fluviatilen Verfüllung eines erosiven Paläotalnetzes. Die Sedimente sind in einen pliozänen und einen unter- bis mittelpleistozänen Abnahme-Anstiegs-Zyklus der A/S-Rate sowie eine seit dem Mittelpleistozän andauernde A/S-Abnahme gliederbar. Hinsichtlich räumlicher Unterschiede des Amalgamationsgrades lassen sich außerdem drei paläogeographische A/S-Domänen unterscheiden. Sedimente mit sehr hohem Amalgamationsgrad (A) werden dem Main zugeordnet, der sich durch kontinuierliche Verlagerung der Wasserscheide im Pliozän und Pleistozän zum größten Sedimentzufuhrsystem entwickelte. Zuflüsse von den Beckenrändern (B) sind durch relativ niedrigeres A/S charakterisiert. Beckeninterne Entwässerungssysteme (C) sind bezüglich der Sedimentfracht untersättigt und durch lakustrine Sedimentation dominiert. Die Beckenentwicklung der Hanau-Seligenstädter Senke gliedert sich in drei tektonische Phasen. Im Oligozän entwickelte sich ein zum Oberrheingraben offener Ablagerungsraum (Hanauer Becken) mit relativen Vertikalbewegungen von Teilschollen (A). Im höchsten Chattium bis tiefsten Aquitanium kamen die Relativbewegungen zum Stillstand und das Becken senkte sich als eine Scholle ab (B). Zwischen Aquitanium und Unterpleistozän begann die relative Hebung des Frankfurter Horsts (C), des westlichen Beckenrands der Hanau-Seligenstädter Senke. Die A/S-Rate eines fluviatilen Ablagerungssystems wird durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Prozesse gesteuert. Einflussfaktoren auf die Akkommodationsrate sind zum Beispiel der Meeresspiegel und tektonische Hebungs- oder Senkungsbewegungen. Auf die Sedimentzufuhrrate wirken sich unter anderem Hebungsraten oder Klimaänderungen im Oberlauf sowie Änderungen der Einzugsgebietsgröße aus. Die A/S-Zyklen der Hanau-Seligenstädter Senke können mit fünf steuernden Faktoren zeitlich korreliert werden. Eine abnehmende Subsidenzrate seit dem höchsten Burdigalium führte zu einer Abnahme der A/S-Rate und zur Entwicklung eines erosiven Paläotalnetzes. Im Pliozän steigerte wahrscheinlich die relative Hebung des Frankfurter Horsts die Akkommodationsrate. Im frühen Pleistozän erhöhte eine Vergrößerung des Einzugsgebietes des Mains die Sedimentzufuhrrate. Im Unter- bis Mittelpleistozän bewirkte die beschleunigte Hebung des Rheinischen Schiefergebirges ein Anwachsen der Akkommodationsrate. Seit dem Mittelpleistozän führte regionale Hebung zu einer Abnahme der A/S-Rate und zum erosiven Einschneiden des Gewässernetzes. Die Studie zeigt, dass insbesondere in Becken mit geringer Subsidenz externe Steuerungsfaktoren den in klassischen Riftmodellen postulierten dominanten Einfluss der tektonischen Riftentwicklung überwiegen können.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2007
Autor(en): Lang, Stefan
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Die geologische Entwicklung der Hanau-Seligenstädter Senke (Hessen, Bayern)
Sprache: Deutsch
Referenten: Hoppe, Prof. Dr. Andreas ; Hinderer, Prof. Dr. Matthias
Berater: Hoppe, Prof. Dr. Andreas
Publikationsjahr: 15 Februar 2007
Ort: Darmstadt
Verlag: Technische Universität
Datum der mündlichen Prüfung: 26 Januar 2007
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-7828
Kurzbeschreibung (Abstract):

Terrestrische Ablagerungen in känozoischen Sedimentbecken enthalten oft wichtige Massenrohstoffe und ergiebige Aquifere. Die stratigraphische Gliederung solcher Sedimentabfolgen wird erschwert durch hohe Faziesvariabilität, komplexe sedimentäre Architektur und insbesondere in Becken mit geringer Subsidenz durch häufige erosive Phasen. Für die Untersuchung der sedimentären Architektur solcher Becken ist ein sequenzstratigraphischer Ansatz mit Zyklen der A/S-Rate (A: für die Sedimentation verfügbarer Akkommodationsraum; S: Sedimentzufuhr) ein geeignetes Werkzeug. Eine Abnahme der A/S-Rate führt in einem fluviatilen System zu einer relativen Anreicherung grobkörniger Flussbett-Ablagerungen (Amalgamation) während ein Anwachsen der A/S-Rate ein höheres Erhaltungspotenzial feinkörniger Sedimente der Überflutungsebenen zur Folge hat. In Sedimentabfolgen sind Abnahme-Anstiegs-Zyklen der A/S-Rate deshalb durch kontinuierliche Übergänge von Sanden und Kiesen an der Basis zu überwiegend tonig-schluffigen Sedimenten in höheren Profilabschnitten dokumentiert. Damit kann die Sequenzstratigraphie mit Zyklen der A/S-Rate auch die Vorhersage von Sand-, Kies- oder Tonlagerstätten sowie Aquiferen unterstützen. Für die Hanau-Seligenstädter Senke, ein känozoisches Randbecken des Oberrheingrabens mit geringer Subsidenz, wurde auf der Grundlage von rund 3500 Bohrungen die strukturelle und sedimentäre Architektur untersucht. Nach der marinen bis lakustrinen Entwicklung im Oligozän und tieferen Miozän und einer anschließenden erosiven Phase begann im Pliozän die Sedimentation mit der fluviatilen Verfüllung eines erosiven Paläotalnetzes. Die Sedimente sind in einen pliozänen und einen unter- bis mittelpleistozänen Abnahme-Anstiegs-Zyklus der A/S-Rate sowie eine seit dem Mittelpleistozän andauernde A/S-Abnahme gliederbar. Hinsichtlich räumlicher Unterschiede des Amalgamationsgrades lassen sich außerdem drei paläogeographische A/S-Domänen unterscheiden. Sedimente mit sehr hohem Amalgamationsgrad (A) werden dem Main zugeordnet, der sich durch kontinuierliche Verlagerung der Wasserscheide im Pliozän und Pleistozän zum größten Sedimentzufuhrsystem entwickelte. Zuflüsse von den Beckenrändern (B) sind durch relativ niedrigeres A/S charakterisiert. Beckeninterne Entwässerungssysteme (C) sind bezüglich der Sedimentfracht untersättigt und durch lakustrine Sedimentation dominiert. Die Beckenentwicklung der Hanau-Seligenstädter Senke gliedert sich in drei tektonische Phasen. Im Oligozän entwickelte sich ein zum Oberrheingraben offener Ablagerungsraum (Hanauer Becken) mit relativen Vertikalbewegungen von Teilschollen (A). Im höchsten Chattium bis tiefsten Aquitanium kamen die Relativbewegungen zum Stillstand und das Becken senkte sich als eine Scholle ab (B). Zwischen Aquitanium und Unterpleistozän begann die relative Hebung des Frankfurter Horsts (C), des westlichen Beckenrands der Hanau-Seligenstädter Senke. Die A/S-Rate eines fluviatilen Ablagerungssystems wird durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Prozesse gesteuert. Einflussfaktoren auf die Akkommodationsrate sind zum Beispiel der Meeresspiegel und tektonische Hebungs- oder Senkungsbewegungen. Auf die Sedimentzufuhrrate wirken sich unter anderem Hebungsraten oder Klimaänderungen im Oberlauf sowie Änderungen der Einzugsgebietsgröße aus. Die A/S-Zyklen der Hanau-Seligenstädter Senke können mit fünf steuernden Faktoren zeitlich korreliert werden. Eine abnehmende Subsidenzrate seit dem höchsten Burdigalium führte zu einer Abnahme der A/S-Rate und zur Entwicklung eines erosiven Paläotalnetzes. Im Pliozän steigerte wahrscheinlich die relative Hebung des Frankfurter Horsts die Akkommodationsrate. Im frühen Pleistozän erhöhte eine Vergrößerung des Einzugsgebietes des Mains die Sedimentzufuhrrate. Im Unter- bis Mittelpleistozän bewirkte die beschleunigte Hebung des Rheinischen Schiefergebirges ein Anwachsen der Akkommodationsrate. Seit dem Mittelpleistozän führte regionale Hebung zu einer Abnahme der A/S-Rate und zum erosiven Einschneiden des Gewässernetzes. Die Studie zeigt, dass insbesondere in Becken mit geringer Subsidenz externe Steuerungsfaktoren den in klassischen Riftmodellen postulierten dominanten Einfluss der tektonischen Riftentwicklung überwiegen können.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Terrestrial deposits in Cenozoic sedimentary basins often contain important mineral ressources and yielding aquifers. The stratigraphic subdivision of these deposits is difficult due to facies diversity, complex sedimentary architecture and, especially in basins with low subsidence rates, frequent erosive stages. For the investigation of the sedimentary architecture of such basins a sequence stratigraphic approach based on cycles of the A/S ratio (A: accommodation space available for sedimentation; S: sediment supply) is a strong tool. A decrease of the A/S ratio of a fluvial system produces a relative concentration of coarse grained fluvial channel deposits (amalgamation) wheras an increase of the A/S ratio results in a higher preservation potential of fine grained floodplain sediments. In sedimentary sequences fall-rise cycles of the A/S ratio therefore are documented by continuous transitions from sand and gravel at the base to predominant silts and clays in higher profile sections. Thus the sequence stratigraphy based on cycles of the A/S ratio can also help with prediction of sand, gravel and clay deposits as well as aquifers. For the Hanau-Seligenstadt Basin, a Cenozoic subbasin of the Upper Rhine Graben with low subsidence rates, the structural and sedimentary architecture was investigated based on 3500 wells. After a marine to lacustrine development from the Oligocene until the early Miocene and a subsequent erosive stage, fluvial sedimentation started in the Pliocene backfilling an erosive paleovalley network. The sediments are subdivided in a Pliocene and a Lower to Middle Pleistocene fall-rise cycle of the A/S ratio as well as a subsequent A/S fall since the Middle Pleistocene. Furthermore, with respect to lateral differences in the degree of amalgamation, three paleogeographic A/S domains can be distinguished. Sediments with a high degree of amalgamation are assigned to the river Main, which due to continuous watershed shift during the Miocene to Pleistocene became the major sedimentary supply system. Tributary systems from the local highlands are characterized by relatively lower A/S. Basin interior drainage systems are undersaturated with respect to sedimentary load and thus dominated by lacustrine sedimentation. The basin evolution of the Hanau-Seligenstadt Basin can be divided into three tectonic stages. A depositional area which was connected to the Upper Rhine Graben (Hanau Basin) with relative vertical movements of subblocks developed within the Oligocene (A). In the late Chattian to early Aquitanian the relative movements ceased and the basin subsided as a single block (B). Between the Aquitanian and Lower Pleistocene the relative uplift of the Frankfurt Horst being the western margin of the Hanau-Seligenstadt Basin was initiated (C). The A/S ratio of a fluvial sedimentary system is controlled by a complex interaction of multiple processes. Influencing factors for accommodation are e. g. sea level and tectonic uplift or subsidence movements. Sedimentary supply is affected e.g. by uplift rates or climate change in the catchment as well as changes in catchment size. The A/S cycles of the Hanau-Seligenstadt Basin can be correlated with five controlling factors. Since the late Burdigalian a decreasing subsidence rate resulted in a decrease of A/S rate and an evolution of an erosive paleovalley network. In Pliocene the relative uplift of the Frankfurt Horst probably increased accommodation space. In the early Pleistocene an increase of the catchment of the river Main caused growing sedimentary supply rates. In the Lower to Middle Pleistocene an advanced uplift of the Rhenish Massif increased accommodation space. Since the Middle Pleistocene a regional uplift gave rise to a decrease of the A/S ratio. The investigations point out that, especially in basins with low subsidence, external controlling factors can outbalance the dominant effect of rift-related tectonics postulated in classic rift models.

Englisch
Freie Schlagworte: Hanau-Seligenstädter Senke, Hanauer Becken, Sedimentarchitektur, 3D-Visualisierung, Sedimentzufuhr, Akkommodation, fluviatile Zyklen, Subsidenzanalyse, Flussgeschichte
Schlagworte:
Einzelne SchlagworteSprache
Hanau-Seligenstadt Basin, Hanau Basin, sedimentary architecture, 3D visualization, sediment supply, accommodation, fluvial cycles, subsidence analysis, fluvial historyEnglisch
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 550 Geowissenschaften
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften
Hinterlegungsdatum: 17 Okt 2008 09:22
Letzte Änderung: 26 Aug 2018 21:25
PPN:
Referenten: Hoppe, Prof. Dr. Andreas ; Hinderer, Prof. Dr. Matthias
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 26 Januar 2007
Schlagworte:
Einzelne SchlagworteSprache
Hanau-Seligenstadt Basin, Hanau Basin, sedimentary architecture, 3D visualization, sediment supply, accommodation, fluvial cycles, subsidence analysis, fluvial historyEnglisch
Export:
Suche nach Titel in: TUfind oder in Google
Frage zum Eintrag Frage zum Eintrag

Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen Redaktionelle Details anzeigen