Kurzbeschreibung (Abstract): |
Die Zielsetzung des ersten Projekts war es, die Rolle von cVax, cTbx5 und Ephrin-B2 bei der Faszikulierung und bei der Wegfindung von Ganglienzellaxonen in der embryonalen Hühnchenretina zu untersuchen. Zu Beginn wurde geklärt, ob und wann ein morphologischer Unterschied in der Axonfaszikelbildung entlang der dorsal-ventralen (DV)-Achse der Retina auftritt. Durch Färbung der Axone von retinalen Ganglienzellen (RGCs) mit einem Antikörper gegen Neurofilament und anschließender Laser-Scanning-Mikroskopie wurde festgestellt, dass ein DV-Unterschied des Axonfaszikelmusters bereits am embryonalen Tag (E) 6,5 erkennbar ist. Innerhalb der ventralen Nervenfaserschicht (NFL) faszikulierten die Axone zu dicken Bündeln, die in parallelen Bahnen zunächst zur optischen Fissur, dann zur optischen Papille wanderten. In der dorsalen NFL hingegen erzeugten die Axone auf ihrem Weg zur Papille ein Faszikelmuster, das sich deutlich von dem gröberen ventralen Muster unterschied. Dieser Unterschied wurde auch in der „reifen“ Retina (E18) beobachtet. Folglich muss dieses DV-Faszikelmuster eine Konsequenz der frühen axialen Musterbildung der Retina sein und kann nicht durch Unterschiede in der Myelinisierung von Axonen hervorgerufen werden, da diese erst in einem viel späteren Entwicklungsstadium einsetzt. Um zu untersuchen, ob ein vergleichbares DV-Muster auch in Säugetieren zu beobachten ist, wurden Retinae von Mäusen (CD-1-Stamm) mit dem Neurofilament-Antikörper gefärbt. Es stellte sich heraus, dass weder bei Retinae von embryonalen noch von adulten Mäusen ein solcher DV-Unterschied besteht. Literaturdaten wiesen darauf hin, dass eine Störung der Balance von EphB/Ephrin-B-vermittelten Axon-Axon-Kontakten bestimmte Wegfindungsfehler von RGC-Axonen in der embryonalen Mausretina verursacht. Daher wurden zunächst die mRNA-Expressionsmuster von EphB2, EphB3, Ephrin-B1 und Ephrin-B2 während der frühen Entwicklung der Hühnchenretina mittels nicht-radioaktiver in situ-Hybridisierungen untersucht. Es wurde festgestellt, dass sich die EphB- und Ephrin-B-Genexpression bereits am Tag E2,5 in stabile komplementäre DV-Domänen unterteilt. Hierbei lag der Schwerpunkt der EphB-Transkriptverteilung in der ventralen Hälfte der Retina und der von Ephrin-B-Transkripten in der dorsalen Hälfte. Weitere Experimente (E3,5- und E6,5-Retinae) und Literaturdaten zeigten, dass diese Transkriptverteilungen mindestens solange erhalten bleiben, bis die Mehrzahl der RGC-Axone die optische Papille erreicht haben, wo sie die die Retina verlassen, um den optischen Nerv zu bilden. Um zu prüfen, ob der Homöodomänen-Transkriptionsfaktor cVax einen Beitrag zur Axonfaszikulierung entlang der DV-Achse leistet, wurde er über die gesamte Hühnchenretina retroviral fehlexprimiert. Durch axon- und virusspezifische Antikörper-Doppelfärbungen infizierter E6,5-Retinae wurde festgestellt, dass die dorsalen RGC-Axone dickere Bündel bildeten, die denen in der ventralen Nervenfaserschicht (NFL) morphologisch sehr ähnlich sahen. Folglich war fehlexprimiertes cVax ausreichend, um das dorsale Axonfaszikelmuster zu ventralisieren. Die in vitro-Markierung von RGC-Axonen mit dem lipophilen Fluoreszenzfarbstoff DiI zeigte, dass der cVax-Phänotyp aus mindestens zwei Komponenten bestand. Erstens: Aus einem wellenförmigen, teilweise gestörten Axonfaszikelmuster in der dorsalen NFL. Zweitens: Aus Axonwegfindungsfehlern in unmittelbarer Umgebung der optischen Fissur. Insgesamt belegen die Ergebnisse, dass die Bildung des DV-Axonfaszikelmusters unter Kontrolle des DV-Regionalisierungsfaktors cVax steht. Die retrovirale Fehlexpression des T-Box-Transkriptionsfaktors cTbx5 war dagegen nicht ausreichend, um den DV-Unterschied des Axonfaszikelmusters aufzuheben. Jedoch reichte die retrovirale Fehlexpression des dominant-negativen cTbx5en-Allels aus, um das dorsale Axonfaszikelmuster zu ventralisieren. Weiterhin wurde durch in situ-Hybridisierung geprüft, ob die ektopische Expression von cTbx5 oder cTbx5en eine Änderung der Expressionsprofile von EphB- und Ephrin-B-Transkripten bewirkt. Die erwarteten Expressionsänderungen ließen sich jedoch weder nach cTbx5- noch nach cTbx5en-Fehlexpression beobachten. Um zu prüfen, ob die Balance von EphB/Ephrin-B-vermittelten Axon-Axon-Kontakten in der embryonalen Hühnchenretina durch Hinzufügen eines Ephrin-B-Liganden gestört wird, wurden EphB-Rezeptoren durch retrovirale Fehlexpression von Ephrin-B2 in vivo stimuliert. Die immunohistochemische Analyse infizierter E6,5-Retinae zeigte, dass dies zu unregelmäßig auftretenden Störungen des Faszikelmusters in der gesamten ventralen, aber nicht der dorsalen NFL führt. Um festzustellen, ob EphB/Ephrin-B2-vermittelte Faszikulierungsstörungen auch Axonwegfindungsfehler verursachen, wurden in Explantaten von E6,5-Retinae, die mit RCAS-Ephrin-B2 infiziert waren, RGC-Axone mit DiI markiert. Während die dorsalen Axone in parallelen Bahnen in Richtung Papille wuchsen, war die intraretinale Wegfindung ventraler Axone massiv gestört: viele Faszikel entbündelten sich, einzelne Axone verließen ihre parallelen Bahnen und wuchsen kreisförmig. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass EphB/Ephrin-B2-vermittelte Axon-Axon-Kontakte an der Bildung des Axonfaszikelmusters – zumindest in der gesamten ventralen Hälfte der embryonalen Hühnchenretina – eine bedeutende Rolle spielen. Das zweite Projekt hatte zum Ziel, die Topographie von RGCs entlang der temporal-nasalen (TN)-Achse der embryonalen Hühnchenretina molekular zu charakterisieren. Unter der Annahme, dass Gene, die hierbei eine Rolle spielen, asymmetrisch exprimiert werden, wurde ein Screening mit nicht-kommerziellen Retina-cDNA-Microarrays entlang der TN-Achse durchgeführt. Zunächst wurden hierfür die Microarray-Methode und die Datenanalyse im Labor etabliert. Um Gene zu identifizieren, die potentiell nasal oder temporal exprimiert werden, wurden insgesamt 7 direkte Vergleiche zwischen nasalem und temporalem Retinagewebe von E6,5-Hühnchen durchgeführt. Als Zielmoleküle dienten nicht-amplifizierte mRNA-Moleküle, die direkt markiert wurden. Für die Auswertung wurden 4 TN-Vergleiche nach bestimmten Qualitätskriterien ausgewählt. Die anschließende Datenanalyse gliederte sich in drei Abschnitte. Erstens: Normalisierung der differentiellen Expressionsverhältnisse von cDNA-Klonen innerhalb der Microarrays. Zweitens: Skalierung der normalisierten Expressionsverhältnisse zwischen den Microarrays. Drittens: Auswahl von Kandidatengenen anhand von zwei Gütekriterien. Insgesamt wurden 13 Kandidaten-cDNA-Klone ausgewählt, die durch Sequenzierung und Datenbanksuche identifiziert wurden. Davon wurde der temporale Kandidat UCH-L1 (Ubiquitin Carboxy-terminale Hydrolase L1) und der nasale Kandidat CA-II (Carboanhydrase II) durch nicht-radioaktive in situ-Hybridisierungen auf ganzen E6,5-Hühnchenretinae bestätigt. Dabei diente der Microarray-cDNA-Klon von Visinin als Kontrolle, da durch in situ-Hybridisierung festgestellt wurde, dass der Verteilungsschwerpunkt von Visinin-Transkripten in der temporalen E6,5-Hühnchenretina lag. Das mRNA-Expressionsmuster von UCH-L1, das auf RGCs von temporal nach nasal verlief, wurde spätestens gegen E4,5 gebildet, wie in situ-Hybridisierung auf Retina-Kryoschnitten belegten. Die kodierende Sequenz des UCH-L1-Gens wurde aus E6,5-Hühnchenretina kloniert und sequenziert. Der offene Leserahmen von UCH-L1 umfasste 675 bp, woraus 224 Aminosäuren translatiert wurden. Damit hat das UCH-L1-Protein des Hühnchens eine molekulare Masse von 25,1 kDa. DNA- und Aminosäuresequenz wurden in der „EMBL Nucleotide Sequence Database“ abgelegt (AJ621938). Aus Literaturdaten ergab sich die Frage, ob UCH-L1 möglicherweise am Ubiquitin (Ub)-abhängigen Abbau von Zellmembran-Rezeptor-Proteinen im Axon oder Wachstumskegel von RGCs beteiligt ist und dadurch die Bildung der retinotektalen Projektion beeinflusst. Insbesondere EphA- und EphB-Rezeptoren kamen hierfür als Kandidaten in Frage, da diese Rezeptor-Tyrosinkinasen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der retinotektalen Karte spielen. Daher wurde durch den in vitro-Axonstreifenversuch untersucht, ob die Zielpräferenzen von RGC-Axonen durch retrovirale Fehlexpression von UCH-L1 gestört werden. Dabei wurden TN-Gewebestreifen von infizierten und uninfizierten E6-Hühnchenretinae miteinander verglichen, um die asymmetrische in vivo-Expression von UCH-L1 entlang der TN-Achse zwischen E4,5 und E6,5 zu berücksichtigen. Der Effekt der UCH-L1-Fehlexpression reichte jedoch nicht aus, um die Zielpräferenzen von nasalen RGC-Axonen und/oder temporalen RGC-Axonen zu ändern. Dennoch wurde in seltenen Fällen beobachtet, dass vereinzelte temporale Axone nicht nur auf dem anterioren Tektummembranstreifen wuchsen, sondern auch den direkt angrenzenden posterioren Streifen durchquerten. Diese Ereignisse wurden bei den Kontrollen nicht oder nur sehr selten beobachtet. |
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The objective of the first project was to study the role of cVax, cTbx5, and ephrin-B2 during fasciculation and pathfinding of ganglion cell axons in the embryonic chick retina. At the beginning, it was checked whether and when a morphological difference in the axon fascicle formation along the dorsal-ventral (D-V) axis of the retina appears. Staining of the retinal ganglion cell axons (RGCs) with an antibody against neurofilament and subsequent laser scanning microscopy revealed that the D-V difference of the axon fasciculation pattern becomes already apparent at embryonic day (E) 6.5. Within the ventral nerve fiber layer (NFL), RGC axons formed thick bundles which migrated in parallel trajectories at first to the optic fissure, then to the optic disc. Within the dorsal NFL, in contrast, RGC axons generated a fascicle pattern which was clearly different from the ventral pattern. This difference was also observed in the “mature” retina (E18). Thus, the D-V fascicle pattern must be a consequence of the early axial patterning of the retina. This pattern cannot be caused by differences in axon myelinisation because RGC axons are myelinated at a later developmental stage. To analyze, whether a comparable D-V pattern can also be observed in mammals, mouse retinas (CD-1 strain) were stained by the neurofilament antibody. It turned out that the described D-V difference was neither present in embryonic nor in adult mouse retinas. Data from literature indicated that in the embryonic mouse retina specific pathfinding errors of RGC axons will occur if the balance of EphB/ephrin-B-mediated axon-axon contacts is disturbed. Thus, at first, mRNA expression patterns of EphB2, EphB3, ephrin-B1, and ephrin-B2 were analyzed by non-radioactive in situ hybridization during the early development of the chick retina. It was detected that the EphB and ephrin-B gene expression was already subdivided in stable complementary D-V domains at E2.5. Here, the center of the EphB transcript distribution laid in the ventral half of the retina, while the ephrin-B transcripts were concentrated in the dorsal half. Further experiments (E3.5 and E6.5 retinas) and literature data showed that these transcript distributions were at least maintained until most of the RGC axons have reached the optic disc where the axons leave the retina to form the optic nerv. To proof, whether the homeodomain transcription factor cVax participates at the axon fasciculation along the D-V axis, cVax was retrovirally misexpressed across the whole retina. Axon- and virus-specific antibody double staining of infected E6.5 retinas revealed that dorsal RGC axons formed thicker bundles which were morphologically very similar to that of the ventral NFL. Consequently, misexpressed cVax was sufficient to ventralize the dorsal axon fascicle pattern. In vitro labeling of RGC axons using the lipophilic fluorescence dye DiI demonstrated that the cVax phenotype consists of at least two components: First, a wave-like, partially disturbed axon fascicle pattern in the dorsal NFL, and second, axon pathfinding errors in immediate vicinity of the optic fissure. In summary, these results showed that the formation of the D-V axon fascicle pattern is controlled by the D-V regionalization factor cVax. In contrast to that, the retroviral misexpression of the T box transcription factor cTbx5 was not sufficient to level the D-V difference. However, the retroviral misexpression of the dominant-negative cTbx5en allele was sufficient to ventralize the dorsal axon fascicle pattern. In addition, it was checked by in situ hybridization whether the ectopic expression of cTbx5 and cTbx5en causes a change of the expression profiles of EphB and ephrin-B transcripts (Abschn. 10). However, the expected expression changes were not observed, neither after cTbx5 nor after cTbx5en misexpression. To check, whether the balance of EphB/ephrin-B-mediated axon-axon contacts can be disrupted by adding an ephrin-B ligand, EphB receptors were stimulated in vivo by retroviral misexpression of ephrin-B2. This treatment leads to irregular disturbances of the fascicle pattern in the entire ventral, but not in the dorsal NFL, as demonstrated by immunohistochemical analysis of E6.5 retinas. To identify, whether EphB/ephrin-B2-mediated disturbances of axon fasciculation also cause axon pathfinding errors, RCAS-ephrin-B2 infected retinas were explanted at E6.5 and RGC axons were labeled with DiI. While dorsal axons grew in parallel trajectories towards the disc, intraretinal pathfinding of ventral axons were massively disturbed: Many axons defasciculated, some single axons left their parallel lanes and grew circularly. Taken together, these results show that EphB/ephrin-B2-mediated axon-axon contacts play an important role in the formation of the axon fascicle pattern, at least in the entire ventral half of the embryonic chick retina. The purpose of the second project was to characterize the topography of RGCs along the temporal-nasal (T-N) axis of the embryonic chick retina molecularly. On the assumption that genes, which play an important role in axis formation, are asymmetrically expressed, a screening along the T-N axis was performed using non-commercial retina cDNA microarrays. Initially, the microarray method and the data analysis were established in the lab. To identify genes, which are potentially expressed in the nasal or temporal retina, 7 direct comparisons between nasal and temporal tissue from E6.5 chick retinas were performed. Non-amplified mRNA molecules served as target molecules. For analysis, 4 T-N comparisons were selected by certain quality criteria. The succeeding data analysis was subdivided into three parts. First: Normalization of the differential expression ratios of cDNA clones within microarrays. Second: Scaling of the normalized expression ratios between microarrays. Third: Selection of the candidate genes by means of two certain quantitative criteria. In total, 13 candidate cDNA clones were selected which were identified by sequencing and database searching. From these clones, the temporal candidate UCH-L1 (ubiquitin carboxy-terminal hydrolase L1) and the nasal candidate CA-II (Carboanhydrase II) were verified by non-radioactive in situ hybridization on whole-mount retinas from E6.5 chick. Here, the microarray cDNA clone of visinin served as a control because in situ hybridization revealed that visinin transcripts were concentrated in the temporal part of the E6.5 chick retina. The UCH-L1 expression pattern, which proceed in a graded fashion from temporal to nasal, was established by E4.5, as demonstrated by in situ hybridization on cryosections. The coding sequence of the UCH-L1 gene was cloned and sequenced from E6.5 chick retina. The open reading frame of UCH-L1 consisted of 675 bp which was translated to 224 amino acids. As a result, the UCH-L1 protein of chick has a molecular mass of 25.1 kDa. The DNA and the amino acid sequence were submitted to the EMBL Nucleotide Sequence Database (AJ621938). The question arose from literature whether UCH-L1 potentially participates at the ubiquitin (ub)-dependent degradation of cell membrane receptor proteins in the axon or axon growth cone of RGCs thereby influencing the formation of the retinotectal projection. For this purpose, EphA and EphB receptors were particularly taken into account because receptor tyrosine kinases play an important role in the development of the retinotectal map. Thus, using the in vitro axon stripe assay it was analyzed whether the target preferences of RGC axons are disturbed by retroviral misexpression of UCH-L1. To consider the asymmetrical UCH-L1 expression along the T-N axis between E4.5 and E6.5 in vivo, T-N tissue stripes from infected and from non-infected E6 chick retinas were compared with each other. But, the effect of the UCH-L1 misexpression was not sufficient to change the target preferences of nasal RGC axons and/or temporal RGC axons. In rare cases, however, it was observed that single temporal axons not only grew on anterior tectum membrane stripes, but they also crossed the adjacent posterior stripes. These events were not or just rarely observed in the controls. | Englisch |
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