Ziel dieser Arbeit war es, Regulationsmechanismen von Populationen von Wolfspinnen herauszuarbeiten. Experimente im Freiland und Labor fokussierten auf Beuteverfügbarkeit (autochthon und allochthon), Nahrungsqualität und Habitatheterogenität als wichtigste Faktoren für einzelne Spinnen oder Populationen und deren Einfluss auf intra- (Kannibalismus) und interspezifische Beziehungen (Intragilde-Prädation) von Wolfspinnen. Populationen von Wolfspinnen auf Sandtrockenrasen bei Darmstadt (Deutschland) weisen auf beweideten Flächen größere Dichten auf, als auf Flächen ohne Schafbeweidung. Da potenzielle Beute auf den beweideten Flächen ebenfalls höhere Dichten erreicht, wurde die Hypothese abgeleitet, dass Spinnen bottom-up kontrolliert sind. Um dies zu untersuchen, wurde im Freiland auf abgegrenzten beweideten und nicht beweideten Flächen alternative Beute (Drosophila melanogaster; Diptera) ausgebracht. Abundanzen von Spinnen und deren potenzieller Beute (Detritivore und Herbivore) wurden zwischen Flächen mit und ohne Beutezugabe verglichen. Um die Integration von D. melanogaster in das Arthropoden-Nahrungsnetz nachzuweisen, wurden die stabilen Isotope der häufigsten Konsumenten analysiert. D. melanogaster war Bestandteil in der Nahrung der meisten Prädatoren, wie die Analyse der stabilen Isotope belegte. Allerdings wurden weder Spinnen- noch Laufkäferdichten durch die Zugabe alternativer Beute erhöht. Auch die Dichten ihrer potenziellen Beute (Collembolen und Zikaden) wurden durch Zugabe alternativer Beute nicht beeinflusst. Dies weist darauf hin, dass die Beutepopulationen nicht von den Räuberpopulationen kontrolliert wurden. Die Analyse der stabilen Isotope zeigte, dass Spinnen und Laufkäfer sich vorwiegend aus dem Zersetzersystem ernähren. Da sowohl Springschwänze als auch Spinnen auf den beweideten Flächen am häufigsten waren, liegt der Schluss nahe, das Wolfspinnen bottom-up kontrolliert sind und in ihrer Dichten auf die erhöhte Verfügbarkeit von Beute aus dem Zersetzersystem auf den beweideten Flächen reagiert haben. Womöglich reichte die Menge der zugegebenen alternativen Beute nicht aus, um die Dichten der Räuber darüber hinaus signifikant zu beeinflussen. Neben autochthonen spielen allochthone Ressourcen eine zentrale Rolle in Nahrungsnetzen. Wolfspinnenpopulationen hängen häufig vom Zersetzersystem ab (siehe oben), aber auch andere allochthone Ressourcen können von Bedeutung sein. Ökosysteme an Küsten erhalten oft einen hohen Eintrag an Ressourcen aus dem marinen Ökosystem, wovon terrestrische Prädatoren profitieren. Tang und Seegras werden häufig an Sandstränden der Ostküste Tasmaniens angespült und liefern die Nahrungsgrundlage für Beute von vaganten Räubern auf dem Strand und den Vordünen. Ich untersuchte die Hypothese, dass terrestrische Arthropoden von diesem Ressourcenangebot profitieren. Tiere vom Strand und der Vordüne wurden gefangen und die häufigsten Taxa wurden zur Analyse der stabilen Isotope ausgewählt, um den Anteil der marinen Ressource an der Nahrung der Tiere zu untersuchen. Anhand der Aktivitätsdichten der Arthropoden konnten zwei in sich geschlossene Lebensgemeinschaften auf dem Strand und auf der Vordüne abgebildet werden; nur wenige Arten kamen sowohl auf dem Strand, als auch auf der Vordüne vor. Die Analyse stabiler Isotope zeigte, dass die häufigsten Arten, Amphipoden und Isopoden, den angeschwemmten Tang als Nahrungsressource nutzten. Allerdings existierten nur wenige Räuber, wie Tetralycosa oraria (Lycosidae), Cafius 2 (Staphylinidae) und Tuoba laticeps (Geophilomorpha), die diese Arthropoden erbeuteten. Die Analyse der stabilen Isotope verdeutlichte Nahrungspräferenzen dieser Räuber und zeigte insgesamt, dass der Eintrag mariner Ressourcen auf dem Strand für das Nahrungsnetz der Vordüne keine Rolle spielt. So beeinflusst die Verfügbarkeit von allochthonen Ressourcen nicht zwangsläufig Nahrungsnetze an der Grenze zweier Ökosysteme. Nahrungsqualität und Mischkost sind entscheidend für Theorien über Nahrungswahl und -suche. Sowohl Beuteverfügbarkeit als auch Qualität der Beute spielen eine große Rolle für das Wachstum und die Reproduktion von generalistischen Prädatoren. Im Allgemeinen wirkt sich das Mischen verschiedener Beute positiv auf Räuber aus, da die Aufnahme von Nährstoffen optimiert wird und es zur Verdünnung von Toxinen kommt. Der Collembole Folsomia candida wird in vielen Labor-Experimenten als Beute eingesetzt und hat sich dabei als toxisch für verschiedene Räuber erwiesen. Im Gegensatz dazu sind Drosophila melanogaster und Heteromurus nitidus (Collembola) Beute von mittlerer bis hoher Qualität. Überleben und Reproduktion von Weibchen der Wolfspinne Pardosa lugubris (Lycosidae) bei Fütterung mit Beute verschiedener Qualität wurde im Labor untersucht. Den Spinnen wurde entweder Einzelkost von D. melanogaster, H. nitidus bzw. F. candida, oder Mischkost von D. melanogaster und H. nitidus, bzw. von D. melanogaster und F. candida angeboten. Wachstum und Reproduktion (Anzahl und Größe der Juvenilen) sowie Überleben der Juvenilen waren bei Spinnen, die hoch qualitative Beute fraßen (Einzelkost D. melanogaster bzw. H. nitidus und deren Mischkost), einheitlich. Folglich gab es keinen positiven Effekt der Mischkost bei hoch qualitativer Beute. Toxische Beute (F. candida) führte in Einzel- und Mischkost letztendlich zum Tod der Spinnen. P. lugubris entwickelte keine Aversion gegen F. candida und auch das Anbieten von zusätzlicher hoch qualitativer Beute in der Mischkost verbesserte das Überleben der Spinnen nicht. Der Nährstofffluss von Weibchen zu den Nachkommen während der Eiproduktion wurde mit Hilfe von stabilen Isotopen untersucht. D. melanogaster war 13C angereichert, was das Verfolgen des Kohlenstoffflusses aus der Beute in die Weibchen und deren Nachkommen ermöglichte. Außerdem waren sowohl D. melanogaster als auch H. nitidus 15N angereichert im Vergleich zu den Weibchen, so dass der Stickstofffluss von der Beute in die Nachkommen ebenfalls verfolgt werden konnte. Die Anreicherung von 13C und 15N unterschied sich deutlich zwischen Juvenilen und Müttern. Die Analysen deuten darauf hin, dass adulte Weibchen Nährstoffe aus der aufgenommenen Nahrung fast ausschließlich in die Produktion von Eiern investieren. Die Mortalität von juvenilen Pardosa palustris (Lycosidae) auf Sandtrockenrasen bei Darmstadt ist hoch und wird wahrscheinlich von Prädation von Artgenossen (Kannibalismus) oder anderen Räubern (Intragilde-Prädation) verursacht. Kannibalismus ist ein häufiges Phänomen bei Spinnen und wahrscheinlich ein bedeutender Mortalitätsfaktor für juvenile Wolfspinnen im Freiland. Faktoren, die das Auftreten von Kannibalismus beeinflussen, wurden in zwei Labor-Experimenten untersucht. Dabei wurde die Auswirkung von Beuteverfügbarkeit, Habitatstruktur und Spinnendichte auf Kannibalismus zwischen Juvenilen bzw. zwischen juvenilen und adulten Spinnen überprüft. Die Verfügbarkeit von alternativer Beute verringerte Kannibalismus zwischen adulten und juvenilen Spinnen sowie zwischen Juvenilen deutlich. Komplexe Habitatstruktur reduzierte lediglich Prädation von adulten an juvenilen Spinnen; Kannibalismus zwischen Juvenilen blieb aber von der Struktur des Habitats unbeeinflusst. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass komplexe Habitatstruktur nur gegenüber deutlich größeren Prädatoren als Refugium dient. Die hohe Dichte juveniler Spinnen erhöhte Kannibalismus nur, wenn alternative Beute verfügbar war, was nahe legt, dass alternative Beute Aggression und Interferenz bei hohen Dichten bedingt. Insgesamt beruhten die hohe Mortalität und das geringe Wachstum von Spinnen in Behandlungen ohne alternative Beute wahrscheinlich auf Verhungern der Tiere, was darauf hindeutet, dass intraspezifische Beute lediglich von geringer Nahrungsqualität ist und eine Entwicklung der Spinnen nicht zulässt. Intragilde-Prädation ist ebenfalls häufig bei generalistischen Prädatoren und wichtig für Theorien über Nahrungsnetze. Juvenile Alopecosa cuneata (Lycosidae) sind wahrscheinlich erfolgreiche Intragilde-Prädatoren von den kleineren P. palustris und tragen somit zur Mortalität dieser Juvenilen im Freiland bei. Deshalb wurde Intragilde-Prädation von juvenilen A. cuneata (3. Entwicklungsstadium) an juvenilen P. palustris (2. Stadium) im Labor untersucht, wobei die Verfügbarkeit alternativer Beute und Habitatstruktur manipuliert wurden. Sowohl die Verfügbarkeit alternativer Beute als auch die komplexe Habitatstruktur verringerten die Mortalität juveniler P. palustris während der ersten Woche. Während der zweiten Woche stieg die Mortalität in der komplexen Struktur ohne alternative Beute an. Vermutlich ist dies auf erhöhte Aktivität der hungernden Tiere und Kannibalismus zwischen den juvenilen P. palustris zurückzuführen. Die Analyse stabiler Isotope belegte Prädation von A. cuneata an P. palustris und die Prädation beider Spinnen an alternativer Beute. So konnte mit Hilfe der Analyse stabiler Isotope Intragilde-Prädation zum ersten Mal unter naturähnlichen Verhältnissen im Labor dokumentiert werden. Aus diesen Ergebnissen folgt, dass Intragilde-Prädation ein wichtiger Mortalitätsfaktor für juvenile Spinnen im Freiland sein kann, wenn Ressourcen limitiert sind und Refugien fehlen. Allerdings ist die Vegetationsstruktur auf den Sandtrockenrasen bei Darmstadt sehr komplex und liefert somit vermutlich ausreichend Refugialraum. Deshalb kann Intragilde-Prädation von A. cuneata an P. palustris als wichtiger Mortalitätsfaktor ausgeschlossen werden. Wichtiger sind wahrscheinlich Kannibalismus und/ oder Intragilde-Prädation von anderen Spinnenarten von vergleichbarer Größe. Die Ergebnisse dieser Arbeit belegen die Bedeutung von Beuteverfügbarkeit, Nahrungsqualität und Habitatstruktur für Populationen von Wolfspinnen. Kannibalismus und Intragilde-Prädation zwischen Wolfspinnen hingen von der Verfügbarkeit alternativer Beute und Habitatkomplexität ab; sie sind zentrale Faktoren für die Regulation von Spinnenpopulationen. Wenn juvenile Wolfspinnen in enger räumlicher Nähe schlüpfen, können sowohl Kannibalismus als auch Intragilde-Prädation zur Regulation der Populationen beitragen, da bei hohen Dichten die Mortalität erhöht ist. Außerdem wird durch Kannibalismus und Intragilde-Prädation eine Synchronität der Population erreicht, da beide Prozesse eine größen-spezifische Mortalität verursachen, wobei vor allem kleinere Individuen betroffen sind. | Deutsch |