Die Acetylcholinesterase (AChE) wurde als Enzym beschrieben, das an der Termination der Signalübertragung an der neuromuskulären Endplatte beteiligt ist. Sowohl dort als auch im zentralen und peripheren Nervensystem (ZNS und PNS) spaltet die AChE den Neurotransmitter Acetylcholin (ACh) in die Produkte Acetat und Cholin. Neben dieser so genannten klassischen Funktion zeigt AChE auch andere, nicht-klassische Funktionen, die bei Prozessen während der embryonalen Entwicklung und bei bestimmten Krankheiten eine Rolle spielen. Das Vorliegen mehrerer molekularer Formen, die Homologie mit anderen neuronalen Zell-Adhäsions-Molekülen und das frühe Expressionsmuster deuten darauf hin, dass die AChE an der Zelladhäsion beteiligt sein könnte und auch beim Neuritenwachstum, bei der Wegfindung der Neuriten und bei der Synaptogenese eine Rolle spielt. Um einen Einblick in die nicht-cholinerge Rolle der AChE bei der Zell-Adhäsion zu gewinnen, habe ich nach Interaktionspartnern der AChE gesucht. Da die AChE meistens extrazellulär oder in der Membran-verankert vorliegt, sollten die AChE- Bindungspartner: (i) in den gleichen Geweben und während den gleichen Entwicklungsstadien wie AChE exprimiert sein, (ii) eine extra- und intrazelluläre Domäne besitzen, die durch eine oder mehrere Transmembranregionen verbunden sind, und (iii) möglicherweise in der Lage sein, eine intrazelluläre Signalkaskade einzuleiten. Aufgrund der 34%igen Sequenzhomologie zwischen AChE und Neuroligin-1 (neuronales Zell-Adhäsion Molekül), postulieren wir, dass Neurexin-1â, der Interaktionspartner von Neuroligin-1, an die AChE binden kann. Zuerst mussten wir zeigen, daß der AChE-Bindungspartner in den gleichen Geweben und zur selben Zeit wie AChE exprimiert wird. Die Expressionsmuster von neurexin-1â und AChE wurden in der Hühnerretina mit Hilfe der in situ Hybridisierung analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass AChE-positive Zellen in der Retina neurexin-1â co-exprimieren, wobei AChE etwa 48h vor neurexin exprimiert wird. Beide Gene werden lange vor der Synaptogenese, welche in der Hühnerretina am Embryonaltag 13 beginnt, stark exprimiert. Damit sind die ersten wichtigen Voraussetzungen für einen funktionellen Zusammenhang zwischen den beiden Proteinen gegeben und die Hypothese, dass die Neurexine und AChE an der frühen neuronalen Differenzierung und Axogenese beteiligt sind, wird unterstützt. Jedoch konnte keine spezifische Bindung zwischen neurexin-1â und AChE durch Oberflächen-Plasmon-Resonanz festgestellt werden (Comoletti et al., 2003). Im zweiten Teil der Arbeit wurde mit einem Hefe-Hybrid- („Yeast-Two-Hybrid“-) System nach möglichen AChE- Interaktionspartnern gesucht. 2 x 106 Klone einer cDNA- Bibliothek aus einem Mausgehirn wurden mit einem „Köder“, welcher die Exons 2, 3 und 4 des AChE-Mausgen enthielt, gescreent, d.h. auf Bindungspartner hin untersucht. 190 His- positive Klone wurden isoliert und von diesen erwiesen sich nach einem â-Galaktosidase Test wiederum 96 Klone als zusätzlich LacZ-positiv. Die Plasmide wurden isoliert, in E.coli re- transformiert und auf die Gegenwart und Größe des cDNA-Inserts hin getestet (mittels Sequenzierung). Von 96 Klonen konnten 23 als „echte“ Interaktionspartner identifiziert werden, da sie 1) gut auf Histidin-freien Platten wuchsen und starke â-Galaktosidase-Aktivität zeigten, wenn sie mit dem „Köder“ co-exprimiert wurden, und 2) keine Aktivierung des Reportergens zeigten, wenn sie mit der LexA-Bindungsdomäne oder den Kontroll-Fusionen lamin-LexA-Bindungsdomäne und p53-LexA-Bindungsdomäne co-exprimiert wurden.. Diese Ergebnisse deuten stark darauf hin, dass die Proteine, die durch diese cDNA Klonen kodiert werden, AChE-Bindungspartner in Hefe sind. Durch Sequenzierung der „Beute“-DNA dieser Klone konnten 18 unabhängige Interaktionspartnern identifiziert werden: bei sieben davon handelte es sich um bisher unbekannte Proteine und 11 davon sind bereits bekannte Mausproteine. Von den 11 bekannten Mausproteinen waren vier Membran- und extrazelluläre Proteine, zwei waren Transkriptionsaktivatoren, zwei waren synaptische Proteine und bei dreien handelte es sich um Kinasen (. Aufgrund ihrer subzellulären Lokalisierung, ihrer Struktur und Funktionen, wollte ich zuerst zeigen, daß Laminin und Tetraspanin an AChE - auch in einem anderen System als Hefe - binden. Die Bestätigung der Interaktion zwischen AChE und seiner Bindungspartner außerhalb der Hefe ist der erste Schritt nach einem Screen. Mithilfe eines Hefe-Hybrid-Systems („Yeast-Two-Hybrid“), wurde eine Interaktion zwischen AChE und einem 898 bp Fragment der Laminin-beta1-Kette nachgewiesen. Laminin-1 ist ein extrazelluläres Matrixprotein, das eine Rolle bei der neuronalen Differenzierung und bei Adhäsionsprozessen spielt. Die „Yeast Two-Hybrid“-Daten zeigten, dass die Interaktion zwischen diesen beiden Proteinen relativ stark ist und dass die Region zwischen dem 240ten und 503ten Aminosäurerest der AChE für Interaktionen essentiell ist. Die Interaktion wurde durch Co-Immunopräzipitation bestätigt. Zusätzlich zeigten die Co-Immunopräzipitations-Experimente, dass die Interaktion stark von der NaCl-Konzentration im Interaktionspuffer abhängig ist. Diese Resultate bestätigen die Beobachtungen von Johnson (Johnson und Moore, 2003) und zeigen dass ein elektrostatischer Bindemechanismus vorliegen könnte. Diese Ergebnisse führten zu dem Modell, in dem AChE während der frühen Entwicklungsstadien an Laminin-1 bindet. Laminin-1 interagiert mit den Integrin-Rezeptoren (Teller und Beaulieu, 2001) und ist somit in der Lage, Signale in die Zelle zu senden, um die Signal- Kaskaden zu modulieren. Zusammenfassend läßt sich aufgrund der Resultate dieser vorliegenden Arbeit eine Rolle für AChE in der heterophilen Adhäsion feststellen. Wenn diese Funktion verstanden ist, wird es einen großen Fortschritt auf dem Gebiet der nicht-klassischen Funktionen des AChE geben. | Deutsch |