TU Darmstadt / ULB / TUbiblio

Untersuchung der ingenieurgeologischen Verhältnisse der Grube Messel (Darmstadt) im Hinblick auf die Langzeitstabilität der Grubenböschungen

Nix, Thomas (2003)
Untersuchung der ingenieurgeologischen Verhältnisse der Grube Messel (Darmstadt) im Hinblick auf die Langzeitstabilität der Grubenböschungen.
Technische Universität Darmstadt
Dissertation, Erstveröffentlichung

Kurzbeschreibung (Abstract)

Das Schwarzpelit-Vorkommen der Grube Messel bei Darmstadt wurde insbesondere durch die Funde außergewöhnlich gut erhaltener Wirbeltier-Fossilien aber auch die kontroverse Diskussion um die Folgenutzung des ehemaligen Tagebaus bekannt. Nachdem die Grube Messel im Jahr 1995 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde, ist insbesondere die Langzeitsicherheit der Grubenböschungen von besonderer Bedeutung für die weitere Nutzung. Von 1885-1971 wurde in der Grube Messel Schwarzpelit, so genannter ?Ölschiefer?, abgebaut und bis 1961 daraus in einem dem Tagebau angeschlossenen Schwelwerk Rohöl extrahiert. Bereits im aktiven Tagebaubetrieb traten Rutschungen mit Schäden an Mensch und Material auf. Aktuell werden alle Abbaubö schungen des ehemaligen Tagebaus als instabil angesehen. Da die Grube Messel gemäß §52 des Bundesberggesetzes als Tagebau betrieben wird, obliegt dem Land Hessen als Eigentü mer die Gewährleistung der Sicherheit. Vor diesem Hintergrund wird seit 1993 eine Langzeitüberwachung der Böschungen im Sinne der DIN 1054-100 durchgeführt. Im gesamten Grubenbereich sind umfangreiche Rutschprozesse dokumentiert. Die in dieser Untersuchung vorwiegend behandelten großräumigen, aktiven bzw. latenten oder blockierten Rutschungen der tertiären Sedimente werden durch die tektonischen Schwächezonen im Kontaktbereich zu umrandenden paläozoischen Gesteinen begrenzt (Ablöseflächen). Tiefe Gleitzonen sind an den Rändern des Vorkommens bevorzugt im Übergangsbereich der Sedimente der unteren zu den Sedimenten der mittleren Messel-Formation ausgebildet und greifen zum Zentrum hin auf den Schwarzpelit der mittleren Messel-Formation über. Als Bewegungsbahn wird die zum Strukturtiefsten einfallende Schichtung genutzt. Die Entstehung der Rutschungen ist auf das komplexe Zusammenwirken permanent standfestigkeitsmindernder Faktoren aus Spannungsgeschichte bzw. Spannungszustand, charakteristischen Materialeigenschaften und Trennflächensystem zurückzuführen. Durch Entlastung der überkonsolidierten Sedimente infolge Erosion und Abbau bildeten sich schichtparallele Schwächezonen auf denen nur die Restfestigkeit wirksam wurde und entlang derer das ursächliche Versagen der Böschungen eintrat. Im Regelfall sind für die Rutschschollen in den tertiären Sedimenten der Nord-, Ost- und Südwestböschung langfristige, geringfügige Deformationen dokumentiert. Nach episodischen, außergewöhnlichen Starkniederschlä gen kann ein temporärer Übergang zu beschleunigten, gleitenden Bewegungen auftreten. Für die Monats- bzw. 72h- Intervalle der Niederschlagssummen wurden qualitative Schwellenwerte definiert, deren Überschreitung zu einer Beschleunigung der Bewegungen führt. Ausgehend von einer schnellen Infiltration des Niederschlages stellt das Bö schungswasser den primären bewegungsbeeinflussenden Faktor dar, der über die Zunahme des Porenwasserdruckes in den Gleitzonen, hydrostatischen Wasserdruck in Trennflächen und zusätzliche Plastifizierung des Gleitzonenmaterials eine episodische, temporäre Reduzierung haltender Kräfte verursacht. Die nach DIN 1054 notwendige Sicherheit für Lastfall 2 (außergewöhnlicher Zustand) bzw. für Lastfall 1 (Regelzustand) ist für keinen der Bewegungsbereiche gewährleistet. Eine Langzeitsicherheit der Grubenböschungen ist ebenfalls nicht gegeben. Mit andauernden Deformationen und episodischen Beschleunigungen ist alle drei bis fünf Jahre, bis zum Erreichen eines stabilen Zustandes der Böschungen zu rechnen. Die sich aus der Instabilität der Böschungen insbesondere für Objekt- und resultierende Folgeschäden ergebenden Risiken sind nicht tolerierbar. Unter einer Kosten-/Nutzen-Betrachtung erscheint die Reduzierung des Risikos durch Überwachungs- und Kontrollmessungen im Sinne eines Beobachtungsverfahrens nach DIN 1054-100 angemessen. Für eine korrekte messtechnische Überwachung ist es notwendig, das bestehende Beobachtungsprogramm anzupassen. Hierzu wird der Aufbau eines entsprechend modifizierten Mess- und Überwachungsprogrammes vorgestellt. Zusätzlich werden lokale bautechnische Sicherungsmaßnahmen erläutert und empfohlen, die es erlauben mit relativ geringen Kosten die Sicherheit gefä hrdeter Teilbereiche deutlich zu erhöhen.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2003
Autor(en): Nix, Thomas
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Untersuchung der ingenieurgeologischen Verhältnisse der Grube Messel (Darmstadt) im Hinblick auf die Langzeitstabilität der Grubenböschungen
Sprache: Deutsch
Referenten: Molek, Prof. Dr.- Herward ; Ebhardt, Prof. Dr. Götz
Berater: Molek, Prof. Dr.- Herward
Publikationsjahr: 21 Oktober 2003
Ort: Darmstadt
Verlag: Technische Universität
Datum der mündlichen Prüfung: 27 Juni 2003
URL / URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-3757
Kurzbeschreibung (Abstract):

Das Schwarzpelit-Vorkommen der Grube Messel bei Darmstadt wurde insbesondere durch die Funde außergewöhnlich gut erhaltener Wirbeltier-Fossilien aber auch die kontroverse Diskussion um die Folgenutzung des ehemaligen Tagebaus bekannt. Nachdem die Grube Messel im Jahr 1995 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde, ist insbesondere die Langzeitsicherheit der Grubenböschungen von besonderer Bedeutung für die weitere Nutzung. Von 1885-1971 wurde in der Grube Messel Schwarzpelit, so genannter ?Ölschiefer?, abgebaut und bis 1961 daraus in einem dem Tagebau angeschlossenen Schwelwerk Rohöl extrahiert. Bereits im aktiven Tagebaubetrieb traten Rutschungen mit Schäden an Mensch und Material auf. Aktuell werden alle Abbaubö schungen des ehemaligen Tagebaus als instabil angesehen. Da die Grube Messel gemäß §52 des Bundesberggesetzes als Tagebau betrieben wird, obliegt dem Land Hessen als Eigentü mer die Gewährleistung der Sicherheit. Vor diesem Hintergrund wird seit 1993 eine Langzeitüberwachung der Böschungen im Sinne der DIN 1054-100 durchgeführt. Im gesamten Grubenbereich sind umfangreiche Rutschprozesse dokumentiert. Die in dieser Untersuchung vorwiegend behandelten großräumigen, aktiven bzw. latenten oder blockierten Rutschungen der tertiären Sedimente werden durch die tektonischen Schwächezonen im Kontaktbereich zu umrandenden paläozoischen Gesteinen begrenzt (Ablöseflächen). Tiefe Gleitzonen sind an den Rändern des Vorkommens bevorzugt im Übergangsbereich der Sedimente der unteren zu den Sedimenten der mittleren Messel-Formation ausgebildet und greifen zum Zentrum hin auf den Schwarzpelit der mittleren Messel-Formation über. Als Bewegungsbahn wird die zum Strukturtiefsten einfallende Schichtung genutzt. Die Entstehung der Rutschungen ist auf das komplexe Zusammenwirken permanent standfestigkeitsmindernder Faktoren aus Spannungsgeschichte bzw. Spannungszustand, charakteristischen Materialeigenschaften und Trennflächensystem zurückzuführen. Durch Entlastung der überkonsolidierten Sedimente infolge Erosion und Abbau bildeten sich schichtparallele Schwächezonen auf denen nur die Restfestigkeit wirksam wurde und entlang derer das ursächliche Versagen der Böschungen eintrat. Im Regelfall sind für die Rutschschollen in den tertiären Sedimenten der Nord-, Ost- und Südwestböschung langfristige, geringfügige Deformationen dokumentiert. Nach episodischen, außergewöhnlichen Starkniederschlä gen kann ein temporärer Übergang zu beschleunigten, gleitenden Bewegungen auftreten. Für die Monats- bzw. 72h- Intervalle der Niederschlagssummen wurden qualitative Schwellenwerte definiert, deren Überschreitung zu einer Beschleunigung der Bewegungen führt. Ausgehend von einer schnellen Infiltration des Niederschlages stellt das Bö schungswasser den primären bewegungsbeeinflussenden Faktor dar, der über die Zunahme des Porenwasserdruckes in den Gleitzonen, hydrostatischen Wasserdruck in Trennflächen und zusätzliche Plastifizierung des Gleitzonenmaterials eine episodische, temporäre Reduzierung haltender Kräfte verursacht. Die nach DIN 1054 notwendige Sicherheit für Lastfall 2 (außergewöhnlicher Zustand) bzw. für Lastfall 1 (Regelzustand) ist für keinen der Bewegungsbereiche gewährleistet. Eine Langzeitsicherheit der Grubenböschungen ist ebenfalls nicht gegeben. Mit andauernden Deformationen und episodischen Beschleunigungen ist alle drei bis fünf Jahre, bis zum Erreichen eines stabilen Zustandes der Böschungen zu rechnen. Die sich aus der Instabilität der Böschungen insbesondere für Objekt- und resultierende Folgeschäden ergebenden Risiken sind nicht tolerierbar. Unter einer Kosten-/Nutzen-Betrachtung erscheint die Reduzierung des Risikos durch Überwachungs- und Kontrollmessungen im Sinne eines Beobachtungsverfahrens nach DIN 1054-100 angemessen. Für eine korrekte messtechnische Überwachung ist es notwendig, das bestehende Beobachtungsprogramm anzupassen. Hierzu wird der Aufbau eines entsprechend modifizierten Mess- und Überwachungsprogrammes vorgestellt. Zusätzlich werden lokale bautechnische Sicherungsmaßnahmen erläutert und empfohlen, die es erlauben mit relativ geringen Kosten die Sicherheit gefä hrdeter Teilbereiche deutlich zu erhöhen.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The oil shale-deposits of the Messel pit have become famous through the discovery of superbly preserved vertebrate fossils of Eocene age and the controversial proposal about the after-use of the former open mine pit. Since 1995, when the Messel pit was placed on the UNESCO list of world heritage sites, especially the long-term safety of the artificial slopes is relevant for its future utilisation. The Messel pit is situated about 20 km south of Frankfurt am Main, Hesse, Germany, near the cities of Darmstadt, Dieburg and Langen. From 1885 to 1971 the oil shale of the Middle Messel-Formation was excavated by open-cast mining and crude oil was extracted in an associated plant until 1961. Slope failures already caused damages and losses of lives during the many years of open cast mining. Currently all slopes of the former open pit mine are considered as unstable. Because the Messel pit is operated as an opencast pit according to §52 of the federal mining law, the provincial government has taken over the responsibility for the site including possible health and safety issues. Therefore a geotechnical long-term monitoring of the slopes according to DIN 1054-100 is performed since 1993. As mentioned before, extensive slope deformations or sliding processes are presently pointed out for all of the artificial slopes. Mass movements of the Eocene sediments are limited by the marginal faults (detachment planes) of the Messel oil shale- deposit. Near the deposits border-area the deep-seated main sliding surfaces are predominantly located at the transition zone between the lower Messel-Formation and the oil shale of the Middle Messel-Formation. Towards the deposits centre where the dip of beds parallels the slope angle, these shear zones overlap to the oil shale of the Middle Messel-Formation, using its fine lamination as a sliding plane. Slope failures in the tertiary Messel-sediments are attributed to the complex concurrence of permanent factors such as development of stress respectively state of stress, characteristic material properties and joint system, provoking in combination the increase of shear stress, the contribution to low strength and the reduction of material strength. Unloading of the overcompacted sediments due to erosion and surface mining induced relaxation and development of lamination-parallel zones of weakness on which just the residual strength became operative and on which the slopes primarily failed. For normal status, measurement and monitoring indicates long-ranging small deformations for all landslides in the northern, eastern and south-western slope. Exceeding intense rainfalls may episodically trigger these slides to temporarily accelerated sliding. Considering monthly- and 72h-sum-intervalls of precipitation, qualitative stimulus thresholds were defined, whose exceedance accelerates deformations. The rapid infiltration of rainfall causes a temporary rise in pore-water pressures, hydrostatic joint-water pressures and an increasing softening of the shear zone material. These influences are generally supposed to be the primary mechanisms by which the slides are reactivated. The slope stability analysis demonstrated that according to DIN 1054-100 the required safety factors for loading case 2 (exceptional situation) and for loading case 1 (normal situation) are not ensured for any of the reactivated, suspended or dormant landslides. The required long- term safety of the artificial slopes is likewise not guaranteed. Small deformations will endure and episodic, temporary accelerations will occur every three to five years up to the achievement of stable slope-conditions. The identifiable risks for object and consequential damages resulting from slope instability are not tolerable. Taking into consideration a cost benefit analysis it seems adequate to reduce these risks by permanent control- and monitoring measurements according to the monitoring procedures of DIN 1054-100. Therefore a modified configuration for control- and monitoring measurements is introduced. Additionally, low priced local structural engineering measures leading to an increase of safety enhancement of vulnerable subareas are presented and recommended.

Englisch
Freie Schlagworte: Environmental scanning electron microscopy
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 550 Geowissenschaften
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften
Hinterlegungsdatum: 17 Okt 2008 09:21
Letzte Änderung: 26 Aug 2018 21:24
PPN:
Referenten: Molek, Prof. Dr.- Herward ; Ebhardt, Prof. Dr. Götz
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 27 Juni 2003
Export:
Suche nach Titel in: TUfind oder in Google
Frage zum Eintrag Frage zum Eintrag

Optionen (nur für Redakteure)
Redaktionelle Details anzeigen Redaktionelle Details anzeigen