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Fusion von Zeitreihen- und Ereignisdaten zur Optimierung der Zustandsdiagnose technischer Systeme

Simon, Henrik (2024)
Fusion von Zeitreihen- und Ereignisdaten zur Optimierung der Zustandsdiagnose technischer Systeme.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00028801
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Ein wichtiger Bestandteil der digitalen Transformation der Industrie (Industrie 4.0) ist die zustandsbasierte und vorausschauende Instandhaltung von technischen Systemen. Neben der intelligenten Vernetzung von Maschinen und Abläufen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien werden dafür mathematische Modelle benötigt, welche die akkurate Diagnose des Systemzustandes und die Prognose der verbleibenden Lebensdauer ermöglichen. Das vorliegende Dissertationsvorhaben setzt in diesem Themengebiet an und erweitert traditionelle zeitreihenbasierte Modellansätze durch die Fusion und Integration von zeit-diskreten Ereignisdaten.

Die aktuelle Forschung in der zustandsbasierten Instandhaltung und Systemdiagnose technischer Systeme, wie bei Flugzeugtriebwerken, Produktionsmaschinen oder Windkraftanlagen beschäftigt sich vor allem mit der Analyse von Zeitreihendaten basierend auf Sensoren. Kenngrößen wie Temperaturen, Drehzahlen oder Vibrationen werden dabei von Modellen verarbeitet, der aktuelle Gesundheitszustand herausgearbeitet und Restlebensdauern von Komponenten werden prognostiziert. Neben Sensordaten fallen bei technischen Systemen jedoch auch erhebliche Mengen an Ereignisdaten, wie Fehlernachrichten oder Wartungslogbücher an. Diese enthalten wertvolle Informationen über den aktuellen Zustand des Systems, werden nach dem aktuellen Stand der Forschung aber allenfalls für die Bestimmung der abhängigen Variablen (Label) und zur Evaluation der Modelle verwendet. In anderen Industriezweigen finden sich vereinzelt Ansätze zur Verarbeitung dieser Ereignisdaten. Die Anwendung im Maschinenbaukontext ist bisher jedoch unerforscht und stellt die Forschungslücke dar.

Zur Untersuchung der identifizierten Forschungslücke wird ein Konzept vorgeschlagen, um Ereignisdaten gewinnbringend in traditionelle Ansätze der Zustandsdiagnose einbinden zu können. Ziel ist es dadurch die Diagnosegenauigkeit zu erhöhen und Unsicherheiten zu reduzieren. Schlüssel zur Integration der Ereignisdaten und Kern des Dissertationsvorhabens ist die entsprechende Vorverarbeitung und zeitliche Anpassung der Ereignisdaten (time-conversion). Dabei werden Ansätze von der Überwachung von elektronischem Gerät (wie Festplatten, Geldautomaten oder Medizintechnik) als Grundlage verwendet und für die Applikation in Maschinenbauanwendungen weiterentwickelt. Der Ansatz wird dabei modular konzipiert und möglichst weit abstrahiert: Das Gesamtkonzept und die Kernansätze zur time-conversion werden generalisiert entwickelt und sind somit unabhängig vom Anwendungsfall gültig. Einige Module der Datenvorverarbeitung erfordern jedoch Domänenwissen, sodass die Ereignisdaten vorab entsprechend korrekt kategorisiert und bereinigt werden. Der gesamte Ansatz ist dabei als Erweiterung (Add-On) zu verstehen und soll bei bestehenden zeitreihenbasierten Zustandsdiagnosen, bei entsprechender Verfügbarkeit von Ereignisdaten, als Ergänzung eingebaut werden können.

Im Rahmen der Dissertation wird das vorgeschlagene Konzept und die Methodik am Beispiel von Daten eines Open-Source-Datensatzes eines Windkraftparks evaluiert. Als Vergleichsansatz wird zunächst ein einfaches Zustandsüberwachungs- und Diagnosemodell basierend auf Sensordaten aufgebaut. Die Ereignisdaten werden mithilfe deskriptiver und explorativer Methoden analysiert und kategorisiert. Sodann lassen sich verschiedene Methoden der Datentransformation anwenden um die Ereignisdaten in den Zeitreihenbereich zu erweitern und mit dem Vergleichsansatz zu fusionieren. Der verwendete Datensatz erwies sich dabei als nur bedingt geeignet für die Evaluation des Konzepts. Generell zeigen sowohl der Vergleichsansatz als auch das vorgeschlagene Konzept keine hinreichend guten Ergebnisse für eine Anwendung im Bereich der zustandsbasierten Instandhaltung. Dieser Umstand wird einerseits dem verwendeten Klassifikationsansatz in Zusammenhang mit der hohen Klassenimbalance und unscharfen Labels zugewiesen, andererseits der fehlenden Dokumentation und Domänenwissen um zielgerichtet Merkmale für die Ereignisdaten entwickeln zu können. Die Evaluation der Ergebnisse anhand gängiger Bewertungsmetriken zeigt eine Verbesserung in Präzision und Genauigkeit bei einer Verschlechterung des Recall des vorgeschlagenen Konzepts gegenüber dem Vergleichsansatz. Statistisch signifikante Unterschiede können nicht festgestellt werden, was maßgeblich der hohen Ereignisdatenflut und fehlenden Interpretierbarkeit der Ereignisdaten zugewiesen wird. Eine Sensitivitätsanalyse beleuchtet dabei Einflussparameter auf die Diagnosegüte und ermöglicht die Identifikation von Grenzen des vorgeschlagenen Konzepts. Das abschließende Fazit mit der Thematisierung von Herausforderungen und einem Ausblick auf weitere Forschungspotenziale rundet die Arbeit ab.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2024
Autor(en): Simon, Henrik
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Fusion von Zeitreihen- und Ereignisdaten zur Optimierung der Zustandsdiagnose technischer Systeme
Sprache: Deutsch
Referenten: Klingauf, Prof. Dr. Uwe ; Metternich, Prof. Dr. Joachim
Publikationsjahr: 6 Dezember 2024
Ort: Darmstadt
Kollation: xvii, 138 Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 19 November 2024
DOI: 10.26083/tuprints-00028801
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/28801
Kurzbeschreibung (Abstract):

Ein wichtiger Bestandteil der digitalen Transformation der Industrie (Industrie 4.0) ist die zustandsbasierte und vorausschauende Instandhaltung von technischen Systemen. Neben der intelligenten Vernetzung von Maschinen und Abläufen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien werden dafür mathematische Modelle benötigt, welche die akkurate Diagnose des Systemzustandes und die Prognose der verbleibenden Lebensdauer ermöglichen. Das vorliegende Dissertationsvorhaben setzt in diesem Themengebiet an und erweitert traditionelle zeitreihenbasierte Modellansätze durch die Fusion und Integration von zeit-diskreten Ereignisdaten.

Die aktuelle Forschung in der zustandsbasierten Instandhaltung und Systemdiagnose technischer Systeme, wie bei Flugzeugtriebwerken, Produktionsmaschinen oder Windkraftanlagen beschäftigt sich vor allem mit der Analyse von Zeitreihendaten basierend auf Sensoren. Kenngrößen wie Temperaturen, Drehzahlen oder Vibrationen werden dabei von Modellen verarbeitet, der aktuelle Gesundheitszustand herausgearbeitet und Restlebensdauern von Komponenten werden prognostiziert. Neben Sensordaten fallen bei technischen Systemen jedoch auch erhebliche Mengen an Ereignisdaten, wie Fehlernachrichten oder Wartungslogbücher an. Diese enthalten wertvolle Informationen über den aktuellen Zustand des Systems, werden nach dem aktuellen Stand der Forschung aber allenfalls für die Bestimmung der abhängigen Variablen (Label) und zur Evaluation der Modelle verwendet. In anderen Industriezweigen finden sich vereinzelt Ansätze zur Verarbeitung dieser Ereignisdaten. Die Anwendung im Maschinenbaukontext ist bisher jedoch unerforscht und stellt die Forschungslücke dar.

Zur Untersuchung der identifizierten Forschungslücke wird ein Konzept vorgeschlagen, um Ereignisdaten gewinnbringend in traditionelle Ansätze der Zustandsdiagnose einbinden zu können. Ziel ist es dadurch die Diagnosegenauigkeit zu erhöhen und Unsicherheiten zu reduzieren. Schlüssel zur Integration der Ereignisdaten und Kern des Dissertationsvorhabens ist die entsprechende Vorverarbeitung und zeitliche Anpassung der Ereignisdaten (time-conversion). Dabei werden Ansätze von der Überwachung von elektronischem Gerät (wie Festplatten, Geldautomaten oder Medizintechnik) als Grundlage verwendet und für die Applikation in Maschinenbauanwendungen weiterentwickelt. Der Ansatz wird dabei modular konzipiert und möglichst weit abstrahiert: Das Gesamtkonzept und die Kernansätze zur time-conversion werden generalisiert entwickelt und sind somit unabhängig vom Anwendungsfall gültig. Einige Module der Datenvorverarbeitung erfordern jedoch Domänenwissen, sodass die Ereignisdaten vorab entsprechend korrekt kategorisiert und bereinigt werden. Der gesamte Ansatz ist dabei als Erweiterung (Add-On) zu verstehen und soll bei bestehenden zeitreihenbasierten Zustandsdiagnosen, bei entsprechender Verfügbarkeit von Ereignisdaten, als Ergänzung eingebaut werden können.

Im Rahmen der Dissertation wird das vorgeschlagene Konzept und die Methodik am Beispiel von Daten eines Open-Source-Datensatzes eines Windkraftparks evaluiert. Als Vergleichsansatz wird zunächst ein einfaches Zustandsüberwachungs- und Diagnosemodell basierend auf Sensordaten aufgebaut. Die Ereignisdaten werden mithilfe deskriptiver und explorativer Methoden analysiert und kategorisiert. Sodann lassen sich verschiedene Methoden der Datentransformation anwenden um die Ereignisdaten in den Zeitreihenbereich zu erweitern und mit dem Vergleichsansatz zu fusionieren. Der verwendete Datensatz erwies sich dabei als nur bedingt geeignet für die Evaluation des Konzepts. Generell zeigen sowohl der Vergleichsansatz als auch das vorgeschlagene Konzept keine hinreichend guten Ergebnisse für eine Anwendung im Bereich der zustandsbasierten Instandhaltung. Dieser Umstand wird einerseits dem verwendeten Klassifikationsansatz in Zusammenhang mit der hohen Klassenimbalance und unscharfen Labels zugewiesen, andererseits der fehlenden Dokumentation und Domänenwissen um zielgerichtet Merkmale für die Ereignisdaten entwickeln zu können. Die Evaluation der Ergebnisse anhand gängiger Bewertungsmetriken zeigt eine Verbesserung in Präzision und Genauigkeit bei einer Verschlechterung des Recall des vorgeschlagenen Konzepts gegenüber dem Vergleichsansatz. Statistisch signifikante Unterschiede können nicht festgestellt werden, was maßgeblich der hohen Ereignisdatenflut und fehlenden Interpretierbarkeit der Ereignisdaten zugewiesen wird. Eine Sensitivitätsanalyse beleuchtet dabei Einflussparameter auf die Diagnosegüte und ermöglicht die Identifikation von Grenzen des vorgeschlagenen Konzepts. Das abschließende Fazit mit der Thematisierung von Herausforderungen und einem Ausblick auf weitere Forschungspotenziale rundet die Arbeit ab.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

An important component of the digital transformation of industry (Industry 4.0) is the condition-based and predictive maintenance of technical systems. In addition to the intelligent networking of machines and processes using information and communication technologies, this requires mathematical models that enable an accurate diagnosis of the system status and a prediction of the remaining usefule lifetime. The following dissertation project addresses this issue and extends traditional time series-based modeling approaches by fusing and integrating time-discrete event data.

Current research in condition-based maintenance and health diagnostics of technical systems, such as aircraft engines, production machines or wind turbines, is primarily concerned with analyzing time series data based on sensors. Parameters such as temperatures, rotational speeds or vibrations are processed by models, the current state of health is worked out and the remaining useful lifetime of components is predicted. However, in addition to sensor data, technical systems also generate considerable amounts of event data, such as error messages or maintenance logbooks. These contain valuable information about the current state of the system, but according to the current state of research, they are only used to determine the dependent variables (labels) and to evaluate the models. There are few approaches to processing this event data in other branches of industry, however, the application in the context of mechanical engineering has not yet been researched and represents the research gap for this work.

To investigate the identified research gap, a new concept is proposed to integrate event data gainful into traditional approaches to condition diagnosis. The aim is to increase diagnostic accuracy and reduce uncertainties. The key to the integration of event data and the core of the dissertation is the corresponding pre-processing and temporal adaptation of the event data (time-conversion). Approaches from the monitoring of electronic devices (such as hard disks, ATMs or medical technology) are used as a basis and further developed for application in mechanical engineering applications. The approach is designed to be generic and abstracted as far as possible: The overall concept and the core approaches for time-conversion are developed in a generalized way and are therefore valid regardless of the actual application. However, some data pre-processing modules require domain knowledge so that the event data is correctly categorized and cleansed in advance. The entire approach is to be understood as an extension (add-on) and should be able to be integrated as a supplement to existing time-series-based diagnostic frameworks, provided that event data is available.

The proposed concept and methodology is evaluated using the example of data from an open source data set of a wind farm. As a reference approach, a simple condition monitoring and diagnostic model based on 10-minute sensor data (SCADA) is first built. The event data is analyzed and categorized using descriptive and explorative methods. Various data transformation methods can then be applied to extend the event data into the time series range and merge it with the reference approach. The given data set proved to be only partially suitable for evaluating the concept. In general, both the comparative approach and the proposed concept do not show sufficiently good results for an application in cbm. This circumstance is attributed to the classification approach used in connection with the high class imbalance and fuzzy labels on the one hand, and the lack of documentation and domain knowledge to be able to develop targeted features for the event data on the other. The evaluation of the results using common evaluation metrics shows an improvement in precision and accuracy with a deterioration in the recall of the proposed approach compared to the comparative approach. Statistically significant differences cannot be determined, which is mainly attributed to the high flood of event data and the lack of interpretability of the event data. A sensitivity analysis assesses the parameters influencing the diagnostic quality and enables a discussion of the limits of the proposed concept. The final conclusion with a discussion of challenges and an outlook on further research potential complete the work.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-288015
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 16 Fachbereich Maschinenbau
16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet für Flugsysteme und Regelungstechnik (FSR)
Hinterlegungsdatum: 06 Dez 2024 13:08
Letzte Änderung: 09 Dez 2024 13:16
PPN:
Referenten: Klingauf, Prof. Dr. Uwe ; Metternich, Prof. Dr. Joachim
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 19 November 2024
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