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Eine „praktische Lücke“ im Beweis – Zur methodologischen Kritik des Konsequenzialismus und des Prinzips der maximierenden Rationalität

Kertscher, Jens ; Richter, Philipp (2020)
Eine „praktische Lücke“ im Beweis – Zur methodologischen Kritik des Konsequenzialismus und des Prinzips der maximierenden Rationalität.
In: Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie = Journal for Ethics and Moral Philosophy, 3 (2)
doi: 10.1007/s42048-020-00072-6
Artikel, Bibliographie

Dies ist die neueste Version dieses Eintrags.

Kurzbeschreibung (Abstract)

Der Beitrag entfaltet eine grundsätzliche Kritik an konsequenzialistischen Ethiken. Unsere Kritik zielt auf den Nachweis, dass konsequenzialistische Ansätze einer methodischen Anforderung bei der Begründung eines Moralprinzips nicht gerecht werden, weil sie einen Begriff des Guten voraussetzen, ohne auf seinen epistemischen Status zu reflektieren. Es gelingt ihnen daher nicht, einen Begriff des Guten zu entwickeln, der gleichermaßen sowohl die Erkenntnis einer logischen Notwendigkeit als auch einer praktischen Relevanz zum Ausdruck bringen kann. Aus methodischen Gründen muss daher unklar bleiben, warum das, was als „gut“ gesetzt und erkannt wird, auch realisiert werden muss.

Wir gehen in vier Schritten vor: In einem ersten Schritt greifen wir mit dem Ziel der Verschärfung des Problems mit dem so genannten deontologischen Paradox eine der größten Herausforderungen für deontologische Ethiken auf. Wir wollen aber zeigen, dass dieses Paradox überhaupt nur formuliert werden kann, wenn bereits von einem Prinzip des Guten ausgegangen wird, ohne es in ein Verhältnis zur praktischen Vernunft des Handelnden zu setzen. Dazu rekonstruieren wir in einem zweiten Schritt Mills Beweis für das Nützlichkeitsprinzip des Utilitarismus, weil sich daran das methodische Problem einer Erkenntnis des Guten besonders gut herausarbeiten lässt. Im dritten Schritt entwickeln wir unter Rückgriff auf methodologische Überlegungen Kants aus der Kritik der praktischen Vernunft ein Argument, das zeigen soll, dass in keiner moralphilosophischen Argumentation ein Begriff des Guten einfach vorausgesetzt werden kann, ohne logisch primär die durch das Prädikat „gut“ erkannte praktische Notwendigkeit in ein Verhältnis zum Handelnden zu setzen. Das, was überhaupt als gut erkannt werden kann, ist daher durch reflexive Urteile über den Modus des praktischen Erkennens zu bestimmen. Mit diesem Ergebnis wird in einem vierten Schritt das deontologische Paradox aufgelöst.

Typ des Eintrags: Artikel
Erschienen: 2020
Autor(en): Kertscher, Jens ; Richter, Philipp
Art des Eintrags: Bibliographie
Titel: Eine „praktische Lücke“ im Beweis – Zur methodologischen Kritik des Konsequenzialismus und des Prinzips der maximierenden Rationalität
Sprache: Deutsch
Publikationsjahr: Oktober 2020
Ort: Berlin ; Heidelberg
Verlag: Springer
Titel der Zeitschrift, Zeitung oder Schriftenreihe: Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie = Journal for Ethics and Moral Philosophy
Jahrgang/Volume einer Zeitschrift: 3
(Heft-)Nummer: 2
DOI: 10.1007/s42048-020-00072-6
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Kurzbeschreibung (Abstract):

Der Beitrag entfaltet eine grundsätzliche Kritik an konsequenzialistischen Ethiken. Unsere Kritik zielt auf den Nachweis, dass konsequenzialistische Ansätze einer methodischen Anforderung bei der Begründung eines Moralprinzips nicht gerecht werden, weil sie einen Begriff des Guten voraussetzen, ohne auf seinen epistemischen Status zu reflektieren. Es gelingt ihnen daher nicht, einen Begriff des Guten zu entwickeln, der gleichermaßen sowohl die Erkenntnis einer logischen Notwendigkeit als auch einer praktischen Relevanz zum Ausdruck bringen kann. Aus methodischen Gründen muss daher unklar bleiben, warum das, was als „gut“ gesetzt und erkannt wird, auch realisiert werden muss.

Wir gehen in vier Schritten vor: In einem ersten Schritt greifen wir mit dem Ziel der Verschärfung des Problems mit dem so genannten deontologischen Paradox eine der größten Herausforderungen für deontologische Ethiken auf. Wir wollen aber zeigen, dass dieses Paradox überhaupt nur formuliert werden kann, wenn bereits von einem Prinzip des Guten ausgegangen wird, ohne es in ein Verhältnis zur praktischen Vernunft des Handelnden zu setzen. Dazu rekonstruieren wir in einem zweiten Schritt Mills Beweis für das Nützlichkeitsprinzip des Utilitarismus, weil sich daran das methodische Problem einer Erkenntnis des Guten besonders gut herausarbeiten lässt. Im dritten Schritt entwickeln wir unter Rückgriff auf methodologische Überlegungen Kants aus der Kritik der praktischen Vernunft ein Argument, das zeigen soll, dass in keiner moralphilosophischen Argumentation ein Begriff des Guten einfach vorausgesetzt werden kann, ohne logisch primär die durch das Prädikat „gut“ erkannte praktische Notwendigkeit in ein Verhältnis zum Handelnden zu setzen. Das, was überhaupt als gut erkannt werden kann, ist daher durch reflexive Urteile über den Modus des praktischen Erkennens zu bestimmen. Mit diesem Ergebnis wird in einem vierten Schritt das deontologische Paradox aufgelöst.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

The paper unfolds a fundamental critique of consequentialist ethics. Our criticism aims to demonstrate that consequentialist approaches do not meet a methodological requirement in establishing a moral principle because they presuppose a concept of good without reflecting on its epistemological status. Therefore, these approaches are unable to develop a concept of the good, which expresses both the understanding of its logical necessity and its practical relevance. Due to methodological reasons, in the perspective of an agent it must remain unclear why what is set and recognized as “good” also must be done.

The article takes four steps: In the first step, we address one of the greatest challenges for deontological ethics with the aim of exacerbating the problem of knowing what is good using the so-called deontological paradox. We want to show, however, that this paradox only could be phrased if a principle of good is already assumed (without putting it in relation to the practical reason of the agent). In order to do this, we reconstruct Mill’s proof of the principle of utility in a second step. By considering Mill’s proof, the methodological problem of knowing what is good can be worked out explicitly. In the third step, we develop an argument based on Kant’s methodological considerations in the Critique of Practical Reason with the aim of showing that no approach in practical philosophy can simply presuppose a concept of good without putting its practical necessity, which is recognized by using the predicate “good”, in relation to the agent. That which can be recognized as good can therefore be determined only by reflective judgments about the mode of practical knowing. With this result, the deontological paradox is resolved in a fourth step.

Englisch
Freie Schlagworte: Deontologie, Konsequenzialismus, Paradox der Deontologie, Mills Beweis des Utilitarismus, praktische Vernunft, praktische Notwendigkeit
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 100 Philosophie und Psychologie > 100 Philosophie
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften
02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Philosophie
Hinterlegungsdatum: 02 Aug 2024 13:16
Letzte Änderung: 02 Aug 2024 13:16
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