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Integrierte und robuste fehlertolerante Regelung eines überaktuierten unbemannten Fluggerätes

Prochazka, Karl Frederik (2024)
Integrierte und robuste fehlertolerante Regelung eines überaktuierten unbemannten Fluggerätes.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00027383
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge (eng. Unmanned Aerial Vehicles, UAV) wird nach aktuellen Erwartungen unsere Umwelt in der Zukunft nachhaltig prägen. In Europa ist beispielsweise für die Integration von UAVs in den zivilen Luftraum der sogenannte U-Space als Rahmenwerk entwickelt, der bis 2035 einsatzbereit sein und als Schnittstelle zur konventionellen bemannten Luftraumüberwachung dienen soll. Hinsichtlich vorhandener UAV-Typen existieren neben der klassischen Unterteilung in Drehflügler und Starrflügler auch sogenannte hybride UAV-Konfigurationen, welche die Vorteile der beiden anderen Typen – das Senkrechtstarten ohne Notwendigkeit einer Startbahn sowie den deutlich energieeffizienteren Flächenflug mit großer Reichweite – kombinieren. Sogenannte duale Systeme stellen eine besonders innovative Klasse hybrider UAVs dar, welche sich durch zwei separate Antriebsstränge auszeichnen: typischerweise vier (oder mehr) Hubmotoren zum senkrechten Starten und Landen sowie dem Schwebeflug wie ein Multikopter und ein weiterer Pusher-Motor, welcher zur Erzeugung von Vorwärtsschub genutzt wird. Diese dualen Systeme sind in weiten Teilen der Flugenveloppe inhärent überaktuiert, d.h. sie verfügen für die Steuerung einzelner Freiheitsgrade über mehr Steuergrößen als notwendig.

Ziel der vorliegenden Dissertation ist die Entwicklung eines integrierten Konzepts zur fehlertoleranten Flugregelung, welches sich vorhandene redundante Steuergrößen überaktuierter Fluggeräte zu Nutze macht, um diese neben der Erhöhung der operationellen Sicherheit durch die Kompensation von Aktorfehlern bzw. -ausfällen weiterhin im fehlerfreien Betrieb zur Erhöhung der Agilität und Manövrierbarkeit gezielt auszunutzen. Die gezielte regelungstechnische Betrachtung dieser Eigenschaften dualer hybrider UAVs über den gesamten Flugbereich stellt eine Forschungslücke dar, zu deren Schließung die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten soll. Für die Auswahl geeigneter Regelungsverfahren wird zunächst ein Überblick über den Stand der Technik fehlertoleranter Regelungen gegeben. Auf dieser Basis wird die Verwendung einer Kombination aus einer inkrementellen, inversionsbasierten Basisregelung mit einer Stellgrößenallokation motiviert. Ein wesentlicher Vorteil von einem Allokationsmodul besteht darin, dass die Basisregelung formal ohne Kenntnis der Allokation ausgelegt werden kann, wohingegen die Allokation eine implizite Einhaltung von Stellbeschränkungen sowie die gezielte Koordination der vorhandenen Stellgrößen umsetzt. Als grundlegende Basis für alle weiteren Untersuchungen und die Auslegung der Flugregelung wird ein mathematisches Modell des betrachteten hybriden UAV-Technologieträgers präsentiert, der im Rahmen dieser Arbeit am Institut für Flugsysteme und Regelungstechnik der TU Darmstadt entwickelt wurde. Die Modellbildung erfolgte sowohl anhand numerischer Strömungssimulationen sowie Vermessungen des UAVs im Windkanal. Die Dynamik von Aktoren und Sensoren wird in dem Modell ebenfalls berücksichtigt und wurde anhand experimenteller Untersuchungen ermittelt und validiert. Anschließend erfolgt eine ausführliche Analyse der Flugeigenschaften des hybriden UAVs, wobei der Einfluss der kombinierten Steuergrößen auf die erzielbare Manövrierbarkeit, Agilität und Stabilität einen Schwerpunkt bildet. Darüber hinaus wird ein neuartiges Konzept zur Analyse und Quantifizierung der Überaktuierungseigenschaften linearer Systeme vorgestellt, welches am Beispiel des hybriden UAVs motiviert wird. Das Konzept der entwickelten fehlertoleranten Flugregelung wird anschließend im Detail vorgestellt. Dies umfasst neben den benötigten theoretischen Grundlagen die Definition der gewählten Regelgrößen und eine Beschreibung aller enthaltenen Module sowie deren Zusammenspiel.

Die entwickelte Flugregelung wird abschließend im Rahmen numerischer Simulationen analysiert. Dabei werden sowohl nominelle Szenarien, bei denen das Konzept zur Steigerung der Flugleistungen demonstriert wird, als auch simulierte Flüge mit ausgewählten Aktorausfällen betrachtet. Es wird gezeigt, dass die Anforderungen hinsichtlich der Folge kommandierter Geschwindigkeitskommandos unter Ausnutzung aller Stellgrößen auch unter Berücksichtigung atmosphärischer Störungen erfüllt werden. Auch die Fähigkeit zur Ausnutzung vorhandener Redundanzen, um besonders anspruchsvolle Bereiche der Flugenveloppe zu erfliegen und einzelne Aktorausfälle zu kompensieren, wird demonstriert. Die Arbeit schließt mit einer Diskussion der Ergebnisse und einem Ausblick auf weiterführende Arbeiten.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2024
Autor(en): Prochazka, Karl Frederik
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Integrierte und robuste fehlertolerante Regelung eines überaktuierten unbemannten Fluggerätes
Sprache: Deutsch
Referenten: Klingauf, Prof. Dr. Uwe ; Konigorski, Prof. Dr. Ulrich
Publikationsjahr: 6 Juni 2024
Ort: Darmstadt
Kollation: xxiii, 252 Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 30 Januar 2024
DOI: 10.26083/tuprints-00027383
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/27383
Kurzbeschreibung (Abstract):

Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge (eng. Unmanned Aerial Vehicles, UAV) wird nach aktuellen Erwartungen unsere Umwelt in der Zukunft nachhaltig prägen. In Europa ist beispielsweise für die Integration von UAVs in den zivilen Luftraum der sogenannte U-Space als Rahmenwerk entwickelt, der bis 2035 einsatzbereit sein und als Schnittstelle zur konventionellen bemannten Luftraumüberwachung dienen soll. Hinsichtlich vorhandener UAV-Typen existieren neben der klassischen Unterteilung in Drehflügler und Starrflügler auch sogenannte hybride UAV-Konfigurationen, welche die Vorteile der beiden anderen Typen – das Senkrechtstarten ohne Notwendigkeit einer Startbahn sowie den deutlich energieeffizienteren Flächenflug mit großer Reichweite – kombinieren. Sogenannte duale Systeme stellen eine besonders innovative Klasse hybrider UAVs dar, welche sich durch zwei separate Antriebsstränge auszeichnen: typischerweise vier (oder mehr) Hubmotoren zum senkrechten Starten und Landen sowie dem Schwebeflug wie ein Multikopter und ein weiterer Pusher-Motor, welcher zur Erzeugung von Vorwärtsschub genutzt wird. Diese dualen Systeme sind in weiten Teilen der Flugenveloppe inhärent überaktuiert, d.h. sie verfügen für die Steuerung einzelner Freiheitsgrade über mehr Steuergrößen als notwendig.

Ziel der vorliegenden Dissertation ist die Entwicklung eines integrierten Konzepts zur fehlertoleranten Flugregelung, welches sich vorhandene redundante Steuergrößen überaktuierter Fluggeräte zu Nutze macht, um diese neben der Erhöhung der operationellen Sicherheit durch die Kompensation von Aktorfehlern bzw. -ausfällen weiterhin im fehlerfreien Betrieb zur Erhöhung der Agilität und Manövrierbarkeit gezielt auszunutzen. Die gezielte regelungstechnische Betrachtung dieser Eigenschaften dualer hybrider UAVs über den gesamten Flugbereich stellt eine Forschungslücke dar, zu deren Schließung die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten soll. Für die Auswahl geeigneter Regelungsverfahren wird zunächst ein Überblick über den Stand der Technik fehlertoleranter Regelungen gegeben. Auf dieser Basis wird die Verwendung einer Kombination aus einer inkrementellen, inversionsbasierten Basisregelung mit einer Stellgrößenallokation motiviert. Ein wesentlicher Vorteil von einem Allokationsmodul besteht darin, dass die Basisregelung formal ohne Kenntnis der Allokation ausgelegt werden kann, wohingegen die Allokation eine implizite Einhaltung von Stellbeschränkungen sowie die gezielte Koordination der vorhandenen Stellgrößen umsetzt. Als grundlegende Basis für alle weiteren Untersuchungen und die Auslegung der Flugregelung wird ein mathematisches Modell des betrachteten hybriden UAV-Technologieträgers präsentiert, der im Rahmen dieser Arbeit am Institut für Flugsysteme und Regelungstechnik der TU Darmstadt entwickelt wurde. Die Modellbildung erfolgte sowohl anhand numerischer Strömungssimulationen sowie Vermessungen des UAVs im Windkanal. Die Dynamik von Aktoren und Sensoren wird in dem Modell ebenfalls berücksichtigt und wurde anhand experimenteller Untersuchungen ermittelt und validiert. Anschließend erfolgt eine ausführliche Analyse der Flugeigenschaften des hybriden UAVs, wobei der Einfluss der kombinierten Steuergrößen auf die erzielbare Manövrierbarkeit, Agilität und Stabilität einen Schwerpunkt bildet. Darüber hinaus wird ein neuartiges Konzept zur Analyse und Quantifizierung der Überaktuierungseigenschaften linearer Systeme vorgestellt, welches am Beispiel des hybriden UAVs motiviert wird. Das Konzept der entwickelten fehlertoleranten Flugregelung wird anschließend im Detail vorgestellt. Dies umfasst neben den benötigten theoretischen Grundlagen die Definition der gewählten Regelgrößen und eine Beschreibung aller enthaltenen Module sowie deren Zusammenspiel.

Die entwickelte Flugregelung wird abschließend im Rahmen numerischer Simulationen analysiert. Dabei werden sowohl nominelle Szenarien, bei denen das Konzept zur Steigerung der Flugleistungen demonstriert wird, als auch simulierte Flüge mit ausgewählten Aktorausfällen betrachtet. Es wird gezeigt, dass die Anforderungen hinsichtlich der Folge kommandierter Geschwindigkeitskommandos unter Ausnutzung aller Stellgrößen auch unter Berücksichtigung atmosphärischer Störungen erfüllt werden. Auch die Fähigkeit zur Ausnutzung vorhandener Redundanzen, um besonders anspruchsvolle Bereiche der Flugenveloppe zu erfliegen und einzelne Aktorausfälle zu kompensieren, wird demonstriert. Die Arbeit schließt mit einer Diskussion der Ergebnisse und einem Ausblick auf weiterführende Arbeiten.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

According to current expectations, the use of unmanned aerial vehicles (UAVs) will have a lasting impact on our future environment. In Europe, for example, the so-called U-Space framework has been developed for the integration of UAVs into civil airspace. It is to be operational by 2035 and serve as an interface to conventional manned air traffic control. Regarding available types of UAVs, in addition to the classic division into rotorcraft and fixed-wing aircraft, there are also so-called hybrid UAV configurations, which combine the advantages of the other two types - vertical take-off without the need for a runway, as well as the much more energy-efficient fixed-wing flight with a long range. So-called dual systems represent a particularly innovative class of hybrid UAVs, which are characterized by two separate power trains: typically four (or more) lift motors for vertical take-off and landing as well as hovering like a multicopter, and another pusher motor, which is used to generate forward thrust. These dual systems are inherently over-actuated over wide parts of the flight envelope, i.e., they have more control inputs than necessary to control individual degrees of freedom. The goal of this work is the development of an integrated concept for fault-tolerant flight control, which makes use of existing redundant control inputs of over-actuated UAVs, in order to specifically exploit them to increase agility and maneuverability in addition to operational safety by compensating for actuator faults or failures. The control engineering consideration of these characteristics of dual hybrid UAVs over the entire flight envelope represents a research gap that this dissertation aims to help fill. For the selection of suitable control methods, an overview of the state of the art of fault-tolerant controls is first given. On this basis, the utilization of a combination of an incremental inversion-based baseline control law with a control allocation is motivated. A major advantage of an allocation module is that the baseline controller can be formally designed without knowledge of the allocation, whereas the allocation implements an implicit compliance with control limits as well as the specific coordination of the available physical control inputs. As a fundamental basis for all further investigations and the design of the flight control system, a mathematical model of the hybrid UAV test vehicle under consideration is presented, which was developed as part of this work at the Institute of Flight Systems and Automatic Control at the TU Darmstadt. The model was built using numerical flow simulations as well as measurements of the UAV in a wind tunnel. The dynamics of actuators and sensors are also considered in the model and were determined and validated using experimental investigations. This is followed by a detailed analysis of the flight characteristics of the hybrid UAV, with a focus on the influence of the combined control inputs on the achievable maneuverability, agility and stability. In addition, a novel concept for analyzing and quantifying the over-actuation characteristics of linear systems is presented, motivated by the example of the hybrid UAV. The concept of the developed fault-tolerant flight control is then presented in detail. This includes, besides the required theoretical basics, the definition of the chosen controlled variables and a description of all included modules as well as their interaction. Finally, the developed flight control system is analyzed within the framework of numerical simulations. Both nominal scenarios, in which the concept for increasing flight performance is demonstrated, and simulated flights with selected actuator failures are considered. It is shown that the requirements regarding the tracking of velocity commands are met using all control inputs even when atmospheric disturbances are taken into account. The ability to exploit existing redundancies to fly within particularly demanding areas of the flight envelope and compensate for single actuator failures is also demonstrated. The thesis concludes with a discussion of the results and an outlook on further work.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-273839
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 16 Fachbereich Maschinenbau
16 Fachbereich Maschinenbau > Fachgebiet für Flugsysteme und Regelungstechnik (FSR)
Hinterlegungsdatum: 06 Jun 2024 12:06
Letzte Änderung: 07 Jun 2024 06:55
PPN:
Referenten: Klingauf, Prof. Dr. Uwe ; Konigorski, Prof. Dr. Ulrich
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 30 Januar 2024
Export:
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