Krajewsky, Georg (2024)
Koloniales Erbe verhandeln. Erinnerung und Macht bei der Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit in Hamburg.
Technische Universität Darmstadt, 2023
doi: 10.26083/tuprints-00026391
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion
Kurzbeschreibung (Abstract)
Im Jahr 2014 beschloss der Hamburger Senat als erste Stadt in Deutschland die Erarbeitung eines gesamtstädtischen Erinnerungskonzepts zur Aufarbeitung der städtischen Kolonialvergangenheit. Die Hafen- und Hansestadt war über Handelsbeziehungen lange Zeit eng mit der kolonialen Expansion Europas verbunden und spielte eine zentrale Rolle in der Kolonialpolitik des Deutschen Kaiserreichs. Im Stadtraum verteilt befinden sich heute zahlreiche Spuren des europäischen Kolonialismus, die in den letzten Jahren von einem Netzwerk kolonialkritischer Gruppen und Organisationen der Schwarzen Communities öffentlich problematisiert wurden. Das Buch untersucht die Machtdynamiken bei der Aushandlung kollektiver Erinnerungen an den Kolonialismus anhand des 2017 in Hamburg begonnenen Partizipationsverfahrens Runder Tisch „Koloniales Erbe“. Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung stehen die Machtbeziehungen zwischen den beteiligten städtischen und zivilgesellschaftlichen erinnerungspolitischen Akteur*innen, die in den Gremien des Beteiligungsverfahrens über die (Neu-)Ausrichtung städtischer Erinnerungspolitik gegenüber der Kolonialvergangenheit Hamburgs und deren Folgeerscheinungen verhandeln. Die Arbeit kombiniert Ansätze der sozialwissenschaftlichen Erinnerungs- und Erbe-Forschung sowie der postkolonialen Soziologie, die kollektiv vergegenwärtigte Vergangenheitsbilder als Medium umstrittener vergangenheitsbezogener Bedeutungsproduktion sozialer Gruppen verstehen und zugleich auf die Präsenz (post-)kolonialer Machtgefälle hinweisen. Um die Machtbeziehungen empirisch zu analysieren, entwickelt die Arbeit ein an den Soziologen Anthony Giddens angelehntes Begriffsinstrumentarium, mit dem die zentralen Regeln und Ressourcen des Aushandlungsprozesses identifiziert werden können. Auf dieser Grundlage werden die Handlungsräume der beteiligten erinnerungspolitischen Akteur*innen bestimmt und betrachtet, auf welche Weise der Interaktionszusammenhang städtischer Erinnerungspolitik (neu-)strukturiert wird. Aufbauend auf einer qualitativen Fallstudie (2018-2021) werden die signifikanten Machtdynamiken mittels vier induktiv gebildeter Schlüsselkategorien charakterisiert: (a) Den sozialen Ein- und Ausschlüssen, (b) der politischen Regulierung, (c) den umstrittenen Deutungsansprüchen und (d) den verhandelten Normen städtischer Erinnerungspolitik. Durch die Analyse werden zum einen die umstrittenen Hierarchien und Mandate im Beteiligungsverfahren deutlich, die den fragilen Interaktionszusammenhang prägen. Zum anderen kann eine merkliche Dezentrierung der Deutungshoheit über die Kolonialvergangenheit und deren Erinnerung nachgewiesen werden, die europazentrierte Wissensperspektiven sowie etablierte Expertise-Zuschreibungen in Frage stellen und die Prozeduren städtischer Erinnerungspolitik im betrachteten Fall neu strukturieren.
Typ des Eintrags: | Dissertation | ||||
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Erschienen: | 2024 | ||||
Autor(en): | Krajewsky, Georg | ||||
Art des Eintrags: | Erstveröffentlichung | ||||
Titel: | Koloniales Erbe verhandeln. Erinnerung und Macht bei der Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit in Hamburg | ||||
Sprache: | Deutsch | ||||
Referenten: | Frank, Prof. Dr. Sybille ; Welch Guerra, Prof. Dr. Max | ||||
Publikationsjahr: | 15 Januar 2024 | ||||
Ort: | Darmstadt | ||||
Publikationsdatum der Erstveröffentlichung: | 22 November 2023 | ||||
Ort der Erstveröffentlichung: | Frankfurt/New York | ||||
Verlag: | Campus Verlag | ||||
Reihe: | Kultursoziologische Stadtforschung | ||||
Band einer Reihe: | 2 | ||||
Kollation: | 345 Seiten | ||||
Datum der mündlichen Prüfung: | 1 September 2022 | ||||
DOI: | 10.26083/tuprints-00026391 | ||||
URL / URN: | https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/26391 | ||||
Zugehörige Links: | |||||
Kurzbeschreibung (Abstract): | Im Jahr 2014 beschloss der Hamburger Senat als erste Stadt in Deutschland die Erarbeitung eines gesamtstädtischen Erinnerungskonzepts zur Aufarbeitung der städtischen Kolonialvergangenheit. Die Hafen- und Hansestadt war über Handelsbeziehungen lange Zeit eng mit der kolonialen Expansion Europas verbunden und spielte eine zentrale Rolle in der Kolonialpolitik des Deutschen Kaiserreichs. Im Stadtraum verteilt befinden sich heute zahlreiche Spuren des europäischen Kolonialismus, die in den letzten Jahren von einem Netzwerk kolonialkritischer Gruppen und Organisationen der Schwarzen Communities öffentlich problematisiert wurden. Das Buch untersucht die Machtdynamiken bei der Aushandlung kollektiver Erinnerungen an den Kolonialismus anhand des 2017 in Hamburg begonnenen Partizipationsverfahrens Runder Tisch „Koloniales Erbe“. Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung stehen die Machtbeziehungen zwischen den beteiligten städtischen und zivilgesellschaftlichen erinnerungspolitischen Akteur*innen, die in den Gremien des Beteiligungsverfahrens über die (Neu-)Ausrichtung städtischer Erinnerungspolitik gegenüber der Kolonialvergangenheit Hamburgs und deren Folgeerscheinungen verhandeln. Die Arbeit kombiniert Ansätze der sozialwissenschaftlichen Erinnerungs- und Erbe-Forschung sowie der postkolonialen Soziologie, die kollektiv vergegenwärtigte Vergangenheitsbilder als Medium umstrittener vergangenheitsbezogener Bedeutungsproduktion sozialer Gruppen verstehen und zugleich auf die Präsenz (post-)kolonialer Machtgefälle hinweisen. Um die Machtbeziehungen empirisch zu analysieren, entwickelt die Arbeit ein an den Soziologen Anthony Giddens angelehntes Begriffsinstrumentarium, mit dem die zentralen Regeln und Ressourcen des Aushandlungsprozesses identifiziert werden können. Auf dieser Grundlage werden die Handlungsräume der beteiligten erinnerungspolitischen Akteur*innen bestimmt und betrachtet, auf welche Weise der Interaktionszusammenhang städtischer Erinnerungspolitik (neu-)strukturiert wird. Aufbauend auf einer qualitativen Fallstudie (2018-2021) werden die signifikanten Machtdynamiken mittels vier induktiv gebildeter Schlüsselkategorien charakterisiert: (a) Den sozialen Ein- und Ausschlüssen, (b) der politischen Regulierung, (c) den umstrittenen Deutungsansprüchen und (d) den verhandelten Normen städtischer Erinnerungspolitik. Durch die Analyse werden zum einen die umstrittenen Hierarchien und Mandate im Beteiligungsverfahren deutlich, die den fragilen Interaktionszusammenhang prägen. Zum anderen kann eine merkliche Dezentrierung der Deutungshoheit über die Kolonialvergangenheit und deren Erinnerung nachgewiesen werden, die europazentrierte Wissensperspektiven sowie etablierte Expertise-Zuschreibungen in Frage stellen und die Prozeduren städtischer Erinnerungspolitik im betrachteten Fall neu strukturieren. |
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Alternatives oder übersetztes Abstract: |
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Freie Schlagworte: | Soziologie, Stadt, Erinnerung, Heritage, Kolonialismus, Postkolonial, Dekolonisierung, Macht, Partizipation, Hamburg | ||||
Status: | Verlagsversion | ||||
URN: | urn:nbn:de:tuda-tuprints-263910 | ||||
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): | 300 Sozialwissenschaften > 300 Sozialwissenschaften, Soziologie | ||||
Fachbereich(e)/-gebiet(e): | 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Soziologie 02 Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften > Institut für Soziologie > Stadt- und Raumsoziologie |
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Hinterlegungsdatum: | 15 Jan 2024 13:15 | ||||
Letzte Änderung: | 28 Jun 2024 10:40 | ||||
PPN: | |||||
Referenten: | Frank, Prof. Dr. Sybille ; Welch Guerra, Prof. Dr. Max | ||||
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: | 1 September 2022 | ||||
Export: | |||||
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