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Zur Bruchmechanik der wasserstoffassistierten Rissbildung in hochfesten Stählen

Brilz, Michael (2023)
Zur Bruchmechanik der wasserstoffassistierten Rissbildung in hochfesten Stählen.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00026350
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Bei standardisierten bruchmechanischen Prüfverfahren werden in der Regel Kompaktzugproben verwendet, die aufwendig und kostspielig in der Fertigung sind und aufgrund der geometrischen Anforderungen nicht aus jedem Bauteil der industriellen Serienfertigung hergestellt werden können. Für die Prüfung der bruchmechanischen Eigenschaften der meisten Schrauben und Bolzen sind die standardisierten Kompaktzugproben ungeeignet, weshalb als Alternative der Einsatz umlaufend gekerbter Rundzugproben (CNT-Proben) erforscht wird. Die wesentliche Problematik beim Einsatz von CNT-Proben liegt in der kontrollierten Initiierung eines umlaufenden Ermüdungsanrisses im Kerbgrund. Dabei führt die mechanische Wechselbeanspruchung oft zu exzentrischen Rissen mit einer umfänglich ungleichmäßigen radialen Risslänge. Diese Exzentrizität des umlaufenden Risses ist insbesondere bei der Bestimmung der Schwellenwertspannungsintensität der Wasserstoffversprödung relevant, da das Potenzial für ein unterkritisches wasserstoffassistiertes Risswachstum von der radialen Risslänge abhängt und, im Falle eines exzentrischen Ermüdungsanrisses, um den gesamten Umfang der Rissspitze unterschiedlich ist. Mit dem Vorspannkraft-Verlust-Test (VVT) wird in dieser Arbeit ein neues Prüfverfahren zur Bewertung der Anfälligkeit von CNT-Proben aus hochfestem Stahl gegenüber einer Wasserstoffversprödung entwickelt, das ohne die Initiierung eines Ermüdungsanrisses auskommt. Stattdessen wird beim VVT eine wasserstoffassistierte Rissinitiierung vorgenommen, bei der die gleichmäßige, umlaufende und konzentrische Ausbildung des initiierten Risses mithilfe der Wasserstoffeindringtiefe und der anfänglichen Vorspannkraft kontrolliert wird. Neben dieser vorteilhaften Rissgeometrie hat der VVT den großen Vorteil einer sehr einfachen experimentellen Durchführung sowie den Vorteil eines definierten mit Wasserstoff beladenen Ausgangszustandes der Rissinitiie-rung, der die Ableitung zahlreicher Zusammenhänge erlaubt, mit denen die Werkstoffanfälligkeit gegenüber einer Wasserstoffversprödung bewertet und verstanden werden kann. Die experimentelle Durchführung des VVT umfasst die Beladung der CNT-Proben mit Wasserstoff, die anschließende Verspannung der vorab mit Wasserstoff beladenen CNT-Proben bei einer konstanten Auslenkung, die iterative Bestimmung eines Schwellenwertes der ertragbaren Last und die rasterelektronenmikroskopische Bruchflächenuntersuchung, inklusive der Vermessung der radialen Risslänge. Zur Auswertung der so erzielten Ergebnisse wird in dieser Arbeit der definierte mit Wasserstoff beladene Randzustand ausgenutzt, um eine Theorie der wasserstoffassistierten Rissbildung (HAC) in Abhängigkeit von der Wasserstoffeindringtiefe zu entwickeln. Die Theorie basiert auf dem Sprödbruchkriterium nach Griffith sowie auf einer Abschätzung der Wasserstoffeindringtiefe mithilfe des Wasserstoffdiffusionskoeffizienten und der Wasserstoffbeladungsdauer. Durch die Anwendung der hergeleiteten Theorie auf die experimentellen Ergebnisse des VVT können die Schwellenwertspannungsintensität, die Bruchzähigkeit und der Wasserstoffdiffusionskoeffizient der CNT-Proben bestimmt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit zur Auswertung der experimentellen Ergebnisse hinsichtlich der momentanen Risswachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der momentanen Spannungsintensität. Diese Vielzahl an be-stimmbaren Kennwerten und Abhängigkeiten ermöglicht eine umfassende Bewertung der CNT-Proben hinsichtlich ihrer Anfälligkeit gegenüber einer Wasserstoffversprödung. In dieser Arbeit werden 5 verschiedene CNT-Probentypen mithilfe des VVT und der hergeleiteten Theorie untersucht. Die Probentypen unterscheiden sich in der Geometrie der umlaufenden Kerbe, der chemischen Zusammensetzung des Stahls und der Festigkeitsklasse. Das Hauptaugenmerk der durchgeführten Untersuchungen liegt im Aufzeigen der Anwendbarkeit sowie der Anwendbarkeitsgrenzen des VVT. Weiterhin wird mit den Untersuchungen die gute Übereinstimmung der hergeleiteten Theorie mit den experimentell erzielten Befunden dargelegt. Aufgrund dieser Übereinstimmung ist der VVT eine vielversprechende Methode, welche die Anwendung von CNT-Proben zur Bewertung der wasserstoffinduzierten Sprödbruchanfälligkeit hochfester Stähle ermöglicht und somit die zahlreichen Vorteile dieser Probengeometrie zugänglich macht.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2023
Autor(en): Brilz, Michael
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Zur Bruchmechanik der wasserstoffassistierten Rissbildung in hochfesten Stählen
Sprache: Deutsch
Referenten: Oechsner, Prof. Dr. Matthias ; Müller, Prof. Dr. Clemens
Publikationsjahr: 6 Dezember 2023
Ort: Darmstadt
Kollation: 179 Seiten in verschiedenen Zählungen
Datum der mündlichen Prüfung: 16 November 2023
DOI: 10.26083/tuprints-00026350
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/26350
Kurzbeschreibung (Abstract):

Bei standardisierten bruchmechanischen Prüfverfahren werden in der Regel Kompaktzugproben verwendet, die aufwendig und kostspielig in der Fertigung sind und aufgrund der geometrischen Anforderungen nicht aus jedem Bauteil der industriellen Serienfertigung hergestellt werden können. Für die Prüfung der bruchmechanischen Eigenschaften der meisten Schrauben und Bolzen sind die standardisierten Kompaktzugproben ungeeignet, weshalb als Alternative der Einsatz umlaufend gekerbter Rundzugproben (CNT-Proben) erforscht wird. Die wesentliche Problematik beim Einsatz von CNT-Proben liegt in der kontrollierten Initiierung eines umlaufenden Ermüdungsanrisses im Kerbgrund. Dabei führt die mechanische Wechselbeanspruchung oft zu exzentrischen Rissen mit einer umfänglich ungleichmäßigen radialen Risslänge. Diese Exzentrizität des umlaufenden Risses ist insbesondere bei der Bestimmung der Schwellenwertspannungsintensität der Wasserstoffversprödung relevant, da das Potenzial für ein unterkritisches wasserstoffassistiertes Risswachstum von der radialen Risslänge abhängt und, im Falle eines exzentrischen Ermüdungsanrisses, um den gesamten Umfang der Rissspitze unterschiedlich ist. Mit dem Vorspannkraft-Verlust-Test (VVT) wird in dieser Arbeit ein neues Prüfverfahren zur Bewertung der Anfälligkeit von CNT-Proben aus hochfestem Stahl gegenüber einer Wasserstoffversprödung entwickelt, das ohne die Initiierung eines Ermüdungsanrisses auskommt. Stattdessen wird beim VVT eine wasserstoffassistierte Rissinitiierung vorgenommen, bei der die gleichmäßige, umlaufende und konzentrische Ausbildung des initiierten Risses mithilfe der Wasserstoffeindringtiefe und der anfänglichen Vorspannkraft kontrolliert wird. Neben dieser vorteilhaften Rissgeometrie hat der VVT den großen Vorteil einer sehr einfachen experimentellen Durchführung sowie den Vorteil eines definierten mit Wasserstoff beladenen Ausgangszustandes der Rissinitiie-rung, der die Ableitung zahlreicher Zusammenhänge erlaubt, mit denen die Werkstoffanfälligkeit gegenüber einer Wasserstoffversprödung bewertet und verstanden werden kann. Die experimentelle Durchführung des VVT umfasst die Beladung der CNT-Proben mit Wasserstoff, die anschließende Verspannung der vorab mit Wasserstoff beladenen CNT-Proben bei einer konstanten Auslenkung, die iterative Bestimmung eines Schwellenwertes der ertragbaren Last und die rasterelektronenmikroskopische Bruchflächenuntersuchung, inklusive der Vermessung der radialen Risslänge. Zur Auswertung der so erzielten Ergebnisse wird in dieser Arbeit der definierte mit Wasserstoff beladene Randzustand ausgenutzt, um eine Theorie der wasserstoffassistierten Rissbildung (HAC) in Abhängigkeit von der Wasserstoffeindringtiefe zu entwickeln. Die Theorie basiert auf dem Sprödbruchkriterium nach Griffith sowie auf einer Abschätzung der Wasserstoffeindringtiefe mithilfe des Wasserstoffdiffusionskoeffizienten und der Wasserstoffbeladungsdauer. Durch die Anwendung der hergeleiteten Theorie auf die experimentellen Ergebnisse des VVT können die Schwellenwertspannungsintensität, die Bruchzähigkeit und der Wasserstoffdiffusionskoeffizient der CNT-Proben bestimmt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit zur Auswertung der experimentellen Ergebnisse hinsichtlich der momentanen Risswachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der momentanen Spannungsintensität. Diese Vielzahl an be-stimmbaren Kennwerten und Abhängigkeiten ermöglicht eine umfassende Bewertung der CNT-Proben hinsichtlich ihrer Anfälligkeit gegenüber einer Wasserstoffversprödung. In dieser Arbeit werden 5 verschiedene CNT-Probentypen mithilfe des VVT und der hergeleiteten Theorie untersucht. Die Probentypen unterscheiden sich in der Geometrie der umlaufenden Kerbe, der chemischen Zusammensetzung des Stahls und der Festigkeitsklasse. Das Hauptaugenmerk der durchgeführten Untersuchungen liegt im Aufzeigen der Anwendbarkeit sowie der Anwendbarkeitsgrenzen des VVT. Weiterhin wird mit den Untersuchungen die gute Übereinstimmung der hergeleiteten Theorie mit den experimentell erzielten Befunden dargelegt. Aufgrund dieser Übereinstimmung ist der VVT eine vielversprechende Methode, welche die Anwendung von CNT-Proben zur Bewertung der wasserstoffinduzierten Sprödbruchanfälligkeit hochfester Stähle ermöglicht und somit die zahlreichen Vorteile dieser Probengeometrie zugänglich macht.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Compact tensile specimens are usually used in standardized fracture mechanics testing methods. Due to geometric requirements these specimens are complex and costly to manufacture and cannot be produced from every component in industrial series production. In particular, compact tensile specimens are unsuitable for testing the fracture mechanical properties of most screws and bolts, which is why the use of circumferentially notched round tensile specimens (CNT specimens) is being explored as an alternative. The main difficulty in using CNT specimens is the controlled initiation of a circumferential fatigue crack in the notch base. The rotating bending fatigue load often leads to eccentric cracks with a circumferentially non-uniform radial crack length around the circumference. This eccentricity of the circumferential crack is particularly relevant in determining the threshold stress intensity of hydrogen embrittlement, since the potential for subcritical hydrogen-assisted cracking depends on the radial crack length and, in the case of an eccentric fatigue crack, varies around the entire circumference of the crack tip. In this work, a new test method for evaluating the susceptibility of CNT specimens to hydrogen embrittlement is developed. The test method is called Preload-loss Test (PLT), and does not require fatigue cracking. Instead, PLT employs hydrogen-assisted crack initiation, in which the uniform, circumferential, and concentric formation of the initiated crack is controlled using hydrogen penetration depth and preload. In addition to this advantageous crack geometry, the PLT has the great advantage of being very easy to perform experimentally, as well as the advantage of working with a defined initial hydrogen-charged state, which allows the derivation of numerous relationships that can be used to evaluate and understand the material susceptibility to hydrogen embrittlement. The experimental performance of the PLT includes charging of CNT specimens with hydrogen, subsequent loading of the hydrogen-charged CNT specimens at a constant deflection, iterative determination of a threshold bearable load, and fracture surface examination by means of scanning electron microscopy, including measurement of the radial crack length. To evaluate the results thus obtained, this work exploits the defined hydrogen-charged edge state to develop a theory of hydrogen-assisted cracking (HAC) as a function of hydrogen penetration depth. The theory is based on Griffith's brittle fracture criterion and on an estimation of the hydrogen penetration depth using the hydrogen diffusion coefficient and the hydrogen exposure time. By applying the derived theory to the experimental results of the PLT, the threshold stress intensity, the fracture toughness and the hydrogen diffusion coefficient of the CNT samples can be determined. Furthermore, it is possible to evaluate the experimental results with respect to the instantaneous crack growth rate as a function of the instantaneous stress intensity. This multitude of determinable parameters and dependencies allows a comprehensive evaluation of the CNT samples with respect to their susceptibility to hydrogen embrittlement. In this work, 5 different CNT specimen types are investigated using the PLT and the derived theory. The specimen types differ in the geometry of the circumferential notch, the chemical composition of the steel and the strength class. The main focus of the investigations carried out is to demonstrate the applicability and the limits of applicability of the PLT. Furthermore, the investigations demonstrate the good agreement between the derived theory and the experimentally obtained results. Based on this agreement, the PLT is a promising method which allows the application of CNT specimens for the evaluation of the hydrogen-induced brittle fracture susceptibility of high-strength steels and thus makes the numerous advantages of this specimen geometry accessible.

Englisch
Freie Schlagworte: Hydrogen-assisted cracking, Hydrogen embrittlement, High-strength steels, Circumferentially notched round tensile specimens (CNT), Fracture mechanics
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-263507
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften
600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften
11 Fachbereich Material- und Geowissenschaften > Materialwissenschaft
Hinterlegungsdatum: 06 Dez 2023 09:57
Letzte Änderung: 07 Dez 2023 07:56
PPN:
Referenten: Oechsner, Prof. Dr. Matthias ; Müller, Prof. Dr. Clemens
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 16 November 2023
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