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Tätigkeitsbasierter Softwareentwurf für interaktive Bildschirmtische mit exemplarischer Anwendung für Krisenstäbe im Katastrophenschutz

Döweling, Sebastian (2022)
Tätigkeitsbasierter Softwareentwurf für interaktive Bildschirmtische mit exemplarischer Anwendung für Krisenstäbe im Katastrophenschutz.
Technische Universität Darmstadt
doi: 10.26083/tuprints-00020721
Dissertation, Erstveröffentlichung, Verlagsversion

Kurzbeschreibung (Abstract)

Die Forschung hat interaktive Bildschirmtische als vielversprechende Plattform zur Unterstützung der Zusammenarbeit am gleichen Ort identifiziert – eine Vielzahl von Studien belegt ihren Nutzen für die Visualisierung von komplexen Daten und ihre positiven Effekte auf Koordination, Arbeit an gemeinsamen Artefakten und Partizipation aller beteiligten Nutzer.

Der Entwurf von Software für die Nutzung der Geräte in konkreten Anwendungsfällen birgt jedoch signifikante Komplexität – die Anforderungen der Anwendungsdomäne, die Erfordernisse effizienter Zusammenarbeit und die spezifischen Fähigkeiten und Grenzen der Geräte müssen in einen kohärenten Gesamtentwurf integriert werden, um Nutzern die bestmögliche Unterstützung zu bieten.

Zur Adressierung dieses Problem wird in dieser Arbeit ein Softwareentwurfsprozess entwickelt, der das theoretische Fundament der Tätigkeitstheorie mit der iterativen Methodik der benutzerorientierten Gestaltung kombiniert. Der Ansatz geht über bestehende Arbeiten hinaus, indem er, basierend auf Engeströms Methode der Widerspruchsanalyse, ein Verfahren zur systematischen Ableitung von Anforderungen aus Widersprüchen definiert, welches über ein erweitertes Tätigkeitsmodell die drei Faktoren Zusammenarbeit, Bedienung und Anwendungsdomäne integriert. Der Ansatz kann auch für komplexere Szenarien mit unterschiedlichen Tätigkeiten, die miteinander wechselwirken, eingesetzt werden.

Die praktische Anwendbarkeit des Ansatzes wird durch den Entwurf einer Software für interaktive Bildschirmtische gezeigt, welche die gemeinsame Lageanalyse und Planung in Krisenstäben des Katastrophenschutzes unterstützt. Der Katastrophenschutz bietet sich in diesem Kontext als Anwendungsdomäne an, da hier alle zuvor genannten Faktoren im Entwurf der Software zum Tragen kommen: in einem Krisenstab kommen Mitarbeiter unterschiedlicher Organisationen zusammen, um ein gemeinsames Verständnis der Situation zu erreichen und kooperativ Pläne zur Bekämpfung zu entwickeln (Zusammenarbeit); dabei nehmen diese Mitarbeiter unterschiedliche Rollen und Verantwortungen ein, die auch unterschiedliche Informationsbedürfnisse und Planungsmöglichkeiten mit sich bringen (Anwendungsdomäne). Zentrales Artefakt dieser Zusammenarbeit ist eine große Papierkarte, deren digitales Gegenstück auf dem Bildschirmtisch den etablierten Praktiken zur Abbildung der Situation auf dieser Karte Rechnung tragen muss (Bedienung).

Im Rahmen des Entwurfs zeigen sich dabei eine Reihe von Interaktionsproblemen, für die neue, leichtgewichtige Lösungen entwickelt werden, die ohne Modifikation der Hardware, d. h. auch mit kommerziell verfügbaren Bildschirmtischen, zum Einsatz kommen können. Dabei handelt es sich u. a. um Techniken zum Einsatz digitaler Anoto-Stifte auf Bildschirmtischen mit optischer Sensorik, zur Benutzererkennung von einzelnen Interaktionen – sowohl für Berührungssteuerung als auch Bedienung mit einem digitalen Stift – und um ein System zur dynamischen Sitzungs- und Zugriffskontrolle.

Die Arbeit schließt mit einer umfassenden Benutzerstudie, in welcher 30 Teilnehmer in einem fiktiven Krisenszenario Aufgaben bearbeiten, die entsprechende Arbeitsschritte echter Krisenstäbe des Katastrophenschutzes bei der Behandlung einer solchen Situation widerspiegeln. Verglichen werden dabei die neu entwickelte Software für interaktive Bildschirmtische, ein handelsübliches Geoinformationssystem für Desktop-Computer, und klassische Papierkarten. Die Auswertung zeigt, dass mit der neu entwickelten Software und den in sie integrierten Interaktionstechniken die höchste Effizienz und die beste Benutzererfahrung erreicht werden; die Software bietet zudem eine ebenso hohe Teamarbeitsqualität wie die klassischen Papierkarten.

Diese Ergebnisse zeigen, dass der im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Entwurfsprozess in der Lage ist, die Entwicklung von Software für interaktive Bildschirmtische so zu steuern, dass diese eine gemeinsame Bearbeitung von Aufgaben auch in komplexen Anwendungsbereichen effizient unterstützt.

Typ des Eintrags: Dissertation
Erschienen: 2022
Autor(en): Döweling, Sebastian
Art des Eintrags: Erstveröffentlichung
Titel: Tätigkeitsbasierter Softwareentwurf für interaktive Bildschirmtische mit exemplarischer Anwendung für Krisenstäbe im Katastrophenschutz
Sprache: Deutsch
Referenten: Mühlhäuser, Prof. Dr. Max ; Huber, Prof. Dr. Jochen ; Reuter, Prof. Dr. Christian
Publikationsjahr: 2022
Ort: Darmstadt
Kollation: iv, 262 Seiten
Datum der mündlichen Prüfung: 21 Juni 2021
DOI: 10.26083/tuprints-00020721
URL / URN: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/20721
Kurzbeschreibung (Abstract):

Die Forschung hat interaktive Bildschirmtische als vielversprechende Plattform zur Unterstützung der Zusammenarbeit am gleichen Ort identifiziert – eine Vielzahl von Studien belegt ihren Nutzen für die Visualisierung von komplexen Daten und ihre positiven Effekte auf Koordination, Arbeit an gemeinsamen Artefakten und Partizipation aller beteiligten Nutzer.

Der Entwurf von Software für die Nutzung der Geräte in konkreten Anwendungsfällen birgt jedoch signifikante Komplexität – die Anforderungen der Anwendungsdomäne, die Erfordernisse effizienter Zusammenarbeit und die spezifischen Fähigkeiten und Grenzen der Geräte müssen in einen kohärenten Gesamtentwurf integriert werden, um Nutzern die bestmögliche Unterstützung zu bieten.

Zur Adressierung dieses Problem wird in dieser Arbeit ein Softwareentwurfsprozess entwickelt, der das theoretische Fundament der Tätigkeitstheorie mit der iterativen Methodik der benutzerorientierten Gestaltung kombiniert. Der Ansatz geht über bestehende Arbeiten hinaus, indem er, basierend auf Engeströms Methode der Widerspruchsanalyse, ein Verfahren zur systematischen Ableitung von Anforderungen aus Widersprüchen definiert, welches über ein erweitertes Tätigkeitsmodell die drei Faktoren Zusammenarbeit, Bedienung und Anwendungsdomäne integriert. Der Ansatz kann auch für komplexere Szenarien mit unterschiedlichen Tätigkeiten, die miteinander wechselwirken, eingesetzt werden.

Die praktische Anwendbarkeit des Ansatzes wird durch den Entwurf einer Software für interaktive Bildschirmtische gezeigt, welche die gemeinsame Lageanalyse und Planung in Krisenstäben des Katastrophenschutzes unterstützt. Der Katastrophenschutz bietet sich in diesem Kontext als Anwendungsdomäne an, da hier alle zuvor genannten Faktoren im Entwurf der Software zum Tragen kommen: in einem Krisenstab kommen Mitarbeiter unterschiedlicher Organisationen zusammen, um ein gemeinsames Verständnis der Situation zu erreichen und kooperativ Pläne zur Bekämpfung zu entwickeln (Zusammenarbeit); dabei nehmen diese Mitarbeiter unterschiedliche Rollen und Verantwortungen ein, die auch unterschiedliche Informationsbedürfnisse und Planungsmöglichkeiten mit sich bringen (Anwendungsdomäne). Zentrales Artefakt dieser Zusammenarbeit ist eine große Papierkarte, deren digitales Gegenstück auf dem Bildschirmtisch den etablierten Praktiken zur Abbildung der Situation auf dieser Karte Rechnung tragen muss (Bedienung).

Im Rahmen des Entwurfs zeigen sich dabei eine Reihe von Interaktionsproblemen, für die neue, leichtgewichtige Lösungen entwickelt werden, die ohne Modifikation der Hardware, d. h. auch mit kommerziell verfügbaren Bildschirmtischen, zum Einsatz kommen können. Dabei handelt es sich u. a. um Techniken zum Einsatz digitaler Anoto-Stifte auf Bildschirmtischen mit optischer Sensorik, zur Benutzererkennung von einzelnen Interaktionen – sowohl für Berührungssteuerung als auch Bedienung mit einem digitalen Stift – und um ein System zur dynamischen Sitzungs- und Zugriffskontrolle.

Die Arbeit schließt mit einer umfassenden Benutzerstudie, in welcher 30 Teilnehmer in einem fiktiven Krisenszenario Aufgaben bearbeiten, die entsprechende Arbeitsschritte echter Krisenstäbe des Katastrophenschutzes bei der Behandlung einer solchen Situation widerspiegeln. Verglichen werden dabei die neu entwickelte Software für interaktive Bildschirmtische, ein handelsübliches Geoinformationssystem für Desktop-Computer, und klassische Papierkarten. Die Auswertung zeigt, dass mit der neu entwickelten Software und den in sie integrierten Interaktionstechniken die höchste Effizienz und die beste Benutzererfahrung erreicht werden; die Software bietet zudem eine ebenso hohe Teamarbeitsqualität wie die klassischen Papierkarten.

Diese Ergebnisse zeigen, dass der im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Entwurfsprozess in der Lage ist, die Entwicklung von Software für interaktive Bildschirmtische so zu steuern, dass diese eine gemeinsame Bearbeitung von Aufgaben auch in komplexen Anwendungsbereichen effizient unterstützt.

Alternatives oder übersetztes Abstract:
Alternatives AbstractSprache

Research has identified interactive tabletops as a promising platform for supporting collaboration in the same place – a large number of studies demonstrate their usefulness for visualizing complex data and their positive effects on coordination, work on shared artefacts and participation of all involved users.

However, designing software for these devices in real-world use cases involves significant complexity – requirements of the application domain, needs of efficient collaboration, and specific capabilities and limitations of the devices must be integrated into a coherent overall design to provide optimal support to end-users.

To address this problem, the thesis at hand develops a software design process that combines the theoretical foundation of activity theory with the iterative methodology of user-centered design. Based on Engeström's method of contradiction analysis, the approach goes beyond existing work by defining a procedure to systematically derive requirements from contradictions, using an extended activity model to integrate the three factors collaboration, handling and application domain. The approach is also able to handle more complex scenarios with multiple activities that interact with each other.

The practical applicability of the approach is demonstrated by the design of a software for interactive tabletops, which supports collaborative situation analysis and planning in crisis management teams. Crisis management lends itself as an application domain, since all of the previously mentioned factors come into play in the design of the software: in a crisis management team, employees from different organizations come together to establish a common understanding of the situation and collaboratively develop plans to resolve it (collaboration); in doing so, these employees assume different roles and responsibilities, which also entail different information needs and planning options (application domain). The central artifact of this collaboration is a large paper map – its digital counterpart on the tabletop needs to respect the established work practices for maintaining the common operation picture on such a map (handling).

In the course of the design a number of interaction problems emerge. To address them, new, lightweight solutions are developed, which can be used without modifying the tabletop hardware, and thus work with commercially available systems. These include techniques for using digital Anoto pens on tabletops with optical touch sensors, user identification for individual interactions – both for operation by touch and by digital pen – and a system for dynamic session and access control.

The work concludes with a comprehensive user study, in which 30 participants work on tasks in a fictional crisis scenario that reflect how actual crisis management teams deal with such a situation. The study compares three tools: the newly designed software for interactive tabletops, a commercially available geo-information system for desktop computers, and classical paper maps. It finds that efficiency is highest when using the newly designed software and its integrated interaction techniques, and that this solution also offers the best user experience; furthermore, the software facilitates the same high quality of teamwork as the classical paper maps.

These results show that the design process developed in this thesis is capable of guiding the development of software for interactive tabletops in a way that ensures that the resulting product facilitates efficient collaborative work even in complex application domains.

Englisch
Status: Verlagsversion
URN: urn:nbn:de:tuda-tuprints-207215
Sachgruppe der Dewey Dezimalklassifikatin (DDC): 000 Allgemeines, Informatik, Informationswissenschaft > 004 Informatik
Fachbereich(e)/-gebiet(e): 20 Fachbereich Informatik
20 Fachbereich Informatik > Telekooperation
Hinterlegungsdatum: 22 Apr 2022 12:03
Letzte Änderung: 28 Apr 2022 11:28
PPN:
Referenten: Mühlhäuser, Prof. Dr. Max ; Huber, Prof. Dr. Jochen ; Reuter, Prof. Dr. Christian
Datum der mündlichen Prüfung / Verteidigung / mdl. Prüfung: 21 Juni 2021
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